In Kunst l e b e n. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 29. September 2015.


[Arbeitswohnung, 5.50 Uhr]

Seit acht nach fünf Uhr auf; ich „schlummre“ immer noch zwei Mal. Um so mehr erschrocken, als ich eben auf die Uhr sah: Wie hab ich die Zeit denn vertrödelt?
Nun gut, erstmal von gestern nacht den Schreibtisch etwas aufgeräumt, dann mir die „Analytics“ >>>> bei Youtube angesehen. A. sagte neulich (warf es mir freundschaftlich lächelnd vor), die Massivität meiner Produktion schrecke die Leute ab; man komme einfach nicht nach und gebe deshalb schließlich auf. Schon vor Gericht, beim >>>> Meereprozeß, ist mir die Produktivität vorgeworfen worden; sogar der Richter hat seinerzeit geäußert, mit so einem Monstrum, oder so ähnlich, zusammenzuleben, sei keinem Menschen zuzumuten. Ich glaube, das steht sogar in der Urteilsbegründung. Dabei arbeite ich eigentlich nur täglich, wie jeder Rechtsanwalt, jeder Arzt, quasi jeder Mitbürger. Hat tatsächlich mal jemand Picasso seine Produktivität vorgeworfen?
In Kunst l e b e n.
Jedenfalls täte es >>>> den Videos gut, würden sie öfter, etwa bei Facebook, von denen geteilt, die sie ansehn. Tun aber nur wenige; auch sind die direkten Reaktionen mau. So montiere ich die Dinger wie ich meist schreibe: in ein Watteleeres. Die einzige, die sich zu fast jedem Video äußert, ist naheliegenderweise die Löwin; aber das ist privat, und fürs Private schafft kein Künstler. Immerhin, dadurch, daß ich jetzt „vor“produziere – heute bereits den Clip für den 2.10. -, stehen die Dinger nicht weiter unter solchem Druck, und ich kann mehr ausprobieren, die Montagen verfeinern. Witzigerweise kam ich deshalb vorhin ins Schleudern mit dem heutigen Datum: Ist schon der 1.? Wieviele Tage hat eigentlich der September? Ich mußte wirklich nachsehn.
Dazu kommt eine gespürte Vermischung der Zeiten, insofern ich die Videoserie ja nicht chronologisch, sondern – noch – aufgrund spontaner Entscheidungen anlege. Was sich allerdings zu ändern scheint, je mehr ich vorwegbaue. >>>> Gestern Wolpertinger 1 (der Link führt zum Video), mal vorsichtig begonnen, heute abend das erste >>>> Marlboro-Stück (der Link führt wie der nächste zum Buch), morgen das zweite — dann, weil sie „atmosphärisch“ passen, die ersten beiden Abschnitte aus dem >>>> Dolfingerroman; für die alten und älteren Texte will ich ins tägliche Annoncement Der Dschungel immer mal ein paar Bemerkungen schreiben, die von den jeweiligen Umständen erzählen, aus denen sie, die Texte, entstanden sind, bzw. die sie begleiteten. Es ist ja doch eine ziemliche Spanne, vor allem ästhetisch, von damals bis heute. Und tatsächlich, auch so sah ich mal aus, bzw. gab ich mich:


ANH 1980
(alexander ribbentrop)

Nein, ich bin durchaus nicht allzeit „der Dandy“ gewesen, sondern „sprang“ von Outfit zu Outfit, probierte die Ichs sozusagen aus: ob ich eins fände, das hielte und auf das Verlaß wär. Erst als das Haar fiel, sechzehn Jahre später, war es, glaube und hoff ich, soweit.

200 Euro für die Reparatur des Fahrrads meines Sohnes. Haut rein. Es stehen zwar ein paar (kleine) Gelder aus, aber nur Fatima weiß, wann sie eingehen werden. Zum Beispiel kann ich deshalb den Flug nach Graz noch nicht buchen; nach Miete und Krankenkasse bleiben gerade 200 Euro für den Monat über; da sind die ausgemachten Ratenzahlungen wegen der Altschulden noch gar nicht mit drin. Am besten nicht dran denken, am besten auf mich zurollen lassen. Ist ja nicht das erste Mal und noch immer ein auch schweres Wasser wieder von mir abgelaufen. Außerdem, die Depression habe ich unterdessen im Griff; wenn ich arbeite, spür ich sie eh nicht. Aber der Sport tut seinen sehr guten Teil, der Schlafentzug auch. Weil ich weiß, daß chronische Verstimmungen ziemlich erfolgreich mit Schlafentzug therapiert werden, habe ich den täglichen Mittagsschlaf nämlich gestrichen, was wiederum dazu führt, daß ich nunmehr meist vor Mitternacht im Bett liege und auch wirklich sofort einschlafe; deshalb komme ich nun auch in fast schon der alten Routine morgens um fünf hoch. Das konsolidiert enorm. Zwar also die Seele, nur noch nicht der physische Körper reagiert so wie früher: Da mußte ich nur zweidreimal laufen, und jedes überschüssige Kilo fiel ab. Mittlerweile braucht dieser Prozeß ganz offenbar länger, auch wenn ich fast schon wieder die 10-km-Laufhürde geschafft habe; bin jetzt bei 9, will aber nur langsam erhöhen, weil ich nicht abermals einen Achillessehnen-Anriß riskieren mag, der mich dann ein weiteres halbes oder dreiviertel Jahr einschränken würde. Schwimmen gehen kann ich momentan aus Kostengründen nicht.
Bereits öfter mal ein Porno, manchmal sogar zwischendurch, nicht erst abends: Also meldet sich auch in sexueller Hinsicht mein Körper zurück. Ich muß mich dringend um weitere Lesungen kümmern.

Notiz von vorgestern nacht (nicht mehr die fernste Erinnerung an sie gehabt:


“Ein Mißverständnis
Ich schreibe meine Texte nicht, um für ein
wahres Leben Verhandlungsstrategien zu
entwerfen, sondern um es zu erreichen.“


Mit der eigenen Kunst verschmelzen und dadurch erst werden.
Eine gewisse Egomanie ist insofern vonnöten, wenn ein Ich sich erst schafft.
Identität nicht durchs soziale Bezogensein (was [1]wer wär denn bezogen?), sondern alleine durchs Werk.
Gändert hat sich das erst in dem Moment, in dem ich Vater wurde. Nun, da der Sohn erwachsen wird, verliert das Ich sich wieder, bzw. koppelt sich fast ausschließlich-erneut an die Kunstsuche. Es ist anderen gegenüber, auf allerdings meist verbindlichste Weise, unverbindlich. Diese seine Asozialität mag durchaus mit ein Grund für seine Popfeindschaft sein und ebenfalls einer für die geradezu instinktive Ablehnung, die es immer wieder, schon seit Kindergartenzeiten, spürt – nicht freilich durch andere einzelne Menschen, da gibt es wie bei jedem wechselseitig große Zugeneigtheit, sondern durch „Communities“, deren eine der Literaturbetrieb ja ist. „Sie haben keinen Stallgeruch.“
Ein freier Mann sein.
Nich‘ so leicht ohne Geld.
Also, aber, auch das wieder Kunst.

ANH
7.12 Uhr

(8.17 Uhr)
>>>> Dort meine Antwort brachte mich eben auf eine hübsche Dschungel-Idee: Nicht, wie‘s >>>> Mme TT tut, erste, sondern letzte Romansätze sammeln! Würd‘ eine hübsche neue Rubrik.
Aber erstmal muß ich einen neuen Teigling kneten, damit er noch heut in die Backröhre kann.



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1 wer

8 thoughts on “In Kunst l e b e n. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 29. September 2015.

  1. videos teilen als ich das tat, in facebook likete, meinten Sie, besser sei es, bei den fiktionären, also hier zu kommentieren. hab’ ich vor kurzem. doch lieber in facebook kommentieren? oder überall (was mühselig ist). ich weiß wohl, dass blogs heutzutage nichts mehr bringen, um den samen der dichtung weit zu streuen. so werde ich zukünftig eher wieder auf youtube und facebook meinen milden senf dazu geben 😉

    1. Überlege gerade ernsthaft, worin der Multiplikationsfaktor einer auf fb gelikedten timeline-Statusmeldung mit einem eingebetteten link zu youtube liegen könnte, der vorrangig von dem Kreis registriert wird, dem die Statusmeldungen zugänglich sind. Dem erweiterten Kreis derjenigen, die die Aktivitäten von jemandem stalken, der freigeschaltet hat, dass jeder Freund oder überhaupt Jeder im Activity Stream sehen kann, welche Sachen kommentiert oder gemocht wurden? Also angenommenes Szenario: ich like die Statusmeldung, dass das Video von Tag 97 bei youtube hochgeladen wurde, ich hätte in meinem Stream die Sichtbarkeit solcher Aktivitäten freigeschaltet, hätte regelmäßige Aufmerksamkeit für solches Tun von – meinethalben Beate Wedekind, weil die nichts weiter zu tun hat (hat sie aber, kann ich versichern), sie guckt sich daraufhin an, was Gaga Nielsen denn da so sehr gemocht hat, guckt es sich also bei youtube an und favorisiert es dann begeistert bei youtube UND teilt es auf ihrer eigenen Pinnwand oder wie das heißt. Timeline meine ich und ihre tausendsowienoch Freunde werden darauf aufmerksam. Ja, das wäre ein hübsches Szenario. Durchaus. Aber wenn man bedenkt, dass die meisten fb-User ja auch noch andere Statusmeldungen als meine (meine eh nicht, war nur ein Beispiel, ich poste da ja seit 2009 nichts außer einem einzigen Video) verfolgen, könnte die Zeit ein bißchen knapp werden. Long speech, no sense – man soll natürlich nichts unversucht lassen, aber man kann es nicht erzwingen, es sei denn man hurt mit viel Sinn für community auf fb und youtube herum. Kommentiert schön bei anderen, bis der Arzt kommt. Das muss man mögen. Ich mag es nicht, entsprechend homöopathisch sind meine Zugriffszahlen. Ich habe mich damit abgefunden, ist halt eine Liebhaberei für einen Kreis, der das eher zufällig entdeckt und dann abonniert. Ist vielleicht kein Trost, aber entspannt, wenn man da nicht zuviel erwartet. Ich mache das ja auch schon ein bißchen länger und habe ein recht dickes Fell. Hauptsache gesund!

    2. P.S. in neun Jahren youtube ist meine höchste Zugriffszahl nicht über den vierstelligen Bereich hinausgekommen, eines der meist gesehenen, für das ich nirgendwo “Werbung” gemacht habe, ist > das über einen Besuch am Grab von Nico, die auch Jahrzehnte nach ihrem Tod noch genug Fans hat, die das interessiert, daher. Und weil ich das Video getagged habe. On top ist ein kurzer Clip mit Farin Urlaub, der bei einer Ausstellung seiner Fotografien etwas über den berühmten Fischmarkt in Tokio erzählt – selbes Phänomen – der tag machts. An dritter Stelle eine Aufnahme von Veruschka von Lehndorff, die etwas erzählt, in einer Berliner Galerie, dann eines mit Angela Winkler, die im LCB ein wunderschönes Lied singt und dann eines mit Helge Timmerberg, der ebenfalls ein Lied vorträgt. Die populären Namen machen es, die tags. Nun könnte man berechnend tags vergeben, von denen man denkt, sie könnten die Zielgruppe einschließen, potenzielle neue Zuschauer zu einem Video führen. Wenn es zu allgemein gehalten ist, ist die Konkurrenz naturgemäß groß, wenn es gar Etikettenschwindel ist, verärgert man die Zuseher nur. Angenommen, ich würde mein Zeug mit Rhianna oder Kim Kardashian taggen. Die Schmeißfliegen will man dann auch nicht haben. Oder sich mit fremden Federn schmücken? Tag “Grimme-Preis” “The Oscars” “Academy Award”? Dann lieber die Kirche im Dorf lassen und bedenken, dass der schöpferische Prozess auch Lohn ist. Denn in meinem Fall ist er das, wenn ich so etwas mache, beglückt es mich während des Entstehungsprozesses. Ist natürlich keine Strategie, wenn man exakt auf diesen Plattformen Zuspruch haben möchte.
      (Das war aber ein sehr langes P.S.)

    3. zuguterletzt noch eine Beobachtung (ist ja alles work in progress, auch die Gedanken dazu, deshalb etappenweise dargelegt) – die Filme, die tag-unabhängig auffallend höhere Zugriffszahlen haben, sind interessanterweise auch diejenigen, die ich für am gelungensten halte. Es sind nicht die mit den populären tags, die sind ganz nett aber nicht so substanziell, die oben genannten sind eher Aufnahmen, die beiläufiger enstanden sind und halt eben auch dabei sind, in meinen li(f)e stream gehören. Jedoch die ohne prominente tags geschätzten, sind die wichtigen, auf die kommt es mir an. Sie wurden – ja durchaus – irgendwann von irgendwem verlinkt oder erwähnt und ich konnte das nachvollziehen. Also sind die Zuseher, die ohnehin einen Bezug zu mir zu haben, oder zu einem erweiterten Kreis von Lesern gehören, in diesem Aspekt auf meiner Wellenlänge. Man sollte es nicht als “selbstverständlich” relativieren, wenn nahe stehende Menschen einem kontinuierlich feedback geben. Denn auch das sind Menschen mit wertvollen Beurteilungskriterien.

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