Zurück in Berlin. Das Arbeitsjournal des Freitags, dem 27. November 2015.


[Arbeitswohnung, 7.21 Uhr
Schumann, Adagio & Allegro op. 70 für Cello und Klavier]

Es war still in Der Dschungel, ich konnte, mochte nicht schreiben, indes „nichts“ falsch wäre; gearbeitet, ein wenig, habe ich in Wien s c h o n: die ersten dreizehn Béart-Gedichte korrekturgelesen, die nun tatsächlich, auf zweiundzwanzig Seiten >>>> der „L.“ erstmals im Druck erscheinen werden; und nach einem Treffen im >>>> Bellaria mit Thomas Keul, >>>> Volltexts Gründer und Leiter, der wegen der Vortragsfassung meiner kleinen Arbeit zu Heinrich Schirmbeck noch unschlüssig war, habe ich den Text grundlegend auf die Artikelform umgebaut und gekürzt, an, kann ich fast sagen, „meinem“ Wiener Schreibtisch, und nun ist er bereits – nicht dieser, sondern jener – in den Fließsatz gekommen. Alleine dafür hat sich die Weiterreise >>>> von Graz gelohnt; nun kommt der Text noch in Schirmbecks einhundertstem Jahr an einem Ort, an der er gehört.
Im übrigen haben wir gefeiert und für die Feiern weitergeräuchert, weitergekocht, weitergebacken, weitergebraten; vorgestern nacht ging es bis halb sechs Uhr morgens, aufstehen um acht, gestern nacht bis fünf. Meine Lektorin war dabei, Filmemacher waren dabei, Regisseure, andere Kulturleute; nachts gab es eine heftige Diskussion von Bruckner gegen Mahler, die mir in Ton und, sagen wir, Normativität etwas entglitt. Was mir im Nachhinein leid tut, aber ich hatte viel getankt und war noch sehr viel angespannter; offenbar brach sich das Bahn. Ich krieg die Geschehen auch gar nicht mehr richtig zusammen, empfinde (: körperlich, ja) aber noch jetzt eine Art Gedämpftheit, die etwas von einem Seelenkater hat. Freund C. führte später ein betroffen-mahnendes Gespräch mit mir. Jedenfalls hatte die Nacht irgendwann auf der Kippe gestanden, und es war ja seine, nicht meine Einladung gewesen, sein Umfeld, nicht meines.
Zu den Brüsten der Béart stand mir nachts das Motiv eines nächsten Gedichtes vor den Augen, ein, mag ich‘s nennen, bitterklares, aber ich habe nichts davon notiert. Nun rächt sich das, insofern ich momentan nicht mehr weiß, was es war. Vielleicht kehrt die Erinnerung im Lauf des Tages zurück.
Es wären einige Fotos noch einzustellen, nachzustellen, sozusagen. Vielleicht tu ich das im Lauf des Tages. Der Freund wollte noch ein paar herüberschicken. Nein, keine Gesichter, keine Menschen, nur die Kulinarien auf dem Tisch. Die Vorstellung, sie als Bilder zu bewahren, publizierend, scheint ihm zu gefallen; mir gefiel sie doch ebenfalls.
Also wieder Berlin, wenn auch nur für kurz, denn am Dienstag wird es schon weitergehen, in die Serengeti erst, dann nach Frankfurt am Main zur nächsten Traumschifflesung; die für den Tag davor angesetzte Lesung ist auf den Januar verschoben worden, der nun wirklich knalleknallevoll ist; ich werde sämtliche Termine bis Anfang Februar ebenfalls nachher in Der Dschungel auflisten, rechte Spalte, wie gewohnt.
Latte macchiato.
Musik.
Es ist kalt bei mir; ich heize ja nicht, habe gar keine Kohlen gekauft, teils aus Geldgründen, teils für meinen Leistungsstolz, will es diesen Winter wirklich noch einmal durchziehen. (Auch bei dem Freund ist die Heizung selten an).

Christopher Ecker hat zum Traumschiff geschrieben, sehr, wirklich s e h r schön: als Podcast des SRs >>>> dort zu hören, ab Minute 11,40. Auf die Idee eines Sieges der Kunst über den Tod wäre ich gar nie gekommen, wäre sicher auch Herr Lanmeister-selbst nicht gekommen. Den Blick wirft ein Künstler. Daß >>>> ich über ihn geschrieben habe und er nun über „mich“ schrieb, mag auf den ersten Blick nach Filz aussehen, rührt indes aus anderer als persönlicher Nähe; tatsächlich hat es seinen Grund in – Kenntnis. Und im poetischen Hinsehn. Das möchte ich dem Angesichte meiner vielen Gegner entgegenformulieren. Selbst Bücher naher Freunde würden wir nicht gut besprechen, wenn sie es nicht sind; allenfalls würden wir schweigen. Und meine Leser:innen wissen, daß ich bisweilen nicht einmal das tu, auch wenn ich damit die Freundschaften aufs Spiel setze.

Ich muß eine Kritik über eine unsägliche Inszenierung an der >>>> Burg schreiben, was echt blöd ist, weil ich nun frisch an ihr als Rezensent akkreditiert bin. Hier, zum Beispiel, schwiege ich am liebsten, zumal ich in der Pause, nach zweieinhalb Stunden, weggegangen bin. Was ich selbstverständlich so auch sagen werde.
Guten Morgen.
Es ist wirklich kalt.

(Vom Darmstädter Literaturfonds liegt ein Brief auf dem großen Mitteltisch. Ich habe ihn nicht schon gestern nacht öffnen mögen, hätte eine weitere Absage, mit der ich rechne, da, gerade eben angekommen, noch nicht ertragen.)

[Schumann, Drei Romanzen op. 94
für Cello und Klavier]


([10.15 Uhr, Haydns Andante con Variazioni]
A b s a g e. War ja klar.
Wir werden nicht mehr überrascht.
Die finanzielle Situation b l e i b t prekär.)

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