[15.30 Uhr
Berlioz, Les nuits d’été (Regine Crespin im Nebenzimmer /
Aus einem offenen Fenster einer der Nachbarwohnungen seit
Stunden Beschlafsrufe- und -schreie ; aber man hört nur die Frau /
Schwere, auf den Metalldächern gleißende Sonne:
Ein Sonntag wie im Buch(e). Außer einer kleinen Auftragsarbeit, die abends den Muscadet >>>> im Café Louis-Philipp finanzieren wird, nichts getan. Doch. Vormittags über den Markt gestrichen, laufenden, geradezu flüssigen Rohmilchkäse gekauft und Tomaten, die aussehen wie tropische Früchte und fast so auch schmecken. Mein >>>> Lieblingsboulanger hat seit gestern für die Ferien geschlossen ; deshalb nach einer Alternative für die Baguette geschaut, eine leidliche gefunden.
Derweil dreht sich in zwei Trommeln die Wäsche.
In Trocknertrommeln umpacken und Kir trinken gehen.
Beeindruckend >>>> Citizan K:
Wann blättere ich dergleichen schon mal durch ?
Wenn ich bereits zum Vormittag eines Sonntags Kir trinke.
Dann wieder zur Wäsche
…
…
u n d:
Was denn bleibt einem danach übrigen, als sich zum Mittagsschlaf zu legen? Seit dem Wiederaufwachen dann werden die Rufe aus dem offenen Fenster einer der Nachbarwohnungen lauter; sie könnten ebenso einem der Nachbarhäuser zugehören, auch einem, das weiter entfernt.
Espresso.
Nicht nur meine Lieblingsbäckerei hat nun zu, sie für die Ferien, sondern auch, zumal für offenbar immer, das kleine Café, das die Löwin und ich vor ein paar Jahren in einer Seitengasse entdeckten. Nun sind bereits die Scheiben erblindet. Niemand scheint das Lokalchen übernehmen zu wollen. So sträubt es sich gegens Vergessen:
Beim Vormittagskir saß neben uns ein untersetzter, nicht mehr junger Mann, der einst ein Herr gewesen, und schrieb unentwegt in ein viertelquarthohes Buch, das bereits zu Sechsachteln voll; auch Handzeichnungen beigegeben; die Handschrift selbst sehr klein und klar. Vor ihm lag, auf dem Stuhl vor der anderen Seite des parisrunden Tischchens und weiter im Papier, ein leiser, kurzer Blumenstrauß voll weißer, sozusagen jungfräulicher Blüten. «Den bringt er », sagte ich, «gleich der geliebten Frau mit.»
Sie wird den Kaffee schon bereitet haben, wenn er ankommt, und hat einen Kuchen gebacken, der noch warm ist, als er sich setzt. Daß morgen abend mein Flug zurück nach Berlin geht, hat etwas von jenen so irrealen Einbildungen, daß einem das Herzerl schwer wird.
„Sie wird den Kaffee schon bereitet haben“. Nein, kein Machismo, sondern Erzählung einer Generation, in der dies fast noch fraglos war. Soviel zu Rollenprosa und dazu, was sich ohne Verfälschung nicht löschen läßt, ja wie nahe verlangte „Correctness“ dem falschen Vorschein rückt und dadurch schließlich das Gegenteil dessen erreicht, was sie intendierte.
Generationsbedingt Ist in der Tat bei Maigret immer so gewesen. Er kommt nach Haus — sie hat schon …