III, 185 – intra muros

HAL9000


Zerzaust und verbartet den halben vormittag in mich hinein ein Schreckbild meiner selbst reflektierend, während aus den Händen eine Sprache sich äußerte, die einem >>>>HAL gehören könnte. Jeder Satz ein: “Dave!” Bis ich mich entschloß. Zum Bartab. Zum Haarewaschen. Zum frischen Hemd. Zum Lieblingspulli. Und verstieg mich angenehmst in Phantasien (einem Laurence Sterne gleich, der es ähnlich gehalten haben soll (aber es anders als ich in der Tat tat)), mir vor dem Platznehmen am Schreibtisch ein gemäßes Outfit anzulegen. Also nicht unbedingt einen Astronautenanzug, sondern einen richtigen und mit Schlips. Dumm, daß ich nach der Scheidung alle meine Schlipse an eine Freundin in Rom verschenkt habe.
Jedenfalls halfen sie mir damals anfangs der neunziger Jahre zum Aufrechtstehen vor Angestellten der Elektrizitätsgesellschaft in Rom, die tarifvertraglich ein Recht auf solche Arbeitspausen hatten, um eventuell doch noch ein wenig Deutsch zu lernen. Nur hatten sie durchweg Familie und für Hausaufgaben keine Zeit. Also waren die Lektionen zumeist Plauderstündchen. War mir durchaus recht. Und bekam dennoch Geld dafür.
Es sollte nicht unbedingt ein knallgrüner sein auf weißem Hemd, wie bei dem Herrn, der während des Hinuntergehens zum Geldautomaten und zur Apotheke mit einem Karton mit wer weiß was drin aus der Fleischerei kam und sein davor stehendes Auto umkurvte.
Hob zumindest die Moral, eine solche Projektion. Also die des Anzugs.
Unterwegs indes hob sich mein Blick nur dann, wenn in den Gassen ein Auto vorbeikam, zu den wie immer merkwürdig mit einem IHS verschlipsten Mauerhälsen. Die einzige Entschlossenheit zu einem “Hallo” bot sich im Laden, wo L. normalerweise sitzt. Hielt mich aber nicht weiter auf, sie war schon in ein Gespräch vertieft. Und ein solches suchte ich auch nicht. Rein empathische Geste. Und: Tschüß.
Und beim jeweiligen Hinaufsehen zu den Mauern stets derselbe Gedanke, der mich befällt, wenn ich Spam-Mails lösche. Nicht öffnen! Manchmal passiert’s dennoch, dann kommen die Viren:
Halb elf erwachte ich. Wollte erst gehen. Aber bevor ich mich überhaupt äußerte, ließ sie mich schon Wasser aufsetzen. Also Kaffee trinken. Und dann der nächste Joint. Bis fünf saß ich dort. Sie machte ständig Anspielungen auf meine Wort- und Einfallslosigkeit. Und ich war froh, als es endlich zur U-Bahn ging. 18.10.81. Das Kursive täuscht wie die Mauern vor, daß nicht wirklich das gemeint ist, was sie nach außen hin vorgeben zu sein.
Und warten in den sich bietenden Nischen, bis das Auto vorbei ist.

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