Als die Kerze brannte und endlich feststand – allerdings etwas schief – kehrte das Licht wieder, in einem doppelten Sinne, denn ‘luce’ heißt nicht nur Licht, sondern auch Strom: è tornata la luce. Alles in allem eine Fünfminutendunkelheit. Aber es, das Gewitter, zog dennoch in ein paar Kilometern Entfernung vorüber. Es regnete halt.
Ich selbst begann gestern abend (hatte, weil Samstag war, mir den Ofen angeheizt) gerade in dem Moment zu regnen, als Pablo Casals unverhofft mit den Bach-Cellosuiten einsetzte (YouTube-Automatismen). So warm und herzlich kam es selten von mir. Fast ein Glücksmoment. Es parallalie für seinen >>>>’iste’-Zyklus nahelegen. Aber er verbirgt sich, ich weiß nicht, hinter welchen Ausflüchten. Schon seit einem Jahr. Und je weiter ich ihn dringe, desto mehr spuckt er Kieselsteine, als wäre er vollauf mit einer Bachbettbereinigung beschäftigt. Eher als ein Demosthenes kommt er mir vor wie der Kieselsteinlutscher bei Beckett.
Nierensteine schienen gestern da jedenfalls weder ihn noch mich geplagt zu haben.
Fliegen fragen auch nicht danach, ob sie sich auf die Haut setzen dürfen. Gestern wiederum eine, sehr hartnäckig. Am Ende wildes Rudern mit Händen und Armen, es wurde aber nichts mit dem Haschen, und ich weiß nicht, aber Brockes muß auf jeden Fall eine andere Art Fliege gesehen haben: Es war ihr klein Köpfgen grün, / Und ihr Körperchen vergüldet, / Ihrer klaren Flügel Paar, / Wenn die Sonne sie beschien, / Färbt ein Roth fast wie Rubin, / Das, indem es wandelbar, Auch zuweilen bläulich war.. Die meine hatte solches nicht zu bieten. Von Sonne kann hier sowieso keine Rede sein, ich meine in der Wohnung, außer am späten Nachmittag.
Also keine Brockes-Fliege. Heute abend beobachte ich schon zwei. Machen sich aber nunmehr am unabgewaschenen Geschirr zu schaffen. Nein, keine Berge, von denen man ins weite Land hinausschaut. Um – um noch mehr Clichés zu bedienen – ins Nebelmeer hinabzuschauen.
Entsetzt beugte sich Otto über die Felsenwand, es war alles still unten, nur der Strom rauschte zornig herauf – da faßte ihn ein unwiderstehliches Grauen… (Eichendorff, Dichter und ihre Gesellen).
Schad’, hab’ mich lang’ nicht mehr zur Mittagszeit zum Dösen hingelegt. Und vermisse fast diesen Apostroph des Übergangs in den Schlaf, der mich immer Aufschrecken läßt, weil’s in diesem Apostroph ins Steile hinabgeht.
Und dachte noch gestern, als ich zur souveränen Norah Jones und ihrer Summertime-Version kam (der erwähnte Sommer vor elf Jahren ließ mich Aber- und Aber-Versionen davon Revue passieren), daß Janis Joplin doch eigentlich das Baby in der Zeile “So hush little baby, don’t you cry” ist und dieses Baby mit ihrer Stimmgewalt tatsächlich auch zum Ausdruck bringt. Die ihr tatsächlich nicht abzusprechen ist… Unreif, aber unheimlich wahr. Aber die Stanzen (im Sinne von Raffaels Stanzen) schaffen Distanzen. Mittlerweile.
Fast schon lauter Santini, die Heiligenbildchen.