III, 215 – haarig

Ich fuhrwerkte im länger werdenden Haar aufs Geratewohl herum, wahrscheinlich erstmal so, dann aber vorm Spiegel. Überrascht mußte ich feststellen, daß der linke Scheitel fast automatisch sich wieder einstellte, den ich schon mit 16-17 abgelegt, um diesen blöden – wie er damals hieß – Façonschnitt loszuwerden. So eine Art Halbstarkenschnitt, unterhalb dessen sich im Angesicht der Mädchen nur ein blödes Lächeln zeigte, wenn nicht gar ein rot werdendes Gesicht. “Haste Tomaten gefressen?” Um dann im Suff recht eindeutige Phallus-Lieder im Chor zu singen, das Bierglas in der Rechten, aber auch nur dann.
Und da auch noch Polenstädtchen ins Grölen hineinkamen, ist mir die ganze Scheitelei definitiv zuwider. Panzerman, panzerman (Sylvia Plath). Idiotenzeit. Herdenzeit. Dorftrottelzeit. Gut, daß dann Wolfsburg kam. Muß ich der Stadt dann doch zugute halten.
Also muß das wieder ratzekahl runter, denn auch den Indianer mag ich nicht spielen, nicht mehr. Und Zöpfe schon gar nicht. Eher schon flechten an einer Anderen Kopf. Oder einfach so, mit irgendwas. Und Fingersehnen, die jetzt suchen.
Auch wächst das Haar nicht mehr so schnell wie früher. So der Eindruck.
Aber während ich danach aß, kamen mir lauter schöne Menschen vor, die ein “resurrecturis” von >>>> Händel spielten und sangen. Und die ganze Zeit überlegte ich: man sieht ihren, der Sängerin, Scheitel, links, also muß er wohl rechts liegen, nur die Rothaarige hatte ihn auf der anderen Seite, aber letztendlich gefiel mir die Violinistin, die manchmal in sich hineinlächelte und ihr Haar unter einer Binde verbarg.
Recht böhmisch: Wenn ich auch Lust hätte, ehrlich zu sein, so seh’ ich doch, das Schicksal will es nicht (Shakespeare, Wintermärchen).
Immerhin mag es damit zu tun haben, daß Eichendorff (er mal wieder) mir eine Meerfahrt eingebrockt hat: ”Wißt Ihr denn nicht”, sagte Sanchez, ihm immer dreister unter das Gesicht tretend, “wißt Ihr nicht, daß mancher als schlanker Jüngling in den Venusberg gegangen und als Greis mit grauem Barte zurückgekommen….
Aber ich verfranse mich jetzt… sogar gern, hauptsächlich des Schopfes wegen.

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