Von insch‛allahner Ergebenheit. Das Arbeitsjournal des Montags, den 13. November 2017. Mit Faber und der Mode.


[Arbeitswohnung, 10.22 Uhr]
Momentan, liebste Freundin,

laufen meine Arbeitspläne ziemlich aus dem Gerück. Der Freund, bevor er am Donnerstag abreisen wird, übernachtet immer hier, was zur Folge hat, daß wir nachts noch stundenlange Gespräche führen, so auch gestern nach dem Fest bei US. Da waren wir überhaupt erst gegen halb zwei Uhr nachts zurück und lagen nicht vor kurz vor vier – mit der Folge, daß ich, der Freund war da bereits neu unterwegs, einen halben Ruhetag einlegen mußte, den ich, mich wieder hingelegt, mit Figaros Hochzeit verbrachte und irgendwann nicht mehr wußte, was geträumte und was „reale” Musik war. Mittags riß ich mich dann zusammen und setzte mich zumindest an die Contessa-Arbeit, mit der ich auch tatsächlich gut vorankam.
Mir dann einen Sugo nero di seppia bereitete, ihn für mich allein, doch mit Penne gegessen, dazu ich >>>> Hydra, einen in Dortmunds Rechtsradikalenmilieu spielenden, aber auch unabhängig davon hochpolitischen Tatort, nämlich mit Peter Faber sah, mit dem ich mich, stellte schon einmal die Löwin im Gespräch fest, „gehörig identifiziere”, auch wenn meine eigenen soziopathischen Züge eine nicht ganz so starke Ausprägung haben und meine Konfektionswahl schon prinzipiell anderen Grundsätzen folgt. Ich bin halt, modisch gesehen, Aristokrat.
Das hängt mir schlimmer an als >>>> dem Herrn Hartmann Götz George.
Morgens nämlich noch hatten der Freund und ich über die problematische Stellung gesprochen, die ich, ganz offenbar auch und vielleicht sogar vor allem des „Ribbentrops” wegen, in diesem vermaledeiten Betrieb habe; die meisten Menschen, denen ich davon erzähle, glauben es anfangs nicht; oft braucht es dreivier Jahre, bis sie mitbekommen, daß ich keineswegs wahnhafte Befürchtungen hege. Jedenfalls las ich ihm die Erfahrungen >>>> Gogolins vor (man muß sie sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen), von denen er >>> vor zweieinhalb Jahren ziemlich konkret in Der Dschungel schrieb. Es ist ganz gut, sich dies als Beleg bewußt zu machen. „Insofern”, sagte ich dem Freund, „ist es für jeden gerade kleinen Verlag ein wirkliches Sicherheitsrisiko, sich auf meine Arbeit einzulassen, gerade wenn die Kapitalkraft nicht da ist, Durststrecken durchzustehen”, insofern es auf die Bücher-”tatsächlich” eben nicht ankommt, es einfach wurscht ist, ob sie gut oder schlecht sind. Sie werden erst gar nicht gelesen. Man will sie nicht, weil man mich nicht will; jede(r) andere hätte mit ihnen längst reüssiert, wäre auch und gerade mit Der Dschungel längst im Kanon.
Immerhin quält mich dieser leidige Umstand nicht mehr. Statt dessen – wie am Sonnabendabend auf dem Fest in einer Diskussion über Sexismus – begreife ich, daß er mir die Freiheit gibt, Positionen zu vertreten, die nicht unbedingt piecie sind, und sie auch hart zu vertreten, selbstbewußt und stolz: auf Akzeptanz aus, nicht auf Gefallen.
Jedenfalls war Fabers scharfe Durchdringungskraft eben nicht nur kriminalistischer Fragestellungen gerade erst damit fertig geworden, alle um ihn herum vor den Kopf zu stoßen, als der Freund zurückkam; ich hatte noch nicht mal mein Gedeck abgewaschen. Und erneut sprachen wir bis in nächtlichste Nacht. So daß abermals nicht daran zu denken war, um sechs in der Frühe aufzustehen, sondern ich um halb neun meinen Kater treten mußte, damit er mit mir aus dem Bett kam. Besonders tierfreundlich war das nicht.
Und hinke jetzt bereits selbst meinem modifizierten DTs hinterher. Das bedeutet aber nicht, auch meinen täglichen Ecker aufzugeben.
Diesmal („Der Schacht”) führt er uns in sein, des Erzählers, Inneres, führt uns sogar „ein”, zusammen mit Metermaßen und Apfelbutzen (: was ein schönes Wort ist, übrigens), mit Papiertaschentüchern und Besenstielen, die alle in ihm auf eine Ewigkeit verschwinden, die der Unendlichkeit des Weltalls entspricht. Ewigkeit, so begreifen wir, ist die zeitliche Seite des Unendlichen, ihr zeitlicher Ausdruck, wie eben Unendlichkeit der räumliche Ausdruck von Ewigkeit ist. Daß die Körperstelle, da diese beiden sich auftun, eine pikante ist, tut imgrunde nichts zur Sache, sondern entspricht jener kalauernden Abwehr, die, solang wir‛s noch können, dem Fürchterlichsten widersteht, es zumindest bannt. Es ist die insch‛allahne Ergebenheit, eine, möchte ich sagen, melancholische Stoik, was uns am Leben hält; Ecker selbst spricht von „melancholischer Nachdenklichkeit”:


So auch die Liebe, übrigens. Alle Erfüllung ist bedingt – ganz wie die Wahrheit, die aufschießt, und schon ist sie fort. Und wenn ich bei Walter Benjamin nun schon mal bin, kann ich, liebste Freundin, diesen Brief auch mit einem Zitat* von ihm abschließen:
In den Gebieten, mit denen wir es zu tun haben, gibt es Erkenntnis nur blitzhaft. Der Text ist der langanhaltende Donner.

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