Novemberwolken. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, den 25. November 2017. Mit Johannes X. Schachtner, sowie Becher und Ecker ff.


[Arbeitswohnung, 6.58 Uhr
Sperrangelweites Oberlicht: klatschend strömendes Regnen
Schnarchen vom Vulkanlager]

So, mit Vollgas an die verbleibenden knapp dreihundert Seiten Thetis; am besten wär‛s freilich, ich bekäme sie noch vor Triest fertig; dies bedeutete aber, jeden Tag hundert. Gestern kam ich auf 59, aber da saß ich erst ab mittags dran, weil ich eine Last übern Vormittag trug, die mich sehr langsam machte und langsamer noch sich hob.
Jedenfalls, Freundin, erreichte mich nachts eine Sprachnachricht der Contessa, die mit meinem Gesprächsprotokoll zu dem Familienbuch richtig glücklich sei; ihrerseits i h r e Nachricht ging warm an mein Herz. Auch: Gut daß ich von der Triestreise erzählte und von dem Abstecher, am Donnerstag, nach Wien für die kleine >>>> Joyce-Präsentation und das Aeolia-Lektorat. Da wird dann, am Donnerstag, die Chamber Music/Kammermusik endlich auch gedruckt und gebunden vorliegen. Ich werde ihr, der Contessa, sofort ein Exemplar zuschicken, wahrscheinlich noch von Wien aus.

Erster Morgencigarillo, zweiter Latte macchiato.
Ruhiges Schnarchen des Freundes, das mir angenehm ist, weil ich ihn endlich schlafend weiß: Sein Kreuz ist schwerer, Freundin, als meines, denn ich hab für meines die Form. Es formt uns die Zeit wie den Körper das Studio. Ab Dezember, nach meiner Rückkehr, werde ich wieder laufen; erst mal das; vier Kilo, schätz ich, müssen runter. Das Krafttraining nehme ich auf, wenn sie weg sind.
Ärgerlich allerdings, hinderlich, daß ich in der rechten Hand eine Art Entzündung habe, vom Tippen: den Mittelfinger, mit dem ich rechts tippe, abwärts bis in den Unterarm. Ich habe so eine bestimmte Stellung, die mich rasend schnell schreiben läßt. Jetzt muß ich mich umtrainieren, auf den, versuche ich gerade, Zeigefinger, um die andere Sehne ruhigzustellen. Geschieht mir recht; über Ergonomie habe ich mich immer lustig gemacht.
Es war die enorm schnelle Tipperei des Protokolls. Gut, da ich in Triest und Wien wieder am Nettbückerl schreiben werde, wird die Belastung eh anders sein. Und vielleicht, gerad in Triest, wird auch die Béart mich wieder überkommen.

Becher, im >>>> Herz des Hais, erzählt von den äolischen Inseln, und, was Wunder, auch „mein” Friedrich spielt kurz eine Rolle. Friedrich.Anderswelt. Ich bin mir fast sicher.
Tolle, tolle Sätze bei Becher. Er war mir schon lange ans Herz gelegt, erstmals, entsinne ich mich, von UF; nie war ich, aus welchen Gründen auch immer, seiner Empfehlung gefolgt. Und nu‛ schleppt der Freund mir dieses broschürte Büchlein an…

… was mich auf, morgens, >>> Ecker bringt. Diesmal ist es „tatsächlich” eine Novembergeschichte. Sie widmet sich den Wolken, und zwar auf dem Umweg zweier einander begegnender, in umgekehrtem Durchlaufsinn sich passierender Eisenbahnzüge, die vorbeirasenden Fenster „Panels in einem Comic”: zigfach gesehen im Spielfilm. Also will Ecker sie gleich wieder streichen. In den dadurch entstehenden Leerräumen nun, so schreibt er, entstehen die Wolken – erstehen, indessen, das sage i c h. Dennoch – dieses „dennoch” irritiert mich furchtbar – sehe man in ihnen (wer ist „man”?), was man (werjawer?) sehen könne und wolle. Doch der Satz, auf den ich hinauswill, schließt sich erst jetzt an: „Insofern sind sie Spiegel – und darum wiederum gleichen sie Geschichten, in denen bekanntermaßen seitenverkehrt dargestellt wird, was auch in Wirklichkeit verkehrt ist”, Kursivierung von mir. Dieser Kniff, aus dem Verkehrten der Seiten eines des Realität zu machen, ist wirklich schlagend, es also aus dem Be/Gesonderten ins Allgemeine zu bringen: in dem einen Verkehren das andere zu sehen, an dem wir lebenslang kauen.

*

Den Titel dieser Geschichte möchte Ecker übrigens a u c h wieder streichen. Freundin, erahnen Sie ihn?

Meine Hand in Ihrer:

ANH

P.S.: Ich habe n o c h eine Entdeckung gemacht; eigentlich hat sie mir Uwe Schütte gemacht, der mit solcherart Musik, auch wenn er nicht mal reingehört hat, wenig anfangen kann und sie deshalb, die noch eingeschweißte CD, mir auf seiner Feier zusteckte.
Endlich, nach der Protokollarbeit, hatte ich für sie Luft und war bereits von den ersten Takten angesprochen. Der Eindruck hielt sich. Ein noch junger Komponist: >>>> Johannes X. Schachtner. Auch Ihnen, Schönste, könnte seine Arbeit gefallen… ah, ich bin’s mir sogar ganz gewiß:


Was mich für diese Musiken nahezu sofort einnahm – und zwar ohne, daß ich schon das Booklet gelesen hätte –, war, daß mir etwas aus ihnen entgegenklang, das die seriellen Fesseln und ihre Ideologeme abstreift, ohne doch die Entwicklung und Geschehen zu leugnen; Schachtner, als Komponist, tut etwas, das ich stets als Dichter versucht hab. Bei den sieben Stücken dieser CD bin ich mir allerdings sicher, daß es gelang.


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