Welch ein Lektorat! Das ziemlich eckernde Arbeitsjournal des Montags, den 4. Dezember 2017.

[Arbeitswohnung, 7.17 Uhr
Keith Jarrett, erstes Pariser Solokonzert, 24.5.1970]

Meine Güte, welch ein, Freundin, L e k t o r a t! Ich kann selig sein, daß meine Arbeit >>>> solch eine präzis-poetische Seele gefunden hat, eine Zweitseele, die, sagte ich noch in Wien meinem >>>> Arco -Verleger, so genau spürt, was ich in den Dichtungen will, und immer aber a u c h spürt, wo es mir nicht oder nur halb gelingt – und da legt sie den Finger drauf. „Ich habe doch gar keine Ahnung von Lyrik”, behauptet sie, aber kaum, daß ich ihr die rhythmische Struktur auch nur annähernd erläutert habe, fließt sie schon durch ihre Adern. Es ist wirklich – in phantastischem Sinn – ungeheuer.
So habe ich nun einiges, sehr viel einiges, neu zu fassen, bevor ich ans Ende der Thetis-Überarbeitung gehen kann, für die mir mein >>>> Elfenbein-Verleger aber Luft gegeben hat, ebenso wie die Contessa mich erstmal zuende wurschteln läßt, bevor wir mit dem Familienbuch weitermachen, was freilich anfang nächster Woche geschehen soll und muß. Welche Freude aber – ich saß noch in Wien im Verlag –, als die Nachricht des Kurt-Wolff-Preises für Elfenbein kam; Haacker raste sofort los und öffnete eine Flasche. Dabei hatten wir konzentriert über Gedichten Washma Fazila Aryads gesessen; es sieht so aus, als würde ich nun auch noch als Nachdichter aus dem Dari tätig – dazu aber später mal mehr.
Jedenfalls, die Aeolia wird nun enorm dicht; auf die, wie wir sie nennen, Wiener Ausgabe freue ich mich irrsinnig. Die Frage war dann schnell nach einem Umschlagbild da; ich möchte gerne eines der Pyramidenbilder Anselm Kiefers haben. Es bleibt aber nicht viel Zeit, die Rechte einzuholen; am Freitag muß die Programmvorschau in Druck. Alternativ denke ich an Max Ernsts >>>> Die ganze Stadt, auch wenn Titel & Sujet nicht wirklich etwas mit Stromboli zu tun haben.
Und… – lustig! Soeben SMSt mir meine >>>> Eckermännin, also die Eckerfrau ANHs, noch aus dem Flugzeug, das in Wien auf Starterlaubnis nach Paris warte, weil CDG (Roissy) wegen Nebels ein Landeverbot verhängt habe – und da werden nun, parallel zum Entstehen dieses Arbeitsjournals, zwischen Sitz 32A und Schreibtisch letzte Änderungen am Vorschautext vorgeschlagen. Mein Verleger wird ein bißchen wahnsinnig werden.
Sie bringt mich, meine Eckerfrau, freilich nur assonanzhalber auf den nunmehr wiederaufzunehmenden >>>> Morgenecker, der mir heute von den Meisen Alaskas erzählt: „Ich saß in einem Sessel und redete mit jemandem, der sich als ein Etwas erwies, das nicht antworten konnte. Es gab auch den umgekehrten Fall, daß nämlich ein Etwas aus heiterem Himmel zum Leben erwachte und mich mit Vorwürfen überschüttete oder Fragen stellte, auf die es keine Antwort gab”:

Ecker Andere Häfen (amazon)


Was ich auf keinen Fall vergessen darf: gleich nachher zur Post zu radeln, um >>>> Helmut Schulze zwei Vorabexemplare der >>>> Kammermusik nach Umbrien zu schicken. Es kann einfach nicht angehen, daß hier schon „alle” das Buch gesehen haben, es sich überdies bereits trefflichst verkauft, nur er, der erste Dichter neben mir, hat es noch nicht. Morgen, übrigens, werde ich diese nun bereits erhältliche Neuerscheinung in Der Dschungel gesondert annoncieren. Dann können Ihre Freundinnen, verehrte Freundin, sofort die Bestellzettel ausfüllen. Lächelt.
Jetzt aber ist erst einmal die Löwin dran, ganz sanft aus ihrem tiefen Schlaf herausgesprochen zu werden – eine Bemerkung, die ich hier hinschreibe, weil auch Ihr Antlitz ein wenig Eifersucht mit einer schimmernden Wärme beleben wird, die diesem Berliner wieder mal Novembertag leider, leider abgeht. Im Gegenzug werden Sie mir gewiß verzeihen, daß es in diesem Text heut ein wenig arg sehr eckert.

Ihr
ANH

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