III, 451 – Adventsdekoration

Navigieren im Alltag von To-Do-Boje zu To-Do-Boje, dazwischen werden Straßen aufgerissen und Parkplatz- sowie Verkehrsprobleme geschaffen. Die Tabaccaia eine mittlerweile isolierte Insel zwischen aufgerissenen Straßen (Hochwasser ist wegen der Hügellage nicht zu befürchten, obwohl es einen Tag regnet und den anderen nicht (also so ein binäres Arbeiten da draußen: mal 0 mal 1 – mit gelegentlich 001 oder 0001 oder 011)). Daß dann unter Pflastersteinen der Strand liegt, ließe sich schwer behaupten. Kurz: Straßenbauarbeiten in der Oberstadt. Pflaster raus, neue Abwasserrohre verlegen, planieren oder sonstwas, Pflastersteine wieder obendrauf.
Heitert allerdings auch auf: das ungläubige Schauen aus dem Fenster auf diese Pflasterausreißmaschine, die schon morgens um sieben aus ihren Autos steigenden Arbeiter (glaube kaum, daß da ein Italiener dabei ist: der eine mit Rauschebart und umwickeltem Kopf, der immer den größten Eßbehälter dabei hat), das gefundene Fressen für den gelegentlichen “Gedanken”-Austausch mit Anwohnern.
Hinzu kam noch ein Gedankenaustausch mit den Kieseln auf den Wegen der Villa Massimo. Auch wenn im späteren Verlauf der damals (!) stattfindenden Open Studios dort die Füße irgendwann das Denken übernahmen, bis sie ihre Ruhe vor einem Monitor fanden, aus dem es tönte: “Ich will”. Dresdner Sinfoniker, es singt und fordert Katharina Thalbach, im Studio von Thorsten Rasch, der’s komponiert. Und das Stück davor: “Mein Herz brennt”. Texte von Rammstein. Immerhin, mit ihm ergab sich eine Gesprächssituation. Eine weitere dann noch spät in Sabine Schos Studio (Gin gab’s (und die kleine Alkoholkurve auf dem Weg dann zu der ihm dort reservierten Tramezzino-, pardon Mezzanin-Unterkunft)), wo noch einer der Architekten hinzu kam. Was sich angenehm hinzog.


Ansonsten die Anfangssituation: die verschiedenen Veranstaltungen in den jeweiligen Studios. Instruktionen, wie man sich das Headset über die Ohren stülpt, denn in Studio 1 (Sabine Scho) war vorgesehen, daß er etwas auf Italienisch vorliest, nämlich das “Rupturwundenmuseum” und den “Großen Ameisenbär” in seiner eigenen Übersetzung mit natürlich hübschen Findungen, wie er sich dann selber eingestehen mußte. Denn wie bringt man das rüber: “Mull” und “Nacktmull”? Silberreiher, also “garza” und “garza”!


Hinterher in der Pause Flanieren auf dem Kies mit der Brooksäugigen, die auch gekommen und ganz zufrieden mit meinem kurzen Auftritt war (hatte seine anderen Übersetzungen gegengelesen). Erste Gläser Wein. Und so heftig von ihr eingehakt, daß er schon das Schlimmste befürchtete: nämlich Anweisungen fürs Leben. Du mußt, du mußt, du mußt. Und sie selber mußte dann auch, nämlich. Verabredung mit Einem. Nun ja, sie sei kurz vor der Menopause, man nehme mit, was man mitnehmen könne. Bewundernswerte Pragmatik!


In die anderen Studios, die ziemlich zeitgleich aktiv waren, schaute er nur noch nebenbei hinein. Ganz hinten irgendwann Disko mit Essensverteilung.
Aber dazwischen schiebt sich mittlerweile arebeit.
… und schob sich in all der Zeit (das Obige wohl schon vor einer Woche geschrieben), die seitdem vergangen ist. Immerhin mehr als ein Monat seit den Open Studios und zwei Monate nach der Rückkehr aus Laon. Es ging um Stangenlademagazine für Drehmaschinen: gleich vier solcher Bedienungs- und Wartungsanleitungen. Zur Zeit ein höchstrichterliches Aufrollen der Praktiken zur illegalen Einnahme von Wett- und Spieleinsätzen (so an die 60-70 Seiten à 1500 Zeichen) in der Domäne der ‘ndrangheta.
Hinzu kam wieder Zahnärztliches. Was der Zahnarzt mir sagte, solle ich bei Androhung von körperlicher Unbill tunlichst nicht erzählen. Aber es ist an und für sich schon eine körperliche Unbill, was zu sagen ich mir nun billig oder unbillig verkneife. Das Wort, das die Lippen formten, begänne mit einem labiodentalen Laut, käme zu einem bilabialen explosiven Laut und dann über einen Reibelaut zu seinem symphonischen Ende mit einem hübschen “t” am Ende.
Immerhin enthält die Buchstabenfolge des verpönten Wortes genug Material, um das Wort Adventsdekoration zu bilden. Zwar brennt kein Lichtlein, dafür aber – wie programmiert – erstmals das Holz, daß ich in den Ofen getan.

III, 450 – Laon V – Dédicace, Vauclair, Lac d’Ailette, Reims, Retour

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