Man habe, hieß es dann nach einem langen Bericht über die Krankheit des Schwagers, der nun (aber jetzt doch nicht mehr (was ist “jetzt”?)) im Krankenhaus liege wegen Fieber und Schüttelfrost, rätselhafter Zysten an der Leber und auch sonstiger Beschwerden (ob sie öfter in den Wald gingen, habe die Ärztin gefragt, was bejaht wurde… insofern auch die Hypothese irgendwelcher Tierchen, die unbemerkt in den Körper gelangen (man habe aber keine gefunden), Covid sei’s jedenfalls nicht, aber ansonsten wisse man nichts), mal darüber gesprochen, auch im Beisein des Neffen, was denn nun sei, wenn ich mal… Denn da sei alles Mögliche zu erledigen, und alles in einer Sprache, die man nicht verstehe. Ich solle doch mal darüber nachdenken. So die Schwester gestern am Telefon (wann war das?).
Die Sprache, die ich nicht spreche. Die Sprache des Körpers, die niemand spricht. Allein ausgehend von der Alterszahl, ist jede Spekulation überflüssig. Etwas für Versicherungsmathematiker. Natürlich gelegentlich der Gedanke, alles was wichtig ist, für den Fall aller Fälle zugänglich zu machen. Wenn es nur die Gegenwart gäbe, könnte ich noch endlos lange aushalten (Peter H.E. Gogolin, Kinder der Bosheit). Aber ich habe weder eine “Lebenspartnerin” noch Nachkommen. Insofern sollte es mir erlaubt sein, einfach mal einen Abgang zu machen. (Was einem so dazu einfällt). Was danach kommt, ginge mich dann nichts mehr an. Das eigentlich Üble daran: sich im Leben schon mit dem Tod zu umgeben. Es fliegen einst sowieso dreizehn Raben um die Felswand des Lebens wie in Buzzatis “Barnabò”:
Die Geschichte Darrios, auch er war Waldhüter. „Es gibt Diebe in den Bergen,“ fuhr er fort. „Sie entfliehen den Gefängnissen und suchen dort oben Zuflucht. Den einen oder anderen Tag kommen sie herab, um zu stehlen und Unheil zu stiften. Man muß nachschauen gehen.“ Und ging fort am Morgen, geradeaus durch den Wald, über ewig langes Kiesgeröll, und nur Gott weiß, wie er es schaffte, die Felswände hinaufzuklettern. Die Diebe, sagte er, aber vielleicht glaubte er selbst nicht daran. Er blieb ganze Tage lang fort am Rande der Abgründe. Und doch kehrte er, tüchtig wie er sonst war, eines schönen Tages nicht mehr zurück. Man wartet, man sucht im Wald, man dringt bis unter die Felsen vor und läßt das Horn ertönen, daß alle Berge davon widertönen. Und sieht nicht eine Woche später Bertòn, der vom Pulvermagazin herabstieg, dreizehn Raben, die um eine himmelhohe Felswand kreisen? Er liegt auf dem Felsspitz unterhalb des Baston del Re. Seine Knochen ruhen noch immer dort auf einer kleinen Terrasse. Alles in allem hatte er es so gewollt.
So eine Ad-hoc-Übersetzung eines Kapitels neulich (wann war das?). Ich nannte es “Schmecken”, diesen Vorgang. Klar, “Mit den Sackgassen sprechen”. Mein liebster Celan-Vers. Und den Zipperlein gut sein. Besonders dem Hühnerauge unter der linken Fußsohle (aber die unter dem rechten ist allerdings ausgewachsener), die für die Kupplung zuständig ist, so daß sie bzw. es direkt ins Nervensystem als Schmerz übergeht. Montag, am 29.6. (immerhin ein sicheres Datum!) merkte ich es besonders, als ich vom Bahnhof Orte Scalo wieder zurück nach Amelia fuhr. Da war ich in Rom gewesen. Es war Sankt Peter und Paul, Feiertag für die Römer, weil deren Schutzpatrone. Allerdings machte sich beim Umwandern der Villa Massimo auch das Hühnerauge unter dem rechten Fuß bemerkbar, das beim Gasgeben (auch bei den Gastgebern schon) allerdings sich ruhig verhielt. Und so ward in ihr, der Villa, ein Nachmittag verplaudert, um den es zuletzt wildwachsend grünte und lauthals sittichte. Aber das ist alles schon mehr als zwei Wochen her.
Wieder hier, ärgerte mich ein paar Tage später wieder die Copyright-Politik: auf arte.de wäre zu sehen gewesen Fassbinders ‘Berlin Alexanderplatz’ in voller Länge, nur leider in meinem Lande nicht zu sehen. Wäre eine nette Abwechslung zu den üblichen Katastrophenfilmen gewesen, die ich mir derzeit antue, sobald ich zu mampfen beginne. Die Ausweglosigkeit des Essens übertrag in die Ausweglosigkeit des drohenden Endes. Am Ende des Essens rülpst man sozusagen und schaut sich schließendlichen Ausweg an: geschafft: Essen und Film. Oder es sind Zehn-Kleine-Negerlein-Geschichten. Wobei mir einfällt, Mauro bleibt heute nach wie vor aus, dieser Mohr! (Mittlerweile ist er wieder aufgetaucht und bracht noch zusätzlich zum Wein einen Salatkopf, drei Peperoni, zwei dicke Zucchini und vier Auberginen).
Im Nerd-Dasein Bach, French Suites (irgendwo bei Youtube): ein gelegentlicher Klang, der zum PC aufblicken läßt, als wäre etwas angekommen oder kommentiert worden.
Ein anderer Nachmittag. Bio-Laden. Die Neue hatte mir erzählt, sie arbeite im Winter im Aosta-Tal. An besagtem Nachmittag trug sie ein T-Shirt mit der Aufschrift “Maison Vieille”. Ob sie dort arbeite, so gleich unter dem Mont Blanc, was sich aus dem weiteren Text ergab? Sie wölbte die Brust, um es mich besser sehen zu lassen. “…die Menschen sind Körper…” (Kracauer, Georg).
Über seine “Verfahrensweise” schreibt Oswald Egger in “Die ganze Zeit”, sie ermögliche es, “zu springen über die Wort- und Silbenfelder […], kreuzüber, zwerchs, nach anderen Orten und Anstößen von dort”, wo er dann nicht sei (oder sein könne), “vielleicht da bin ich dann dort (ich meine) da wie dort.” Es entbehrt seine ganz eigene Wortgeologie nicht eines gewissen Reizes, was sich von “gewiß” herleitet, einem “certamente”, obwohl man zuweilen davor sitzt wie vor einer Seite FW.
Dieweil letzte Endjuli-Mühen, dann drei Wochen Urlaub in Amelia. Entsprechende Mails wurden bereits abgeschickt: Ich bin nicht da, wo ich bin, sondern dort, wo ich sein werde, nämlich dort, wo ich ohne eure Aufträge sein werde.
Lieber Bruno Lampe,
wegen arte, probieren Sie bitte doch mal folgenden Link aus, ob das bei Ihnen abspielt (man kann es auch herunterladen, es handelt sich dabei um die offizielle Folge aus der Mediathek, ohne dass man allerdings über arte.tv gehen muss, es ist also nichts Verbotenes, s.a. den folgenden Link).
Falls ja, können Sie sich hier durchklicken und die Folgen ansehen/herunterladen etc.
Herzliche Grüße
top
PS an Hausherr: Hoffe das ist so in der Form in Ordnung, sonst bitte den Eintrag entfernen.
oh danke, ich werde es morgen ausprobieren!
sehr gut, der erste link funktioniert, der zweite indes mit dem üblichen problem. nochmals danke!
der erste link betraf aber auch nur den ersten teil (und dabei die lust, das buch nach über 40 jahren wiederzulesen). dieweile wurde ich fündig bei youtube (mit den weiteren folgen): https://www.youtube.com/watch?v=ADKH3TMd-hY&list=PLo2rRNlWBdyubOPxKjCDFg0q32eW8G0K-
Die Qualität bei youtube ist ja gruselig, <a href=“https://txt.fyi/-/20205/e2943589/“>hier</a> mal jene arte-Folgen in hoher Qualität. 🙂
https://txt.fyi/-/20205/e2943589/
(gestern war hier in Sachen html noch alles anders, hm.)
nochmals dank für Ihre mühe: es scheint nunmehr zu funktionieren (ich sah die serie anfangs der 80er jahre auf einem sw-fernseher… insofern ein gewinn
also, ich lese Ihre Einträge hier so gerne (und habe z.B. dadurch schon soviele Lektüreanregungen erhalten), dass ich nur sagen kann: gern geschehen!