Zur Zahl 13: Briefe nach Triest, 47. Wiederaufnahme, Überarbeitung 7 (dritter Durchgang).

[Aus dem dreizehnten Brief]

(…)

Die Zahl, Geliebte, dreizehn,

Dienstag, 8.25 Uhr
Stan Getz at Montmartre, live 1977

die geliebte 13, Herz, spielt in meinem Denken und darum auch Empfinden eine große Rolle; ich sollte sie ihr auch hier zukommen lassen in immerhin einem Elben­roman, meinem außerdem zweiten. 13 x 28 (ich schrieb Dir schon davon: vom matriarchalen Jahr, das nach Eu­ren Monatszyklen gezählt war). Jedenfalls soll nun wenigstens die Quersumme der Zahl seiner Briefe an Dich ein Vielfaches von drei­zehn ergeben, das Dreifache viel­leicht, um gleichzeitig die andere, nunmehr für L a r s bedeutsame Zahl, die 3, aufzu­nehmen. Schmölzen wir, er und ich, strukturell so in­einander, kämen wir auf neununddreißig Kapitel, was schon vom reinen Ansehn Evidenz hat und deshalb unser Blicken gleichsam zahlenmystisch spiegelt (ich for­muliere dies bewußt nicht | in dem „an sich“ hier zu verwendenden Konjunktiv). Wäre dem so, würde ich mit dem Rohling des Buchs spätestens im kommenden Januar fertig sein, was in seiner Logik bedeutet: mit dem Verarbeitungsprozeß. Ach, lach nur auf, ich weiß ja selbst: Welch ein bizarres Gerüst seiner Trauer! Als ließen sich Verluste be­stimmen … Übrigens spricht die Lydierin schon gleich bei beider erstem Wiedersehen in Triest, und zwar noch vor dem Grottenbegebnis, von den dreizehn Dimensionen, in denen wir lebten; bis dahin hätte Lenz nie gedacht, daß diese Frau phantastische Neigungen hat, wenngleich, wer mit einer Sídhe umgeht, darauf von Anfang an gefaßt sein muß, sozusagen natürlicherweise. Für das Vielfache von Drei­zehn spricht außerdem, daß es in diesem Roman immer auch um ein Kind geht, das sich – außer Jessir (oder hatte ich mich für „Volker“ entschieden, den Namen des exekutierten Freunds meiner Freun­din?) alle Beteiligten wünschen und zu dem es aber nie kommen wird, jedenfalls nicht in diesem Roman. Was nach ihm geschieht, steht in den Sternen.
Freilich, eine Sídhe … Im Gegensatz zur menschlichen Frau hat sie fast jede Zeit der Welt. So kannst Du ruhig bleiben. Alleine Lars, der Vater so gerne eines zweiten Kin­des würde, gerät in die Not seines Endspurts. Wäret Ihr möglich geblieben, hättet Ihr schnell eins gehabt. Du hast ihm sogar den Tochternamen genannt, ich schreib ihn, Lars’ Bitte folgend, nicht hin nein, Liebste, habe deshalb keine Sorge. Aber er hat, dieser Name, Lars momentlang stummwerden lassen. Solch ein Wagnis! Aber daß Du es eingehen wolltest, wirklich eingehen wolltest, schloß Euch fast ebenso eng zusammen wie Eure pheromonale Melange. Du weißt, er hätte sich drauf eingelas­sen, wiewohl gerade er niemand ist, der die mythischen Hintergründe nicht sehr ge­nau, nämlich aus unsern Gesprächen, kennt und also weiß, was da heraufbeschworen worden wäre – zumal ohne, daß er auch nur ahnte, was die Motive, Deine, hinter die­sem Namen sind. Ihr hättet aber sicherlich immer wieder darüber gesprochen und wäret ihnen schließlich, vermute ich jedenfalls, nahegekommen. Bei der Lydierin hingegen sind sie klar. Anders als Du bist, ist sie nicht scheu, sondern emphatisch matriarchal; des­halb ist sie sich auch so sicher, daß das Kind, das Lenz ihr dann – ihrem Empfinden zufolge – verweigert, eine Tochter werden wird. Nicht eine Se­kunde lang, tatsäch­lich, glaubte sie an ein männliches Baby. Während Lenz das Ge­schlecht seines zwei­ten Kindes völlig egal gewesen wäre.

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