[Arbeitswohnung, 11.10 Uhr
France musique Classique plus:
Daniel Freiberg, Klarinettenkonzert]
Wie Sie sehen, Freundin, habe ich ein neues, diesmal wieder schwarzes Notizbücherl angefangen – jenes ledergebundne, das mir die Löwin noch geschenkt hat. Und hineingeschrieben, was ich auswendig zu lernen habe; ich muß die Metrik der Sapphischen Strophen im Blut haben, 
wie ihrerzeit für die Bamberger Elegien den Hexameter. In der Datei sieht die Seite so aus:
In jüngster Zeit hat der metrisch wirklich fantastische, thematisch leider fast durchweg harmlose Jan Wagner das Ding mal nachgebaut:
gräser tobten rund um mein rad, und hinterm
hügel pochten, pochten die tennisplätze.
telefone waren vor allem stumm in
jener epoche
Nun jà, bei mir wird’s deftiger zugehn, was selbstverständlich an Sapphos oft erotischen Sujets liegt. Ich bin auch schon am Basteln, mit „wild verwühltem Bettzeug“ fang ich an. Kann sein, daß ich bereits über die Weihnachtstage hier eine erste Probe einstellen kann.
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Na gut.
In einer Stunde radle ich zum Alex los, um dort meinen Sohn für sein Weihnachtsgeschenk zu treffen. Er weiß, was er haben möchte, aber nicht, in welcher Ausführung. Und um vier werden लक्ष्मी und ich zu → André Hellers Rosenkavalier von Strauss aufbrechen, für den → Joana Mallwitz das Dirigat übernommen hat. Darauf bin ich, sehr sehr gespannt, vibriere fast ein bißchen. Doch Arbeitszeit werde ich nun kaum noch haben. 
Erzählen muß ich Ihnen, Freundin, aber noch wie das CT vom Dienstag ausgegangen ist. —Um’s kurz zu machen: K e i n Tumor. Allerdings ist die Lungenentzündung noch zu erkennen, verschwindend klein zwar, aber noch nicht völlig weg, und die Entzündungswerte sind von über 70 auf 3 runter. Insofern alles bestens, auch wenn der Befund etwa von „→ DD nekrotischer Metastase“ schreibt. „Das glaube ich nicht, Sie sollten das nicht ernstnehmen“, kommentierte es → Faisal. „Sowas schreiben sie immer, einfach, weil es theoretisch nicht auszuschließen ist. Ihre Werte sprechen aber eine andere Sprache.“ — Wobei mir diese Möglichkeit, Sie dürfen mich gerne pervers nennen, eigentlich sehr gut gefällt. Welch eine Geschichte! Ich entwickle einen Tumor, und mein Körper reagiert mit einer Abwehr, nämlich qua einschmelzender Lungenentzündung, die ihn schlichtweg killt. Es würde zu mir passen, also zu ihm, meinem Körper. Ich weiß genau, weshalb ich ihn so achte, und Körper sowieso, beinah mehr als Geist. Doch wie dem nun auch sei, Faisal möchte jedenfalls, daß ich im März noch einmal eine CT mache, um zu schaun, ob auch die letzten Reste der Pneumonie verschwunden sind. Dem seh ich in völliger Ruhe entgegen
und korrigiere jetzt mal diesen Text, um ihn vor meinem Aufbruch noch in Die Dschungel zu bekommen.
Ihr ANH
12.40 Uhr