Interruptus. Sappholieder, 7: Sapphos Fragment 24 d (erster Versuch).

Abermals mit einer S.maior-Ergänzung durch mich, diesmal, um den Erzählbogen zu schließen. Hier ist es die Erinnerung der schon älteren Sappho an eine lange zurückliegende Begegnung im Festsaal. (Zu altern spielt in den späten Fragmenten eine enorme Rolle, ich werde darauf zurückkommen. Denn gerade diese Gedichte – wie sehr sie mich berührten, ja beklemmten – war der Anlaß für mein Sapphoprojekt.)

 

Unter meinen ßen der Boden … er schwankte,
als der Halbgott drauf meine Hände nichtnein!
meine Flanken faßte und Maß wir nahmen
an seinem Streichen

sanft hinab; ich bebend noch, als er abließ
und gleich – g i n g ! Zu dünnstimmig da, wie mürbe,
unterdrückte ich meinen Fluch auf diesen
selbstischen Fatzke,

der mich so unerfüllt ließ,
meiner und sich viel zu gewiß,
als dass er selber hinsank.

 

Hier haben wir übrigens einen der seltenen Fälle, wo es gelingt, auch im Deutschen zwei lange, also betonte Silben direkt aufeinander folgen zu lassen, hier durch den sozusagen vokativen Trick eines Ausrufs, dem „naturgemäß“ der Nu einer Synkope vorhergeht. (Ich habe vor, diesen Trick auch in anderer Weise zu nutzen, wie ich es Ihnen, Freundin, → dort schon mal geschrieben habe; bei Sappho zu „gendern“ hat, zudem die wundervolle Ironie, daß es ein Mann tut).

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→ Sapphogedichte 8
Sappholieder 6

ANH, 19.14 Uhr




 

2 thoughts on “Interruptus. Sappholieder, 7: Sapphos Fragment 24 d (erster Versuch).

  1. Guten Morgen,

    ich zweifle, ob „… er“ in Vers 1 hineinpasst. Die Senkung ist metrisch nicht vorgesehen & lässt den Vers wie einen Hexameter ausklingen, also ‚unlyrisch‘. Ohne „er“ klingt hingegen das Schwanken direkt aus dem Vers heraus.

    Und zu Vers 7: Bei „unterdrückte ich“ stört der Hiat ein wenig. Klar wird er im Deutschen nicht so strikt vermieden, wie es die ‚Alten‘ taten. Aber ich lese quasi-automatisch „únterdrúckt‘ ich méinen“ (zumal das „ich“ syntaktisch nicht zwingend betont werden müsste, anders etwa in einer Gegenüberstellung „er – ich“).

    Sehr gelungen finde ich V. 10, wo der Hebungsprall „sich | viel“ rhythmisch ganz exakt die Diskrepanz zwischen (seiner) Selbstwahrnehmung und (ihrer) Realität ausdrückt; und zudem das „sich“ als eigentlich agrammatisch das „gewiß“ ebenso haarscharf verfehlt wie der Mann die Erfüllung. Chapeau.

    Einen schönen Sonntag!

  2. Abermals danke.

    1) Das „er“ im ersten Vers stimmt tatsächlich nicht; es kann ganz einfach gestrichen werden – womit auch die drei Pünktchen ganz unnötig werden:

    „Unter meinen Füßen der Boden schwankte“

    Hab ich sofort in die Datei übertragen.

    2) Hiatus im Vers 7:
    Stört mich nicht so sehr, läßt sich aber ebenfalls (fast) umstandslos vermeiden:

    „unterdrückt‘ ich klug meinen Fluch auf diesen“

    (Klug ist sachlich richtig und verstärkt obendrein die „u“-Assonanzen; dennoch werde ich wohl noch nach weiteren möglichen Adjektiven suchen.)

    3)
    (grinst verschmitz)

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