„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde“: Der Mob in den Zeiten kybernetischer (R)Evolution ODER Der Kubismus & die Bartbinde. All dies (und vielleicht noch mehr) im Arbeitsjournal des 13. – einer Glückszahl – Januars 2016, an nämlich einem Mittwoch.


[Arbeitswohnung, 10.03 Uhr
Versucht, Peter Cornelius‘ Barbier von Bagdad
zu hören: – romanti(zisti)ches Kompositionsgeseier;
also: Luigi Pirandello, Il prigioniero]


Mein >>>> futuristisches Tamtam:
>>>> „Uns gegen die Komplexität zu stemmen,
ist aussichtslos. Vielmehr müssen wir mit ihr kooperieren.“

Soviel zur Poetik der >>>> Anders>>>>welt>>>>romane,
mit denen Herr Schlesinger >>>> nichts anzufangen weiß.


Zugleich erschreckend, auch weil es dazu paßt, wie unverhohlen sich der Rassismus wieder breitmacht, in seiner ihm eigenen Mischung aus verdruckster Angst und Verklemmtheit, Vorurteil und scheinchristlich-„liberaler“ Selbsterhöhung; seit Wochen verfolge ich zum Beispiel >>>> das da. Es ist zum Kotzen. Zugleich sind die sozialen Netzwerke insofern ziemlich nutzvoll, weil sie eben zeigen, daß >>>> der Schoß durchaus noch fruchtbar ist. Freilich stehen dagegen Tausende Menschen, die den Fliehenden, wenn sie hier angekommen sind, selbstlos helfen; die Selbstoffenbarungen der verdeckten und „offenen“ Rassisten führen zu anderweitigen, menschlich vorausschauenden Zusammenschlüssen und Allianzen; auch wenn wir es jetzt dauernd lesen, so ist es falsch, übrigens auch dumm, zu behaupten, unsere Gesellschaft „spalte“ sich. Vielmehr wird eine Spaltung deutlich, die seit je dawar, sich nun nur wieder zeigt. Ein Gegner, den ich sehen kann, ist besser als einer, der aus dem Hinterhalt schießt. Deshalb, ja, begrüße ich Sites wie die oben verlinkte von Facebook.
Nein, >>>> Herr Schlesinger, es ist nicht die Zeit, die eigene Depression zu pflegen. (Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie hier als Beispiel nehme, es gibt Hunderte andere, die sich ebenso „eignen“ würden; Sie sprangen mir halt von selbst ins Werk und stehen nun da drin; man könnte von einer Steilvorlage sprechen… ungerecht, ich weiß, ist es dennoch).

Architektonisch habe ich selten Schöneres gesehen als manche Moschee. Und es ist sinnvoll, den Koran zu lesen und ihn moralisch mit dem Alten Testament zu vergleichen. Es ist sinnvoll, auf unsere eigene Kultur- und Gesellschaftsgeschichte zu blicken, unsere Ungeheuerlichkeiten. Und wir müssen sehen, daß Gewalt und Sexualität ein komplexes Gefüge bilden, das sich nicht mit normativer Gesetzgebung auflösen läßt, vielmehr in einer künstlerischen Inszenierung aus Spielformen. Deshalb ist etwa die generelle Verteufelung der Prostitution von übel; ich habe mehrfach drüber geschrieben. Mein Gespräch gestern abend mit Amélie, die ihren (Teil)Beruf liebt, machte es mir aufs neue klar. Viele ihrer „Sessions“ bestehen zu allenfalls einem Drittel aus sexuellen Akten, oft sogar weniger; mindestens zwei Drittel aber sind Gespräche, nicht selten deutlich therapeutischen Charakters. – Wir sind von Zuständen (Herkünften, Erfahrungen, Traumata, übernommenen, statt eigenverantwortlich entwickelten Werten) g e p r ä g t und werden dies nicht von außen auflösen können, sondern allein in, jeder für und mit sich selbst, innerer Arbeit – wobei ich „Arbeit“ sehr bewußt nicht negativ, sondern mit Lust besetze.
In den Nexus gehört unser Verhältnis zum sogenannten Fremden zur Gänze hinein. Es wäre wichtig, aus „Verhältnis“ „Verständnis“ zu machen – was durchaus nicht Einverständnis bedeutet; für die Kölner Übergriffe ist das gewöhnliche Strafrecht anwendbar; nimmt man sie ideologisch, ist man seinerseits gewalttätig roh. Die gerade bei >>>> D.A.C.H. immer wieder laut werdende und nicht selten zynisch gefeierte Furcht vor einer zielgerichteten „Invasion“ zwecks „Islamisierung“ der westlichen Gesellschaften ist eine hinausprojezierte des eigenen Innen. (Wie nahe übrigens „Dach“ und „Daish“!)

Noch immer das Ehrhardtgedicht. Immerhin komme ich weiter. Auch hier geht es um Prinzipielles, Grundhaltungen, Glaube, Überzeugungen. Die bisherigen Verse sind im Wortsinn Auseinander|Setzung, was notwendigerweise ein sichZusammensetzen mitbedeutet. Dabei ist mir die so genannte Neue Sachlichkeit so unangenehm wie der Gründerzeitpomp, auf den u.a. sie Antwort war; sie ist an ihn gebunden. Kubismus und >>>> Bartbinde gehören zueinander. Das ist alles sehr weit weg von der Freiheitlichkeit, die mir vorschwebt, der ich zustreben möchte und auch dieses Gedicht zustreben lasse. Ich selbst freilich bin ebenfalls noch weit von ihr entfernt, aber schon ein ganzes Stück auf dem Weg und denke, „gehen“ kann man vollen Herzens dann, wenn man angekommen ist. Dann werde ich loslassen wollen und – gut dürfen.

[Luigi Dallapicolla, Volo di notte, RAI Torino 1985]
(10.55 Uhr)
Ebenfalls lange, sehr lange, über mein Theaterstück gesprochen, das ich nun endlich realisieren will. Nämlich jetzt auch (m)eine Dramaturgin gefunden. Nach Rückkehr von meiner Lesereise werden wir im Februar das Konzept angehen; dafür ist imgrunde „nur“ noch offen, wer den männlichen Part spielen soll. Plötzlich kam ich auf eine rundum paradoxe Idee. „Das ist ja k l a a a a s s s s e!“ rief die Dramaturgin aus. – Also wolln wir doch mal sehn!

(Wo ich ab Montag, und jeweils wann, sein werde, das entnehmen Sie bitte der rechten Dschungelspalte.)

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