Bamberger Elegien (51). Zwölfte Elegie (4). Entwurf der nächsten Fortsetzung.

Mir niemals wieder. (Ach Kindheit! ach furchtbares, banges
Angstsein bis in die späte Jugend, der bittren Mutter
asexuelles, hämisch Instinkten ab-, sie weggekehrtes,
nichtendes, was Natur ist, Gespöttel warf dem Spott dich
v o r!) – So sitze ich hier. Und mehr als d u, Vater,
w e i ß ich; davon gebe i c h nun weiter, als w ä r e
es von dir. Denn im Altern, Väter und Söhne,
werden sie eines; wenn einer geht, rückt der jüngre
nach, und er übernimmt es, und übernimmt dieses
Blicken, gerichtet, wolkenhinauf, das drängende, wenn er
ganz ist und bei sich und preßt’s sich nicht runter, wie zölibatär in
Frauenkleider gehüllt (und schaffen’s doch zur Frau nie:
Tunten, die nur ihre M a c h t vor Erkennung sichert – und darum
hält man sie, n u r darum, weiter für Männer und ehrt sie fürchtig.
Macht aus Versagung, Macht aus Verrat am Körper, verschoben
ungut – böse, letztlich, den Kindern, denn deren und eigenen
Ursprung verrät es und höhlt ihn aus: schält die Frucht aus der Schale:
die bewahrt es als Reliquien und betet es an; das
Fruchtfleisch hingegen wirft’s verächtend hinweg und vermüllt es.)
Wolken, Wolken. Nun wieder lose, und Sonne ist wie
seiende Väter, die dastehn und sich durchsetzen können
gegen Frauen, d i e sie und w e i l sie sie achten in ihrer
beider Tanz; so wirft sie, Sonne, die Männerblicke
auf sie geschlechtlich zurück, ausgestreckten Frauen
den sich entfaltenden Schoß erwärmend. Wußtest du’s, Vater,
nicht, daß Wolken (weiße, seltsam spermige Wehen,
die sich flockend verteilen) Wasser spiegelt, Flächen,
übereinander, untereinander schwebend, Wellen,
Höhen – Wellen auch, Höhen, Gebirge, schaut man von oben,
fliegend (schwimmend), in der weiten grellen Zerklüftung
Wildes hinunter? Und beides ist stürmisch? p a z i f i s c h pace? Wasser
– Seele – k e i n e Versagnis, sondern ein Versprechen,
das sich erneut gibt, ständig erneuernd und sich erfüllen
will und erfüllt – nicht immer in uns, das mag sein, aber
a u c h uns, dann w a r es – und: b l e i b t’s nicht: gewesen? Ich weiß doch, schwer ist’s,
wenn es vorüber und will nicht mehr w i e d e r! Wenn uns die Zeit ging.
Wären, aber, n i c h t angerührt, g e w e s e n, und sind’s drum
weiter? Steht’s n i c h t in uns drinnen und h a t uns gefüllt, bleibend?
Wär es, Vater, so schwer drum zu sagen: mir gab’s sich, öffnete
mir sich – und gibt sich nun anderen hin, die’s noch nicht durften?
Wäre, Vater, nicht loszulassen gewesen viel früher?
hätt’s nicht mit Stolz umwunden dann, was uns gelebt hat?
N i c h t wär’ dir elendes Nachschrein über deinem Sterben gelegen,
dieses lange, erbärmlich, und hätt nicht dieses Vergeblich!
über dein Leben ausgerufen. Wie gerne reiste
ich an dein Grab und stünde achtend dort, nicht voll Mitleid.
Liebe, ja, kennt es auch, doch sagen können über
seinen Vater: das war am Ende ein M a n n doch, der beugte
n i c h t s – wie hätte ich d i e s e Erbschaft geliebt! und wär es
keine andre gewesen – nun i s t’s keine andre und auch nicht
irgend eine nächste außer der verzwickten,
die den Vater aus tauber Leere sich renovierte,
weil man es wollte und w i l l’s immer weiter. So erst ersteht er,
entsteht, gebiert sich: ein Mögliches, das sich innerlich nachholt als
Wunschbild, dem wir uns dann verpflichten, ernsthaft, wie es
Männern ansteht mit Söhnen. (Zu Töchtern ist’s anders? Ich weiß nicht.)

BE 50 >>>>

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