Alle Kunst ist am Grunde Entsetzen, so wie Schönheit
a u c h ist. Wie Verwandte suchen sie sich, die sich brauchen;
ohne einander ertrügen sie nicht, womit sie bebürdet.
Beide entgelten Wahrheit – die kalt ist und gemütlos*,
weil sie, ohne Absicht und Ziel, nur ist – mit Täuschung:
guter, humaner – als dürften wir hoffen, mehr als ein Bündel
konditionierter Reflexe zu sein. Wir hoffen es nicht nur,
sondern wir glauben’s. Daß wir nicht irrten, dafür stehen
Schönheit und Künste allein ein, unsren Irrtum verklärend,
der er doch i s t. „Wer hat dir“, fragte gestern, ich lag schon,
Deine, C.’s, SMS zur Nacht, „den Glauben genommen,
daß ein Übersinnliches sei?“ Ich lag, wollte schlafen.
Sitze jetzt, Viertel nach sechs ist’s, hinter den hochschrägen Scheiben
(vor ist i m m e r draußen! hinter ist i n n e n, in Räumen),
streifen-, kondensverweint sind sie, von einem Nebel streifig,
ganz von oben herab verweint bis ganz unten, als wären
vorüber Sommer und Hitze, vergangen wie eine Liebe,
grußlos, weil sie’s nicht w a r, im August – sitze und rauche,
instant coffee nippend, schwersüß gegen sein Bittres,
Billiges überbrüht. Und mit viel Milch gegen Schwermut.
Zeit ist’s wieder milder Tücher. Aus der Regnitz
weht es morgenkühl durch die Tür und mir in den Nacken,
Tücher wie etwas, das selbst sich umarmt und beruhigend streichelt,
schädelhinunter. Wär’s doch ihr H a a r, meiner Frau! Verloren
fällt’s mir über Nacken und Schultern halb übern Rücken
– sitze, um Antwort d e n k e n d, da, um Antwort dichtend:
Wie, C., mach ich’s dir greifbar? daß du’s nachfühlst, doch ohne,
daß du deinen Glauben verlierst? deinen unentsetzten
schönen? (Höre das Wehr und höre erwachende Enten.
Lang stehn der Tisch und zwei Bänke auf Kies, schweigen weinrot:
So ist das Meer bei Homer. Die Auferstehung ist so.
Weiß darüber der Nebel, der konturlos sie und die Häuser
hüllt, ihre matten Fassaden, die unwirklich halbschlafend gähnen,
rechtsregnitz’sch drüben gleich zärtlich geklebten Spielzeugmodellen.)
(1)