Doch reicht’s nicht, nur zu glauben; wissen müssen wir auch;
darin grad nämlich erfüllen wir uns: daß stolz wir vereinen
unvereinbares Tiefes und Flaches, die Formeln der Farben,
Darwin zugleich und Anrufungen von Geistern und Schatten,
Mathematik, so präzise gedacht wie empfunden dunkle
mächtige innere Stimmen, die aus dir selber kommen,
deine aber nicht sind, sondern u n s r e – Amalgame,
die wir deshalb verstehen und haben doch chemisch nicht Gründe.
Abgründig schauern wir deshalb, gehen durchs Ungefähre
nachts wir: lauschen auf nicht vorhandene Schritte, erschrecken,
wenn ein Gebüsch rauscht nahbei und Böen fahrn in die Wipfel,
– m y t h i s c h-schreckhaft noch immer. Aufgeklärt meinen wir,
lauernde Mörder zu fürchten, konkret, die sich ducken hinter Bäumen
dort, wo ein Mensch gar nicht ist oder selten hinkommt,
abseits von aller Wohnung, in Wüsten oder im Dschungel.
So tief reicht uns die Angst vor nicht erklärbarer Drohung,
daß uns das Unwahrscheinlichste noch wahrscheinlicher ist,
als daß Erlenkönigs kalte nässende Hände
uns auf den Lappen >>>> des pulsenden Großhirnes liegen.
Dekonstruktion als Chance – Gedanken zur Frage „Aber wo bleibt das bleibende Tier?“ Die strenge Form und der hohe Ton, das „Wortgewitter“, in der uns ANH in seinen Elegien entgegentritt, verweist nicht nur auf Traditionslinien deutscher Lyrik ( Rilke, Arendt) , sondern ist auch ein Versuch zu heutigen existentiellen Problemfeldern einen Bogen zu spannen, deren einer Pol Frau, Mann, Kind oder Familie heißen. Mit induktivem Ansatz führt er die Leser zum zweiten Pol, ins Allgemeine und beklagt den Verlust des Pathos heutiger Liebesverhältnisse. Ohne konservatives Lamento bilden die Verse Tatsachen ab, indem sie die zwiespältigen Folgen postmoderner Verhältnisse von Frau und Mann und die Art und Weise sich zu reproduzieren hinterfragen. Das Leben ist ein Fest, eine einzige Feier, das vom blinden Alltagsblick oft nicht erkannt wird. Die Augen der Künstlerinnen und Künstler, ihre kulturelle Erinnerungen und ihre individuellen Erfahrungen beschwören, gleichgültig ob sie in ihren Arbeiten verlorene Utopien beweinen, oder den Zerfall von gesellschaftlichen Strukturen als neue Chance für die Menschen begreifen, dieses Fest. Die Formen, die sie wählen sind vielfältig. Manierismus ist davon eine. Wer will kann sie deutlich beim Maler Tübcke entdecken und versteckter in der Musik Pendereckis hören. Die Anlehnung ANH’s an die Manier Rilkes ist für mich eine Hinwendung zum kulturellen Gedächtnis und ein Versuch dekonstruktive individuelle und gesellschaftliche Prozesse einzufangen. Die gewählte Form macht stutzig und öffnet damit den Blick für den Sinn hinter dem Sinn. Meme, Gene, Stammzellenforschung, Abtreibung, in-vitro- Fertilisation, Kriege, Pisa und vor allem die Liebe gingen mir beim Lesen der Elegien durch den Kopf. Die Eingangsfrage, – „Aber wo bleibt das bleibende Tier?“ – ist existentiell. Wo bleiben die künstlich befruchteten Eizellen, die nicht zur Reproduktion genutzt werden? Und wo bleiben, angesichts von Cyberspace und Angst vor Nähe, Liebe und Lust? Das Keuchen Haut an Haut….. und die Familie? Welche Möglichkeiten stecken in neuen Entwicklungen und welche Verluste werden erlitten? Die Strenge der Form der Verse, das vermute ich, wird am Schluss der Elegien vielleicht gesprengt . Kann doch die Antwort auf DIE FRAGE „Aber wo bleibt das bleibende Tier?“ nicht wirklich gegeben werden.
was für ein bourgeoiser text! man sieht einen trockenen akademiker (verhinderter künstler?) vor sich, dem der staub bei den ohren und nasenlöchern rausfurzt, während der leere hörsaal (bis auf die zwei, drei taschentragenden verzopften lehrerkinder, die noch auf den vordersten bänken ausharren) ihm nur angenehm ist …
Ui, ferromonte, was sind Sie plötzlich aggressiv. Da kommt ja direkt Feuer ins posting!
(Nebenbei. Schopenhauer hatte, heißt es, nie mehr als sieben Hörer in seinen Vorlesungen. Das k a n n ja nun kein Kriterium sein. Bei Arno Münster seinerzeit, Bremer Uni, waren wir vier. Mehr Studenten kamen nicht, weil sie es zu Reformunizeiten nicht mochten, wenn jemand nicht nur benotete, nein, auch noch Leistung erwartete.)
sicher ist das kein kriterium der qualität einer (vor)lesung: die anzahl der zuhörer. der satz ist auch eher ein bild, das diesen redenschwingenden impotenten “germanisten”-typus karikieren soll … würg. (wir in wien haben ein prachtexemplar davon: wendelin schmidt-dengler. .-))
ich bin sanft wie ein lamm, keine spur von aggression, einen moment nervte mich dieses posting nur unendlich, nachdem ich >>hier sowas gewinnbringendes zu lesen hatte … 🙂
@ ferromonte man muss nicht wie Rumpelstilzchen ums Feuer springen nur weil einem ein Text nicht gefällt. 😉
muß man nicht, kann man aber auch mal, wenn einem heftig danach ist, oder? 🙂
nichts für ungut ..
Die Elegien lösten bei mir eine Menge Emotionen aus. Sie schafften eine Nähe, die ich nur mit einer Wanderung ins Allgemeine dämpfen konnte.
verstehe. diese art von reaktion ist mir nicht einmal so unvertraut; tut mir leid, wenn ich sie gekränkt habe.
@ferromonte
Zur Sache: Meine allgemein gehaltenen Aussagen gelten natürlich.
Hier ensteht ein Werk, dessen Rezeption Diskussionen über den Begriff “Leben” bei mir ausgelöst hat. Freuen würde ich mich, wenn sie ihre Auffassung zu ANH’s Elegien ausführen würden.. Da ensteht dann die fruchtbare Reibung, die der Text verlangt, und die uns vielleicht.etwas weiter bringt.