„Also los!“ So wieder Sabine. Wir saßen auf, hätte Cordes jetzt fast gedacht, der immer noch auf dem Nullgrund herumradelte und nach Andersweltspuren suchte. Er hatte den Eindruck, daß er den hier und dort patrouillierenden Polizisten bereits auffiel; noch ein paar Runden, und sie würden seinen Paß sehen wollen. Also radelte er über die Spreebrücke, von der die Druckwelle ausgegangen war, über Weidendamm und Tucholskstraße davon. Einem nächsten Impuls folgend, machte er auf der Oranienburger beim SILBERSTEIN halt, schloß das Rad in gebührender Entfernung von der Synagoge an einen Laternenmast und betrat das Café für einen Kakao.
Es war ihm s c h o n etwas klamm, als er herinnen Judith Hediger sah, die nicht so sehr verstört wie beleidigt auf ihr Handy starrte, weil Herbst die Verbindung unterbrochen hatte. Aber nicht nur sie saß im SILBERSTEIN, sondern auch Bruno Leinsam, der sich nämlich d o c h umentschieden und Shakaden und Osten ziemlich eilig verlassen hatte; auch er war einem, allerdings so plötzlichen wie panischen Impuls gefolgt – nachts, als er immer noch in seinem Büro saß und vor sich hinstarrte; dann hatte er den kleinen Wandtresor geplündert und, weil die vielen Geldscheinbündel sonst nicht mehr hineingepaßt hätten, die Hälfte seiner Sachen wieder aus dem Koffer herausgezerrt und, als er ging, auf dem Boden liegenlassen. Auch die letzten Heftchen Kitzlerpulver trug er, für den Notfall, bei sich.
Er öffnete die Tür ausgesprochen vorsichtig; ausgesprochen vorsichtig trat er, als er niemanden bemerkte, in den nur von der dämmrigen Nachtbeleuchtung beschienenen Flur. Es gab an den Wänden hie und da Monitore, in denen die angrenzenden Flure und Räume zu sehen waren, auch die Kotani Hall ließ sich im Stockwerk darunter überschauen: an den dortigen Eingängen, in der Tat, standen Mudschaheddin Wache. Ein Gottesdiener schließlich bemerkte den Geschäftsführer der EWG, aber er ließ ihn gewähren, sah ihm mit völlig unbewegtem, sehr schwarzbärtigen Gesicht nach, der Ausdruck seiner Augen war nahezu matt. Allerdings folgte er Leinsam in einem Abstand von etwa fünf Metern bis hinaus, bis diese riesige Freitreppe hinunter, die über die gesamte Vorderfront vom ersten Geschoß des Shakadens hinab auf den repräsentativen Vorhof langte. Jede Stufe war Bruno Leinsam Pein. Erst als er seinen Wagen aufgeschlossen, Platz genommen, sowie das Fahrzeug gestartet hatte und angefahren war, drehte sich der Mudschahid um und schritt gemächlich die Stufen wieder hinauf, um in dem nun endgültig Dār al-Harb gewordenen Gebäude Meldung zu erstatten.