Nähme ich das Weblog radikal, müßte ich nun andere Beiträge zulassen, also das Experiment für Mitspieler öffnen, so daß schließlich verschwömme, wessen Subjektivität dem jeweiligen Text zugrundeliegt. Das bedeutete, die Ambivalenzen und Äquivokationen von Verschaltungen in das Weblog selbst hineinzuholen, und wäre fast wieder kabbalistisch wie des Maimonides’ Blatt bei Benjamin. Dessen Passagenwerk mir überhaupt als ungeheurer Vorläufer einer Web-Ästhetik vorkommt, zum Beispiel: „Der Grübler, dessen Blick, aufgeschreckt, auf das Bruchstück in seiner Hand fällt, wird zum Allegoriker.“ Davon führt ein innerer Link zu Benn, als Rönne in die Hirnschalen in seiner Hand blickt und denkt: „Welt“. Und davon geht abermals ein Link etwa zu Valéry. Und so fort und „wechselwirkend“ zurück. Literatur ist und war immer eine Art Chor, deshalb in ihren Höhen nahezu redundant der auffällige Rück- und MittenhineinGriff ins antike („chorische“) Drama; manchmal trägt sogar der Slam so etwas, besonders dann, hört man die gesprochenen Texte als simultan. Die Kraft der rebellischen Dichtung scheint,
nachdem die realistischen Texte sich marktgängig (also objektiv) machten, in der Subjektivität des Netzes wieder auf, und zwar interessanterweise gerade da, wo sie sich zum Chor addiert: nämlich o h n e daß sie objektiv wird. Obwohl sozusagen „alle“ reden, gibt es kein ordnendes Element, keinen auktorialen Erzähler. Zugleich sind die Subjektivismen, weil zwischen ihnen Sinn-Verbindungen (intentionale Links) bestehen, nicht beliebig. Das ist das Abenteuerliche daran, zusammen mit einer nicht von vornherein bestimmten Wertigkeit. Im Zusammenhang bekommt sogar das krud-Private einen allegorischen Sinn, der sich aber funktionaler Zurichtung entzieht: Der Zusammenhang h a t nämlich keinen, doch i s t.
Könnte Sie interessieren, Jörg Dünnes Text “Weblogs: Verdichtung durch Kommentar, auch heranziehbar, Brechts Radiotheorie: vgl. z. B. http://www.groscurth.com/archives/000583.html
Danke sehr. Das seh ich mir nach Lösung meines hoffentlich nur kleinen Computerproblems an.
das sind gedanken, die mich – ohne zu wissen was sie über hesse denken – an das “glasperlenspiel” erinnern. und die ich faszinierend und relevant finde.
Gerade Das Glasperlenspiel war für mich von entscheidender Bedeutung, als ich etwa siebzehn war. Es gehört also – wie auch Der Steppenwolf – zu meinen literarischen PrägeErlebnissen, und zwar auch dann, wenn ich mich später ziemlich rigoros von Hesse abgewandt habe (um (??) mich ihm heute bisweilen lächelnd wieder anzunähern, etwa wie >>> d o r t).
herbst & deters fiktionäre
ich konnte das glasperlenspiel erst mit über 30 lesen und begeistert aufnehmen (daher auch mein name hier, ferromonte);
den steppenwolf natürlich früher, wenn ich ihn mit 17 auch sicher falsch verstand. mehr war für mich damals hesses morgenlandfahrt von bedeutung.
ihr kleiner ravenna-text ist wunderbar!
Besorgen Sie sich mal die Vertonung durch Othmar Schoeck. Oder “lesen” Sie sie in den Noten. Sollten Sie das nicht können und sollte sie als Aufnahme nicht mehr erhältlich sein, stell ich Ihnen eine mp3 her.
mp3: bitte, ja.
mp3:bitte. Ja?
Montag oder Dienstag, okay? Morgen muß ich zu einer Veranstaltung nach Hamburg (siehe “Termine” herbst & deters fiktionäre). Und ich bräuchte dann Ihre email-Adresse; schicken Sie sie mir an fiktionaere@gmx.de.
Aber ich sehe gerade, es g i b t eine Aufnahme (mit der Kallisch): >>>hier
Dann brauch ich auch I h r e email-Adresse. Und die wirklich-schöne Aufnahme, die ich habe, ist ein etwas verrauschter Radio-Mitschnitt. Ich hoffe, das stört Sie dann nicht. Wie gesagt: Montag.
Im übrigen, wegen der Hesse-Vertonungen;ich sehe gerade, Sie bekommen eine neue Aufnahme >>>hier.
Ich brauch noch Ihre email-Adresse. Wegen Hesse/Schoeck auf mp3.
mp3 ist angekommen! Nochmals herzlichen Dank für Ihre Mühe! Eine anrührende Aufnahme, die die Stimmung so wunderbar aufnimmt.
Übrigens, ein unverhofftes, kleines Geburtstagsgeschenk für mich heute!