Händel, Tamerlano.)
Das Hörstück ist fertig:
Aber ich habe derart intensiv gearbeitet, daß daran, mein Vorankommen hier in Der Dschungel mitzuprotokollieren, überhaupt nicht zu denken war; zweimal lag ich, so erschöpft war ich, bereits um halb elf Uhr abends im Bett und schlief bis morgens durch. Briefe blieben unbeantwortet, anderes ebenfalls liegen. Der ofenbedingten Verstaubung – Staubmäuse von Wadenhöhe, zum Duschen kam ich auch nicht, geschweige, daß ich mich rasiert hätte – war gestern vormittag dann entschieden mit Staubsauger und Feudel zu begegnen, bevor eben mittags die Löwin ankäme. Also keine Pausenruhe. Aber es ist geschafft. Jetzt warte ich für eventuelle Korrekturbitten auf die Rückmeldung meiner Redakteurin.
Was die Arbeit behinderte, war vor allem – darüber schrieb ich bereits >>>> im letzten PP, daß ein vorher nie dagewesenes Brummen auftrat, wenn ich die Tondateien übers Interface abhörte; im Kopfhörerausgang des Laptops „fehlt“ es. Also dachte ich, meine alte UA-3 habe einen Schlag abbekommen; da keine Zeit war, mich auf Fehlersuche zu begeben, entschied ich mich, ein ganz neues Interface zu erstehen; mit dem Gedanken habe ich ohnedies schon lange gespielt.
Das tat ich dann auch, erstand ein >>>> Tascam US-122mkII, konnte aber die mitgelieferte Software nicht einsetzen, weil mein Laptop seit ein paar Tagen sein CD/DVD-Laufwerk nicht mehr erkennt; es wird immer deutlicher, daß ich um die Anschaffung eines schnellen und sehr guten Standcomputers nicht mehr lange herumkommen werde. Jedenfalls suchte ich mir die nötigen Treiber im Netz, fand sie, installierte sie, und siehe, alles lief – bis plötzlich Verzerrungen auftraten, aber immer nur dann, wenn der Computer-Eingang der Soundcard verwendet wurde; die analogen Eingänge für CD-Player, DAT-Recorder, den Nakamichi funktionierten ohne jedes Murren mit breitem tiefen Klangvolumen. Und seit gestern, nach irgend einem Fehler, den ich gemacht habe, gibt das neue Interface Tondatein nur um ein Mehrfaches verlangsamt wider, so daß ich erneut die alte Edirol anschloß, mit der alles anstandslos läuft, nur, daß ich eben dieses Grundbrummen in den Lautsprechern und Kopfhörern habe. Es stammt eindeutig vom Laptop. Deshalb war es nötig, zu jeweils letzten Kontrollen von den Mischungen CDs zu brennen (was ich über einen zweiten, eigentlich ausrangierten Laptop tat) und diese dann über die „normale“ Anlage abzuspielen. Beruhigend: Die Tondateien selbst haben das Brummen nicht, ich kann also beruhigt produzieren. Für Schnitte muß deshalb aber selektiv gehört werden, man muß im Ohr das Brummen wegrechnen und sehr gut imaginieren können, wie sich die Klänge tatsächlich anhören. Das lernt man mit den Jahren. Es ist besonders dort wichtig, wo ich mit Nullsignalen arbeite, also extrem Spannung aufbaue. Man darf solche Effekte nicht übertreiben, sie müssen auf Zehntelsekunden exakt sitzen; bekommt man das Störbrummen nicht aus dem Geist, wird die Einschätzung schwierig.
Die technischen Probleme kamen also zu der künstlerischen Arbeit hinzu. Nach meiner Rückkehr von der großen Seereise und damit direkt vor dem Arbeitsbeginn an dem nächsten, dem Kreuzfahrt-Hörstück werde ich mein System insgesamt auf neuesten Stand bringen; es ist extrem nervig, wenn das Werkzeug nur eingeschränkt taugt; vielleicht sollte ich insgesamt erwägen, auf Mac umzusteigen, auch wenn das meinen Kostenrahmen erst einmal sehr sprengt oder zu sprengen doch scheint; immerhin läßt sich die Anschaffung gegen die Steuer verrechnen, bei einer von solchem Umfang zumindest abschreiben; parallel würde ich dann aber eine Windows-Anlage mitlaufen lassen, damit ich werde weiterhin auf die alten Montagen zugreifen können. Mal sehen.
Zweiter Tag also, etwa zwanzig Minuten der Montage bekam ich hin; es waren ja aus den Interviews mit Ecker sowie den Paris-Aufnahmen jeweils nur kleine Stücke herauszuschneiden und für das Stück zu formatieren; ich arbeite mit der 88k-Frequenz, die später wieder heruntergerechnet werden muß, damit der Rundfunk auch senden kann. Es hat sich aber gezeigt, daß extrem hohe Abtastfrequenzen, die nachher auf etwas niedrigere herunterformatiert werden, weitaus bessere Klangergebnisse zeitigen, als wenn man gleich mit niedrigen Frequenzen arbeitet. Freilich geht das auf Speicherkapazitäten, was sich besonders am Laptop durch relativ lange Speicherzeiten bemerkbar macht. Auch hier gilt, was Inbal über nicht-Erstklasse-Orchestern sagte: Man erreicht dieselbe Qualität wie diese, aber es braucht mehr, bisweilen sehr viel mehr Zeit.
Des weiteren waren Geräusche zu produzieren, bzw. aus meinem Archiv zusammenzusuchen, uralte etwa, noch auf Cassette aufgenommen, aus Afrika; unabdingbar, daß jemand, der wie ich arbeitet, sorgsam sein Archiv pflegt. Jedenfalls wieder ein Hin und Her zwischen Laptop und Anlage, in diesem Fall speziell meinem nach wie vor grandiosen, in seiner Qualität wohl niemals wieder erreichten >>>> Nakamichi; daß ich mir seinerzeit, in meinen Börsenjahren, nicht etwa ein großes Auto, sondern eine Musikanlage gekauft habe, macht sich immer wieder bezahlt; es ist geradezu eine Grundlage meines Berufes geworden. Ich kann kaum ausdrücken, wie dankbar ich für meine damaligen Entscheidungen bin, die fast allewelt für querköpfig hielt.
Am dritten Tag stand die Rohmontage – wegen der technischen Probleme später als vorgehabt. Dennoch blieb ich im Zeitplan, denn was ich im Typoskript mir schon vorgestellt hatte, wurde nun klingende Wirklichkeit; ein kleiner Fremdkörper, den ich aber belassen werde, ist der kurze Exkurs auf Eckers >>>> dem Fahlmann vorhergegangenen Roman >>>> Madonna; rein akustisch macht er schon deshalb Spaß, weil ich darin in der Tat mit einem Stück Madonnas spiele, auf dem Broßmanns tiefe, hier sogar kehlige Stimme geradezu unverschämt klingt, anmaßend, wütig, erschreckend. Ecker selbst nennt diesen seinen Roman „ein Haßbuch“: dem war zu entsprechend. An anderen Stellen wiederum habe ich, der Parallelen halber, kleine Stücke aus meinem eigenen Parisbuch eingestreut, aus den >>>> Fenstern von Saint Chapelle also, und zum ersten Mal ein Hörstück-Selbstzitat eingebaut, nämlich, abermals einer ästhetischen Parallele halber, aus meinem 2002 für den Deutschlandfunk inszenierten Pynchon-Hörstück: ein, geb ich zu, Insider, da man das in den Archiven des Senders schlafende Stück einstweilen nicht nachhören kann. Vielleicht wird es eines Tages wiederholt und dann, wie >>>> das Neapel-Stück, auch ins Netz gestellt werden; immerhin >>>> können Sie es nachlesen, auch wenn dabei das Eigentliche, meine akustische Realisation, n i c h t erlebt werden kann. Wer Interesse an dem Stück-„selbst“ hat, möge sich bei mir melden.
Am Sonntag abend war ich „durch“. Jetzt galt es, das Stück auf verschiedenen Anlagen abzuhören, die von geringerer Qualität als die meine sind. Das ist wichtig, damit man eine Vorstellung davon bekommt, was die wahrscheinlich meisten Hörer der Sendung von der Montage überhaupt mitbekommen können; im Zweifelsfall muß nachher nochmal ein bißchen revidiert werden.
Mehr habe ich über die Produktion nicht mehr zu erzählen, bin nur gespannt, was Sie sagen werden, nachdem die sie, so hoffe ich, gehört haben werden. Der Sendetermin steht schon fest: 1. Mai 2014, 23.05 Uhr, WDR III. Er wird aber noch gesondert annonciert werden, auch in meiner Abwesenheit.
Guten Morgen.
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Und jetzt wieder, aber sofort!, ans Lektorat.
(Wir kommen auf die Welt und gehen alle wieder, und in unsrer Lebenszeit kommen viele andre an, und viele gehen zwischendurch. Und alle, alle werden uns ins Nichtuns folgen, und ins Nichtich.)