Wie wir vergehen. Benjamin Brittens Ein Sommernachtstraum auf Shakespeare/Schlegel in einer harten Inszenierung Viestur Kairishs an der Komischen Oper Berlin. Die Premiere des 15. Septembers 2013. Unter der hochsensiblen Stabführung von Kristiina Polska.

[Fotografien, (aus urheberrechtlichen Gründen gelöscht) (©):
>>>> Iko Freese/drama-berlin.de.
Gemälde Daphne: John William Waterhouse, 1908.]




Vielleicht gibt es Inszenierungen, deren Premieren ebenso durchfallen wie bei ihrer Uraufführung die Opern manchmal selbst, aber später, bisweilen um einiges später, wird ihre Größe dann verstanden, und das Stück nimmt den Rang ein, der ihm gebührt: falls das so ist, wäre >>>> die gestern vorgeführte Britten-Arbeit Viestur Kairishs ein ziemlich guter Kandidat. Selbst meine Hände hatten, als sich der Vorhang senkte, Schwierigkeiten mit ihrem Enthusiasmus. So bekamen die Künstler eine Ungerechtigkeit zu spüren, außer den kleinen Sänger:inne:n des Kinderchors beinahe alle: ein ungerechtes Wogen der Verhaltenheit bestimmte den Applaus – nämlich eine solche, die die Botschaft für den Boten nimmt. Es ist aber nicht Kairishs Schuld, daß wir alle altern und gebrechlich werden. Das war’s auch nicht, was man ihm übelnahm, wohl aber, daß er’s zeigte.

Benjamin Brittens auf Shakespeare komponiertes, 1960 uraufgeführtes „A Midsummer Night’s Dream“ ist eines der, für mich, innigsten Werke der Opernliteratur. Und es wird wie mir auch anderen ergangen sein, daß wir bereits den ganzen Tag über in unserm Vorglück badeten; ich hörte in den vergangenen Tagen sogar meine sämtlichen Aufnahmen dieses Wunderstückes durch, bevor ich mich dann gestern zur Premiere in die Komische Oper Berlin aufmachte, dabei noch in dem Irrtum befangen, Koskie selbst, seit einem Jahr dort der Hausherr, habe inszeniert. Naheliegenderweise erwartete ich eine ähnlich kulinarische Aufführung, wie es vor genau einem Jahr >>>> die große Monteverdi-Trilogie gewesen war, erwartete Überschüttung mit so phantastischen wie humanistischen Bildern, erwartete blitzenden Witz und eine, vor allem, Titania, in die man sich auf Anhieb würde verlieben müssen: Genau damit lockte die pfauenfederne Ankündigung:
Nein, ich war ganz sicher nicht der einzige, dessen Erwartung einfach nicht erfüllt werden konnte, auf eine ganz andere Weise aber eben d o c h erfüllt wurde, aber eben so, wie es sich nicht erwarten ließ, und vor allem anderswo. Genau deshalb war nachher der Applaus so fast schmerzhaft verhalten, Bravi bekam einzig der Kinderchor, ja nach der Pause schon hatte sich der Saal spürbar geleert und mit dem Kritiker neben mir, zwischen ihm und mir, wäre es später fast zu einer Keilerei gekommen: derart hat des Letten Viestur Kairishs Inszenierung alles polarisierende Zeug. Uns eben nicht in warmer Eselsmilch, in die ein würziger, zaubrischer Honig des Wohlseins gerührt ist, baden zu lassen, sondern uns mit einem Traum zu konfrontieren, in dessen Urgrund wir eines Tages alle, alle versinken werden, das reservierte uns.
Es wird Verrisse hageln. Wir haben doch aber Befreiung erwartet, Glück, Erlösung.
Die Kritiken werden ungerecht sein. Ungerecht und, weil wir ja doch nicht ausweichen können, dumm.
Vielmehr.
Diese Inszenierung hat entschiedene Größe. Aber es ist ihr Problem, daß wir das erst in den Erwachensszenen des Dritten Aktes begreifen können, sinnlich begreifen, heißt das, weil wir es da erst sehen. Und da dann ist es ein Schock, der einen den Mund offenstehen läßt. Nein, ich möchte den „Clou“ nicht verraten, stattdessen Ihnen ans Herz legen, Vertrauen in diese Inszenierung zu haben, Kairsih einfach entgegenzukommen und es auszuhalten, daß man vieles von dem, was gezeigt wird, nicht vor dem Dritten Akt erfaßt. Oder man muß ziemlich denken, will man Kairishs Konzept schon vorher auf die Spur kommen. Das ist ein schmerzhafter Prozeß, wenn man doch darauf eingestimmt war, sich den Abend über behaglich zu fühlen. Es ist, schreibt Nietzsche, kühl da oben auf den Bergen des Geistes; wir aber, gestern abend, hatten unsere festen Jacken vergessen. So war in der Pause immer wieder zu hören: „Ich verstehe diese Bilderwelt nicht.“ – Ja, was sollte man anfangen mit Elben, die alle zwar kinderklein, aber von greisem Antlitz sind und ungelenk, von ihrem Alter eben, in ihrer Bewegung?

Selbst der Teint der doch als herrlich erwarteten Titania war von Leben durchfurcht, und deshalb auch von Leid; keine Feenkönigin, sondern Frau im Klimakterium.

Einzig Oberon ließ sich der Zahn der Zeit nicht sofort ansehen, doch schlichtweg deshalb, weil sein silbergraues Haar zu gut gesignt auf das silberblaue Schimmern seines Seidenanzugs paßte und weil wir ungerechterweise bei Männern Falten sexy finden. Als er am Ende der Oper mit wiederlohem schwarzen Haar die Hochzeitsfeier okkupiert und neben ihm Titania wieder leuchtet, ist das ganze Ungeheure klar – und eigentlich auch vorher schon, aber ich will es eben nicht verraten. Es wäre, wie die Auflösung eines Thrillers zu verpetzen. Genau da aber eben liegt das Problem der Auführung: Es ist eines der Rezeptionspsychologie. Ich bin mir sicher, daß jeder zweite Besuch zu Erfüllungserlebnissen führen wird, von denen der erste erst gegen Ende etwas ahnen läßt, ganz so, wie wir manche Opern erst dann in uns aufgenommen haben, haben wir sie viele viele Male gesehen. Dann erst atmet man dem nun unfaßbar gewordenen >>>> „Jaja“ wie atemlos entgegen. Oper ist Wiederholungskunst: Kairish hat das, mit oder ohne Absicht, sich in seine Arbeit hineinspiegeln lassen.
Sein Sommernachtstraum ist ein vergeblicher. Er schreitet unaufhaltsam dem Tod zu, aber nicht einem plötzlichen, sondern dem langen, der sich, bevor er dann kommt, mit dem Bechterew quält, mit Alzheimer vielleicht, jedenfalls mit dem Versagen unserer Körper. Genau darum stellt Kairish ins Zentrum seiner Inszenierung diese unsere Körper hinein, sei es den des mit einem bizarr langen Geschlechtsteil ausgestatteten Esels, zu dem Zettel wurde – aber eben als Esel und nur als Esel in allertiefstem Glück -, sei es der der nach eben diesem Geschlechtsteil gierenden und dabei wirklich befreiten menopausen Titania – selten habe ich das Begehren, sich etwas einzuverleiben jenseits von Pornografie so evident dargestellt erlebt wie hier: Besessenheit von und Gier nach dem Schwanz – befreit, weil die hemmenden Konventionen abgefallen sind; immerhin, sie ist eine Königin… (wir könnten, fürs Publikum, auch „eine Bürgerliche“ sagen) – – sei es der beiden zunehmend, indem sich ihre Begehren gedreht und furchtbar verwickelt haben, zu Pflanzen mutierenden höfischen Liebespaare; eine großartige Bildgebung hier, wie aus ihnen Zweige wachsen, die sich begrünen, immer mal wieder abgerissen werden, aber nachwachsen, bis sie von vegetativen (!) Korsetts geradezu geschnürt sind – eine wahre ovidsche Metamorphose:

Dazu diese Bühnenbilder: immer ein Ungefähres, sanftes Nebeln der Dämmerungen, ob des abends, ob am Morgen bei dem Erwachen, in das die Jagdhörner aus furchtbar weiter Ferne tönen: aus der Welt. Licht, das von oben herab wie Sprühwasser fällt, dabei fließend selber. Doch dazu gleich die Aggression, die jedes Liebesaktes, soweit er nicht träumt, Anteil eben i s t; die Liebenden streiten sich noch, wenn längst das Happyend erreicht ist: abgerissen werden: eben. Auch darin ist Kairish nicht bereit, sich aufs Wohlfühlen einzulassen, nicht auf all die Teddybären, mit denen er anfangs die Bühne bekuschelt. Als sich Hermia und Lysander ihre Liebe zuschwören, reißen sie ihre Teddies auseinander, die Arme ab, die Beine ab, den Kopf ab; sie zerpflücken sie geradezu, was eine wirklich genial in die Baumverwandlung führende Bildidee ist, und nachdem es zur Vereinigung Titanias mit dem Esel Zettel gekommen ist, einer „wirklichen“ erotisch-libidinösen Vereinigung, werden die zuvor auf einen Haufen geworfenen Stofftierbären notwendigerweise beerdigt: werden von den uralten Elbenkindern in ein Grab geworfen, und wie in einem Kondukt gehen sie ab, diese kinderalten Altenkinder, gefolgt von dem das blutende Herz haltenden Oberon – das auch eine der grandiosen Ideen von Karisih und seiner Ausstatterin Ieva Jurjāna ist (das Arschloch von Kritiker rechts neben mir schmähte sie, indem er einem hinter uns Sitzenden „diese Ausstattungstante!“ zufauchte), – nämlich aus dem Liebeskraut“ (Shakespeare: „love-in-idleness“: das von Cupidos Pfeil getroffene Stiefmütterchen, das mein Bruder einst, eine leicht erschreckende Erinnerung, auf das Grab unserer Großmutter pflanzen wollte) ein organisches Herz zu machen, aus dem es tropft, Blut tropft, wenn man es preßt. Mit diesem Blut, mit Herzblut also, werden die zu Verzaubernden beträufelt. Noch ganz zum Schluß der Inszenierung ist dieses Herz präsent, ein Organ, nicht etwa nur Symbol: Der Tod streckt die Hand nach ihm aus, aber Oberon nimmt es mit sich fort:

Je mehr ich jetzt also nachdenke, mich erinnere, nachlausche, desto schlüssiger wird nahezu alles, was ich sah – „nahezu“, denn eine bittre Pille ist dann d o c h zu schlucken: Es ist nachvollziehbar, zwar, wenn Kairish über Shakespeares/Brittens schnelles Hinwegfliegen darüber nicht ebenfalls einfach hinwegfliegen wollte, daß Hippolytens und Theseus’, des Fürstenpaares, Hochzeit ganz offenbar einige Grausamkeit vorhergegangen oder sogar ihre Vorbedingung gewesen ist, die nun mit geradezu nachlässiger Ignoranz für erledigt erklärt wird; dennoch fragt man sich, weshalb aus den beiden Popanze gemacht werden, die sich von US-fetten Teenagerinnen in geschmacklosen Pettycoats bordüren lassen, fette Schleifen je im Haar, und von sonstigen Cretins figurgewordener männlicher Regressionssymptome. Diese Veralberung texanischstämmiger (mit zu großem Westernhut) US-Präsidenten tut weder dem Stück selbst noch der Interpretion, die diese Inszenierung vorführt, einen anderen Mehrwert bei, als daß man eben verulkt hat:

Hier hat nun doch einmal das Regietheatermätzchen zugepatscht. Nun gut, kann man sagen, geschenkt. Doch nimmt genau dieser politische v o r dem im Stück all den Schranzen vorgespielten Theater-im-Theater-Ulk ihr, der Handwerker-Groteske von Pyramus und Thisbe, ihre dramaturgisch-komische Kraft, schwächt sie jedenfalls – zumal wenn Kairishs Einfälle nun wirklich zotig werden: Als Thisbe/Flaut die Ritze in der Wand küßt, die sie von Pyramus trennt, läßt Kairish sie/ihn knien und die Lippen auf den After des Handwerkers drücken, der diese Wand vorstellen soll, wonach die Verliebte zum Gaudi des Publikums ausrufen muß: „Ich hab das Loch geküßt!“ Thomas Langhoff, in der bisher hinreißendsten Inszenierung, die ich von dem Stück je sah, 1989, Oper Frankfurtmain, hatte es gelöst, indem er „die Wand“ zwei Finger vorstrecken ließ, auf die der heikle Kuß ging. Hier aber wird, wahrscheinlich unwillentlich, eine Anspielung auf Brittens sexuelle Disposition zum Befeixen offeriert; das ist nicht nur schade, sondern ärgerlich, auch dann, wenn Zettels großspuriger Klamauk, er stirbt auch klamaukig, schnell darüber hinweghilft – zumal, als die vom Fürsten erbetene Bergameske von der Quasi-Polka der Handwerker in einen Totentanz mutiert, der einiges von Achim Freyers halluzinatorischer Bebilderung, seinerzeit an der Deutschen Oper Berlin, des verdischen Requiems hat, und dazu die Elben den Festhof fluten, womit Karisihs Inszenierung ihre seit dem Erwachen zu Beginn des Dritten Akts offenbare Kraft gewaltig zurückgewinnt.

Nun aber zu einem Wichtigen, das bei Regietheaterkonzeptionen in den Kritiken fast immer zu kurz kommt, auch zu kurz kommen muß, weil sich eine eingehende Besprechung fast nur an Fachpublikum wenden kann; “normalen“ Leuten gefällt etwas oder halt nicht. Jedenfalls kommt man entweder um Vergleiche mit den musikalischen Interpretationen anderer Klangkörper nicht herum – naheliegend ist zum Beispiel >>>> die „klassische“ Einspielung von 1960, unter Britten noch selbst, ich hege sie >>>> auf Vinyl – oder aber um einen detailierten Einblick in die Partitur. Im übrigen muß es bei der Beschreibung des Höreindrucks bleiben – im Fall des Ensembles und Orchesters der Komischen Oper etwa bei den im eigenen Programmheft ein „Wabern“ genannten Streicherklängen ganz zu Anfang, die unter den Händen der Dirigentin Kristiina Poska aber ein geradezu, das heißt im Wortsinn, unheimliches Gleiten sind; ich habe das so noch niemals vorgeführt gehört. Es löst die scheinbar festen Grenzen unserer Realität völlig auf und versetzt in ein Schweben, das genau auf diese Weise zur Voraussetzung des folgenden Traumes wird, so sehr, daß nicht einmal die tölpelnden Handwerker, die im Wald ihr Stück proben wollen, es zu erden vermögen; im Gegenteil, sie selbst werden enterdet, so daß sich Puck nicht nur deshalb an Zettel rächt, ihn also in den Esel verwandelt, weil der ihm unwissentlich und schmerzhaft lange auf dem linken Fuß gestanden, sondern weil die Verwandlung Notwendigkeit im Traumraum hat: bei Jurjāna und Kairish ist er gegens Außen abgeschlossen; das Programmheft spricht vom Inneren eines Baumes (ich selbst dachte an das Innere einer Gehirnpartie). Aber es gibt Fenster, gibt Öffnungen. Mir scheinen sie nicht von ungefähr an >>>> die Nekropolen von Pantálica zu erinnern; auch dies schon Verbildlichung des hinter der Erzählung dräuenden Todes-, bzw. Themas von Altern und Sterbenmüssen und eben noch einmal, in diesem Sommernachtstraum, zurückschauen, zurückträumen dürfen, regredieren dürfen: Teddybären. Genau deshalb gelingt da die endliche Vereinigungsszene Esel/Titania auch musikalisch so sehr, wenn sich die Begehren erschöpft haben und beide Verliebte in einem Bad voller Federn, die weiße Zettel(!)chen sind, zu Klarinette und Glissandi einschlafen können. Niemanden von uns kann nun der überlange, schlackernde Eselsschwanz noch stören, die ebenfalls hinwegschlafende Titania hält ihn zu Zettels auf- und einmal lang in nun s e i n e n Schlaf seufzender Seligkeit wie einen Säugling zwischen ihren Brüsten. Und wir alle, wenn wir uns denn einlassen, sind endlich selber angekommen. Wobei wir das noch nicht wissen, weil wir die Erlösung erst für später erwarten. Eine der sowohl musikalisch wie szenisch stärksten Stellen begibt sich, wenn Puck ganz am Ende des Zweiten Aktes die beiden zerstrittenen Paare zusammen- und zum Schlafen ruft und an seinen Beinen einschlafen läßt, um dann den Zauber zu lösen, der alle Erlösung aber hinwegnehmen wird, von uns, von den vieren und von Titanias konventionsentbundener tierischer Liebe.
Das Orchester spielt Brittens eingängig nur anmutende Musik – tatsächlich ist sie hochkomplex – in großartiger Durchsichtigkeit und scheut wiederum die emotionalen Ausbrüche nicht; Britten sei einer gewesen, hat Leonard Bernstein geschrieben, der mit der Welt verfallen war. Welch eine Kraft deshalb der Vornehmheit, für die er komponierte – zugleich voll britischer Zurückhaltung: ein permanentes Understatement bei höchst leidenschaftlicher Schöpfer-, ja einer Kraft des Mitempfindens, Mitleidens (Sym/Pathos), die sich selbst oft völlig zurücknimmt – von dem autobiografisch getönten Spätwerk „Death in Venice“ vielleicht abgesehen. Dies alles muß sehr viel sinnhafter ausbalanziert werden als bei anderen Komponisten, weil es vor allem keinerlei verschmierende Füllsel in dieser Musik gibt, schon gar keine Effekte, sondern jede Nuance und eben ihre Balance bestimmt den Klangcharakter und dieser das, was erzählt wird; man kann etwa sagen, daß bei Britten die Tonfarbe nicht nur Tonfarbe, sondern Thema-selber ist, ja bisweilen setzt die Tonfarbe das komponierte Thema fort, ohne daß es thematisch noch ausgeführt würde. Kristiina Poska leitet das wundervoll sensibel, wie, als ließe sie alle ihre Musiker selber schweben. Dazu David DQ Lees schöner Oberon-Counter; seine körperliche, fernasiatische Erscheinung beinahe art-deco-arabesk.
Dazu Nicole Chevaliers, deren S t i m m e sogar lasziv wird, wenn sie einverleiben will; dazu außerdem sehr schön Günter Papendells Demetrius – überhaupt dieses Sänger:innentableau, das fast vollständig aus dem reichen Ensemble der Komischen Oper besteht. Und Jens Larsens Squenz ließ mich plötzlich begreifen, fühlen, wie sehr dieser wenn zwar nicht Schuster, sondern Zimmermann Brittens ironische Verneigung vor Hans Sachs ist – sozusagen transzendente Höhepunkte einer Aufführung, die man eigentlich erst hinterher, viel später, wirklich erfaßt. Und daß der Puck von einem Mann gespielt wird, Gundars Ābolinš, aber in kurzen Jungenhosen, macht die Inszenierung rund. Nicht einmal >>>> David Bennents seinerzeitiger Bilderbuch-Puck (unter 15 Uhr im Link), unter Langhoff, vermag sich noch darüberzublenden.

Hineingehen. Aber mindestens zweimal.

*******

BENJAMIN BRITTEN
Ein Sommernachtstraum
Oper in drei Akten (1960)
Libretto nach William Shakespeare von Benjamin Britten und Peter Pears.
Deutsche Übertragung nach August Wilhelm von Schlegel, eingerichtet von Ernst Roth, revidiert von Walter Felsenstein.

Inszenierung Viestur Kairish Bühnenbild & Kostüme Ieva Jurjāne
Dramaturgie Johanna Wall Kinderchor Dagmar Fiebach
Lichtdesign Diego Leetz

David DQ Lee – Nicole Chevalier – Gundars Āboliņš – Alexey Antonov –
Christiane Oertel – Tansel Akzeybek – Günter Papendell – Annelie Sophie Müller – Adela Zaharia – Stefan Sevenich – Jens Larsen – Peter Renz – Hans-Martin Nau –
Máté Gál – Bernhard Hansky.
Kinderchor und Orchester der Komischen Oper Berlin.
Kristiina Poska.

Die nächsten Vorstellungen:
So 29.9.
Fr 4.10., Do 10.10., Sa 26.10
sowie im Juli 2014: Di 8.7.
>>>> Karten.

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3 thoughts on “Wie wir vergehen. Benjamin Brittens Ein Sommernachtstraum auf Shakespeare/Schlegel in einer harten Inszenierung Viestur Kairishs an der Komischen Oper Berlin. Die Premiere des 15. Septembers 2013. Unter der hochsensiblen Stabführung von Kristiina Polska.

  1. Noch eines, aber nur als hingeworfene Anmerkung. „Mir fehlt der Shakespeare dabei“, sagte in der Pause der Freund, der mich begleitete, „ich höre einfach den Shakespeare nicht.“ „Vielleicht“, entgegnete ich, „liegt das daran, daß Kairishs Ästhetik einer Tradition des Ostens entstammt. Sein Shakespeare klingt nach Gogol, und der Witz hat einiges Derbe, das sich auch bei Schnittke, im Tagebuch eines Idioten, findet oder eben in Schostakowitschs Vertonung der Nase von Gogol. Möglicherweise machte diese Inszenierung schon gleich von Anfang an einen anderen Eindruck, würde auf Russisch oder Lettisch gesungen.“

    Wir unterschätzen noch immer viel zu sehr die Unübersetzbarkeit der kulturellen Codes; das, wenn wir nicht Muttersprachler sind, kaum halberfühlte Englische, dessen wir uns zur Verständigung nur allzu oft bedienen, verschmiert das: daß das Tiefste, jedes’, aus dem Gespräch gesperrt bleibt – gerade weil Sprache etwas viel Weiterreichenderes ist als bloße Funktion einer Weitergabe definierter – eineindeutiger – Informationen.

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