Abermals Torik ODER Von Fratzen und Masken des Netzbetriebes. Nach einer Veranstaltung zum Netzbetrieb. Das Netz als Galle und Vorstellung im Arbeitsjournal des Freitags, dem 17. Mai 2013.

7.07 Uhr:
[Arbeitswohnung. Tschaikowski, Klavierkonzert Nr. 2 (Shura Cherkassky).
Mein Junge war bei mir und wird das auch noch die nächsten drei Tage bleiben, weil seine Mama verreist ist. Also verbrachte er den gestrigen Abend allein hier, weil ich >>>> für diese Veranstaltung engagiert war:

Die nichts war als ein kurzer Abriß der Szene durch den höchst kundigen Peter Glaser und ein paar Statements der Diskutanten Nikola Richter, Jan Kuhlbrod, sowie von mir selbst – immerhin wurde deutlich, welche verschiedenen HinSichten bestehen, auch zu erkennen daran, daß es zwischen uns Teilnehmern nach Abschluß der Veranstaltung nicht wirklich zu einem weiterführenden Gespräch kam. Das hat nicht unbedingt ideologische Gründe, die aber mitspielen mögen, sondern vor allem solche der verschiedenen Lebenswelten und, daraus resultierend, der ästhetischen Vorlieben. Es mochte allerdings auch daran gelegen haben, daß ich mit einem inneren Brass umging. Jedenfalls gab es eine wirkliche Verständigung n i c h t, und, um es kurz zu sagen, es war kein spielerischer Sex in dem Abend, also auch kein, sagen wir, pädagogischer Eros. Über Poetologie wurde so gut wir gar nicht gesprochen, die Themen rissen sich an und wurden gleich wieder verlassen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand im Publikum wirklich etwas von dem Abend hatte – wenn man von dem schönen, nachher, Frühsommerhof des Brechthauses absieht; ich selbst war enttäuscht, hab aber Geld verdient. Lieber verdient’ ich’s, wenn sich Schönheit und Erkentnis begeben.

Doch ich war auf Streit gebürstet – eigentlich, und kämpfte damit, meine Aggressivität im Griff zu behalten und so zu tun, als hätte ich den ganzen Tag über nichts getan, als Kreide zu schlucken. Also blieb ich Mutterziege. Es waren ja auch nicht wirklich Zicklein da, deren Verzehr einen Wolf hätte gelockt. Und für den Streit, der anstand, war es der falsche Ort. Denn alle, außer mir, waren wirklich sympathisch und lecker die Biere. Am nächsten war mir der sehr informierte Peter Glaser. Da sprang was über, glaube ich.
Aber ich hätte mich eigentlich – wahrscheinlich: das ist das Problem – entschuldigen müssen. Bei Aléa Torik nämlich, die wegen der >>>> neuerlichen Auseinandersetzung beim Bücherblogger hergekommen war, in der ich >>>> auf einen vermeintlichen Text Toriks wie ein pavlovscher Hund angesprungen war, so daß ich, unterm Strich, aus Verletztheit >>>> unfair wurde.

DAS NETZ ALS GALLE UND VERSTELLUNG

also:
Über einen, sagen wir, Mediator waren unsere Einlassungen hin- und hergegangen, weshalb sich Torik genötigt sah, mir persönlich zu versichern, ihre Einlassung beim Bücherblogger sei gar nicht die ihre, sondern >>>> dieser Text sei von jemandem verfaßt worden, der ihre Identität nur benutzt habe. Torik vermutete den Bücherblogger selbst dahinter. Was ich nicht glauben mag. Aber das genau ist ein Problem des Netzes – auf das ich während der harmlos enzyklopädischen Einleitung des Abends einzugehen versuchte, ohne daß das aber einen Reflex hatte – , daß seine Fiktivität bewußt mißbraucht werden kann, um Einzelnen zu schaden. Im normalen Rechtsleben liefe das unter Leumundschädigung, übler Nachrede usw. und wäre nicht ohne Grund strafrechtsrelevant, zumal es in diesem Fall eine besonders leicht zu bewerkstelligende Intrige wäre, weil ihr Opfer durchaus nicht das ist, was man einen Sympathieträger nennt; eher im Gegenteil. Torik hat zu viele Begehrnisse gereizt, hat zudem einen für Männer „verbotenen“ Bereich okkupiert und dies offensichtlich auch auf private Korrespondenzen übertragen – für einen Schriftsteller, der eine Figur entwickelt, und zwar so weitgehend, daß er sich mit ihr in möglichst jedem Lebensbelang identifiziert, damit nämlich die Rollenprosa die Distanz verliert und die Figur so tief empfunden, wie nur irgend möglich, ausgestaltet werden kann, ist das fast unumgänglich, will er denn, was ihm zur Verfügung steht, nutzen. Und das ist heutzutage das Netz. Damit ist Torik zugleich Exempel und Spiegel von Vorgängen, die etwa für Chats längst bekannt sind. Genau das wird von seiner Literatur gespiegelt. Realität und Fiktion legen sich aufeinander.
Torik ist dies erstaunlich gelungen: Selbst ich war schwer in die junge kluge Rumänin verliebt, und >>>> als ich sie dann leiblich traf, blieb mir nichts, als über mein eigenes Begehren aufzulachen und die ganze Sache schrecklich komisch zu finden: die Wünsche beim Schwanz packen hat André Heller das in seinem berühmten Wienerlied genannt. Dieser jung wirkende, aber tatsächlich nicht mehr junge Schriftsteller hatte an dem meinen fürtrefflichst gezogen, ihn wirklich lang- und dünngezogen; und ich war nicht der einzige gewesen. Andre nahmen ihm das übel, anstelle auf sich selbst zurückzusehen und die Sache mit einem bewundernsvollen Dummgelaufen abzutun und sie schließlich zu genießen. Nein, nun ging die Moralität los und zieht bis heute – und nunmehr jeder sich selbst – an den Schwänzen immer weiter, die also sogar bei den Frauen furchtbar zwirnig geworden sein müssen, die sowas gar nicht haben. Imgrunde, wenn es gut gelaufen wäre, hätte, nachdem die Fiktion platzte, ein allgemeines Gelächter losgehen können, unsers, über uns selbst, und für die konsequente Schöpfung ihrer Figur hätte Torik wenigstens einen Literaturpreis verdient, und immer noch lachend hätten wir ihr applaudiert. Aber wir, ich schließe mich ein, ertragen so sehr schlecht die Wahrheit über uns selbst; genau deshalb legen wir derart viel Wert auf Moral.
Ich kann es nur wiederholen: Gute Künstler sind nicht notwendigerweise gute Menschen, und große Künstler sind das sogar selten; meist sind es ziemliche Arschlöcher, ja sie können widerlich sein. Was sie uns aber schenken, auf der anderen Seite, sollte großherzig machen. Zudem dürfen wir nicht vergessen, daß sie nicht selten in notwendigerweise wahnhaften Systemen leben, an ihre – moralisch gesprochen – Lügen nämlich so sehr glauben müssen, daß sie, die Lügen, die Chance bekommen, Realität zu werden und damit n i c h t mehr Lüge zu sein. Man kann überdies beobachten, daß die Schöpfungskraft von Künstlern nachläßt, wird der moralische Anspruch sehr groß. Das bedeutet nun nicht, daß ein Künstler außerhalb der gesellschaftlichen Rechtsnormen leben dürfte; nein, das darf er nicht, er muß es aber dennoch tun und also die Konsequenzen tragen, gar keine Frage. In Sachen Kunst gilt auch für unsere Beurteilung und vor allem für unsere Erfahrung insgesamt etwas anderes. Keiner von uns könnte sonst Goethen noch etwas abgewinnen, der nicht nur in Sachen Kleist, sondern vor allem auch Schubert die schwerste Schuld, im letztren Fall der Ignoranz, im ersten mit voller Wegdrängungsabsicht, auf sich geladen hat – um von dem entsetzlichen Louis-Ferdinand Céline und dem miesen Richard Wagner zu schweigen; und was sagen die Moralisten zu Gesualdo? was zu den Crack- und Heroin- und, na sowieso, Koksdealern der populären Musik? Macht Polanskis angeblicher Jugendmißbrauch einen einzigen seiner Filme schwächer? Die verdienen unsere Achtung, egal, ob wir sein Sexualgebaren goutieren – abgesehen davon, daß sich gerade im Sexuellen die Moral immer sehr schnell ändert und demokratisch errungene Gesetze notwendigerweise schon veraltet sind, wenn sie ratifiziert werden. Schreiend komisch etwa der Sexualunterricht, der von Leuten gegeben wird, die nicht ein Achtel dessen kennen, was heute bereits Zehnjährige zu sehen bekamen und längst verarbeitet haben; nachgerade gesund, wie die damit umgehen, anders als die kränkliche Verklemmtheit ihrer „Aufklärer“.
Das Netz als Galle und Verstellung. Hier erhebt sich jetzt – Teufelsfuß der Demokratie – das innere Kleinbürgertum, das wir alle in uns tragen, über jegliches, was anders ist als wir selbst. Auch das ist eine Form des Rassismus, ein Innen-Rassismus, gerade in einer Zeit, in der Außenseitertum als unangebracht gilt, vielmehr Anpassung und glatte Verdienstorientierung zur Maxime des Daseins wurde oder aber, dagegen opponierend, dennoch die Vorstellung grassiert, daß alle Menschen gleich seien und sich also gleich verhalten müßten. Man kann sagen, daß Torik ein Aufklärer ist, so, wie de Sade Aufklärer war, ja es ist sogar einiges von Swift in Toriks reizvollem Mädchen, das aber den armen Gulliver sich an die – die linke, glaub ich, war’s – Brustwarze setzt, woraufhin er zappelt und sich an den riesigen Haaren, die da sprießen, festzuhalten versucht, um nicht hinabzustürzen – wir sind die Liliputaner, nicht er ist’s, den sein Brobdingnag allein in unsern Augen unansehnlich macht, nicht etwa in denen solcher, die von gleicher Größe sind. Übrigens fehlt diese Szene in den meisten gängigen Ausgaben von Swifts meisterhaftem Werk: auch das ein Ergebnis von „Moral“. Bei Torik fühlen wir uns betrogen, weil wir betrogen sind; aber die Gründe dafür liegen nicht in ihr, sondern in uns selbst.

Es ist bekannt, daß auch ich gegenüber Torik Vorbehalte habe, ebenfalls moralische. Sie haben aber nichts mit meiner Einschätzung des Werkes zu tun – zu dem Toriks Weblog unablösbar gehört; ja dieses Weblog ist die Kunst, viel mehr wahrscheinlich, als es die Bücher sind. Was ich indes nicht beurteilen kann, weil ich sie – aus privaten moralischen Gründen Abstand nehmend – nicht gelesen habe. Nichts von dem, was Torik literarisch tat, halte ich für verwerflich. Ich wurde gallig, wo die Person, nämlich n i c h t Torik, erschien, Torik dann aber urteilen ließ, und zwar über einen meiner Gäste auf einem Fest, zu dem die Person hinter Torik mit eingeladen war. Das ist aber immer noch kein literarisches Urteil; literarisch war selbst da Toriks Haltung konsequent. Ich hätte mich persönlich auch nicht mit Céline umgeben, übrigens auch nicht mit Aragon, obwohl ich dessen Werk so liebe.
Torik hat Gefühle erzeugt, lange Zeit solche der Mitliebe mit ihr; erzeugt wurden sie aber – ob im Weblog, ob in privaten Emails – als literarische Inszenierungen, in die wir hineingezogen wurden: Wir wurden zu Teilen eines höchst realistischen Romans. Torik hat zwischen privat und Werk nicht getrennt, hat sich unseren Trennungen verweigert. Das macht uns sauer, weil es eine unserer Grundsicherheiten infrage stellt: die Verläßlichkeit von Informationen; mit anderen Worten: unser Glaube wird bloßgelegt, daß es nämlich ein Glaube i s t, aufgrund dessen wir handeln und fühlen, aber a l s Glaube brüchigster Boden. Genau das ist Toriks Projekt gewesen – ein scharfes, man kann auch sagen: nihilistisches, eine Fratze, die hinter dem hübschen Gesicht der jungen, wachen, intelligenten, gebildeten und obendrein schönen Aléa zum Vorschein kommt, und nicht nur das, sondern die Zähne, die dieses Gesicht hat, beißen höchst empfindlich zu – und offenbar sehr tief. So hat Aléa Torik den Realismus ins Netz geholt, hat uns unsere Illusionen zerrissen, ja man könnte sogar denken: hat sie verhöhnt. Das ist nicht schön. Das fühlt sich sogar scheiße an. Aber ist in der Kunst nicht neu, sondern, spätestens seit Lautréamont, ein moderner geradezu Standard. Den hat Torik neu belebt. In Zeiten, in denen Paul Coelho für einen Dichter gilt, ist das natürlich skandalös. Das will das cleane Bewußtsein nicht haben, das ja schon genug mit anderen Verdrängungen zu tun hat: Geht noch einer wegen Guantánamo auf die Straße? Nein, Obama bleibt trotz seines Nichthandelns Sympathieträger, da darf man foltern wie man will (zu foltern heißt: jemandem die Fingernägel herausreißen, jemandem die Schamlippen abschneiden usw.; das Wort „foltern“ ist längst harmlos geworden; man muß, was im Namen der „Demokratie“ getan wird und was wir alle Tag für Tag mitverantworten, benennen). Sind die Proteste gegen die völkerrechtswidrigen Aktionen in Afghanistan tatsächlich noch Proteste oder ergehen sie sich selbst, wichsend, an ihrem Gutmenschsein? Ist man, um wirkliches Unrecht abzuwehren, auch zum gewaltsamen Widerstand bereit, wie das die badische Verfassung vorsieht – ein Ergebnis der Revolution von 1848? Es ist objektiv schwierig, mit der Tatsache zu leben, daß unsere Mundproteste gegen was auch immer überhaupt nichts nutzen. Und wie steht es um die Viehtransporte, wie um die Abschiebepraxis mit Asylbewerbern, wie um die unsere Straßenraine zunehmend säumenden Obdachlosen? Wohin wir gucken, wir müssen verdrängen. Auch ich. Also wird der Ruf nach moralisch Einwandfreiem wenigstens im kommunikativen Umgang ganz besonders laut. Das läßt sich alles nachvollziehen. Aber Torik, die Künstlerin, zeigt uns, wie hohl das letztlich ist. Übrigens muß sie das gar nicht beabsichtigt haben. Sie kann einfach nur beabsichtigt haben, mit einer Eulenspiegelei Karriere zu machen. Will sagen: Ihre Intention ist uninteressant und wird spätestens dann überhaupt nichts mehr zählen, wenn es ihren Schöpfer nicht mehr gibt, weil er den Weg alles Irdischen zuende gegangen; die „Absicht“ wird dann so wenig zählen wie Richard Wagners Machtwille, wie Célines Völkervernichtungswille, wie Gesualdos mörderischen Eifersuchtsakte, wie Picassos Anschleimereien, wie Aragons Elogen auf die Moskauer Prozesse. Ich könnte auch Heutige nennen, die mir einst nah waren, lasse das aber klugerweise sein. Kurz: Wir müssen Aléa Torik nicht mögen, können sie sogar widerlich finden; ihrer literarischen Leistung tut das keinen Abbruch. Man distanziert sich, wenn einem eine Person nicht liegt; man schreibt dann nicht mehr über sie, meinetwegen, jedenfalls, wenn man mit diesem Metier nichts zu tun hat. Hat man es aber, ist allein – und das aber unbedingt und gegen jede Antipathie – das Werk in Augenschein zu nehmen und die Person davon auszuklammern. Denn nur das Werk spricht zu uns. In Aléa Toriks Fall ist aber a l l e s Werk, was sie ist, jeder veröffentlichte Text, private Email, jede sonstige Verlautbarung. Dies ist auch der Grund dafür, daß ich mich weigere, von ihrem Urheber auch nur den Namen zu nennen; er ist so gleichgültig wie der Name meines Bäckers für die Brötchen, die ich esse. Ich werde weiterhin, wenn ich von Torik spreche, n u r von Torik sprechen und nicht mit dem Besser- und Bescheidwissen daherkommen, daß ich „die Wahrheit“ kennte und sie nun ausposaunen muß, indem ich ein Pseudonym „aufdecke“; ich stecke meine Nase auch nicht in die getragenen Slips von Leuten, die nichts mit mir zu schaffen haben; eigentlich auch nicht in die der mir Nahen.
Aléa Torik hat sich meine bleibende Feindschaft zugezogen, weil sie einen meiner Gäste diskriminiert hat; ich habe seinerzeit einiges dazu geschrieben. Normalerweise hätte ich ihr dafür das Nasenbein gebrochen, aber man schlägt halt keine Frauen, jedenfalls nicht dann, wenn sie nicht drum bitten, und selbst aber, wenn ich es gewollt hätte, wäre ja die Frau physisch gar nicht belangbar gewesen, indessen der Mann, d e r da war, es nicht war, der sich geäußert hatte. Verzwickte Situation, aber, so witzig sie zu meinem und meines Gastes Nachteil auch war, für die vorliegende Diskussion ist alledies uninteressant.
Und jetzt schreibt also jemand unter Aléa Toriks Namen etwas, das mich gegen sie erneut in Harnisch brachte, ohne daß aber tatsächlich sie geschrieben hätte. Schlimm ist daran nicht mein Konflikt und auch nicht, daß ich mich nun entschuldigen muß, sondern die hinter dem Vorgang brodelnde Hetzgesinnung. Zur „Causa Torik“ hatte ich mich nicht mehr äußern wollen; jetzt bin ich genötigt worden, es anders zu halten. Und keiner, wahrscheinlich, weiß mehr genau, wer welchen Text warum publiziert. Was bleibt, ist die Wunde, die Torik uns nicht geschlagen hat, nein, sie hat nur den Verband abgewickelt, damit wir druntergucken und erkennen können, in welch schlechtem Zustand sich die Wunde befindet – welche Medikamente wir zur Betäubung auch einnehmen mögen. Erkennen aber wollen wir nicht. Denn diese Wunde sind wir selbst.

: 9.32 Uhr.


[>>>> Bestellen.]
12.25 Uhr:
Die Diskussion in Sachen Torik ist wieder im Gang; zwischendurch erfuhr ich, daß ihr Verlag unterdessen verkauft worden ist. Parallel kamen der Titelentwurf von >>>> etkBooks und das nächste Lektorat zum Giacomo Joyce von >>>> Parallalie, und über dem Netzgeschreibe ist mir der Rhabarber verkocht und angesetzt. Schade. Ich glaub, ich leg mich mal schlafen, bis mein Junge aus der Schule kommt. Dann werd ich mich mit den GEMA-Meldungen zum Gerichtsvollzieher-Hörstück herumschlagen, weil das Meldeprogramm sich bei mir nach wie vor nicht installieren läßt. Welch ein ärgerliches Kleinzeug. Und ich muß meinen Whisky bestellen. Eigentlich ist das sogar vordringlich. Und es geht jetzt schon um die Vorbereitungen zur Frankfurter Buchmesse.

40 thoughts on “Abermals Torik ODER Von Fratzen und Masken des Netzbetriebes. Nach einer Veranstaltung zum Netzbetrieb. Das Netz als Galle und Vorstellung im Arbeitsjournal des Freitags, dem 17. Mai 2013.

  1. Torki Doki, wetten dass Bersaini sich kommentierbar wiederbelebt und grunzt, es sei doch alles eine große Diktion des Raumes und abermals, wird Olga in Erscheinung zu treten haben, die nicht zufällig neben Das Torki lebt und liebt

    1. Peter Nadas schrieb aus der Sicht einer Frau, es gibt irgendwo im Netz ein Interview, in dem er über die Faszination spricht, die es auslöst, in eine Welt einzudringen, in die man gar nicht dringen kann.
      auch Antunes schreibt immer wieder aus der Sicht einer Frau, allerdings Beide meisterhaft und das ist das einzige, was man kritisieren darf, dass es einfach nicht gut ist, was Torki schreibt

    2. @Steiss. dass es einfach nicht gut ist, was Torki schreibt.Erstens verstehe ich nicht, weshalb Sie nicht ihren Namen nehmen, sondern ihn verhohnepipeln müssen; die erste Ihrer Schwächen, finde ich. Sie zeigt, daß Sie nicht ernstnehmen wollen.
      Die zweite ist, daß Sie lediglich behaupten; es handelt sich also nicht um ein begründetes Urteil, sondern ebenfalls um eine Diskriminierung einer Autorin/eines Autors. Andernfalls würden Sie Ihr Urteil zumindest argumentativ untermauern. Sie können sagen, “mir gefällt das nicht, was sie schreibt”, dann ist das eine legitime Meinungsäußerung. Aber nicht mehr. Oder aber Sie schreiben: “Es ist nicht gut, weil dieses und jenes.” Übrigens schreiben Sie auch nicht, weshalb Nadas gut sei, sondern behaupten auch das nur. Da das niemandem schadet, ist es okay; auffällig bleibt, daß Sie sehr gerne nicken, wo alle nicken, und den Kopf schütteln, wo das ebenfalls alle tun. Billig. Finden Sie nicht?

    3. Was mich immer wieder fasziniert ist ihre hellseherische Art und diese unfassbare Menschenkenntnis.
      Woher wissen Sie dass ich gerne nicke? Ich wusste davon bislang noch nichts.
      Ich hab sie glaub ich auch noch nie gesehen odr?

    4. @Steiss (2). Sehen Sie, Sie bekommen es einfach nicht hin, wirklich zu argumentieren, sondern flüchten in die Polemik. Wie “nicken” gemeint ist (= etwas für gut befinden), möchten Sie gar nicht wahrnehmen.
      Also Butter bei die Fische: Wo denn und was denn sei an Aléa Toriks Texten schlecht? Meinen Sie die Stilistik, den Aufbau, die Metaphorik? Geben Sie Beispiele – oder sagen Sie, gefällt mir nicht. Dann müßte man sich aber fragen: Warum will er das veröffentlichen? Negative Aussagen sind beweispflichtig.

    5. Hans-Jürgen Hilbig. Ein mir völlig unbekannter Mensch dieses Namens schickt mir soeben über Facebook die Nachricht: “Sehen Sie, ich habe schon wieder genickt.” – Der Mensch,. sofern es einer ist, muß echt ein Problem mit Frau Torik haben.

      Wer also ist Hans-Jürgen Hilbig? Kennt ihn jemand? Und nennt sich im Pseudonym “Steiss” – vielleicht fehlt ihm das Bein dort.

    6. Bitte Herr Herbst, ich nicke nun schon am laufenden Band damit ich Ihrem Bild gerecht werde, mehr kann ich nicht mehr tun, ich bin schon alt, jede Sekunde kann durchaus die vorletzte sein, belassen wir es dabei..
      Herr H, der Text gefällt mir nicht, das habe ich bereits gesagt, das muss ich nicht und will ich auch nicht begründen, das hat Döblin auch nicht, wenn er Hesse eine langweilige Limonade nennt, das habe ich immerhin nicht getan, nicken sie doch auch mal und nun ist es gut, ich muss zurück in mein Jammertal.

    7. Das Jammertal hat einen Namen. Es nennt sich “der Neid”. Ich darf vielleicht mal “Hans-Jürgen Hilbig” – bitte nicht mit dem Dichter Wolfgang Hilbig vergleichen! – zitieren:
      Das Mondlicht hat kein Gesicht, hätte das Mondlicht ein Gesicht, könnte es sehen, es könnte alles sehen und deshalb hat es kein Gesicht, es möchte gar nicht alles sehen.
      (Entnommen >>>> dort.)

      Wenn also Döblin Hesse eine langweilige Limonade nannte, mußte das erstens nicht stimmen und konnte zweitens an Hesses Auflagenhöhe liegen; und zum dritten läßt sich das nur schwer begreifen, wenn ein Hans-Jürgen Hilbig sich Döblin nennt, wo’s doch nicht einmal zum Schokoladefabrikanten gereicht hat. Dennoch macht es mir Freude, auf Elke, die Unsichtbare hinzuweisen, denn so lernen wir das Jammertal kennen, wenn wir das wollen.

  2. @ANH: “Die hinter dem Vorgang brodelnde Hetzgesinnung” – eben dies ist meiner Ansicht nach das eigentlich Bedrückende an dem Vorgang der Identitätserschleichung mittels eines unter dem Namen Aléa Torik geschriebenen Kommentars, denn dies kann jeden treffen, auch jeden, der offen kommentiert und mit Klarnamen (oder selbst auch mit Pseudonym) im Netz unterwegs ist. So etwas löst unter Umständen Angst aus, macht vorsichtig, läßt zweifeln, führt womöglich dazu, wegzuschauen, sich rauszuhalten, sich zurückzuziehen, doch eben dies darf nicht sein, denn wie Sie richtig schrieben, handelt es sich bei dieser Art Fälschung imgrunde um einen strafrechtsrelevanten Vorgang, denn auch das Internet steht ja, zum Glück, nicht außerhalb des normalen Rechtslebens. Klein beizugeben und das ganze als Nichtigkeit am Rande zu behandeln wäre also das Falscheste, was man tun kann.

    1. @Schlinkert. denn auch das Internet steht ja, zum Glück, nicht außerhalb des normalen Rechtslebens.
      Doch, zum Glück steht es das – faktisch. Und wir müssen alles dafür tun, dieses Glück auch ein Glück sein zu lassen, müssen es darum verteidigen; zu dieser Verteidigung gehört aber auch, sich gegen Mißbraucher zur Wehr zu setzen. Und je mehr das mit Klarnamen tun, desto weniger kann die Ängstlichkeit um sich greifen, auf die die Mißbraucher abzielen. Gefragt ist Zivilcourage und, auch mit unbeliebten Meinungen nicht hinterm Berg zu halten, sondern sich den Gefährdungen auszusetzen, und zwar o h n e nach dem Kadi zu rufen.

    2. @ANH Sehe ich alles auch so! Mit Rechtsleben meinte ich auch nicht notwendigerweise nur die Welt der Justiz, die ja nur dann notwendig w ü r d e, wenn es nicht anders ginge. Das Rechtsleben selbst gestalten wir ja unterhalb dieser Ebene selbst, so wie Sie es beschreiben, unter dem eigenen Namen, mit dem wir für unsere Ansichten eintreten. (Alles unter Pseudonym Geäußerte ist ja ohnehin immer ein wenig verhuscht und weniger relevant, finde ich.)

  3. … Immer diese These, dass große Künstler grundsätzlich auch große Arschlöcher sein müssten.
    Also, ich bin kein Arschloch. Ich bin ein netter Mensch. Naja…

    1. Ich leide auch seit Jahr und Tag sehr unter meiner Unfähigkeit, so ein richtiges Künstler-Arschloch zu sein – andererseits hat die Wissenschaft nun festgestellt, daß, wer ficken will, nett sein muß!

    2. Darf ich Sie zitieren Herr Herbst: “Frauen stehen auf Männer, die sich wie Arschlöcher verhalten.”

      -Meine Antwort: Nö.

      Das gaben Sie in einer Runde, kurz nach einer ihrer Lesungen, als drei Frauen, die uns noch zu einem Umtrunk ins Knösel begleiteten, sich einig, Sie als Gentleman zu bezeichnen und Ihnen so ein Kompliment zu machen, zum Besten. Das Sie es nicht als Kompliment nehmen konnten war mir sofort klar!

      Gibt’s noch was zwischen nett und Arschloch. Ich denke schon.

    3. @read An. Klar gibt’s noch was dazwischen. Außerdem ist man ja nicht immer ein Arschloch und nicht immer nett. Und es gibt Frauen, die eindeutig nur auf Nette stehen. Jedenfalls sagen sie das. Empirisch sieht’s etwas anders aus – meinen Erfahrungen nach.
      Stil und Umgangsformen zu haben, ist übrigens etwas anderes, als nett zu sein. Es gibt absolut reizende Arschlöcher, hinreißende. Und es gibt die Männer, die als Brüder fungieren. Denen vertraut man echt alles an, nur nicht den Leib.

    4. Ja, viele Frauen stehen auf nette Männer, an denen sie dann womöglich einen rechten hohen Verbrauch haben, weil sie nicht zugleich auf Langweiler stehen. Nur nett sein heißt ja in dieser Welt auch, einen Mangel an Stolz zu haben und sich auch sonst lieber zu ducken, es allen recht machen zu wollen und immer nur, wenn überhaupt, positiv aufzufallen. Sobald Frauen von mir denken, ich sei aber nett, sage ich ganz und gar charmant etwas Fieses, worauf die Frau dann ja selbst entscheiden kann, ob sie mich aushält. Ganz einfach, eigentlich.

    5. Lustig, die Bifurkation. So läßt sich das nennen. Die unsere Diskussion mit diesem Strang genommen hat. Ob sich das wohl in einen Strang zurückführen läßt oder wird geschehen, was schon Laurence Sterne so vortrefflich ausgeführt und gestaltet hat: daß sich auch die “bifurkierten” Stränge, ganz wie das Leben, aber- und abermals spalten? Ich meine, ich seh das schon, wie ich vor der nächsten T-Kreuzung stehe und mich entscheiden muß. In meinen Romanen – das ist Hoffnung! – geht beides: Man kann in jede Richtung zugleich gehen.

      (Einen Zusammenhang mit Torik gibt es aber s c h o n: Es ist ein Angriff auf Identität.)

    6. Weiter!@Schlinkert Hinreißend! Bifurkation und Fortifikation. You’re making my day, Sir! Ich schlage noch Aléatorifikation vor. Zum Beispiel: “Einen Text aléatorifizieren”, was ein Zwischending von verifizieren und falsifizieren sein könnte.

      Ach schade, daß Olga nicht mehr da ist. Ich hab ‘nen freien Abend. So weit ich hörte, kann sie gut fellationifizieren.

    7. “Aléatorifikation” ist gekauft, ich ruf mal eben beim Duden an und geb denen bescheid. Olga würde das Ganze glaube ich gar nicht interessieren, die würde was ganz anderes wollen, für das Neologismen ganz unnötig wären.

  4. Randbemerkung “(…) ich stecke meine Nase auch nicht in die getragenen Slips von Leuten, die nichts mit mir zu schaffen haben; eigentlich auch nicht in die der mir Nahen.”
    Diese Formulierung hat mich zum Schmunzeln gebracht!

  5. @ ANH
    Ich hätte mir das Gespräch im Brecht-Haus gerne angehört. Allein: es kam mir Wagners Holländer in der Staatsoper dazwischen. Dafür liegt aber die „Kleine Theorie des literarischen Bloggens“ in der Nähe meines Schreibtisches.

    So wie Sie es im Hinblick auf die Identitätsfragen im Internet bzw. die Rolle der Autorin, des Autors darstellen, sehe auch ich diese Angelegenheit, die sich um den Namen und auch die Figur der Aléa Torik gruppiert – insbesondere was die Aspekte der Moral betrifft. Ich hätte mich zudem gefreut, wenn es in all diesen Diskussionen, Beiträgen, Streitereien um Aléa Torik etwas mehr um ihre Bücher ginge. Ich selber habe dieses inhaltliche Moment bei mir im Blog weitgehend versucht: Buchkritiken zu schreiben. Vielfach hörte ich, was das Buch betrifft, Schmähkritik, wenig Inhaltliches. Insbesondere in der Kommentarsektion. Auch dies ist ein Grund, weshalb ich mich bemüht fühlte, das Konstrukt Aléa Torik zu verteidigen. (Ich selber bin seit August 2010 eingeweiht.) Weil die Reaktionen auf Aléa Torik teils so derart heftig ausfallen, scheint es mir fast schon interessanter, den Blick darauf zu werfen, weshalb die Causa Torik so derart ausuferte und derart heftige Reaktionen hervorrief, hervorruft. Bei Männern als auch bei Frauen.

    Einer der Gründe für diese starken Emotionen mag darin liegen, daß sich in diesem Falle die Aspekte von Leben, Literatur, Blogwelt durchdringen. Und zwar wesentlich aufgrund des Mediums Blog/Internet. Ein (insbesondere literarischer) Blog ist eng mit der Inszenierung als eine bestimmte Person verknüpft. Daß ein Buch mit dem Autor, mit der Autorenschaft als auch mit dem eigene Personal der Figuren spielt, ist für sich genommen in der Welt der Literatur so neu nicht: von Cervantes über Raymond Queneau, Calvino bis hin zu Borges kennen wir dies. Was über die herkömmliche Literatur hinausgeht, ist das Phänomen des literarischen Blogs, der in einer anderen Weise funktioniert als herkömmliche Literatur. Und insofern ist es in diesen Debatten schade, daß darauf so wenig das Augenmerk fiel. Auch von mir nicht.

    Sie schreiben: „Ich wurde gallig, wo die Person, nämlich n i c h t Torik, erschien, Torik dann aber urteilen ließ, und zwar über einen meiner Gäste auf einem Fest, zu dem die Person hinter Torik mit eingeladen war.“ Dies kann ich nachvollziehen, mir ginge es ebenfalls so. Aber liegt darin nicht auch ein Problem der Literatur überhaupt? Thomas Mann bspw. war in Lübeck nicht nur beliebt, Gerhart Hauptmann machte als Mynheer Peeperkorn keine gute Figur und war, wie man so schön sagt, not amused. Beim literarischen Bloggen potenziert sich dieses Problem, da Blogtexte, die Erlebnisse aufgreifen, relativ unmittelbar und zeitnah geschrieben werden, und die Beteiligten lesen diese Texte meist auch. Anders als Romane. Bloggerin oder Blogger xy gehen auf eine Party treffen jemanden, schreiben darüber. Das ist nicht jedem recht. An diesem Punkt frage ich mich natürlich schon, ob es nicht doch eine Ethik des Schreibens gibt. Andererseits sage ich mir: Wenn ein Text gut gemacht ist, dann mag vieles erlaubt sein. Bei sprachlichem Wirrwarr oder bei kolportagehaften Abrechnungen mit irgend welchen Menschen, die Schreiberin oder Schreiber nicht mag, entlarvt sich der Text meist selbst und zeigt mit seinem Textfinger auf Autorin oder Autor.

    Auch ich gehöre übrigens, wie Sie, zu den „Betrogenen“, gehöre zu denen, die auf ihr eigenes Spiegelbild, auf Projektionen und Wünsche hereinfielen: junge 27-Jährige dunkelhaarige Frau, Schwerst-Intellektuelle, für die ich einen nicht nur philosophischen Faible habe. Gut, Rumänien war nicht so meins, ich hatte ein wenig Angst um meine Habseligkeiten und vor allem um mein Auto; deshalb log ich, ich käme mit meinem alten Fahrrad nach Kreuzberg. Ich habe mich dann an einem angenehmen Ort mit Aléa Torik getroffen. Ich stand vorm Bethanien, und es sprach mich jemand auf eine eigenartig-interessante Weise an, der dem Augenschein nach keine Frau war. Dieses Moment, diesen Augenblick und das, was sich in meinem Kopf abspielte, fand ich in der rückblickenden Reflexion sehr viel inspirierender und interessanter als die (pseudo-)moralischen Wertungen, die nun ausgegossen werden. Natürlich hatte ich vor diesem Treffen nicht nur die intellektuelle Brillanz einer Frau im Kopf. Und als ich sah, wer es war und was für ein Projekt dahinter steckte, mußte ich lachen und war überzeugt. So mochte es nicht jedem ergangen sein.

    Um aber in dieser ausufernden Angelegenheit zu einem Fazit meines Kommentars zu kommen: Ihr Beitrag bringt dieses Spiel der Identität und die Entrüstungen, die sich auftun, gut auf den Punkt, analysiert und pointiert. Was ich insbesondere schätze, ist, daß Sie aus der Perspektive der Kunst, vom Blickwinkel der Ästhetik her argumentieren. Diese ist, insbesondere was die Inszenierung als Aléa Torik betrifft, leider viel zu kurz gekommen. Sozusagen das Performative, das in diesem Verschränken von Leben, Blog, Ästhetik, Schreiben liegt. Und genau dieses Moment kann uns für eine Theorie des literarischen Bloggens sensibilisieren, die mehr ist als bloß sich eine Existenz zu erfinden oder bloß zu fabulieren. Und genau dieses Moment eigenwilliger Verschränkung, die aufs ganze geht, reizte und reizt mich im Hinblick auf die ästhetische Theorie an der Figur Aléa Torik; und zwar im positiven Sinne.

    1. Mir ging es, Bersarin, wenn ich mich da mal einmischen darf, bezüglich des Kennenlernens Aléa Toriks ganz ähnlich, auch ich mußte lachen und war an dem Projekt sofort interessiert, was ja nicht wenigen männlichen Zeitgenossen so ging. Einige andere aber, und das mag die Heftigkeit erklären, mit der gegen Aléa Torik noch immer und sogar verstärkt vorgegangen wird, müssen sich wohl schwer gekränkt gefühlt haben in ihrer Männlichkeit oder auch Weiblichkeit – manchmal denke ich, die ganze Sache ist eine Art Geschlechterkrieg, bei dem die Humorlosen dauerhaft auf Angriff gepolt sind und womöglich zu Mitteln greifen, die jede Form des Decorums untergraben.

    2. @Bersarin. Danke für die ausführliche Stellungnahme. Da wir im großen und ganzen einig sind, nur zu einigen Argumenten ein paar Anmerkungen:Aber liegt darin nicht auch ein Problem der Literatur überhaupt? (…)Ganz sicher.Beim literarischen Bloggen potenziert sich dieses Problem, da Blogtexte, die Erlebnisse aufgreifen, relativ unmittelbar und zeitnah geschrieben werden, und die Beteiligten lesen diese Texte meist auch. Anders als Romane. (…) Bei sprachlichem Wirrwarr oder bei kolportagehaften Abrechnungen mit irgend welchen Menschen, die Schreiberin oder Schreiber nicht mag, entlarvt sich der Text meist selbst und zeigt mit seinem Textfinger auf Autorin oder Autor.Diese Einschätzung teile ich nicht; damals wurde auch kein literarisch geformter Text geschrieben, sondern eine lax abfällige Bemerkung. Aber ich will das gar nicht mehr aufwärmen. Das Problem trat auf, als Torik als Frau auch private Korrespondenzen betrieb; diesen Einbruch in geschützte Bereiche empfanden die Beteiligten als, drücken wir’s mal so aus, mißbräuchliche Penetration – nicht schon, als beigeschlafen wurde, sondern nachher, als herauskam, daß das gar keine Frau war, sondern eine Art Inkubus, den man aber selbst hereinbat. Notwendigerweise merkten die Menschen nicht, daß alles in Toriks Umgebung selbst zu Literatur wird. Sie wollten auch nicht Literatur werden, so, wie in meinem eigenen Fall einst eine Person nicht Romanfigur werden wollte und das Buch schließlich verbieten ließ, als sie es dennoch geworden war. Man las auch Toriks Blog nicht als Literatur, sondern als Realität – ganz so, wie man die Tagesschau schaut und glaubt, daß das, was man hört oder sieht, auch stimmt – und zwar selbst dann, wenn man genau weiß, wie Manipulation funktioniert. Es sind ja Intellektuelle, kritische Intellektuelle, die sich jetzt aufregen, da man merkt, aller Geist hilft einem nicht, und weil man vielleicht spürt, daß, was im Fall Toriks geschah, auch Grundlage jeder Bundestagswahl sein könnte, jeglicher Nachricht. Die Wut, die sich hier jetzt entlädt, hat in der Hilflosigkeit – einer Art von Beschämung – ihren uneingestandenen Grund. Genau deshalb schrieb ich davon, daß Torik Aufklärer sei, und zwar nicht der bequemen distanzierenden Art, sondern des unmittelbaren Erlebens. Tricky daran ist, daß diese Form von Aufklärung nicht einmal Absicht der Autorin gewesen muß, sondern sie ist Aufklärung-in-sich. Sie wäre es selbst dann, wenn objektiv der mißgünstiger Betrug das Ziel des torikschen Unternehmens gewesen wäre. Wovon ich aber nicht glaube, daß es so ist. Sondern die Konstruktion der Figur Aléa Torik hat dem Autor selbst eine Distanzierung gar nicht erlaubt.
      Weiters sauer sind “die” Frauen, weil Torik selbstverständlich auch für “die” Frauen dasteht, besonders in der emblematischen Form, die das rumänische junggeniale Mädchen angenommen hatte. Dies nun wird, nachdem der Schleier gefallen, als besonders perfide männliche Volte gewertet, weil sich keiner klarwird drüber, daß Torik als Torik wirklich als Frau schrieb. Auch so etwas ist selbstverständlich nicht neu in der Kunst; Fälschung war immer eins ihrer Teile, genau so wie das “Plagiat”, das relevant überhaupt erst in der sich verdinglichenden Warenwelt geworden ist, also ungefähr mit der Industrialisierung. Noch der große Bach ging mit Plagiaten völlig anders, nämlich schlichtweg spielerisch um, und so tat’s Vivaldi, der, wie man sagt, ein einziges Stück geschrieben hat, das aber fünfhundert mal. Alle andern Stücke stammen von andern.

    3. Heck, du hast die Torik gestohlen, gib sie wieder her…

      -Das meine ich ohne Hohn. All derer wegen, die sich noch immer verletzt fühlen.

      Steckte eine Schreiberin dahinter, es gäbe immerhin die Möglichkeit, verletzte Gefühle, in welcher Form auch immer diese ihren Ausdruck fänden, sie direkt an diese Person zu äußern, so wie zuvor geschehen. Eine reale Anbindung fiele hier leichter. Nur deswegen köchelt es doch noch immer. Oder? Ist doch so. Hier fehlt diese Möglickeit einfach. Weil man sich, da es sich eben nicht um das ersehnte Geschlecht handelt, vorkommen muss als stünde man am anderen Ende einer Leitung die unvermittelt gekappt wurde. Irgendwo muss man schließlich hin mit all dem Wust. Und ich meine nicht nur positive Empfindungen. Ein Großteil des Geschriebenen gilt doch immernoch ihr, Aléa Torik. Und diese Empfindungen wollen aus- bzw. ein:gelöst werden. Scheint aber nicht zu funktionieren. Deswegen kanalisiert es sich in diese insgesamt scheußliche Richtung.

    4. Großartig!@read An, diese zugespitzt knappe Analyse. Ja! Es geht nach wie vor um die entzogene Geliebte. Ich kann nicht umhin, dieser real wirkenden Inszenierung Toriks eine Genialität zuzusprechen, an der alle Betüpften mächtig weiter mitarbeiten. Wäre Toriks Verlag ein anderer, berühmter, großer, Toriks Bücher wären bereits jetzt für Übersetzungen unter Vertrag.

      (Ein andres sind die Vorwürfe zum Beispiel Melusines, die frauenpolitische Gründe haben. Darauf bin ich kurz in meiner >>>> Antwort an Bersarin eingegangen.)

    5. Norbert W. Schlinkert, ich möchte Sie zunächst einmal um Entschuldigung bitten, da ich Sie in einem anderen Blog, vor etwa einem Jahr ziemlich heftig angefahren habe. Schneller als einem lieb ist, geraten Dinge aus dem Ruder. Zumal wenn sich Menschen von vornherein im Angriffsmodus anstatt auf der Sachebene begegnen.

      Das, was Sie in der Sache Aléa Torik auf dem Blog „Aleatorik“ schrieben, fand zu einem großen Teil auch meine Zustimmung. Wobei ich ergänzen möchte, daß ich den Blog von Aléa Torik als Teil eines literarischen Projekts wahrnehme, das über die klassische Form des Buches hinausreicht. Und ich selber habe es bei mir in einem Kommentare zu der Sache ähnlich wie ANH formuliert: „daß Torik als Torik wirklich als Frau schrieb.“ Diesen Aspekt im Schreiben und in der Frage nach der Autorenschaft halt ich für ganz zentral. In Anlehnung an Sarah Kofmans Buch „Schreiben wie eine Katze …“ formulierte ich „Schreiben wie eine Frau …“. Insbesondere auf dieses „wie“ als eine Art Zwischen- und Schaltstelle kommt es mir an. Zumal dieses „wie“ am Ende ein „als“ bedeutet. Gerade auf diese Perspektivierung mit vollem Körpereinsatz richtete sich mein Blick. Leider gingen mit dieser Verquickung einigen Beschädigungen im Zwischenmenschlichen einher. Die Probleme, die sich da auftun, sehe auch ich.

    6. @ANH Ich weiß, ich wär ne große Analytikerin geworden, hätte ich mich vor Jahren auf die Warteliste setzen lassen…

      Melusines Einwände habe ich damals gelesen…

      Mir stinkt’s aber generell. Wenn ich etwas von mir veröffentlicht wissen will, dann nur deshalb, weil es das, für sich genommen, verdient. Egal ob es Bilder von mir gibt oder nicht. Es sei denn, meine Kunst nimmt mich, wenn ihr Mittel z.B. die Inszenierung ist (und ganz ohne kommt man wohl eh nie aus), mit in die Pflicht. Whatever. Für alle weiteren Eitelkeiten kann ich echt selber sorgen. Und die starte ich lieber von mir aus, als es Einem zu überlassen, der mir das Haar nach Marktlaune föhnt. Den Spaß lass ich mir doch nicht wegnehmen.

    7. “aus dem Ruder geraten”. Es gehört zu den Eigentümlichkeiten der Schrift im Netz, daß sie sich mit dem Gehirn geradezu unmittelbar verschaltet; d.h., was wir eigentlich nur lesen und normalerweise auf dem Weg übers Aufschlagen eines Buches usw. erst interpretieren müssen, wird hier als Empfindung wahrgenommen – ganz ebenso, wie die Emissionen des Bildschirms dem Gehirn beständiges Tageslicht vorgaukeln, so daß die Computernutzer nur schwer müde werden, egal, ob der Körper den Schlaf jetzt braucht. Diese Direktheit ist, die den Filter des Überlegenden ausschaltet und das höchst bekannte AusDemRuderLaufen befördert. Die Stärke des Netzes, daß es quasi-unmittelbar ist, ist zugleich seine Schwäche. Wie aller vorgeführter, also i n s z e n i e r t e r Augenschein verführt es dazu sogar mit dem Wort, Täuschungen zu glauben. Da sich Dichtung, soweit sie fiktive Gegenstände behandelt, im Feld des AlsOb befindet, kommt das Netz ihr entgegen – man könnte behaupten, das Netz viel mehr als das Buch sei ihr eigentliches Medium.

      Kleine Theorie des Literarischen Bloggens, 148
      >>>> Litblog 149
      Litblog 147 <<<<
    8. @Bersarin Entschuldigung angenommen!
      Was die Sache Aléa Torik angeht, so habe ich das Blog ja entdeckt, bevor ich den Menschen d a r i n kennenlernte. So war es zwar eine Überraschung, die Betreiberin als realbiologischen Mann vor mir zu haben, doch dies änderte am literarischen Charakter des realen Projekts für mich erstmal nichts wirklich Wesentliches, im Gegenteil, erst dadurch wurde es richtig spannend (Ich steh ohnehin nicht so auf hyperintelligente Überfliegerfrauen, intelligent, humorvoll, gebildet und super aussehend reicht mir völlig). Wo kämen wir auch hin, wenn wir ausgerechnet von der Literatur verlangten, daß alles eins zu eins sachlich stimmig ist wie bei einem Antrag auf Wohngeld? Ein Mann schrieb also tatsächlich als Frau, das gab’s ja auch mal umgekehrt, – was soll daran verwerflich sein, ob das nun im Blog geschieht oder ob das am Ende ein Buch wird, denn schließlich schrieb ja auch mal ein Mann als ein geborener Affe an die hohen Herren der Akademie, der gestiefelte Kater Tiecks konnte sprechen und, und, und …

    9. “Wenn ich etwas von mir veröffentlicht wissen will, dann nur deshalb, weil es das, für sich genommen, verdient. ” Das kann ich verstehen, das geht mir auch so. Leider ist die Welt anders und der Verkauf zumal, also auch die Breitschaft, etwas zu verlegen. Bezeichnend war für mich das, sagen wir, Casting, eines neuen Geigers durch ein großes Plattenunternehmen. Man brauchte einen neuen Star. Der mit Abstand Beste von allen, die vorspielten, war ein junger Punk. Er wurde mit der Begründung abgelehnt, man habe schon Nigel Kennedy; “diese Nische ist schon besetzt”.

      Es gibt kein “für sich”.

    10. Verarmte Welt. Zig, auf Kurzlebigkeit, gezimmerte Nischen. Und immer der selbe arme Vogel, der da hineingepropft wird. Ich verstehe auch nicht wie jamand überhaupt bei so einer Castingsache mitmachen kann. Vor einer Weile hörte ich im Radio wie über eine Teilnehmerin hergezogen wurde, die die letzte Staffel Germany’s next Topmodel noch zu Beginn verlassen hat. Ich dachte nur: Glück gehabt, kurz vor knapp noch die richtige Entscheidung getroffen. Meine Flimmerkiste empfängt, dem DVBT sei es gedankt, nur noch 12 Sender. Und seitdem finde ich, wenn ich mal fernschaue, interessanter Weise auch immer was.

    11. Casting@read An. Ich verstehe auch nicht, wie jamand überhaupt bei so einer Castingsache mitmachen kann. Aus Ruhmsucht, hat >>>> das Untier einst eine sehr ähnlich gelagerte Frage beantwortet. Leider habe ich das Aphorismenbücherl einst verliehen, offenbar, denn ich habe es nicht mehr. (Verleihe nie ein Buch, denn du weißt, wie deine eigene Bibliothek entstanden ist). Also kann ich nicht im exakten Wortlaut, nur aus der Erinnerung zitieren. Bekannt zu werden gehört zur künstlerischen Sendung, wenn der Mensch so etwas empfindet und ihn das treibt. Mir jedenfalls geht es so. Bekannt zu sein, bedeutet: Wirkung. Es bedeutet selbstverständlich auch, materiellen Beengungen enthoben zu werden. Wobei gerade bei Musikern gilt, daß sie in aller Regel extrem hart arbeiten, aber nur in den allerseltensten Fällen angemessen entlohnt werden. Wenn es eine Möglichkeit gibt, der immer drohenden ökonomischen Not zu entkommen, dann nimmt man das wahr. So einfach ist das.
      Als Unhold teile ich des Untiers leidenschaftlichen Pessimismus nicht, aber es lohnt sich sehr, es zu lesen. Übrigens stammt sein Name von Nietzsche, der späte Briefe an Rohde damit unterzeichnet hat. Den Vergleich eines Musikers, zumal der ersten Reihen, mit jemandem, der Model werden möchte, halte ich für unangemessen, schon weil der Musiker, der vorspielt, bereits einer ist; die Mädels der Klum aber wollen es erst werden; der Ruhm geht hier der Arbeit vor.

    12. Aber bitte doch nicht bei so kruden Formaten. Da muss doch jedem Teilnehmer klar sein, dass es höchstens 15 x in die Hände klatscht und aus ist das Licht, das ihn währenddessen schon meistens nicht sehr schmeichelhaft ausleuchtet. Egal ob er etwas vorzuweisen hat oder nicht. Nein, kann ich nicht nachempfinden.

      Ja, für einen Musiker, der einer ist, ist es umso bitterer. Musiker und Model, habe ich sie verglichen? Natürlich ist das unangemessen.

      Bekannt zu werden gehört zur künstlerischen Sendung…

      Würde ich für mich zumindest so verstehen wollen: dass eine Form von Präsenz für die eigenen Arbeiten nicht unwichtig bis hin zu unabdinglich ist. Auch wenn der Satz, und vor allem so wie Sie ihn fortsetzten, das so nicht hergibt.

      Mir sagte eine Person einmal, nachdem ich sie auf ein paar Gedichtbände, die ich in ihrem Regal stehen sah, ansprach und ihr daraufhin erzählte, dass auch ich Gedichte schreibe, sie lese und kaufe nur was sie auch kenne. Nun ja, nun hatte sie mich immerhin kurz kennengelernt aber es reichte wohl nicht aus mich auf wenigstens eines meiner anzusprechen. Übrigens, diese Person hatte ein Psychologiestudium absolviert. Aber auch von dieser Seite: kein Interesse. Das “Kennen” läuft hier eben über den Bekanntheitsgrad, der durch die Medien gesteuert wird. Es muss den Leuten wohl erst vorgegeben werden was sie mögen. Aber das wissen Sie ja.

      Die Ruhmsucht. Nein, das verspüre ich glaube ich nicht. Obwohl mir ein paar andere Süchte schon mal das Leben schwer gemacht haben. Gott sei dank, lief sich das noch immer rechtzeitig aus. Die Sucht beim Schreiben zu bleiben. Ja, die habe ich. Will ich dass es gelesen wird? Auch das. Im Diskurs mit mir? Ja. -Denn mir wäre sehr daran gelegen für mein Abgeliefertes selbst einzustehen. Das würde ich keinem Verlag überlassen, der mir überall und ständig auf die Finger klopft. Mir dürfte man noch nicht einmal den Einband und dessen Gestaltung vorschreiben, höchstens Angebote machen. Ich denke eigentlich schon ne Weile über mein großes Coming out nach. Ich bin eine verkappte (oder bekappte) Exhibitionistin, Herr Herbst. In gewisser Weise. Mein Problem ist, ich denke bei manchen Dingen zu lange, also wirklich laaaaaaaaange nach. Da steh ich mir ein wenig selbst im Weg. Aber sowas wie Stolz kann ich empfinden.

      Ach ja, der ökonomischen Not entkommen, das wäre schön. Hierzu gibt es ein Gespräch bei den >>>>>>Gleisbauarbeiten.

      Und es ist Eines, so ein Wort wie Untier zu nutzen, um darüber etwas anschaulich zu machen aber damit zu unterschreiben zeugt nur von der Unfähigkeit den anzugeben (und sich selbst zu erkennen) dem diese, mit diesem Wort beschriebene, Wesensart eigentlich eigen ist.

    13. @read An zum Untier. Und es ist Eines, so ein Wort wie Untier zu nutzen, um darüber etwas anschaulich zu machen aber damit zu unterschreiben zeugt nur von der Unfähigkeit den anzugeben (und sich selbst zu erkennen) dem diese, mit diesem Wort beschriebene, Wesensart eigentlich eigen ist.Ich mag das sehr, daß Sie immer so eigentlich sind, aber ich glaube, Sie haben mit der zitierten Einschätzung unrecht, denn die Verwendung von “Untier” durch Horstmann ist ein sowohl polemischer und damit bewußt aggressiver, agitatorischer (man kann auch sagen: politischer) Akt, als es auch auf die Form Bezug nimmt und sie in öffentlich in die Traditionslinie stellt, von der sie sich tatsächlich herleitet, in Horstmanns Fall von Nietzsche. Es reflektiert zugleich – und okkupiert – Aussagen, die öffentlich über ihn getroffen wurden; strategisch ist es die gleiche Dynamik, die immer dann waltet, wenn denunzierende Begriffe von den Denunzierten herumgedreht und fortan als Identitätszeichen benutzt werden. Geschichtlich gehören dazu etwa “Bundschuh” und “Sansculottiden”.

    14. O.k. stimmt, der Mensch hat sich ja auch schon immer gern neu benannt. Und Sie haben mich somit ins lyrische Feld des horstmannschen Untiers geschickt. Allein das war den Ausflug wert. Hatte teilweise was von Odyssee im Weltraum.

      Ich mag das sehr, daß Sie immer so eigentlich sind…

      Also sowas hat noch niemand zu mir gesagt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .