Kunden„rezensionen“ ODER Das Banausentum. Die Fenster von Sainte Chapelle, ff.

Bei http://amazon.de schreibt eine Leserin zu meiner Novelle >>>>> folgendes:

Verleitet durch den Titel „Die Fenster von Sainte Chapelle“ erwartete ich einen kulturell interessanten Reisebericht mit Schwerpunkt auf dieses gotische Juwel. Stattdessen bekam ich eine unübersichtliche, verwirrend geschriebene,uninteressante Selbstdarstellung des Autors. Ein Verschnitt zwischen Phantasy und Tagebuch. Das Buch enthält keinerlei seriöse Informationen über Ste.-Chapelle.

Das ist ärgerlich, weil man als Autor für die Dummheit von Lesern bestraft wird und diese Strafe sich in einer Bewertung niederschlägt, die schein-objektiven Character hat. Das Sterne-System von Bewertungen ist heikel genug, aber zusammengenommen mit einfachen Fehleinschätzungen wird die Angelegenheit grauslich. Das geht bereits im Titel dieser „Rezension“ los: Täuschender Titel schreibt die „Rezensentin“ – als träfe das dann nicht ebenfalls auf Dumas‘ „Notre Dame de Paris“ zu, auf deutsch freilich „Der Glöckner von Notre Dame“. Ganz offensichtlich hatte die Rezensentin eine Art Reiseführer erwartet und ebenso offensichtlich das Wort „Erzählung“ gänzlich ausgeblendet, das als Gattung dem Titel beigesellt ist. Diese Ausblendung wird indes dem Autor zum Vorwurf gemacht. Darüber hinaus läßt sich bestreiten, daß >>>> dieses Buch tatsächlich keine „seriösen“ Informationen über die Sainte Chapelle vermittelt; das tut es nämlich, etwa dort, wo der Mob zur Französischen Revolution die Kirche erstürmt und alles drin kurz- und kleinschlägt. So steht das freilich in keinem Reiseführer, wird aber sehr wohl in den Revolutions-Protokollen berichtet, ebenso wie, daß und wie die Kirche entäußert werden sollte.
Man muß einfach davon ausgehen, daß eine sogenannte Demokratisierung der Urteile nur dann, ganz wie die Demokratie selbst, funktionieren kann, wenn wenigstens ein Mindestmaß an Allgemeinbildung vorhanden ist. Wo sie fehlt, übernimmt das Banausentum die Herrschaft. Dagegen ließe sich nurmehr etwas unternehmen, wenn auf solche ungebildeten, bzw. >>>> gefärbten Rezensionen Gegenrezensionen geschrieben würden – was bei der Menge von Bucherscheinungen und ihrer Bewerbungen reinweg unmöglich ist, schon deshalb, weil gebildete Menschen meist auch ganz anderes zu tun haben – sie kämen andernfalls zu eigener Arbeit nicht mehr. So daß der Kopfmob siegt.

(Die verlinkte zweite Kunden„rezension“ zeigt überaus deutlich, wie sehr auch private Interessen von Unternehmen wie amazon meinungsmachend in Bewegung gesetzt werden: all dies gehört zur kapitalistischen Struktur des Pops. Wenn etwa Else Buschheuer ihre Leser, wie sie grad tut, auffordert, bei amazon viele Rezensionen zu schreiben, wofür sie ihnen Autogrammkarten verspricht, gibt man den Löffel, der lang sein muß, imgrunde bereits vor der Suppe ab. Das Verfahren funktioniert zum Wohl der Autoren alleine dann, wenn sie in dieser Suppe schon schwimmen und nicht ästhetische Güte, sondern der soziale Konsens das ausschlaggebende Kriterium ist. Darunter leidet jeder, der nicht die Öffentliche Meinung bedient, sondern sich eigene Gedanken bewahrt und sie äußert.)

86 thoughts on “Kunden„rezensionen“ ODER Das Banausentum. Die Fenster von Sainte Chapelle, ff.

  1. Nichts macht so wütend, ja zornig, wie die Dummheit der sich klug Dünkenden. Anstatt daß sich jene „Rezensentin“ Gitta jeden Kommentars enthielte und sich ihrer eigenen Naivität und Unbedarftheit schämte, offenbart sie ihre Beschränktheit auch noch, anonym natürlich. Es gibt ja dort sogar eine Leseprobe aus den „Fenstern“. „You Can’t Judge a Book by the Cover“, das wußte doch schon Bo Diddley http://www.youtube.com/watch?v=hYUVpJjIeSk
    [Nein, lieber ANH, ich halte Bo Diddley nicht für Pop!]

    1. Es ist doch fein wie es da steht, oder nicht? Es kann doch jeder lesen, wie da argumentiert wird. Ich muss gestehen, dass ich mir auch ab und an solche Rezensionen anschaue – meist auch noch die extremen – und dann ist’s doch sehr augenfällig, ob das (Schein-)argument was taugt. Das handhaben Sie in den Dschungeln doch auch so, dass Sie die Blöße (Vertipper: Blöde) die sich ein Kommentator wie ich hier gibt, auch so stehen lassen.

      [Freilich weiß ich von eigenen Texten, wie defensiv und verteidigend ich da werde, wie schnell ich das persönlich zu nehmen geneigt bin – weil in ein paar Zeilen schon soviel eignes Herzblut stecken können. – So zeigen doch aber auch schon solche knappen Kritiken umgekehrt die Denkungsart der Schreiber und da kann sich jeder selbst seinen Reim drauf machen.]

  2. Niemand glaubt … … heute mehr, dass es an ihm selbst liegen könnte, wenn er etwas nicht versteht. Das ist die Pest unserer Zeit. Jeder maßt sich das Recht an, Urteile abzugeben, und Plattformen wie amazon animieren natürlich dazu. Andererseits ist das natürlich nur logisch, denn da die meisten Leser Dummköpfe sind, so macht es selbstverständlich absolut Sinn, sich an den Urteilen von Dummköpfen zu orientieren.
    Eigentlich wird das ja bereits von den Verlagen so eingeplant. Mir sagte einmal ein Verleger, dass er die eingesandten Manuskripte grundsätzlich von den Praktikanten beurteilen lasse. Natürlich hätten die keine Ahnung von Literatur, aber das sei gewollt, denn wenn denen was gefiele, dann könne man davon ausgehen, dass es auch der Masse der ahnungslosen Leser so ginge. Von den paar intellektuellen Lesern, die mit Sachkenntnis etc. an ein Buch herangehen, kann der Verlag doch nicht leben.
    Zu einem meiner Romane schrieb eine Käuferin, das Buch sei verwirrend und unverständlich, da habe der Autor eindeutig „zu viel gewollt“. Sie wäre niemals darauf gekommen, dass nicht der Autor zu viel sondern sie zu wenig gewollt hat.
    Der Herr segne die Unwissenden, denn ihrer ist das Himmelreich.

    1. Beati pauperes spiritu – das wußte bereits die Bibel zu vermelden. Heutigentags sind die meisten Menschen nur da Fachleute, wo sie ihr Geld verdienen, und das ist schon eine Verarmung des Geistes, will mir scheinen. Robert Musil schreibt allerdings bereits vor gut achtzig Jahren: „(…) der endgültige Zustand eines geistig angebildeten Menschen war ungefähr der, daß er sich auf sein ‚Fach‘ beschränkte und für den Rest seines Lebens die Überzeugung mitnahm, das Ganze sollte ja vielleicht anders sein, aber es habe gar keinen Zweck, darüber nachzudenken.“ (Der Mann ohne Eigenschaften. rororo 13462. S.154f.)

    2. @Schlinkert Heutzutage – damals Wenn Sie noch weiter zurückgehen, können Sie möglicherweise den einen oder die andere „Universalgelehrte“ finden – in einem Umfeld von Analphabeten, die weder Bücher kritisiert noch welche gelesen haben. Wahrlich bessere Zeiten, als nur lesen konnte, wer sich auch einen Hauslehrer leisten konnte.

      Tut mir leid, aber diese angedeutete Verklärung früherer Zeiten regt mich aus höchstpersönlichen Gründen auf. In diesen Zeiten hätte meinereiner Strümpfe gestopft und wäre mit 40 gestorben. Mag ja manchem als Glücksfall erscheinen, der mich für eine „Kunstidiotin“ hält, wie mir kürzlich erst ein höchst gebildeter „Meister-Denker“ verkündete. Indes wird man verstehen, dass ich mich nach solchen Zeiten nicht zurücksehne und gerne lebe, jetzt und als Lesende.

    3. @Melusine: Ich hab da nix verklärt, liebe Melusine, sondern die Verarmung des Geistes als schon vor achtzig Jahren diagnostizierbar dargestellt! Immerhin hätte meinereiner zu „diesen Zeiten“ unter Tage Kohle geklopft und wäre mit 40 gestorben.
      Apropos Universalgelehrter: Ich frage mich, wie oft nach Ansicht eines Journalisten noch der letzte dieser Spezies sterben wird!

    4. @Melsuine: Die Suppe und der Teufel. In die Suppe des Teufels zu springen, liebe Melusine, wird das, wofür Sie eintreten, nicht trockenen Fußes an Land setzen, sondern es – ertrinken lassen. Genau dieses hat uns doch jede Geschichte eines Teufelspaktes gelehrt – es sei denn, sie wurde von jenen Mächtigen umgeschrieben, gegen die Sie so und mit Recht anstehen.
      Ich habe mir eben noch einmal die Sternchenstruktur bei einigen Büchern angesehen, die von amazon als Weiterwerbung ja direkt nebeneinander stehen. Da finden wir ein, meinem Geschmack nach, entsetzliches, ja peinliches Buch von Carla Berling mit fünf Sternen neben einem großartigen von Gogolin, beide im selben Verlag wie Die Fenster, mit gar keinem Stern. Es ist doch offensichtlich, aber eben denen, die nachdenken, daß hier jemand eine Freundin gebeten hat, doch eine gute Rezension zu schreiben, während Gogolin und auch mir so etwas schlichtweg peinlich wäre. Ich weiß, wovon ich rede, habe selbst heute Bekannte, als ich dieses Zeug bei amazon las und sich mir der Hals zuschnürte, angeschrieben – so kam es aber wenigstens zu Gegenstimmen. Auf Kosten meiner Geradheit. Und die schlechte „Sternzahl“ blieb dennoch gleich. Ich würde sowas ungern abermals machen, schon aus Grunden des Stils. Im Fall von MEERE ist in einer Entgegnung auf den persönlich diffamierenden Text dann auch gleich noch der vermeintliche Kläger abgewatscht worden, einfach widerlich. Gucken Sie sich’s an und sagen mir dann, wem Sie da die Hand reichen.
      Was Ihre Vorbehalte gegens bürgerliche Feuilleton anbelangt, haben Sie gerade in mir jemanden, der die Nachteile dessen ebenfalls, viel schärfer als die meisten anderen, kennt. Ich bin in diesem Feuilleton ja geblockt, oder, um das zu wiederholen, was ich heute früh Werner Fuld schrieb, der Autor Alban Nikolai Herbst ist vom bürgerlichen Feuilleton geradezu flächendeckend verboten. Er hat sich aber ein Medium im Netz geschaffen, das ihn überleben läßt und ihm auch, trotz aller Angriffe, Achtung verschafft. Da geht es aber nur um Einzelne, die Macht haben und sie mißbrauchen oder denen der Tagesalltag nichts als solchen Mißbrauch übrigläßt. Sowie wir es mit der Masse zu tun haben, geht jede Gegenwehr in die Knie.

    5. Kurios, dass die Unwissenden immer die Anderen sind Herr PPG oder wie auch immer. wahrscheinlich schreiben Sie einfach nur schlecht.

    6. @Schlinkert @ANH @Schlinkert Das Wort „Verarmung“ drückt doch aus, dass vorher „Reichtum“ da war, oder? Und eben das bestreite ich, dass mehr Reichtum da war. Es war vielmehr insgesamt weniger und das, was da war, noch ungleicher verteilt.

      @ANH Ich sehe das grade umgekehrt: Der Missbrauch der Macht in den Institutionen (was das bürgerliche Feuilleton ist) ist übler, als der Missbrauch der Macht durch die Einzelnen, die Unfug bei amazon schreiben. Tatsächlich ist es doch so, dass ich schauen kann, was so eine/r sonst noch liest – und schon weiß ich: not my piece of cake.
      Und – die Widerlichkeit: Die Hände schrubben müsste ich sowieso dauernd, wenn ich immerzu darüber nachdächte, wo überall ich durch bloßes Unterlassen der Dummheit, Dreistigkeit und Gemeinheit den Vortritt lasse und wie oft ich mich aus Kämpfen zurückziehe, weil ich noch ein wenig Luft und Lust brauche, um überhaupt weitermachen zu können.
      Nein, ich komme nicht trockenen Fußes an Land (das wusste ich immer schon). Und ich bin nicht gut und fest genug ideologisch oder theologisch gerüstet, um Ihnen zu entgegnen: der Kapitalismus ist nur das historisch notwendige Durchgangsstadium bis er kommt, der große Kladderadatsch. Aber: Ich vertraue auf den „unterschätzten Menschen“, darauf, dass die Mächte niemals „alles“ kontrollieren, nicht einmal die gigantische Macht des Marktes, auf die jedermann und -frau starrt wie das Kaninchen auf die Schlange, die einen angewidert und die anderen unterwürfig Beifall klatschend. Um es schlichter auszudrücken: Ich vertraue darauf, dass es neben einer Gitta immer auch eine Britta geben wird, die aus den Chancen etwas macht, in den Nischen, die bleiben.

    7. @Melusine Nun ja, es mag schon Zeiten gegeben haben, in denen „mehr“ geistiger Reichtum vorhanden war, wahrscheinlich allerdings wirklich nur in wenigen Köpfen konzentriert. Nikolaus von Kues und Erasmus von Rotterdam haben sicher nicht viele Leser gehabt, Walter Benjamin dafür ein paar mehr. Allerdings kann es beim Geist nie um Quantität gehen, wenn auch die Verbreitung von Geist Wohlstand und Frieden befördert. Davon gehe ich jedenfalls aus. Ich denke, die Zeitläufte an sich haben eher eine wellenförmige Natur, und im Moment geht es wohl leider bergab Richtung Faktenwissen, Verwertbarkeit und reinem Gewinnstreben. Es kann besser werden, immer.

  3. Die „maßgeblichen“ Iditot:innen Es hält sich eh nie jemand selbst für doof, auch nicht in den Redaktionsstuben der maßgeblichen Medien.
    Dass die meisten Menschen dumm sind, halte ich für eine dumme Aussage. Es sind nicht alle gebildet und viele verstehen nur von wenigem etwas. Manche glauben auch nur, sie verstünden von etwas was. Und so weiter.
    (Eine gewisse Frau von Lovenberg pries doch vor nicht allzu langer Zeit mal ein Buch als tolle Literatur an, dessen Titel was mit Unterleibern und Religionsritualen zu tun hatte oder so…)
    Amazon bietet zumindest die Möglichkeit, den Deppen zu entgegnen, was in Bildungs- und Geldbürgers FAZ und FAS, taz und SZ etc. pp. nicht möglich ist. Ich vertraue und traue dem dort Veröffentlichten so wenig oder so viel, wie den Einschätzungen der „Allerwelts“-Kommentator:inn:en bei Amazon.
    Der konkrete „Fall“ ist ärgerlich, „Gittas“ Einschätzung geht an der Erzählung völlig vorbei, wie jede/r merken kann, und es wäre schön, wenn Leser:innen, die die Erzählung – wie ich – schätzen, dem etwas entgegensetzten.
    Ich persönlich habe mich über Rezensionen in den Mainstream-Medien schon genauso und noch mehr geärgert. Und über die hier beschimpfte kommerzielle Plattform Amazon schon viele Hinweise erhalten.

    1. Geht es nicht eher um die selbstverschuldete Unmündigkeit so vieler Menschen, die ihr Potential nicht sehen wollen, weil sie sich in ihrem eigenen Himmel so wohl fühlen? Die sind nicht vollkommen dumm, beharren aber auf ihrer Beschränktheit, so will mir scheinen, aus Bequemlichkeit, Genußsucht, Geldgier und so weiter. Ich lese Rezensionen oder auch Fachaufsätze ohnehin gemeinhin nach der eigenen Lektüre, was zur Folge haben kann, mein eigenes Unwissen bestimmte Punkte betreffend einsehen zu müssen (Lerneffekt!). Oft aber ärgere ich mich auch über dummdreiste Simplifizierungen und rotzfreche Urteile. Mir selbst ist ohnehin die hermeneutisch-phänomenologische Methode am allernächsten, da brauche ich nichts weiter als den Primärtext, meinen Verstand und mein Einfühlungsvermögen.

  4. das kommt in den besten Häusern vor 🙁 leider ist Amazon voll von Rezensionen solchen Ursprungs. Viel zu oft passierts dass Leser einfachster Unterhaltung versehntlich was mit Anspruch zwischen dir Finger bekommen und dann ihren Unmut äussern. Das Sternchen bleibt dann hängen. Amazon Rezi Leser allerdings sehen bei 1 Stern Rezensenten sehr oft auf „was liest man/frau sonst – und bilden sich ihr Urteil.

    1. @ Jürgen Schütz Da haben Sie wohl leider recht. Die „Rezensionen“ bei Amazon sind oft empörte Aburteilungen, weil jemand nicht genau das bekommen hat, was er haben wollte. Der Fairneß halber aber muß auch gesagt werden, daß es dort mitunter, wenn auch selten, gutgeschriebene Beurteilungen gibt, die einfach nur Dienstleistung sein oder neugierig machen wollen. Ich selbst schreibe keine Rezensionen, weil ich einfach nicht genug Zeit dafür erübrigen könnte, das würde dann den meisten Büchern nicht gerecht werden, nur auf meiner eigenen Website (im Blog) erlaube ich es mir manchmal, Lektüre-Eindrücke zum besten zu geben, gleich ob Sachbuch oder Roman.

  5. Jeder der lesen kann, will sagen, der das Buch verstehen kann (fast möchte ich sagen: ein), kann doch ganz einfach dechiffrieren, dass da etwas grob missverstanden wurde. Und nach einer Sternchenwertung habe ich mich zumindest noch nie gerichtet.

    Abgesehen davon, sind die Spielregeln auf Amazon, dass jeder Rezensionen schreiben kann. Und wer mitspielt akzeptiert sie.

    1. @Metepsilonema: Mitspielen. Und wer nicht mitspielt, geht sowieso unter. So das Gesetz der Massen. Wir hatten einmal Erfahrung mit ihnen, die uns unter die Haut ging und anderen, nach Millionen, ans Leben. Aber das ist Geschichte.

      So formulieren Sie exakt die Pflicht zur Affirmation: Akzeptiere oder verrecke. Noch aber gibt es Leute wie mich. Und ich bin nicht allein.

    2. @ANH Genau. Und weil Sie nicht alleine sind, ist das hier eine ziemlich billige Empörung (ausgenommen, dass es Ihnen persönlich nahe geht). Aber jemand der viele Bücher verkaufen will und eine Plattform wie Amazon nutzt, der will auch, dass die Massen zugreifen und der muss mit ihnen leben. Punkt.

    3. @ANH – II Um es zu präzisieren: Sie sind bereit das Geld der Massen zu nehmen, ihnen etwas zu verkaufen, aber hören wollen sie nichts von ihnen, das ist es, was ich billig nenne.

    4. @Metepsilomena. Sie kapieren’s nicht. 1. Es geht mir i m m e r persönlich nahe, jedesmal, bis zu Magenschmerzen und Depressionen, wobei es ganz egal ist, wer da geschrieben hat. Offenbar ist das anderen Menschen nicht verständlich zu machen, weil sie die Identität zwischen Arbeit und Person nicht kennen. Was ich bin, bin ich n u r über meine Arbeit, insgesamt, total. Es gibt da keine Differenz.
      2. Was ist an der Empörung „billig“? Wenn S i e das wenige Geld, das es angeblich kostet, bezahlen möchten: bitte sehr:: siehe 1).
      3. Wir kommen um die Plattform Amazon nicht mehr herum, egal, wie wir zu ihr stehen. Die Situation in Deutschland ist noch nicht ganz so, aber fast, wie in den USA mit Barnes & Noble. Es gilt schlichtweg: Konzentration. Sollte Ihnen eigentlich bekannt sein.
      4. (Hängt mit 3 zusammen:) Es geht gar nicht so sehr darum, so wünschenswert es auch wäre, viele Bücher zu verkaufen, sondern schlichtweg darum, überhaupt noch Bücher zu verkaufen. Ich habe kein Problem damit, Klartext zu reden: Von meinen drei Büchern bei den Kulturmaschinen hat sich keines mehr als einhundertmal verkauft. Rechnen Sie mal den Stundensatz aus. Daß dem so ist, hat aber nichts mit Qualität zu tun, gar nichts, sondern schlichtweg mit Masse, Kapitalkonzentration und Machtverhältnissen. Da ich zudem kein Autor bin, der jemals zum Mainstream gehören wird, weil ich nämlich Ansprüche an die Leser stelle, denen ich zugleich nicht nach dem Mund rede, wird sich die Situation nur sehr langsam ändern, wenn überhaupt und wahrscheinlich erst nach meinem Tod. Das ist der Preis, den ich für Geradheit zu zahlen habe. Ich weiß das. Es empört mich dennoch. Weil ich es eben nicht für billig halte. Für billig halte ich Ihre Affirmation.
      Und damit Schluß dieser Diskussion. Vergessen Sie mich, lesen Sie anderswo, kaufen Sie keines meiner Bücher, spucken Sie meinetwegen auf meine Bücher, es ist mir egal. Sie müssen das allein mit sich und Ihrem Gewissen ausmachen, auf wessen Seite Sie sich schlagen. Ich jedenfalls will jetzt an mein Cello.

    5. Hallo mete,

      grundsätzlich bin ich ja ähnlicher Ansicht wie du, aber ich meine, deine Formulierungen sind hier übers Ziel hinausgeschossen. Wenn die Akzeptanz der Spielregeln bedeutete, dass man es hinnehmen müsste, dass mit gezinktem Würfel gespeilt wird – wer wäre da nicht empört.

      Andererseits: Will man die Leute aus ihrer eigenen Unmündigkeit führen, indem man ihnen die Gosch verbietet oder vorschreibt was sie wie zu lesen haben? Dazu brauchte es doch Kommunikation – und da finde ich es, wie du vermutlich auch, besser wenn sich mehr Stimmen am Diskurs beteiligen… nur wenn es an meine eigenen Eingeweide ginge, wäre ich vielleicht anderer Meinung. Letztlich gilt wohl immer:
      “Other people are quite dreadful. The only possible society is oneself.”
      ― Oscar Wilde, An Ideal Husband

      Phorkyas

    6. @ANH Das könnte ich ebenso schreiben. Aus den Diskussionen der letzten Zeit müssten Sie meine Ansichten kennen, aber Sie machen es sich einfach und unterschieben mir Affirmation.

      Zu 1. Ich werde zu solchen Selbstdarstellungen nichts schreiben (das liegt am literarischen Konzept dieses Blogs).

      Zu 2. Sie empören sich hier über eine belanglose „Rezension“, die einem groben Irrtum aufsitzt, was für beinahe jeden der lesen kann einsichtig ist. Dann gleiten Sie darüber hinein in eine Vermassungskritik, obwohl Sie genau an und mit diesen Massen verdienen wollen, nur sollen die bitteschön den Mund halten — viel kapitalistischer geht es kaum mehr. Ich sagte nichts gegen Ihre Empörung, wenn Ihre Bücher nicht über Amazon angeboten würden oder Sie auf Bücher anderer Autoren aus Ihrem Blog nicht via Amazonlink verwiesen, oder hier tatsächlich berechtigte Kritik zu üben wäre (ausgenommen wiederum, dass die Schuldzuweisung der „Rezensentin“ sie persönlich trifft).

      Zu 3. 50% der Bücher werden in Deutschland über den Ladentisch und nicht online verkauft. Worum genau kommt man nicht mehr herum?

      Zu 4. Ich habe geschrieben, warum ich Ihre Kritik für billig halte, das hat mit der Qualität Ihrer Bücher nichts zu tun, sondern vielmehr damit wie sie im Ausgangsbeitrag und in den Kommentaren argumentieren und Ihre Position darstellen.

      @Phorky
      Wer redet denn über gezinkte Würfel? Wenn jemand zuerst übers Ziel hinausgeschossen ist, dann ANH, lies einmal seinen ersten Kommentar oben. Ich bin nämlich auch empfindlich und muss mir, nur weil ich feststelle, dass auf Amazon Kundenrezensionen erlaubt sind und wer dort verkaufen will, das (und ich meinte und schrieb nur Rezensionen) akzeptieren muss, wie man die Gepflogenheiten eines Verlags akzeptieren muss, bei dem man veröffentlichen will, das nicht sagen lassen.

    7. ganz genau mete, wenn ich sie so ebenfalls vertaruenheitsgewohnt _ zuverälssig nenen würde, dein icht aufzählenswert, da selbständig daherkommend

    8. @metepsilonema: Mit den gezinkten Würfeln meinte ich die Bedingungen, die einem diktiert werden. Solange man es nicht mit einem Quasimonopolisten (ob der nun für den Internethandel vorliegt möcht ich nicht beurteilen) zutun hat und die Marktwirtschaft in dem Sinne funktioniert, dass du dir deinen Anbieter frei wählen kannst, ist dein Argument natürlich richtig, dass man dessen Bedingungen zu akzeptieren habe — als den Advokaten von Diskurs und Offenheit, als den ich dich einschätze, würdest du die Vertragsbedingungen wahrscheinlich, wie ich, gar nicht so schlimm finden, aber als Autor wäre es vielleicht nicht so angenehm so einem anonymen Bewertungssystem ausgesetzt zu sein, wo jeder ablassen kann, wozu ihm die Lust steht. Aber in Teilen ist das vielleicht auch der normale Abnabelungsprozess des Werkes: Auch bei einem Zeitungskritiker ist der Verriss möglich (dieser ist wahrscheinlich noch viel geschäftsschädigender als so ein Popelskommentar – mich machen ja persönlich Lobeshymnen sogar misstrauischer.. einen Verriss finde ich noch interessant). Sobald das Werk da in die Welt gesetzt ist, ist es der eigenen Kontrolle enthoben, wie sie’s auffassen werden und beurteilen, ja auch wer es wie liest. Außer man installierte eine Diktatur der Kunst.

      PS. Meine Formulierung ist vielleicht übers Ziel hinausgeschossen, da der Hausherr hier ja auch gut vom Leder zog – aber darum ging es mir nicht.

      PPS. Den Sog und den Druck der Masse halte ich aber für äußerst stark und real. Z.B. diese elektronischen Spielgeräte, die plötzlich jeder hat oder haben muss, hat dich nicht auch schon eines freundlich angeblinkt? (Mich schon.) Oder ein Theaterpublikum, das dich dazu verleitet eher das dankbare, leichtere Stück zu wählen, eine Komödie vielleicht oder Schulstoff? Das wirkt durchaus subkutan aber doch auch umso mächtiger.

    9. @Phorkyas ANH ist jemand, der sich ständig in Szene setzt, erklärt wie toll, elitär, usw. er nicht ist und schon aus Gründen des Kontrasts die Masse herbeireden muss; auf die Idee dieses Urteil seinen Lesern zu überlassen, kommt er offensichtlich nicht. Dabei scheint er zu übersehen, dass er seinem Werk damit durchaus schaden kann, nämlich durch eine (mögliche) Diskrepanz zwischen Inszenierung und Werk.

      Ich habe damit kein prinzipielles Problem, behalte mir aber vor, anzumerken, wenn es allzu arg selbstgefällig wird. Hätte ANH in seinem Ausgangsbeitrag zumindest seine eigene Verstrickung mit der Masse thematisiert (oder angemerkt), die er benötigt um seine Bücher zu verkaufen, um sich die Möglichkeit zu erhalten sich auch weiterhin nur seinem Schaffen widmen zu können oder hätte er sich an einer anderen „Rezension“ entzündet, dann hätte ich nichts gesagt. Wer das nicht tut, macht es sich in dieser Hinsicht einfach und nichts anderes war mit billig gemeint.

      Dabei kann man die Thematik, in der Richtung in die etwa Gregor oder Du gehen, ja ohne weiteres diskutieren.

    10. @metepsilonema/Phorkyas Natürlich ist ANH der Diskrepanz ausgesetzt sich einerseits als Schriftsteller zu gerieren und ggf. zu inszenieren und sich andererseits bis zu einem gewissen Maß der Masse aussetzen zu müssen, denn irgendjemand muss die Bücher ja wenn nicht lesen, so doch zumindest kaufen. Meine Erfahrungen in diesem Blog gehen dahingehend, dass er darauf extrem empfindlich reagiert – was man (böswillig oder nicht) als Indiz dafür werten könnte, dass man ins Schwarze getroffen hat.

      Die Verachtung der Masse hat eine gewisse Tradition und ist nicht immer nur an Elitedenken oder Geniekult gebunden. Im England des 19. Jahrhunderts sah man bei freien und gleichen Wahlen für die Masse gleich die Welt untergehen. Im deutschsprachigen Raum nenne man nur Heidegger, Jünger oder Canetti. Es ist Tradition, in Massenbewegungen immer nur das negative Potential zu sehen; positive Effekte (französische Revolution bspw.) werden dann allzu gerne „vergessen“.

      Das „Problem“ besteht in der Unvereinbarkeit zwischen ästhetischem Urteil und dem Aussetzen mit einem entsprechenden ästhetischen Werk in der Masse. Kunst kann nicht „demokratisiert“ werden; dies wäre in sich schon wieder totalitär.

      Die Herbstsche „Publikumsbeschimpfung“ ist dabei nicht so augenzwinkernd und humorvoll wie weiland bei Handke, sondern von gewissen Überempfindlichkeiten geprägt. Wie auch brsma in seinem sehr guten Kommentar unten schreibt, neigt er dazu, in seiner Verachtung vor der (imaginären) Masse blind zu sein für gewisse Differenzierungen. Ein bisschen erinnert mich das an einen Arachnophobiker, der aus Furcht vor dem Spinnentier in die Richtung flüchtet, in der ein Rudel Wölfe wartet.

    11. @Phorkys/Keuschnig/Metepsusw. Wären Sie wie ich von Kindheit an von Gruppen permanent geschlagen, getreten, verlacht, verhöhnt, erniedrigt usw. worden, redeten auch Sie anders. Dies alle änderte sich erst, als ich in einen Allkampf-Kurs gegeben wurde, mit etwa 15, damit ich mich, der ich ein, würde ich heute sagen, zartes und ängstliches Kind war, zu wehren lernte. Ich schlug nämlich nie zurück, sondern ließ auf mich einschlagen, bis ich umfiel. Und die anderen schlugen auch so lange zu. Zur Verachtung der Mitschüler gesellte sich die Verachtung der Lehrer. Es gab tatsächlich nur einen einzigen Ausweg: stark zu werden und meinerseits in die Aggression zu gehen. Möglicherweise wäre ich sonst de facto umgekommen. Nachdem ich zum ersten Mal „gesiegt“ hatte, wurde es ruhiger; nun lachte man nicht mehr, sondern hatte Angst. Mied mich natürlich nun erst recht.
      Solche Erfahrungen prägen lebenslang. Einmal abgesehen davon, daß mir von einem Deutschlehrer vor der gesamten Klasse verkündet wurde, ich würde auch einmal aufgehenkt wie mein „Großonkel“. Woraufhin alles in brüllendes Lachen ausbrach. Ich höre das noch heute.
      Die Erfahrungen machten mich aber vor allem auch für andere sog. Aiußenseiter und deren Schicksale sensibel. Fortan verwandte ich mich auch für die. Das ging bis über meine Zivildienstzeit hinaus. Ich begann, mich mit der >>>> Massenpsychologie zu beschäftigen, sah mir Demonstrationen, an denen ich auch teilnahm, an; bei der Bremer Soldatenvereinigung, gegen die ich mitdemonstrierte, wechselte ich mittendrin die Fronten, als einige Demonstanten einen umgeworfenen Polizeiwagen ansteckten, in dem noch Menschen waren. Wofür ich übrigens nicht nur mit der Massenwut konfrontiert, sondern von der Gegenseite hinterher noch einen Tag in Haft gesteckt wurde. Schnell bekam ich mit, wie Mode funktioniert, mit welchem Druck hier ge“arbeitet“ wird, ich bekam mit, wie sich der Kapitalismus der Phänomene bediente usw.
      Ihnendfreien fehlen offenbar die Erfahrungen.
      Was nun die Franzöische Revolution anbelangt, über die ich übrigens gearbeitet habe, so möchte ich Ihr Glück anläßlich des Terrors gerne einmal sehen. Aber vielleicht wähnen Sie, dem Jacobinerclub zugehört zu haben? Und ein Übriges, das eigentlich ein Alles ist, hat uns, aber nicht Sie, offenbar Hitler gelehrt, der ohne die Massen ebenso wenig denkbar gewesen wäre wie die Begeisterung vorm Ersten Weltkrieg und wie die Pogrome insgesamt, die wir Menschen so gern veranstalten, wenn wir uns in der Masse sicher fühlen.
      Meine Haltung ist tatsächlich nicht elitär, was Sie eigentlich schon an meiner öffentlichen Position, die eine des Gemiedenen geblieben ist, ablesen können müßten. Die Vorteile meiner Position sind gering.
      Außerdem: wo alle so begeistert Ja! schreien, ist es vielleicht ganz hilfreich, wenn ein paar wenige – wie z.B. Canetti, aber auch wie Karl Kraus – ihre tiefe Skepsis bekunden.

      Soeben schreibt mir eine Freundin, worum es geht. Ich zitiere das jetzt ohne Erlaubnis, aber denke, sie wird es mir nicht übelnehmen:Es ist schwierig und eine Kunst, etwas zu bewahren, ohne politisch restaurativ zu sein. Aber es kommt genau darauf an. Wir (meine Generation) haben nicht nur im Hinblick auf die Staatsfinanzen, auf Kosten der Zukunft gelebt. Wer nichts weitergeben will, der entleert sein eigenes Leben. Darin liegt das Verwerfliche des Konsumismus: dass er „verbraucht“ statt zu verschwenden. Diese ganze verdammte Mangelwirtschaft, an die man uns glauben gemacht hat: Sparen und wegwerfen. Der Reichtum der Sprache ist etwas, das gegen diese Haltung bewahrt werden muss. Und schnell sitzt man mit einem wie Wolf Schneider im Boot, bei dem ich nicht mitrudern will.
      Das ist wie mit dem Land: Weder die Deutschtümler, die jede Entwicklung der Sprache bekämpfen, können Verbündete sein, noch die Effizienz-Apostel, die alles verkürzen.

      Mein Widerspruch ist so hart, weil die Gegenseite sehr viel lauter ist, als ich es nur sein könnte. Übrigens inszeniere ich mich nicht, wie M. schreibt, sondern bin, und zwar bis in die letzten Umstände meines realen Lebens. Das ist ein Unterschied. So auch stehe ich hier mit meinem privaten Namen, ohne Anonym, öffentlich von allem Anfang an ein.

    12. @ANH: Meine Erfahrungen sind vielleicht so arg wie die Ihren nicht, aber dazu gehört habe ich auch nie. Es ist fast immer noch so, dass mir unwohl wird wenn ich an so einer Gruppe Halbstarker vorbeigehe, weil ich mich als gutes Ziel wähne und als solches auch immer noch erkannt werde; die Zielsicherheit und der Instinkt dieser Gruppen, die bei Unbekannten noch die wunden Punkte treffen, die sind viel schlimmer noch als ihre Dummpfheit! Gegen die blöden Sprüche kann ich mich immer noch nur ignorierend und schweigend wehren – also nicht.

      Und auch unter dem „Kulturpack“, im Theatersaal wird’s mir unbehaglich, wenn ich spüre wie diese feinsinnigen Leute nach Unterhaltung lechzen, den seichten Scherz, der alle aufatmend lachen lässt, sich labend, wissend lächelnd an faden Anspielungen auf Kafka oder wen und kollektiv den Daumen heben oder senken über die „Performance“ der Schauspieler.

      Und das Unheimlichste noch wie diese Masse auch in meinen Kopf, mein Denken wirkt.

      Das ist es, was mich hier etwas irritiert: Sie ziehen hier Grenzen, sehen Dissenz, wo eigentlich keiner ist. (Bei Keuschnig gab es doch mal einen Beitrag zur „Totalen Konvergenz“ u.ä., da gibt doch einen großen Überlapp zu Ihren Positionen.)

      1) Warum sehen Sie in dieser vielleicht verfehlten Kritik einer Dame gleich die Sie hetzende Masse? Weil sie sich über die Selbstdarstellung mokiert und dieses wiederkehrt? Die andere von Ihnen zitierte Kritik ist da vielleicht sogar noch ein besseres, extremeres Beispiel: Dort scheint der Leser gar nicht mehr an Ihnen vorbeizulesen können und geht gleich ad hominem – nur das kann ich doch als Leser dieser Kritiken alles sehen. Dass der Autor die Kritiker offenbar so polarisiert, anstichelt, dass sie das Werk gar nicht mehr sehen können und stattdessen blind drauf eindreschen. Nun können Sie ihrerseits auf diese Leute eindreschen, das hat zumindest eine gewisse Symmetrie.
      2) Aber das hat mit der Masse zunächst noch nichts zu schaffen, meine ich. Denn damit meinen sie doch eine möglichst mundgerechte Verfertigung der Lektürespeise für ein zu bespaßendes Publikum. Ob das Publikum, das Plot und Unterhaltung möchte aber mit jenen identisch ist, die die Hasskritiken verfassten, ist das a priori erwiesen (s. Sprachduktus der zweiten von Ihnen erwähnten Kritik)?

    13. @Phorkyas: Strukturen. Zu Ihrer letzten Frage: Nein, das ist nicht erwiesen. Aber die Struktur läßt es zu, ja lockt es geradezu an, daß sich solche „Kritiken“ daraufsetzen.
      Übrigens sehen Sie das, glaube ich, völlig richtig, daß manche an „mir“ überhaupt nicht mehr vorbeisehen zu können scheinen. Das ist hier in Der Dschungel ja gar nicht anders. Dabei gehe ich kaum hinaus, bin auf kaum einmal Gesellschaften, nehme an extrem wenig öffentlichen Ereignissen statt, habe einen sehr engen Freundeskreis, bin mehr mit meiner Familie als mit irgend jemandem sonst udn arbeite meistenteils. Anders als in Der Dschungel trete ich kaum öffentlich in Erscheinung, werde kaum erwähnt, komme schon gar nicht ins Fernsehen, habe einen weniger als nur bescheidenen Lebensstandard, zahle meine Steuern usw. Bin also imgrunde ein unauffälliger Mensch. Aber das bißchen Auffälligkeit im Netz scheint schon zu reichen, um die Wut allein darauf zu entfachen, daß ich existiere. Das ist schon seltsam. Ich verkaufe ja nicht mal viel Bücher, eher sehr wenige; es gäbe also nicht mal für Neid einen Grund. Allein, daß ich anders denke als die meisten, scheint ein enormes Skandalon zu sein – so sehr, daß auch die hiesigen Kritiker meine Bücher kaum je gelesen haben. Wer kennt denn Thetis von denen, wer Meere, wer den Wolpertinger? Wirklich wenige. Man mag die Bücher nicht lesen, denke ich manchmal, weil man sonst umdenken müßte.

    14. @ANH Ihnendfreien fehlen offenbar die Erfahrungen. Schön, dass Sie das wissen. Woher eigentlich? Und vielleicht bin ich zu anderen Schlüssen gelangt als Sie? Wenn Sie auf das Skandalon hingewiesen werden wollen, bitte: Ich fühle mich hier übergangen, und zwar übergangen, obwohl Sie meinen persönlichen Hintergrund gar nicht kennen können, weil wir nicht persönlich bekannt sind, und ich nie mit Ihnen darüber gesprochen habe. Genau das ärgert mich: Sie legen auf Differenzen bezüglich Ihrer Person wert, scheinen sie bei anderen aber zu vergessen.

  6. Die Empörung ist berechtigt, aber das Beispiel – finde ich – nicht gut gewählt. Ich gebe Phorkyas Recht. Im Gegensatz zu so manchem Redaktionsschreiberling hat die „Rezensentin“ (der inflationäre Mißbrauch des Wortes „Rezension“ wäre eine separate Erörterung wert) ihre Erwartungen formuliert: Sie wollte einen Reisebericht – und bekam ein fiktionales Werk. Das ist derart absurd und diskreditiert die Schreiberin sofort. Damit bekommt dies eine gewisse Komik. Dass sie im Sterne-System von Amazon den Schnitt herunterbringt, muss man ertragen. Im Zweifel gilt auch hier: Ignorieren ist schlimmer. Wenn ich schon mal Leserbewertungen von Büchern bei Amazon lese, dann zuerst fast immer diejenigen, die nur einen oder zwei Sterne vergeben. Sie sind nahezu zu 100% selbstentlarvend.

    Prinzipiell sehe ich natürlich die sogenannte „Demokratisierung“ von Meinungen und Urteilen – alles bekommt per se den gleichen Rang – sehr skeptisch. Wenn ich gelegentlich Lesungen besuche, bin ich oft erschrocken über Art und Form der Fragen, die dem Autor gestellt werden (wem sage ich das). Ob etwas gute Literatur ist, kann nicht demokratisch ermittelt werden. Hinzu kommt, dass Publikumspreise fast immer von bestimmten Gruppen manipuliert werden. Aber ich warne vor einer Idealisierung der „alten Zeiten“. Es gibt zahllose Beispiele für Schriftsteller-Karrieren, die vom Feuilleton zerstört wurden – und dies weitgehend ohne sichtbare Spuren.

    1. @Keuschnig zur vorgeblichen Demokratisierung. Sie haben selbstverständlich recht, was die Idealisierung alter Zeiten anbelangt. Das betrifft nicht nur die Feuilletons, sondern vor allem auch mächtigere Kollegen. Denken Sie an Goethes Kleist-Verdikt; da hat dem großen jungen Mann auch kein Wieland helfen können. Letztlich hat Kleist dies das Leben gekostet. In der Geschichte der Musik gilt ganz Ähnliches. Nur daß jetzt, zu den mißbräuchlichen Kollegen- und Feuilleton-Akten, also denen des Machthaber-Schaltens, der Urteilswert von Massen noch hinzukommt; der Mißbrauch durchs Feuilleton hört ja nicht etwa auf, teils, weil man sich dort nicht informiert, teils weil man sich informieren nicht will, teils weil die alten Machtspiele ungebrochen weitergespielt werden, jetzt aber mit gleichzeitigem Schielen auf den Massengeschmack, >>>> siehe Öffentlich rechtlicher Rundfunk, wobei jener, der Massengeschmack, ein industriell erzeugter ist. Das hat einiges von politischem Anschluß, nur eben in ästhetischer Hinsicht. Sie wissen, daß ich selbst davon ein Lied singen kann, dessen Bücher im bürgerlichen Feuilleton quasi nicht mehr vorkommen – seit nunmehr neun Jahren. Dennoch halte ich den Mainstream für noch viel gefährlicher. Einzelne Gegner lassen sich ausmachen und bezeichnen, man kann ihnen entgegnen. Wenn aber die Masse aufsteht, um zu meucheln, gibt es kein Entkommen. Nirgendwo mehr, in einer Massengesellschaft. Allerdings sind Sites wie >>>> die Ihre kleine Inseln der Gerechtigkeit, auch dann, wenn man selbst dort nicht gut oder nur mau wegkommt. Ähnliches gilt für die Rezensionen der >>>> Gleisbauarbeiten, aber auch für die des >>>> Bücherbloggers, mit dem ich jetzt in so tiefem Clinch liege, daß ich nicht einmal mehr wissen will, was er noch zu den >>>> Fenstern von Sainte Chapelle schreibt.

    2. Mich stört der Ausdruck „gefährlich“ in Zusammenhang mit dem „Mainstream“. Natürlich bilden sich Leser auch immer schon ihre „Meinung“ und tragen diese in ihr entsprechendes Umfeld. Dass dies jetzt durch Amazon (und Blog) öffentlich geschieht stört ja nur, wenn es derart ausfällt, wie Sie es exemplarisch vorführen. Ansonsten nimmt man das vermutlich gerne an. Der Massengeschmack ist aber eine „Macht“; er wird jetzt nur ruchbar, sozusagen öffentlich. Unter „Gittas“ Geschwurbel stehen im übrigen vier Kommentare, die es entsprechend einordnen. Und ich bleibe dabei: Die Analyse der negativen sogenannten Rezensionen bei Amazon entlarvt die Kriterien dieser Schreiberlinge fast immer gleich mit. Wer hiernach einen Buchkauf tätigt, dürfte eh nicht ihr Leser sein. Von „Gemeuchel“ kann da m. E. längst keine Rede sein.

      Die wahren Gefahren der medialen Volksverdummungen gibt es in den Redaktionen. Die vermeintlich schicken Anzüge täuschen; der blutige Schlachterkittel wurde vorher abgelegt. (Kennen sie das Bild von Thea Dorn, wo sie in entsprechendem Outfit posiert? Sie war ja damals eine mittelmässige Kriminalschriftstellerin, bevor sie sich dann wie auch immer aus Intellektuelle verdingte. Es ist inzwischen von ihrer Webseite entfernt worden. Ich kann es Ihnen – wenn Sie wünschen – heute abend gerne per Mail schicken.)

    3. au ja!@Keuschnig. Das sähe ich gerne, kenne Frau Adorno ja lange, noch aus Frankfurtmainer Zeiten, und kenne manchen Hintergrund. Weshalb ich zu dieserart Unglück auch selbst schon geschrieben habe, nebenbei mal >>>> dort. Aber wahrscheinlich wissen Sie das längst. Man kann gegen den Alten wirklich einiges haben, doch gegen diese schenkelklatschende Weibslichkeit, die jeder Macht die Beine öffnet, muß man ihn verteidigen. Der Mißbrauch ist freilich noch größer: letztlich wird jeder Feminismus von solchen Lakaien desavouiert, egal, ob sie Männchen sind oder Weibchen.

    4. Scharfer Einspruch! Notfalls mit Beilchen! Die Erwähnung von Frau Thea Dorn im Zusammenhang mit dem Feminismus betrachte ich als persönliche Beleidigung! Sie würden ja auch nicht jedes aparte Käferchen in die Katzenarten einreihen, nur weil es selbst sich für einen Tiger hält.

    5. Nicht der Rede wert scheint die Dummheit einer einzelnen Leserin, die ja sonst eine formidable Person sein kann, ja wohl nicht zu sein. Ich schlage vor, sich jetzt auch mal über die positiven Rezensionen bei Amazon zu freuen!
      Warum übrigens Frau Thea Dorn hier jetzt plötzlich im Zusammenhang des Feminismus auftaucht, erschließt sich mir nicht ganz, da würde doch Schweinchen Dick seine Frau viel besser passen.

    6. @Schlinkert und MelusineB. Mein Einwurf galt nur meiner Irritation darüber, daß sich meiner Kenntnis nach dieser Person und ihrer Strategien halber noch nie eine Frau verwahrt hat, wiewohl sie so offensichtlich auf dem zum Erfolg geritten ist, was man allgemeinhin Patriarchat nennt. Ein anderer Fall dieser Klasse ist Ulla Hahn. Hingegen steht mein vorgeblicher Sexismus, der nun wirklich nicht Grundlage einer Karriere war, permanent unter Beschuß. Schon spannend, wie hier nach Geschlechtern glattgebügelt wird.

    1. Maschmeyer. Ist auch so ein Thema. Ich habe ihn zu einer Hauptperson in >>>> THETIS gemacht: meine vorgebliche Science Fiction ist die reine Realität. Die große Vereidungsszene in dem Buch beschreibt, freilich in romanesker Verkleidung, was ich selbst erlebte – mein Lektor hat mir das damals nicht geglaubt, bis ich ihm die Unterlagen zeigte.
      Na ja, vielleicht verklagt mich Herr Maschmeyer jetzt ein zweites Mal.
      Eine Szene dazu: Er lud uns alle, seine neuen Mitarbeiter, auf die Kirmes ein. Es ging an einen Schießstand. Jeder bekam ein Gewehr und die Aufforderung, auf die Augen der Teddies zu schießen. „Ich bezahle den Schaden“, sagte er. Ich war der einzige, wirklich der einzige, der sich von allen Mitarbeitern weigerte. Daß meines Bleibens dort nicht lange war, ist klar. Den Gerichtsprozeß hinterher gewann Maschmeyer – nicht. Auch das war neu für ihn, daß er sich knirschend auf einen Vergleich einlassen mußte.
      Jedenfalls habe ich sehr mächtige Feinde. Zum Beispiel könnte sich der Herr Maschmeyer jetzt auf Herrn Billers und vielleicht sogar meinen eigenen Fall berufen. Das hätte immerhin Witz.

    2. Herr Maschmeyer kann einem aber auch fast schon leid tun; als tragischer Parvenü, der nie dazugehören wird. So die FAZ, das Geldverdienen hafte ihm noch an wie der Geruch von Mottenkugeln (in die andere Richtung klingt mir das aber auch nach sehr viel Schadenfreude, nach Stallgeruch?).

    3. Maschmeyer tut mir nicht leid. Wenn man das gestrige einführende Gespräch bei Maischberger gesehen hat sieht man, wie abwesend dieser Mann sein muss. Die AWD-Frage wurde kaum thematisiert – alleine hierauf gründet sich sein Reichtum, der zumindest mit dubiosen Mitteln erworben wurde. Daher ist auch m. E. kein „Parvenü“ – aber das würde zu weit führen.

      Interessant war eben, dass Amazon sowohl als „shitstorm“-Medium wie auch als Kungelei-Plattform verstanden werden kann. (Dabei finde ich es noch interessanter, dass jemand wie Schirrmacher Amazon-„Rezensionen“ recherchiert.)

  7. Wurde der „Glöckner von Notre Dame“ je als „unübersichtliche, verwirrend geschriebene, uninteressante Selbstdarstellung des Autors“ beurteilt? Was Ihr Schaffen betrifft, würde ich mich auch als ungebildeten Banausen bezeichnen. Keine Ahnung, auf welche Weise sich Ihre Bamberger Elegien vielleicht auf ein Kapitel des Wolpertinger beziehen, oder auf welche Weise in den Meeren vielleicht spiegelverkehrt vom bleibenden Thier erzählt wird.Allerdings sollten Sie die natürliche Gleichgültigkeit der Laufkundschaft, die sich aus einer Laune heraus zu etwas verleiten lässt, nicht mit Dummheit verwechseln. Dumas jedenfalls hätte der so Verleiteten trotzdem noch mindestens drei Sterne abgenötigt.

    1. @chSchlesinger zu den Sternen. Das stimmt. Nur daß ich meinerseits keine Sterne vergeben kann. Sonst hätte sie zehn von mir bekommen.
      Sich verleiten zu lassen, i s t übrigens Dummheit. Ich finde das eine überaus treffende Definition, jedenfalls für die Art Dummheit, die ich meine und die die einzige ist, die wirklich schädigt. Wenn jemand tatsächlich eingeschränkte Kapazitäten hat, dann darf man ihr oder ihm das so wenig vorwerfen wie jemandem, der ohne Arme geboren wurde. Und was Sie anbelangt, nun, Sie urteilen ja auch nicht, ohne zu kennen. Hoffe ich.

  8. Großartig nähme sich hier manches aus für einen Textkorpus zum Thema „Entwertung von Begrifflichkeiten infolge katastrophischer Emotionen“:

    „Das Banausentum“
    „grauslich“
    „daß eine sogenannte Demokratisierung der Urteile nur dann, ganz wie die Demokratie selbst, funktionieren kann, wenn wenigstens ein Mindestmaß an Allgemeinbildung vorhanden ist.“
    „Kopfmob“
    „kapitalistischen Struktur des Pops“
    „die Dummheit der sich klug Dünkenden“
    „die Pest unserer Zeit“
    „denn da die meisten Leser Dummköpfe sind, so macht es selbstverständlich absolut Sinn, sich an den Urteilen von Dummköpfen zu orientieren.“
    „Der Herr segne die Unwissenden, denn ihrer ist das Himmelreich.“
    „Beati pauperes spiritu“
    „Verarmung des Geistes als schon vor achtzig Jahren diagnostizierbar“
    „die Suppe des Teufels“
    „die selbstverschuldete Unmündigkeit so vieler Menschen, die ihr Potential nicht sehen wollen, weil sie sich in ihrem eigenen Himmel so wohl fühlen“
    „wer nicht mitspielt, geht sowieso unter“
    „das Gesetz der Massen“
    „der Preis, den ich für Geradheit zu zahlen habe“
    „Wenn aber die Masse aufsteht, um zu meucheln, gibt es kein Entkommen.“
    „Inseln der Gerechtigkeit“
    etc. pp.

    1. @Rolf Sternberger zum Katastrophischen. Da mag ich Ihnen rechtgeben. Wobei sich allerdings Fragen stellen, nämlich
      1) ob die Emotionen katastrophisch sind oder durch Kastastrophisches hervorgerufen,
      2) was das Gegenteil, und der Sinn davon, wäre: Aufwertung der Begrifflichkeiten;
      3) w i e sich ein Begriff wie Banausentum noch entwerten lasse;
      4) was denn die ideologische Zielrichtung eines solchen Corpus wäre.

  9. Unproblematisch +1 @Keuschnig – ich halte diese Rezension ebenfalls im Prinzip für unproblematisch. Man kann es ja vor allem es auch *so* sehen: für die Lektüre des Buchs zerebral ausreichend ausgestattete Leser:innen dürften auch problemlos in der Lage sein, eine sich so offensichtlich selbst als merkbefreit entlarvende Rezension als ebensolche zu dekodieren. Ergo werden sie sich davon wohl kaum vom Lesen des Buchs abhalten lassen – eher im Gegenteil. Falls doch, handelt es sich exakt um die potenziellen Leser:innen, die Sie gar nicht haben wollen. Dazu kommt, dass das Amazon-System ja außerdem auch noch erlaubt, die «Rezensionen» selbst zu bewerten. Damit relativiert sich schon wieder *vieles*. Die Demokratisierung spült zwar neben dem einen oder anderen randständigen Edelstein auch viel Mist an die Oberfläche, aber es gehört m. E. schlichtweg zur normalen Lese-/Medienkompetenz damit entsprechend umzugehen – man sollte die Fähigkeit halbwegs denkfähiger Menschen nicht unterschätzen, Blödsinn auch als solchen zu erkennen, und daraus wiederum entsprechende Schlüsse zu ziehen. Die klassischen Ex-cathedra-Autoritäten halte ich dagegen für *erheblich* problematischer, weil um Klassen intransparenter, verkungelter, unangreifbarer, mit mehr Diskurshoheit versehen etc.

    1. @brsma: Natürlich ist die seltsame „Rezension“ an sich unproblematisch, die meisten Leser:innen werden darüber schmunzeln, doch unästhetisch (und ärgerlich) ist sie in jedem Fall, wie alles Blöde. Natürlich kann auch eine scharfsinnige, aber bösartige Rezension unästhetisch sein, wofür es in den Kulturteilen der Zeitungen Beispiele gibt. Am schlimmsten wäre es aber sicherlich, wenn nur noch geschwiegen würde, denn das gäbe ein Raunen, das schier unerträglich wäre.

    2. @Schlinkert: Allerdings… …nicht zu vergessen: der nicht unerhebliche Distinktionsgewinn, den einem das offensichtlich Blöde so mühelos verschaffen kann. 😉

      Wobei ich lieber dazu neige, mich über das Intelligente, Ergreifende, Schöne, … zu freuen als über dessen Abwesenheit zu ärgern. Der Ärger wäre schier endlos – der Großteil des Universums besteht bekanntlich aus Leere.

    3. @brsma zum Elitären. Ist doch spannend, oder?, daß ich >>>> der böse Elitäre bin, indes Sätze von Ihnen wie der jetzt vom „nicht unerheblichen Distinktionsgewinn“ geradezu anstandslos durchgelassen werden. Woran liegt das? Daran, daß ich den Finger drauflege? Und wer ist eigentlich arroganter? Diejenigen, die sich über eine solche Rezension wie die da oben aufregen, also die Rezensentin doch immerhin ernstnehmen, oder diejenigen, die sie abtun? Wenn ich von Dummheit spreche, regt sich die halbe Leserschaft, die aber ganz genau dasselbe denkt, auf. Weil man das nicht sagen darf, was man denkt? Was sind das für Scheren in den Köpfen, was für unausgegorene, falsche Menschlichkeiten! Die Urteile Keuschnigs, Phorkyas‘, Schlinkerts über die Rezensentin sind doch wirklich vernichtend im Gegensatz zu meiner Reaktion, die ihrer Wut Ausdruck verleiht. Und die Reaktionen der anderen sind resigniert. Meine ist das nicht.
      Soviel mal zum Spanungsfeld Arroganz, elitärem Gehabe und vorgeblich demokratischem Geist.

    4. @ANH Kleiner Exkurs Aus meiner Perspektive sind solche Äußerungen als einzelne schlichtweg nicht so relevant, als dass es sich lohnen würde, mehr Zeit darauf zu verwenden, denn die, die man benötigt um z. B. auf «Nicht hilfreich» zu klicken. Das ist nicht mehr als winziges Informationspartikelchen eines sehr limitierten Frequenzbands im großen Rauschspektrum des WWW. Insofern reicht das kleinstmögliche Feedback erstmal völlig aus (man bleibt ja dabei i. d. R. auch nicht der einzige), um diese Partikelchen entsprechend zu kontextualisieren.

      Notabene: auch eine Ansammlung «dummer» Bestandteile kann sich als System durchaus weniger dumm verhalten. Für sich genommen sind z. B. Ameisen nicht gerade eine Ausgeburt von autonomer Intelligenz, sondern im Prinzip relativ simpel gestrickte Automaten. Als emergentes System «Ameisenhaufen» sieht das allerdings schon etwas anders aus.

      Ich bin angesichts dessen derzeit jedenfalls Lichtjahre von Resignation entfernt. 🙂 Ohne im Crowdsourcing von Meinung den Gral zu erblicken, wohlgemerkt.

      Eine Chance sehe ich übrigens auch noch in dem Zusammenhang: dass die Massenverhalten zugrundeliegenden Mechanismen sichtbarer werden. Ich habe die Vermutung, dass sich das Phänomen «Masse» wie es z. B. von Canetti rezipiert wurde, zumindest insofern ändert, als die Massen deutlich heterogener werden und sich dadurch ein paar der Widerlichkeiten zumindest abschwächen.

    5. @ANH Ich habe keineswegs ein vernichtendes Urteil über diese Rezensentin gefällt, ja weiter oben sogar betont, diese könne „ja sonst eine formidable Person sein“. Das Blöde einer solchen Aussage wie die zur Diskussion gestellte bleibt aber bestehen, und zwar, was mich betrifft, ohne alles Persönliche, denn schließlich bezieht sie sich ja nicht auf einen meiner (gar nicht in Buchform vorhandenen) Texte. Woher übrigens der gegen Sie gerichtete Vorwurf des Elitären kommt, ist mir absolut schleierhaft, denn die ganze Anlage, das ganze Konzept von DieDschungel spricht doch schon dagegen und ist im eigentlichen Sinne geradezu anti-elitär.

    6. @brsma zu «Nicht hilfreich». Das ist bei mir nirgends passiert.

      Und daß die Massenbewegungen heterogener würden, kann ich nicht sehen, im Gegenteil werden sie total, also totalitär. Das läßt sich in der Entwicklung des Öffentlich rechtlichen Rundfunks ebenso gut nachvollziehen wie bei den Ausschüttverfahren, bzw. in den Machtverhältnissen bei GEMA und VG Wort, und vor allem auch in der Verlagspolitik. Die ich den Verlagen nicht einmal übelnehmen kann, weil niemand gern Konkurs geht.

      Ihr Abstellen auf eine „Schwarmintelligenz“ subtrahiert von Intelligenz das Bewußtsein.

    7. Vor der Masse ist, brsma, immer zu warnen, man traue ihr nicht über den Weg, vor allem, wenn es Sachprobleme zu lösen gibt, für die Fachleute bereitstehen bzw. -stünden. Das spricht nicht gegen die Demokratie, wohl aber für die Vernunft. Was die Ameisen betrifft, so setze man für Ameisen ‚Soldaten‘ ein und man befindet sich in Denkmustern, in denen Begriffe wie effektive Kriegsführung als positive wohlfeil zu haben sind.

    8. @Schlinkert zum Anti-Elitären. Ganz einfach: Ja. Hier ist überhaupt nichts elitär. Es werden Positionen, und eben auch vom Massengeschmack abweichende, durchlebt. Dabei ist Die Dschungel weiter geöffnet als irgend eine Netzpräsenz meiner Kritiker. Verwundbarer, als ich mich hier damit mache, ist ein Verhalten gar nicht denkbar. Aber vielleicht ist ja gerade das ein Stein des Anstoßes: daß ich derart offen bin. Ich taktiere aber nicht und weigere mich, es jemals zu tun.

    9. @ANH: Das vernichtende Urteil, das ich über die Rezensentin gefällt habe, sähe ich gerne. Wenn oftmals wiederholt wurde, dass jeder lesen könne, was da stehe, so mag das in Ihren Augen einer Wertung gleichkommen, sie liegt aber nicht vor. Wenn so habe ich vielleicht durchblicken lassen, dass ich die Rezension für argumentativ etwas schwachbrüstig halte, nicht die Rezensentin.
      (Das „Popelskommentar“ ist in Relation zu setzen, zu sagen wir einem Verriss in der FAZ.)

      Bei dem beleidigten Theaterpublikum ist zu bemerken, dass ich mich hinzuzähle – so wie ich nun zu dieser Runde gehöre mit den wunderbaren wild gestikulierenden Sternbergschen Satzbausteinen. Bevor Sie sich also mit Herrn metepsilonema duellieren, der hoffentlich nicht zu den humanpathogenen Nematoden zählt, wie wäre es, wir übten kollektiv die Selbstbeschimpfung?

      (Aber vielleicht eignet sich das nicht für einen Chor, bleib‘ ich eben Solist.)

    10. @Phorkyas: Touché! Das mit der kollektiven Selbstbeschimpfung läßt mich einen Anfall spontaner Milde erleben. Jedenfalls wär ich dabei, öffne auch gerne eine gesonderte Rubrik dafür und wäre der erste, dafür einen Text zu schreiben.

      Wo ich dennoch Schwierigkeiten habe, ist dort: „dass ich die Rezension für argumentativ etwas schwachbrüstig halte, nicht die Rezensentin“. Ich kann da einfach keinen Unterschied sehen. Wenn mir jemand sagt, mein Buch sei schlecht, dann heißt das: Ich habe nicht genügt. Punkt. Die Trennung von Arbeit und Arbeitendem ist eine artifizielle Konstruktion, die der Beruhigung des imaginären Selbstbilds dient. Genau deshalb gibt es den Begriff der Entfremdung und entfremdeten Arbeit. Allerdings scheint er mir unterdessen gänzlich vergessen worden zu sein, sofern das Geld stimmt, das man dafür bekommt.
      Hier werden aber von nicht Genügenden nicht eigene Positionen deröffentlichen Bewertung zugeführt, sondern Urteile gefällt, die stehenbleiben. Gibt es dagegen Widerspruch, bleibt die Bewertung dennoch im System. Im Fall der Fenster von Sainte Chapelle gab es ihn übrigens erst, nachdem ich den hier diskutierten Beitrag eingestellt hatte; das schrieb ich schon oben. Die beschworenen mündigen Menschen haben vorher weder reagiert noch ein Buch gekauft – ich kenne ja die Absatzzahlen. Auf den mündigen Menschen, um es noch einmal zu sagen, ist kein Verlaß – nur immer auf sehr Einzelne; eine Erfahrung, die die Geschichte in all den Jahrhunderten immer wieder gemacht hat.

    11. Schwärmerei @ANH @Schlinkert So schütten Sie doch nicht gleich das Kind mit dem Bade aus, meine Herren. Hier ist an einigen Stellen unbedingt etwas mehr Differenzierung notwendig.

      Der Wortwechsel von Ameise zu Soldat, lieber Schlinkert, funktioniert nicht: Ameisen sind im völligen Gegensatz zu Soldaten definitiv nicht hierarchisch organisiert – staatenbildende Insekten kennen nämlich schlichtweg keine Hierarchien. Eine gar nicht so alte Erkenntnis, die damals mit der Durchbruch in der Forschung war und zu einem Paradigmenwechsel führte. Wissenschafts- und kulturhistorisch (gehört beides m. E. eh zusammen) übrigens nicht ganz uninteressant – es wurde den Insekten ja über lange Zeit ein absolutistisches Staatsmodell angedichtet – gewissermaßen aus soziopolitischen Gründen. Kurzum: würden Armeen wie Ameisenvölker funktionieren, es ließe sich gar kein Krieg mit ihnen führen.

      Dass es um die Urteilskraft von Experten immer besser bestellt wäre, als um die einer Menge von Laien ist zumindest in der Verallgemeinerung nicht korrekt. Es kommt dabei, neben ein paar typischen gruppenpsychologischen Faktoren, vor allem auf den Typ der Fragestellung an. Steht so übrigens auch alles bereits schon bei → Surowiecki (bah, da hat aber jemand holperig übersetzt…  – sic!).

      À propos der eben verlinkten Wikipedia: ein Projekt wie → artwiki.org entsteht ja von unserer Seite aus nicht ganz ohne Gründe. Einer davon ist der deutlich popkulturelle Bias der Wikipedia-Editoren (angesichts der Sozialstruktur gut nachvollziehbar), der dazu führt, dass vieles an zeitgenössischer Kunst & Co. von ein paar übereifrigen Ahnungslosen als «irrelevant» eingestuft wird und deshalb der Löschung anheimfällt. Das Problem ist aber nicht das System an sich, sondern vor allem dessen spezifische Spielregeln, die den o.g. Bias nicht hinreichend berücksichtigen. Kinderkrankheiten…

      Gegen den Umbau z. B. des WDR, andererseits, ließe sich das in mancher Hinsicht kaum genug zu lobende → NPR anführen. Nun gut: USA… die haben dort ja bekanntlich eine deutlich andere Medienlandschaft. Aber genau deswegen bestand offenbar auch ein so massives Interesse an einer Alternative zur Murdoch-Berieselung, dass NPR auch zu einem ziemlichen Erfolg wurde. Nicht zuletzt deswegen erscheint mir im Fall besonders der ARD und des WDR der angebliche Hörergeschmack aber auch als ein Strohmannsargument, das völlig andere Interessen bemäntelt. Im Fall von Frau Piel vor allem ihre politische Haltung und die ihrer Camarilla, ihre ganz persönlichen Verständnisschwierigkeiten bezüglich des eigenen Programms und nicht zuletzt die erbärmliche Kungelei mit der Content-Mafia. Das Problem hat daher vermutlich weit weniger etwas mit Schwärmen und sonstigen Mengen zu tun, als mit dem ziemlichen Gegenteil davon: Seilschaften und Lobbyismus.

    12. @brsma

      Es gibt doch auch abschreckende das Bild von der emanzipizierten Frau als Arbeitsbiene, ohne dass uns deshalb der Honig nicht schmeckte ; oder das vom Bienenstaat bei Adam Smith. Übertragen auf gesellschaftliche Verbände des Menschen kam es zu vielen solchen Vergleichen aus der Tier- u. Insektenwelt. Der Grad der Exaktheit dieser Vergleiche hängt nun gerade nicht von der Stimmigkeit hinsichtlich der Forschungsergebnisse der jeweiligen Naturwissenschaft ab, sondern vom allgemeinen Modellcharakter der Vergleiche. Man liest diese Vergleiche i m m e r cum crano salis.

    13. Die Trennung von Arbeit und Arbeitendem ist eine artifizielle Konstruktion, die der Beruhigung des imaginären Selbstbilds dient.
      Ich meine verstanden zu haben, dass Sie dies in der Causa Aléa Torik noch anders gewichtet hatten.

      Was die merkwürdige Amazon-„Kritik“ bei Ihnen erzeugt erzeugt: Zorn. Und der ist in Anbetracht dessen, wie und was sich dort abspielt als Affekt verständlich, als Beweis für eine weitausholende Massenkritik – verzeihen Sie – lächerlich. Ihre Konservierung dieses Affekts zeigt sich u. a. darin, dass Sie die Einwände der anderen Kommentatoren gar nicht erst gewichten, sondern sich weiterhin als Opfer generieren möchten.

      (Es ist übrigens erstaunlich, dass die Amazon-„Rezensentin“ ebenfalls nur diese eine Kritik stehen hat.)

  10. @Metepsilonema: Aber gut. Lassen wir zwei uns doch einmal auf einen Dialog ein, einen persönlichen, da ja ich als Person es bin, auf was Ihre Einlassungen mehr oder minder abwertend hinzielen. Gut, ich überlasse das Urteil nunmehr meinem Leser. Deshalb lassen Sie sich bitte fragen: Welches meiner Bücher, oder welche, haben Sie denn gelesen und vielleicht sogar gekauft?

    1. @Herbst metepsilonema hat sich zu Ihren Büchern gar nicht geäußert. Er hat Bezug genommen – ob richtig oder nicht – auf Ihr Verhältnis zum Betrieb und der in Ihnen wesenden Ablehnung desselben und wie Sie dies hier im Blog thematisieren.

      (Die Abwertung Ihrer Person betreiben Sie durch Ihren Stil gerade selber.)

    2. @Keuschnig. Welchen Stil bitte? Auf mein Verhältnis zum Betrieb läßt sich n u r Bezug nehmen, wenn man die Geschichte meiner Bücher kennt, also auch die Bücher kennt. Es hat ja Grund, daß ich so reagiere, wie ich reagiere. Da offenbar nun auch Sie einer Abwertung meiner Person zustimmen, sollten wir den Kontakt damit beenden.
      Meine Äußerungen haben alle etwas mit meiner Literatur zu tun; ich betreibe Die Dschungel nicht als eine Privatperson, sondern als ein Autor von Büchern. Ich bin ohne sie überhaupt nicht zu verstehen, jedenfalls nicht als der, als der ich hier schreibe. Das scheint immer noch nicht klarzusein, wieviel ich mich dazu auch schon geäußert habe. Wobei es mich als Autor, übrigens, ohne Die Dschungel gar nicht mehr gäbe und wahrscheinlich auch nicht mehr als Person. Weil es ohne jene nämlich gelungen wäre, was Sie selbst für andere Autoren zu recht schon angedeutet haben, mich verschwinden zu lassen. Wenn Sie einmal diese Perspektive einnehmen wollten, würde Ihnen vielleicht manches klar.
      Dabei mache ich mich selbstverständlich gleichzeitig verwundbar – in einem weitaus größeren Umfang, als Sie und Metepsilonema und Phorkyas und auch als mein Freund brsma. Ich bezweifle sehr, daß Sie diesem Druck standhalten könnten, den die tägliche Dschungel bedeutet. Druck führt zu Gegendruck, es ist ein enormer Kraftaufwand, der bis ins Allerpersönlichste reicht. Es ist aber wohlfeil zu sagen, dann lassen Sie es doch. Ließe ich’s nämlich, wären die Bücher verloren, und damit wäre mein Leben verfehlt. Ich meine das genau so existentiell, wie es hier steht; für mich ist mein Beruf kein Job. Er ist nicht beliebig und nicht austauschbar, auch dann nicht, wenn ich mich im Innersten danach sehne, Musiker geworden zu sein. Als ich Gould zusah, wußte ich wieder, warum, und habe gleichzeitig gelacht und geweint. Wenn das einer der flotten nüchternen Popper jetzt „sentimental“ nennen will, meinethalben. Aber aus dieser Aufnahme erfahren Sie mehr über mich, als Person, als anderswoher. Vielleicht, damit Sie mal begreifen, auf was Sie so vehement einschlagen. Wie er da spielt, so schreibe ich.

      Sollte Metepsilonema nicht antworten, dann weiß ich zumindest, was ich von dem „mündigen Leser“ zu halten habe, den er gegen meine Abneigung gegenüber der Masse beschworen hat. Ich selbst, wenn ich auf einem Autorenblog kommentiere und mit dem Menschen spreche, habe wenigstens eines seiner Bücher gelesen, wenn nicht mehrere. Wobei man mit Recht freilich einwenden kann, auch Die Dschungel sei ein Buch. Das stimmt. Aber nur eines in einem ganzen Kosmos. Klar, daß jetzt wieder der Satz vom Größenwahn kommt.

    3. Welcher Stil? Sie stellen mir eine Frage und beantworten diese gleich selbst. In belehrendem Duktus (das scheint immer noch nicht klarzusein, wieviel ich mich dazu auch schon geäußert habe) und enormem Pathos (ich bezweifle sehr, daß Sie diesem Druck standhalten könnten, den die tägliche Dschungel bedeutet).

      Keine Frage, Herbst: Ich vermag keine Ahnung davon zu haben, was Sie hier aushalten. Und? Sie machen dies freiwillig. Vielleicht haben wir beide keine Ahnung davon, was so ein Müllmann jeden Tag für einen Dreck zu riechen hat. Oder ein Lehrer, der sich mit frechen und unerzogenen Blagen herumzuplagen hat. Klagen diese Leute tagein, tagaus über ihr Schicksal?

      Mir gefällt dieses immer wieder aufkommende Posieren als Opfer – des Betriebs, einer billigen, lächerlichen Amazon-„Rezension“, der Umstände, einer Grippe – nicht. Das ist selbstverständlich mein Problem. Aber wenn buchstäblich jede Diskussion zur Grundsatzfrage wird und immer wieder den Dichter als Opfer äußerer Umstände sieht, ist das nicht nur ermüdend, sondern schlichtweg fruchtlos. Wenn Ihnen kein Argument mehr einfällt, fragen Sie einen Diskutanten, ob er von Ihnen ein Buch gelesen hat.

      Ich selbst, wenn ich auf einem Autorenblog kommentiere und mit dem Menschen spreche, habe wenigstens eines seiner Bücher gelesen, wenn nicht mehrere. Seltsam, diesen Gedanken habe ich nicht. Wenn ein Autor auf seinem Blog etwas über ein Buch schreibt oder ein bestimmtes Thema muss ich dann erst einmal eines seiner Bücher lesen? Muss ich Koch sein um festzustellen, dass eine Speise versalzen ist?

      Veranlassen Sie doch Ihren Verlag, den Amazon-Vertrieb einzustellen. Verkaufen Sie Ihre Bücher doch nur noch im Buchhandel. Nutzen Sie Ihren Blog als Verkaufsplattform und stellen das Sich-dem-Publikum-Aussetzen ein. (Alle Vorschläge, sich dem pöbelnden Troll nicht auszusetzen, schlagen Sie ja auch in den Wind – vermutlich ist hier ein gehörige Portion Selbsthaß am Werk.)

      Ihre Desavouierung des Begriffs des „mündigen Lesers“ ist wirklich nicht elitär. Er ist arrogant, weil Sie alle über Ihren Kamm scheren. Das ist exakt das Verhalten, was Massen praktizieren, wenn sie von „den Ausländern“, „den Künstlern“, „den Politikern“ reden. Ihr Verhalten ist nicht einen Deut besser; es kommt nur in schön und markant formulierten Sätzen daher. Es gibt am Ende nichts Schlimmeres als Künstler, die ihr (potentielles) Publikum im tiefsten Inneren verachten.

    4. @Keuschnig zu: „Es gibt am Ende nichts Schlimmeres“. Dieser Vorwurf ist ungeheuer. Nicht ich verachte. Doch, ich verachte, aber nicht Einzelne, sondern Massen: sowie der Einzelne sich hinein- und darin aufgibt. Ich verachte darüber hinaus die Miesheit und die Häme. Da ich sie erlebt habe (oh, inszeniere ich mich, wenn ich das sage, schon wieder als Opfer? aha) – darf ich das.
      Daß es Ihnen nicht gefällt, wenn ein Opfer sich wehrt, ist Ihre Sache. Genau deshalb bin ich übrigens kein Opfer, ich fühl mich auch nicht so. Sondern es geschieht Unrecht und ist geschehen, und ich wehre mich; es bleibt mir nichts anderes übrig, weil es niemand andres für mich tut. Es gehört offenbar tief in unsere Gemütsverfassung, daß wir Leute, die sich wehren, verdächtig finden, wenn sie keine „Lobby“ haben, die für sie einsteht. Das mag daran liegen, daß wir zu schlucken und stillezusein verinnerlicht haben und uns jemand, der’s anders hält, das vor Augen führt. Opfer indessen ist immer erst, wer aufgibt.
      Ihr letzte Satz sagt, zusammengenommen mit Ihren vorherigen Sätzen: Es gibt am Ende nichts Schlimmeres (aha… nehmen Sie Mörder, Vergewaltiger, Kriegsverbrecher, Ausbeuter, Betrüger da mit hinein? oder in welchem Rahmen sprechen Sie?), als ANH, weil der ja sein Publikum verachtet. Abgesehen hiervon, hat es große Künstler gegeben, denen eine solche Verachtung tatsächlich nicht fremd gewesen ist, und auch die hatten meist Gründe. Es gibt de fact keinen Grund, Massen besonders zu lieben – die von Ihnen so leichtjacobinisch herbeigerufene Französische Revolution ist dafür ein ganz besonderes Beispiel. Man kann sie, und muß sie vielleicht, knirschend, begrüßen, lieben aber kann man den lynchenden Mob wohl kaum. Ich werde mir nicht verbieten lassen, etwas so zu nenen, wie es ist. Im übrigen lesen Sie >>>> den letzten Satz meines heutigen Arbeitsjournals.

      (Ich habe dies hier nur noch geschrieben, weil ich >>>> Ihre Arbeit schätze; von Verachtung meiner Leser kann da die Rede kaum sein. Und auch, daß ich sie schätze, schreibe ich, egal, für was für ein Arschloch Sie mich halten. Dasselbe gilt für die Dichtung: es ist mir restlos wurscht, was für ein Mensch ihre Autoren sind, wenn denn die Dichtung gut ist. Sie nämlich bleibt, der Mensch geht dahin. Ja, ich habe Pathos: davon profitieren meine Kinder. Wenn hingegen Sie moderiert leben wollen, ist das Ihre Sache.)

      Wie rief Gustav Mahler aus? „Meine Zeit wird kommen!“ Er hatte recht und hat selbstverständlich nicht sich, sondern sein Werk gemeint.

    5. @ANH Ich wollte Ihnen gerade ein ähnliches Angebot machen, sehe aber dass Sie mir zuvorgekommen sind.

      Ich versuche anhand eines Beispiels zu erklären, worum es mir ging: Ich kenne begeisterte Leser, die ein sehr gutes, intuitives Verständnis für Literatur besitzen, viel kaufen, es sind Leute von denen Schriftsteller leben, allerdings haben sie keinen ausgeprägten intellektuellen Zugang zur Literatur (was aber nicht bedeutet, dass sie dumm sind). Ich finde es problematisch, wenn all diese Leute indifferent als Masse abgewertet werden, obwohl gerade sie ein Verständnis für Literatur besitzen und Schriftsteller durch den Kauf von Büchern wenn nicht am Leben, so doch zumindest am Schaffen, erhalten. Ich sehe darin einen Widerspruch, der eine Thematisierung wert ist.

      Ich habe mich weder über Ihr Werk (das ich in überschaubaren Teilen kenne) noch die Dschungel geäußert, was ich als elitär empfinde, ist, wenn sich jemand selbst wiederholt Qualität zuerspricht, ohne das Urteil anderer abzuwarten. Er krönt sich dann sozusagen von selbst.

      Ich habe, um noch eine persönliche Bemerkung anzuführen, großes Unbehagen mit groben Kategorisierungen wie es die der Masse ist, weil gerade diese wertenden Kategorisierungen oft Ausgangspunkte von Macht- und Gewaltanwendung waren.

    6. @Metepsilonema zur Selbstkrönung. Danke erst einmal für Ihren jetzigen Ton. Darauf mag ich eingehen.

      1) Ich kenne solche Leute auch und schätze sie. Ich habe auch nie viel davon gehalten zu sagen, der und der versteht das nicht. Im Gegenteil bin ich mit Joyce, Kafka, Baudelaire und auch eigenem durch die Kneipen gezogen, jahrelang, und habe dort vorgetragen, wovon mir immer gesagt wurde: die verstehen das doch gar nicht. Bisweilen hat sich das als richtig erwiesen, bisweilen aber nicht. Und auf die, bei denen das Zielgruppendenken falsch gewesen ist, kommt es an. Da sind wir völlig einig. Noch heute weigere ich mich, daran zu glauben, daß alle aufgrund wessen auch immer in ihren Meinungen und im Geschmack festgelegt seien, sondern jeder hat nach wie vor die Chance zu verstehen. Nur sind das eben nicht Massen oder, sagen wir wertfreier, Mengen, sondern immer Einzelne, die sich plötzlich angesprochen fühlen. Die man „erwischen“ muß, sozusagen unter sechs Augen: den ihren, den eigenen und denen des Romans oder Gedichtes.
      Es ist auch überhaupt nichts dagegen zu sagen, daß jemand etwas nicht versteht. Das geht auch mir so. Aber ich mache meine Meinung dann nicht zum festgeklopften Urteil, zumal nicht einem, das den Autor als Person attackiert. Sondern erst einmal, immer, frage ich mich, ob nicht mir etwas fehlt, um überhaupt entscheiden zu können. Deshalb habe ich mich jahrelang geweigert, Verrisse zu schreiben. Was mich Aufträge gekostet hat. Noch heute schreibe ich keine Verrisse über unbekannte Autoren und auch nicht über solche, die bekannt, aber sowieso Gegenstand von Attacken sind. Sondern schweige, wenn mir etwas nicht gefällt, oder springe den Autoren sogar bei. Wer meine Publikationen zu anderer Werken verfolgt hat, weiß das. Zuletzt sollte das am Beispiel >>>> des „Falls“ Kracht deutlich geworden sein, aber auch >>>> im Fall Aléa Toriks, für den ich einigen Grund gehabt hätte, in die Buh!s mit einzustimmen. Mach ich nicht, schon gar nicht, wenn es um Literatur geht – ich besetze das in der Tat mit Pathos.

      2) Interessanter ist Ihre zweite Einlassung, die die Selbstkrönung betrifft. Ich bin dabei kein Einzelfall, auch wenn es andere gibt wie Kafka etwa oder Johann Sebastian Bach. Und wieder andere, wie Beckett, die aufgrund biografischer Vorgaben auf eine Idee wie Selbstkrönung gar nicht kommen mußten, sondern von Anfang an befördert waren. Künstlern wie mir bleibt nichts anderes übrig, erst einmal. Sie tauchten gar nicht erst auf, machten sie nicht etwas Tamtam. Man kann das sehr gut durch die Kulturgeschichte verfolgen, wie oft solch eine Selbstkrönung, die imgrunde – ein schönes Wort der Löwin – Selbstermächtigung ist, ihnen ihr Künstlertum überhaupt nur durchhaltbar machte. Viele sind dennoch, waren die Widerstände zu groß, zusammengebrochen und haben resigniert; anderen aber ist es gelungen, sich auf diese Weise durchzusetzen. Glauben Sie mir, wie wieviel lieber es mir gewesen wäre und wäre, auf allesdas zu verzichten. Nur: Ich wäre dann schlichtweg nicht mehr da, jedenfalls nicht als Romancier. Ich hatte nie eine Lobby, und der Buchhandel bestellte meine Bücher nicht. Gleich beim ersten Roman gab es Protest: so etwas lege man nicht öffentlich aus, wenn gleich auf der ersten Seite eine Kastration beschreiben werde; das sei den Kunden nicht zuzumuten. Das war 1983. De facto wurden die Bücher vom Buchhandel nicht mehr bestellt. Das Buch bekam zwei – in Zahlen: 2 – Rezensionen, eine war ein Verriß, der die falschen Konjunktive monierte, im übrigen auf den Text nicht einging. Der Autor hieß und heißt noch Armin Ayren. Als die Horen über zwanzig Jahre später den >>>> Band zu meinem Werk herausbrachten, kündigte er sein über Jahrzehnte bestehendes Abonnement. So weit geht sowas. Der Mann ist Kritiker der FAZ und, nebenbei, selbst Autor.
      Verschärft hat sich die Lage mit dem Buchprozeß um >>> Meere. Nicht nur, daß ich seitdem auf kleine und kleinste Verlage angewiesen bin, die aus sehr nachvollziehbaren Gründen kaum etwas verkaufen und selbst oft am Rand ihrer Existenz sind, aber sich tapfer und mit viel Energie und Leidenschaft schlagen, sondern meine Bücher kommen im Feuilleton schlichtweg nicht mehr vor – dies seit nunmehr fast zehn Jahren, egal, was ich vorgelegt habe. Wenn ich aufs Tamtam verzichte, ist es aus. So einfach liegt die Sache. Und meine Verkaufszahlen – seit 2003 – belegen, daß ich mich auf die von Ihnen beschworenen und auch zu recht verteidigten Leser überhaupt nicht verlassen kann. Es gibt sie nicht. Dabei war, stellen Sie sich vor, MEERE vor Eingehen der einstweiligen Verfügung, also in der ersten Erscheinungswoche, bereits 2000mal verkauft. Und im Feuilleton ging, nachdem die Einstweilige Verfügung erlassen war, die Häme gegen Herbst los. Das hatte was von einer Treibjagd, die übers Buch selbst nie sprach, sondern allein immer über den Skandal und diesen furchtbaren Autor; die Krönung erschoß sich dann Haage, als er Christoph Hein mich im Spiegel mit einem Vergewaltiger vergleichen ließ. Glauben Sie, daß Ihnen das persönlich am Arsch vorbeigegangen wäre?
      Ich habe auf das alles mit Gründung Der Dschungel reagiert, weil ich sofort wußte, ohne sowas wäre ich tot im literarischen Leben.
      Aber unabhängig davon haben Selbstkrönungsprozesse auch etwas von einem heiligen Wahn, den Sie brauchen, um gegen alles durchzuhalten. Das ist nämlich gar nicht leicht, zumal mit der Geschichte meiner Familie, diesen ganzen Schmutz zu ertragen und dennoch Ihre Arbeit zu machen. Und selbst davon unabhängig: wenn Sie nicht gefördert werden in einem Medium, das bewußt nicht auf Entertainment setzt, brauchen Sie einen Daseins-, einen, ja, Glaubensgrund. Einfacher gesagt: Sie müssen eine Mission fühlen. Daß daran Wahnhaftes i s t, bestreite ich nicht. Aber dieses Wahnhafte ist, oder kann sein, enorm produktiv. Sie haben eine Vision und folgen ihr. In Der Dschungel bringe ich die Vision immer wieder zum Ausdruck. Dann kommen die Sätze vom Größenwahn usw., ja, gut, trag ich, aber treagiere auch darauf.
      Andererseits, meinen Größenwahnpassagen in Der Dschungel stehen mindestens so viele Passagen der Zerknirschung gegenüber, des Selbstzweifels, der Kritik an der eigenen Form. Wie viele Verwerfungen von Texten haben sich in den Jahren Der Dschungel schon gefunden, wie vielers habe ich eigenhändig durchgestrichen und gezeigt, daß es so einfach gar nicht ist, daß ich immer wieder scheitere. Allein >>> die über fünf Jahre dokumentierte Arbeit an den Elegien zeigt das, und wie ich immer wieder neu angefangen habe, immer wieder umgeworfen, modifiziert, abermals durchgestrichen habe, wie immer wieder neu angesetzt und durchgefochten. Wäre ich aber nicht überzeugt gewesen, schließlich zu einem Ergebnis zu kommen, hinter dem ich stehen kann, als Qualität, hätte ich das seinlassen müssen.
      Schließlich: Weshalb soll eigentlich das Urteil anderer wahrhaftiger und näher an der Wahrheit sein als das eigene? Wenn dem so wäre, notwendigerweise, hätten Kleist wie Hölderlin, und übrigens auch Schubert, zu schreiben schleinigst aufhören müssen. Gibt es einen Grund zur Annahme, die Situation habe sich in der Gegenwart geändert? Welchen denn? Sie gehen offenbar von einer Objektivität aus, die sich schließlich herstelle. Ich bezweifle diese Objektivität. Zugleich bezweifle ich aber auch oft meine eigene Arbeit und verfalle in nicht sehr angenehme Zustände, die Depressionen nicht unähnlich, aber natürlich keine sind, weil sie Gründe haben.
      Alles dies wird, und das ist ein Novum, öffentlich und in Echtzeit in Der Dschungel ausgetragen. Von anderen Autoren bekommt man solche Portraits erst, wenn überhaupt, posthum – falls nachgelassene Tagebücher publiziert werden oderr sonstige Aufzeichnungen aus Notizbüchern. Viele Autoren versuchen diese Art der Öffentlichkeit auch über ihren Tod hinaus zu vermeiden, weil sie die Richtung ihrer sonstigen, oft sehr viel mehr als bei mir inszenierten Selbstdarstellung gefährden; ein Beispiel hierfür ist Nabokov, der geradezu berüchtigt für seine Selbstüberhebung war. Das tut seinem Werk keinen Abbruch, heute, da man es weiß, lächelt man drüber. Dieses, mir heute morgen zum Beispiel >>> dort abverlangte Lächeln ist meinen Kapriolen und, ja, bisweilen Überreaktionen aber keineswegs vergönnt, sondern bei mir wird und wurde immer sofort personalisiert und ein schlechter Character aus meinem Kampf abgezogen – ohne auch nur im leisesten mitzubedenken, daß alles, was ich hier tue, tatsächlich künstlerischer Existenzkampf ist. Aber selbst mein schlechter Ruf garantiert mir, daß ich wenigstens zu Lebzeiten meine Arbeit in der Diskussion halte, wenn es auch, wie ich unterdessen weiß, nicht zu mehr Lesern führt. Schwiege ich, gäbe es g a r keine Leser mehr. Es ist diese spezielle Form von Offenheit, die mich im Gespräch hält, die hohen Zugriffszahlen Der Dschungel sichert und damit auch, was mir wichtig ist, den Meinungswert meiner Texte zur Musik mitbestimmt.

      Ob eine solche Selbstermächtigung oder mit Ihrem schönen Wort Selbstkrönung berechtigt ist, das können Sie und alle anderen jederzeit aufs einfachste überprüfen. Mein Eindruck ist, daß genau das nicht unternommen werden will. Von Ausnahmen abgesehen, die es im Netz, aber fast nur dort, unterdessen gibt. Noch ist der Wolpertinger lieferbar, noch ist Thetis lieferbar, noch sind die Orgelpfeifen von Flandern und das Sizilienbuch lieferbar; werden sie es nicht mehr sein, werde ich diese Bücher ins Netz stellen – frei, denn verdient habe ich ohnedies fast nie etwas oder nur wenig daran.

    7. Lieber ANH,

      mit der weißen Fahne winkend möchte ich gerne mein „friendly fire“ einstellen.

      Eine Schlussbemerkung nur: Sie betonen, wie Ihr Werk geradezu organischer Bestandteil Ihrer selbst und dass man Sie angreife, bis aufs Mark, kritisiere man Ihr Werk. (Die Schlusssätze des Spiegelinterviews sind wirklich herb – diese tendenziös-klebrig-vernichtende Art habe ich nun schon öfter dort gesehen, dort geht es ja aber gerade nicht um irgendetwas Inhaltliches.)
      Andererseits sagen Sie:
      Dasselbe gilt für die Dichtung: es ist mir restlos wurscht, was für ein Mensch ihre Autoren sind, wenn denn die Dichtung gut ist.

      Dürfen Sie nicht auch solche Leser haben, die Ihr Werk lesen wollen, stamme es von einem Efeubekränzten oder nicht?
      Wünscht Ihnen eine Menge davon,
      Phorkyas

    8. @Phorkyas. Selbstverständlich. Nur daß wir hoffentlich darüber einig sind, daß es sich bei diesem Interview keineswegs um Literatur handelt, auch wenn einer der beiden Akteure Schriftsteller ist. Ich würde Heins Bücher nie danach beurteilen, ob er der Mann nett zu mir ist oder vielleicht sogar in sehr viel größerem Maßstab jemand, der überhaupt nicht nett ist, bzw. war, anders als sein „Widerstands“-Ruf im Westen glauben machen will.
      Und natürlich kann jeder meine Bücher lesen, der es nur will; sofern er sie noch bekommt. Mein wütender Ausruf neulich war halt Wut.

      Auch ich bin fürs Feuereinstellen, schon, weil ich es mir unterdessen mal erlaube, erschöpft zu sein. Aber auch generell. Ich werde den Verdacht nicht los, daß sich hier die Falschen bekämpfen, indes sich die „Richtigen“ die Hände reiben.

    9. @ANH In aller Kürze, obwohl es viel zu sagen gäbe, nur das Wichtigste, ich bin quasi auf dem Sprung: Wenn unsere Annäherung erfolgreich im Wortsinn sein soll, dann bitte ich Sie zu meinem Kommentar oben (oder auch hier unten) Stellung zu nehmen. Ich gebe gerne zu, das meine ersten drei Kommentare angegriffen haben, vielleicht nicht optimal formuliert waren, aber doch begründet im Sinne des Arguments.

      Warum also die Selbstkrönung (alternativ: ein elitäres Bewusstsein) problematisch sind, zeigt sich oben sehr klar, weil sie nämlich andere Personen oder Teile von Persönlichkeiten beschneiden (können). Ich sage nicht, dass das absichtlich geschieht, aber es geschieht (wie jeder hier nachlesen kann). Sie werden sicher verstehen, dass es mir schwer fällt mich mit jemandem schriftlich zu verständigen, der über Teile meiner Person urteilt bzw. hinweggeht ohne sie zu kennen.

      Das Feuer ist hiermit eingestellt, nichtsdestotrotz erwarte ich eine Antwort, will Sie aber nicht drängen.

    10. Selbstkrönung und elitäres Bewußtsein. Sind keine Alternativen in dem künstlerischen Sinn, den ich ausgeführt habe. Im übrigen sehe ich nicht, womit ich Ihre Persönlichkeit beschnitten hätte. Die ist und bleibt frei wie die meine.
      Über Teile Ihrer Person gehe ich schon insofern nicht hinweg, weil Ihre Person, zu der ein Name gehört, hier nirgendwo erscheint, schon gar nicht habe ich sie angegriffen.

      Aber also. Zu welchen Ihren Fragen möchten Sie, daß ich mich äußere?

      Abgesehen davon: Was ist mit „elitärem Bewußtsein“ gemeint? Vielleicht hab ich so eines ja gar nicht oder nur analog einem Fachbewußtsein in Bezug auf Bestimmtes, von dem ich mehr zu wissen meine als andere. Ganz sicher habe ich keines in Hinsicht auf Fußball, überhaupt auf Sport, auf Schlager- und sonstige Unterhaltungs-, sowie auf Tanzmusik; auch in physikalischen und chemischen Belangen ist meine Bildung eher mau, ebenso in Dingen der Ernährungswissenschaft, Autos, Schiffe, Flugzeuge, Tierhaltung – mir fällt unheimlich viel ein, worin ich nur wenig beschlagen bin. Was sich ändern ließe, wenn ich a) wollte, b) die Zeit hätte. Sogar in Sachen Überleben in der freien Natur bin ich ein Greenhorn, was mich aber tatsächlich ärgert. Des weiteren verstehe ich absolut nichts von Briefmarken, käme aber nie auf die Idee, einem leidenschaftlichen Kenner sein elitäres Bewußtsein vorzuhalten; d.h. daß ich sehr bewußt ebenso davon abstehe, öffentlich das Vermögen solcher Sammler zu beurteilen, wie über die Fähigkeiten eines Tennisspielers auch nur mitzusprechen. Privat allerdings kann da auch ich zu schwärmen beginnen: McEnroe ist eine Art Idol.

      P.S.: Mich hat die Furcht vor Eliten immer irritiert – sofern sie Eliten sind und das nicht nur als Machtbegriff gemeint und durchgeführt ist. Ebenso mein Verhältnis zur Autorität.

    11. Das ist gut. Das ist wie bei der Freiheit. Immer ist zu fragen: frei von w a s denn jemand eigentlich ist.
      Frei von Arbeit, und man ist arbeitslos; frei von Moneten, und man ist arm; frei von Vorgesetzten, und man hat seine Ruhe usw. Freiheitspositivismus!
      Gau(c)kler in Sachen Freiheit liegen mir nicht. Mit keinem Wort wurde so viel Schindluder getrieben wie mit dem Wort Freiheit! Und natürlich mag es durchaus sein, ja es ist sogar wahrscheinlich, dass eine Gesellschaft nicht ohne Eliten auskommt. Aber sich als Elite f ü h l e n… geht natürlich nicht.

    12. @ANH Ein Name ist ein Name, eine Person eine Person. Man kann Personen treffen ohne deren Namen zu kennen. Ich setze den Link nochmal, diesmal kursiv (er erschien oben nicht extra gekennzeichnet): Ihr Kommentar. Und: Meine Antwort.

      Das ist keine künstlerische Frage und ich will sie nicht am Wort Elite festmachen. Es geht auch nicht um Furcht, sondern Folgen, sagen wir: Die Folgen der Selbstkrönung oder des Großmachens für Kommentatoren der Dschungel (aber auch andere Personen).

    13. @Metosilonema. Sie haben nicht verstanden, >>>> was ich Ihnen heute schrieb, weder die Geste, noch meine persönliche Offenheit, die Sie mit einer eigenen vielleicht deshalb nicht entgelten wollen. Ich weiß gar nichts von Ihnen persönlich, Sie sehr viel von mir. Insofern bin nicht ich in der Bringschuld. Sollten Sie sich also weiter bedeckt halten, dann beenden wir unseren Kontakt einfach. Sie müssen Die Dschungel nicht lesen, müssen auch keines meiner Bücher lesen, sondern können mich getrost vergessen. Mir umgekehrt fällt das sowieso nicht schwer, weil Sie für mich nicht einmal ein Gesicht haben, nich, daß ich irgend etwas von Ihnen wüßte, geschweige etwas, das mich berühren könnte. Wir leben in wahrscheinlich vollkommen verschiedenen Welten. Kommt vor, ist nicht schlimm. Nun anders als Sie ist das für mich kein Anlaß, Sie anzugreifen; angegriffen haben Sie, und ich habe erwidert. Mehr ist nicht geschehen. Lassen wir es dabei bewenden.

      Aber was, um Göttinswillen, an meinem von Ihnen verlinkten Text hat Sie verletzt. Und wenn Sie da was verletzt hat,m dann erklären Sie bitte, persönlich, warum. Lassen Sie etwas von sich heraus und halten sich nicht ständig persönlich so bedeckt. Mal abgesehen davon, daß sich irgendwer immer verletzt fühlen kann, wenn man von einem nichts weiß. Man müßte denn überhaupt schweigen. Für einen Schriftsteller, der gerne lebt, ist das keine Option.

    14. [@ANH: Natürlich ist das Interview keine Literatur . – Aber man wird annehmen können, dass es sich um „sauberes“ Handwerk handelt, insofern z.B. die Anklage, Vergleich gerade an das Ende gestellt ist und so das ist, was beim Leser hängenbleibt (Hoffe die Onlineversion war nicht gekürzt). – Über Christoph Hein wollte ich damit nichts sagen, war nur etwas überrascht.

      So schreibend wäre für mich auch Mathematik und Logik drin. (Heute endlich nen Hinweis gesehen, dass da tatsächlich die fraktale Struktur von Cantors Teufelstreppe Pate stand, das finde ich schön.)]

    15. @ANH Zuerst: Ich würde gerne eine Angelegenheit klären, nicht streiten (ganz einfach, weil mir das nahe geht).

      Sie können nicht wissen, was ich über Sie weiß. Mich interessieren weder Schriftstellerbiographien noch Lebensläufe, und die Dschungel ist, nach Ihrer eigenen Aussage ein Fiktionsraum, ich kann überhaupt nicht unterscheiden (und damit: wissen), was von dem, was Sie „preisgeben“ erfunden oder real ist, abgesehen davon, dass es mich gar nicht interessiert. Wenn ich in der Dschungel lese, dann sind es Texte, die für mich sachlich oder literarisch interessant sind oder zum Widerspruch reizen (das Arbeitsjournal etwa lese ich eigentlich nie).

      Sie haben oben eine Aussage über drei Personen getroffen, eine davon war ich, die Sie, wie Sie selbst schreiben, persönlich nicht kennen. Konkret haben Sie mir abgesprochen Erfahrungen mit Gewalt gemacht zu haben. Sie können sich sicher vorstellen, dass solche Erfahrungen zu einem Teil der Person werden, sie prägen, ihr Leben lang. Wenn sie jemandem abgesprochen werden, ist das, also ob man einen Teil der Person negiert. Ist das nachvollziehbar?

      Zum Angriff: Ich tat das zunächst sachlich, sehr direkt, wenn Sie wollen hart. Das stimmt. Aber ist Ihr Folgekommentar da nicht schon um Kategorien gröber?

      Im Übrigen: Ich verrate soviel von meiner Person wie ich will und ich habe Sie nie aufgefordert das zu tun (ich trage mein Pseudonym seit Jahren, es gibt wahrlich genug zu finden). Wenn Sie es trotzdem machen, ist das Ihre Angelegenheit. Soviel zur Bringschuld.

      Da jeder von uns in einer eigenen Welt lebt, gerät man mitunter aneinander. Man kann versuchen einander entgegen zu kommen und es, so weit möglich, zu klären.

  11. Lieber Herr Herbst,
    für mich stellt sich grundsätzlich die Frage, was die rechte Weise ist, sich einem Kunstwerk zu nähern, sei es in der Literatur, in der bildenden Kunst, in der Musik. Die gängige Haltung unserer Zeit scheint mir die des Be-Urteilens zu sein; dies bedeutet, sich im eigenen Horizont zu verschanzen, aus dem heraus man aufgreift oder verwirft. Angemessener finde ich eine Haltung des neugierigen Betrachtens, des Aufnehmens, des Auf-mich-wirken-lassens. So als würde ich erwartungsvoll einen fremden Garten erkunden – riechen, schmecken, fühlen was mir begegnet, mich treiben lassen. Dies kann ich dann auch mitteilen, ich kann eine Aussage darüber machen, was ich erlebt habe, ob ich inspiriert bin oder eine fade Leere zurückbleibt. Das Werk selbst bleibt unangetastet. Denn das Kunstwerk ist doch frei, es ist ja nicht auf meine Bedürfnisse hin erschaffen worden. Und ich kann es doch nur verstehen, wenn ich diese Freiheit in Rechnung stelle.
    Mit freundlichen Grüßen, helga d.

    1. @helga d. Auch ich schließe mich dem gerne an. Es gibt aber ein Problem mit diesem Ihrem Satz: „ich kann eine Aussage darüber machen, was ich erlebt habe, ob ich inspiriert bin oder eine fade Leere zurückbleibt.“ Selbstverständlich können, dürfen und sollen Sie das wie ein jederman sonst. Das gilt in privaten Rahmen, nicht aber mehr in öffentlichen Plattformen, die zumal dem Verkauf oder Nichtverkauf gelten. Da wird die private Meinung automatisch zum Urteil. Das ist vergleichbar den Tagebüchern, die so viele Menschen schreiben. Veröffentlicht man sie, gelten andere Gesetze – dann nämlich solche der, im näheren oder weiteren Sinn, Literatur. Das heißt, es kommt etwas Objektives in die subjektive Meinung, das so eigentlich gar nicht gemeint war, und wird als Objektives dann auch bewertet. Imgrunde gilt das Gleiche wie auf dem Theater. Baue ich einfach eine Küche auf die Bühne, denkt der Zuschauer: aha, eine Küche auf der Bühne. Um dagegen wirklich eine Küche auf die Bühne zu stellen, so daß der Zuschauer spürt: aha, eine Küche – dazu muß etwas anderes hinzukommen, etwas, das der Küche eigentlich fremd ist. Will sagen: Es ist schlichtweg naiv, bei Formen des Markts sich auf das dennoch bleibende Recht der persönlichen Meinung zurückzuziehen.
      Was bei amazon und ähnlichen Plattformen geschieht, ist, persönliches Meinen zu objektiven Maßstäben zu erheben, die indes in keiner Weise mehr begründet werden müssen. Das ist übrigens zugleich ein Indiz-Maß für den Markt, was sich denn sowieso am besten verkauft und also produziert werden wird. Das Ganze ist ein ökonomischer Kreis der Redundanzen, an denen sehr gut verdient wird – wenn auch nicht von der Allgemeinheit, gegen die angeblich so elitär meine Position steht.

  12. Königsweg Lieber Herr Herbst,

    ja, natürlich haben Sie Recht, sobald ich meine Gedanken und Ansichten kundtue, beginnen sie ein Eigenleben zu führen, das ich nicht mehr unter Kontrolle habe. Ich erfahre erst durch die Antworten, was wie von wem aufgefasst wurde und welche erstaunlichen Verwandlungen stattgefunden haben.

    Womit dies zusammenhängt, erfährt man hier:

    „Nach einem Jahre mußte der König über Feld ziehen, da befahl er die junge Königin seiner Mutter und sprach: „Wenn sie ins Kindbett kommt, so haltet und verpflegt sie wohl und schreibt mir’s gleich in einem Briefe-.“ Nun gebar sie einen schönen Sohn. Da schrieb es die alte Mutter eilig und meldete ihm die frohe Nachricht. Der Bote ruhte aber unterwegs an einem Bache, und da er von dem langen Wege ermüdet war, schlief er ein. Da kam der Teufel, welcher der frommen Königin immer zu schaden trachtete, und vertauschte den Brief mit einem andern, darin stand, daß die Königin ein Wechselbalg zur Welt gebracht hätte. Als der König den Brief las, erschrak er und betrübte sich sehr, doch schrieb er zur Antwort, sie sollten die Königin wohl halten und pflegen bis zu seiner Ankunft. Der Bote ging mit dem Brief zurück, ruhte an der nämlichen Stelle und schlief wieder ein. Da kam der Teufel abermals und legte ihm einen anderen Brief in die Tasche, darin stand, sie sollten die Königin mit ihrem Kind töten. Die alte Mutter erschrak heftig, als sie den Brief erhielt. Konnte es nicht glauben und schrieb dem König noch einmal, aber sie bekam keine andre Antwort, weil der Teufel dem Boten jedesmal einen falschen Brief unterschob; und in dem letzten Brief stand noch, sie sollten zum Wahrzeichen Zunge und Augen der Königin aufheben.“

    Nachzulesen bei den Brüdern Grimm „Das Mädchen ohne Hände“.

    Interessant ist auch, welchen Weg das Märchen aufzeigt, aus den kontingenten und hier beinahe tödlichen Missverständnissen wieder herauszufinden. Die glückliche Wende beginnt dort, wo der König sich entschließt, „…zu gehen, soweit der Himmel blau ist…“ um wiederzufinden.

    Einen schönen Tag, helga d.

  13. Ach, Gitta…. (und @brsma) Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr scheint mir die Diskussion hier in die Irre zu gehen. Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Gitta, die nichts sonst bei Amazon rezensiert hat, sich ausgerechnet Alban Nikolai Herbsts Erzählung „Die Fenster von Sainte Chapelle“ irrtümlich anstelle eines Reiseführers bestellt und dann einen so dümmlichen Kommentar einstellt? – So wie es da steht, ist es eher eine üble Provokation aus dem Hinterhalt. Die auch funktioniert hat. Weil ANH die tumbe Bosheit, die aus diesen Zeilen spricht, gespürt und auf sie reagiert hat. (Zufrieden, Frau Gans?)

    @brsma – Über die „Irrelevanz“ als Ausschlusskriterium bei Wikipedia würde ich gerne noch einmal mit Ihnen sprechen. Vor Kurzem hatten wir dazu eine Diskussion bei einem GOW (Girls on Web)-Treffen. Es gibt dazu offenbar hinter den Kulissen eine heftige Auseinandersetzung auch zwischen den Akteuren im Inneren der Foundation. Einerseits ist Wikipedia ein offenes Projekt, andererseits haben sich Strukturen und eine Machtposition entwickelt, die dafür sorgen, dass bestimmte Gruppen (männlich, U40, technik- und popaffin) dominieren und bestimmen, was „relevant“ ist. In Deutschland soll die Zusammensetzung der aktiven Autoren besonders homogen sein.

    1. @MelusineB Interessanter Hinweis, das hatte ich noch nicht so gesehen. Aber wie sicher kann man sein, dass die Zuschreibungen „männlich, U40, technik- und popaffin“ tatsächlich zutreffen? Oder kann man das in der Wikipedia abfragen?

    2. Die oder der Wikipedia? Ich selbst habe nur einen Artikel dort eingestellt und damit eine objektiv vorhandene kleine Lücke gefüllt, zwei, drei Autoren haben dann noch sauber recherchierte Kleinigkeiten ergänzt. Ich könnte den Artikel noch sehr ausweiten (aber so richtig), es geht um eine Person, die von 1676 bis 1748 lebte und über die kaum jemand etwas weiß, doch mir gefällt der Ton nicht, der dort in der Wikipedia i n s g e s a m t herrscht. Das hört sich alles nach Rechthaberei auf Grundstudiumsniveau an, was sich dann auch in vielen Artikeln niederschlägt, soweit ich das in meinem Rahmen beurteilen kann. (Außerdem bin ich Ü40, bete Technik nicht an und stehe dem Pop kritisch gegenüber.) Ob dort wirklich die von Melusine benannte „Gruppe“ das Sagen hat, weiß ich nicht genau, es stand jedenfalls vor nicht langer Zeit so in der Presse. Wenn es aber wirklich dergestalt ist, dann kann sich Frau-als-solche natürlich nicht beschweren, denn tatsächliche Zugangsbeschränkungen hat es dort lange nicht gegeben, und wenn sich jetzt welche herausbilden, die „männlich“ dominiert sind, was ich ausdrücklich als Nicht-Kumpel- und Nicht-Seilschaften-Typ bedaure, dann kann man mit viel unbezahlter Arbeit und Idealismus etwas dagegen tun. Oder auch nicht.

    3. Der, die, das – Wikipedia… bei dem erwähnten Treffen sprach der „Insider“ von „die Wikipedia“, also habe ich das mal übernommen. Er hat auch darüber berichtet, dass die Foundation selbst Daten über die aktiven Autor:innen in den einzelnen Sprachregionen erhebt. Hierbei ist offenbar aufgefallen, dass die Zahl der aktiven Autor:innen schrumpft und dass sie homogener wird. Diese Entwicklung verläuft nicht in allen Sprachregionen gleich. Die Gruppen der in der deutschen Wikipedia aktiven Autor:innen sei aber besonders homogen, auch was die Geschlechterzusammensetzung angehe. Wenn ich mich recht erinnere war von 7% Beiträgen die Rede, die von Frauen verfasst wurden. In vielen osteuropäischen Staaten ist die Geschlechterverteilung fast 50:50. Es wurde viel darüber diskutiert, warum das so ist. Bei dem Treffen waren Männer und Frauen anwesend, Jüngere und Ältere, überrepräsentiert waren Menschen, die auch beruflich mit IT, dem Netz etc. zu tun haben. Von denen, die sich aktiv beteiligen, wurde die Erfahrung bestätigt, die Sie auch beschreiben: Der Ton wird rauher – und das führt bei vielen zum Rückzug. Unter den „Insidern“ gibt es wohl auch eine heftige Auseinandersetzung darüber, wie und ob diesen ausgrenzenden Tendenzen entgegen gewirkt werden muss (z.B. wie die sogenannten Relevanzkriterien angewandt werden sollen).

      Beschweren wollte ich mich übrigens keineswegs. Ich selbst habe noch nie etwas eingestellt, schlicht weil ich zu faul bin und mich auch nicht für genug Sachen für kompetent halte. Wenn die Bedeutung der Wikipedia weiter zunimmt (viele Jüngere greifen ja nur noch auf sie zurück, wenn sie etwas recherchieren wollen), wird die Homogenität der Gruppe der aktiven Autor:innen aber ein Problem. Da diese Gruppe z.B. die Relevanz von Künstler:innen überwiegend nach Quantitätskriterien misst, weil sie in ihrer Mehrheit diesem Themengebiet eher desinteressiert gegenüber steht, führt das zu Entwicklungen, die „Gegen-Projekte“ geradezu herausfordern, wie brsma weiter oben eines benennt. Diese allerdings werden bis auf Weiteres ein „Schatten-Dasein“ gegenüber der Wikipedia führen.

      Ich glaube, diese Thematik wird uns in den nächsten Jahren auf vielen Ebenen beschäftigen: einerseits wird man darum kämpfen müssen, die freien Zugänge pro forma zu erhalten (denn die Institutionen und Konzerne arbeiten z.Zt. ja heftig daran, hier auch juristische Einschränkungen vorzunehmen, aus sogenannten „Sicherheitsgründen“ und/oder Profitinteressen) und andererseits mehr darauf zu achten, dass die Zugänge auch de facto für alle Gruppen gleichermaßen offen sind. Man kann ja die Definitionsmacht, die solche Projekte wie die wikipedia (die ich im Übrigen großartig finde und sehr unterstütze) entwickeln, nicht ignorieren.

    4. Das Wikipedia ist auch für mich eine der ersten Anlaufstellen, wenn es um Fakten, Daten und Problemlösungen geht. Gelegentlich ändere ich Kleinigkeiten, meistens sprachliche Unfertigkeiten, ansonsten greife ich da nicht mehr ein, denn es macht viel Arbeit. Oftmals denke ich zugegebenermaßen, ‚dann behalte ich mein Wissen eben für mich‘, selbst wenn ich eindeutige Fehler entdeckt habe oder ziemlich einseitige Bewertungen, etwa beim Nietzsche-Eintrag, denn da wurde mir gönnerhaft durch die Nase mitgeteilt: „Der Artikel Friedrich Nietzsche ist als exzellenter Artikel ein Vorzeigeartikel, um den sich das Portal:Philosophie intensiv kümmert. Deswegen besteht die Literaturliste dort nur aus Werken, die gesichtet wurden, der Rest ist dort aussortiert.“ Man halte sich also raus, und das tue ich. [In Klammern sage ich mal, daß dort zu viele Jungs von dem Typus mitarbeiten, die früher beim Fußballspielen auf dem Bolzplatz nach der ersten gegen sie geführten Blutgrätsche heulend nach Hause gelaufen sind. Der Eintrag bei Wikipedia ist übrigens nicht ganz korrekt oder eigentlich sogar Blödsinn, da könnte mal eine, die es besser weiß, eingreifen. http://de.wikipedia.org/wiki/Blutgrätsche]

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