Die Wörter liegen immer daneben. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 22. Oktober 2011. Mit dem Teil b) der Kleinen Blogtheorie Nr. 133 und einer Akademie für den Sommer.

5.14 Uhr:
[Arbeitswohnung. Eberhard Weber, Fluid Rustle, ff.]
Nach Melusines Besuch ist mir gestern die Disziplin wieder entglitten; ich hätte den Whisky nicht mit ihr trinken sollen. Aber das Gespräch war so angenehm. Dennoch, ich wurde innerlich unruhig und fing mal wieder die testosterone Surferei durchs Netz an. Das höchst körperliche Bild der rolligen nassen Frau, wie sehr dieses Wort auf sie paßt: rollig, so, wie geil aufs Gerichtetsein des Mannes paßt. Wie es jede ergreift, und jeden. Wenn man so durch die Stadt geht und den Leuten ins Gesicht schaut, immer d a s vor dem inneren Auge. Wie den Frauen direkt vorm Höhepunkt nicht nur der Blick, sondern das ganze Gesicht bricht, so beschrieb ich das mal. Männern auch? Ich seh mich nicht selbst dabei an. Und wie viele Schallplatten-Labels es mal gab! Keytone zum Beispiel. Wie viele wieder verschwunden sind! Die Wörter liegen dennoch – und deshalb – immer daneben, bezeichnen nur, sind nicht– weniger „rollig“, mehr aber „geil“. Das poetische Problem, das zu ändern. Man müßte es aus der Situation-selbst heraus ändern. Und wie alle Gier imgrunde auf ein einziges hinauswill, deshalb der hochaktive, rasende und rollige, Rausch nicht der SelbstVergessung, sondern des Geistes, der Formen und Haltung, – der, sagen wir, ‚hygienischen Moral‘. Also blieben die Arbeitsvorhaben liegen. Konzentrationsschwäche, keine Lust auf Lektüren. Und zu spät ins Bett.
Immerhin pünktlich rausgekommen, nach knapp vier Stunden Schlafs; 4.40 Uhr. Verlangsamt, freilich, an die Pavoni. Verlangsamt den Ofen besorgt. Erste Schlucke vom Latte macchiato, verlangsamt, noch in der Küche, stehend. Verlangsamt an den Computer und erst einmal den neuen Sitemeter durchgeklickt. Ich kann jetzt sehr genau sehen, was los war in Der Dschungel, IPs, die Orte sogar, von denen aus auf sie zugegriffen wurde. Das hat etwas von Übergriff, dachte ich eben und denke immer wieder, nebenbei, wie in einem anderen Zimmer meines Kopfes, worin die Dinge parallelgehen, an die Einwände >>>> Steins und >>>> Keuschnigs, ich kümmerte mich zu wenig um die technische Seite des Weblogs, ignorierte die seit 2004 gemachten Fortschritte und also hielte ich mich unangemessen im technologisch Überkommenen auf. Daran ist etwas; es ist aber auch nicht wichtig für das, was ich begonnen habe und was sich eventuell bald endet, weil der Der Dschungel zugesprochene Speicherplatz bald ausgeschöpft sein wird. Spätestens dann werde ich sowieso entscheiden, umdenken usw. müssen: entweder bei Twoday ein zweites, ein Folge-Weblog eröffnen oder eben ganz anderswo. Oder überhaupt das Projekt abschließen.
Was ich tun werde, weiß ich noch nicht.
Zweite Morgenpfeife; zur ersten rauchte ich aus, was gestern nacht hier liegenblieb drittels noch im Kopf (sträflich, aus der Sicht eines Pfeifenpflegers). Als erstes nach dem Arbeitsjournal, gleich, an den Jungenroman. Abends wird die Familie kommen, ich hab einen Schweinebraten, der auch schon im Kühlschrank liegt, versprochen. Um elf Uhr will mein Junge erscheinen, um Cello zu üben, was er gestern geschwänzt hat; dann muß er um eins bei seiner Cellolehrerin in Charlottenburg sein: das ist ein weiter Weg, den er da selbst zu bestehen hat. Wahrscheinlich wird er, wenn die andren Familien„teile“ nach dem Essen wieder fort sind, für einen neuen Männerabend bei mir bleiben.

[Heiner Goebbels, Es herrscht Uhu im Land.]
Was mir zum Krausser-Hörstück, dessen Presseankündigung bereits fertig ist, einfällt: ich brauche unbedingt noch >>>> die Tagebücher, also muß ich Rowohlt schreiben. Außerdem, also muß ich Dumont schreiben, alle neuen Romane. Ab dem ersten November wird eine Woche lang nur gelesen (bis dahin hätt ich ARGO gerne durch), dann geht‘s ans Typoskript und an die Produktion. Die Sendung soll (und wird) bereits am 1. Dezember ausgestrahlt werden, >>>> las ich gerade.
So, an den Jungenroman II. Eh ich mich verschwätze. Aber das noch: >>>> Schlinkert hat jetzt ebenfalls ein Literarisches Weblog, und auch dort findet derzeit eine >>>> Auseinandersetzung mit der Kleinen Litblog-Theorie statt, ebenso wie >>>> bei Hediger.

9.52 Uhr:
[Daniel Schnyder, Mythology.]
Obwohl es zu erwarten war, hat mich >>>> das da jetzt meine Frühmorgen-Arbeitszeit gekostet. Ich habe direkt darunter reagiert, vielleicht etwas zu ärgerlich, weil ich die moral/erkenntnistheoretische NetzDimension nicht gleich sah, aber dann eben >>>> dort eine neue Miszelle der Kleinen BlogTheorie verfaßt – was etwas ein bißchen Triumphierendes hat, weil sich unterdessen viele zu beantwortenden allgemeinen ästhetischen Fragen direkt aus Der-Dschungel-selbst ergeben. Nur an den Jungenroman bin ich deshalb noch immer nicht gekommen. Was etwas ist, das mich allmählich ziemlich nervös macht: Ich weiß nicht, wie ich die ganze anstehende Arbeit schaffen soll. Wenn jetzt auch d a s noch hinzukommt. Obwohl, Sie haben ganz recht, nach der >>>> Publikation der Kleinen Blogtheorie mit so etwas zu rechnen war. Mein Projekt schreibt sich ein – das schlimmste, was meinen Gegnern, etwa „Henze“, passieren konnte.

15.45 Uhr:
Daß nun auch noch >>>> s o l c h e Auseinandersetzungen geführt werden müssen! Da bekommen die Trolls tatsächlich viel mehr Macht, als es ihnen gebührt, und wir selbst sind es, die sie ihnen geben – aber nicht, weil ich sie zugelassen hätte, sondern weil, daß ich das tat, nicht gefällt und vor allem persönlich genommen wird. Dabei habe ich oft oft oft dargestellt, weshalb ich diesen Weg gehe, und auch, nämlich jetzt, bis zu welchem Punkt ich ihn zu gehen bereit bin und wo, und weshalb dann, ich das nicht mehr bin. Wenn sich die aus meiner Sicht mit wichtigsten Blogs im Netz, die sich um die Dichtung kümmern, derart zerstreiten, dann ist das ein Unglück. Es nimmt uns nämlich die Kraft, uns gegenseitig Leser zuzuführen; der Vorgang marginalisiert uns, und zwar genau so, wie jedes Weblog marginal ist, das prinzipiell seine Kommentatoren moderiert.

Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (133 b)
Litblog 133 a <<<<
Jetzt endlich, wenigstens für eine Stunde, an den Jungenroman!
Aber noch einen Expresso vorher. Davon, >>>> mein DTs zu erfüllen, kann abermals keine Rede sein oder doch nur eine winzig kleine. Dabei bin ich quasi unentwegt beschäftigt.

(Der Braten für die Familie heut abend brät nach meiner Großmutters Art.)

17.03 Uhr:
[Ullmann, Willers, Haynes: Trad Corrosion.]
Und dann passiert etwas, das mich wirklich glücklich macht. Es kommt eine Einladung mit einem klugen Brief voller Still: ob ich im nächsten Jahr, nach Lentz und Stolterfoht und Klein die Meisterklasse für Prosa der >>>> Schwäbischen Sommerakademie im Kloster Irsee leiten möge. Ich hab soeben zugesagt.

2 thoughts on “Die Wörter liegen immer daneben. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 22. Oktober 2011. Mit dem Teil b) der Kleinen Blogtheorie Nr. 133 und einer Akademie für den Sommer.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .