5.45 Uhr:
[Arbeitswohnung. Latte macchiato, Morgenpfeife (>>>> Motzeks „Meisterwischung”.]
Um halb sechs aufgestanden, finde ich >>>> darunter eine… na ja:„Diskussion”, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Dabei argumentiert >>>> Sumuze normalerweise stringent; hier aber verstehe ich schon nicht, weshalb sie auf Beckett kommt. Und die allerletzten Kommentare werde ich nachher löschen, das ist nur noch Geseier; aber vielleicht löst sich das banale Zeug vorher in einen Hintergrund voll Sinn, oder jemand streut doch wenigstens eine Handvoll davon noch dazu? Jedenfalls sind offenbar Beiträge herausgelöscht worden. Deshalb habe ich eben an meine Administratoren geschrieben:
haben Sie heute nacht Kommentare >>>> aus der Diskussion gelöscht? Ich entsinne mich, auch von >>>> Schlinkert da was gelesen zu haben, das ganz okay war, und frage deshalb nach. Auf ihn wohl bezog sich Sumuze in Ihrer Beckett-Anspielung, die man jetzt aber nicht mehr verstehen kann. Jetzt steht fast nur noch Müll da. Ich bin deswegen etwas irritiert. Wenn Sie zu den Löschungen ggbf. etwas kommentieren würden, brächte es ein wenig Klarheit.Manchmal fehlt nämlich selbst mir in Der Dschungel der Überblick, vor allem, wenn ich, wie jetzt mit dem Hörstück, meine Konzentration anderweitig binde. Das ist aber sehr nötig, weil das Stück bereits am 3. Juli vom WDR ausgestrahlt wird, ich also unter hohem Druck arbeite.
Zu dem Druck gehört nachher, daß ich die Arbeitswohnung verlasse, mit Typoskript und Mikrophon, um mir „Zufallsstimmen” zu suchen. Dafür bieten sich Cafés an, insoweit nicht allzu laut Musik darin spielt, sowie der nahe Mauerpark. Die Beute ist dann morgen zu schneiden, so daß ich ab Sonnabend mit der Montage anfangen kann. Außerdem brauche ich, am besten gleich für den Montag, noch einen Termin im ARD Hauptstadtstudio.
In einer halben Stunde wecke ich meinen Jungen, heute mit einem Milch-Shake. Mittags dann Fußpflege und wiederum danach zum Sport: Zwölf Kilometer Crosslauf mal wieder, nachdem ich gestern arbeitshalber „schwänzen” mußte. Nachmittags gegebenenfalls weitere Aufnahmen. Fürs Abendessen ist noch vom Sauerkraut da, dazu wird es Lammfilets geben. (Sie merken’s schon an dem Eintrag: meine Gedanken flirren grad ziemlich herum; es liegt daran, daß ich die tragende Formidee des Hörstücks noch nicht greifbar habe, sondern nur als eine Art Ahnung. Sie ist noch nicht Material.)
10.28 Uhr:
Jetzt habe ich doch schon mit einer Probemontage begonnen – und plötzlich war die „zusammenhaltende”, den Zusammenhang rahmende Idee da. Ich sag hier aber noch nichts dazu, sondern will eigens in einem Beitrag später darüber schreiben. Jetzt geh ich erst mal zu meinen „Feldaufnahmen” hinaus; habe bis eben gewartet, weil die Löwin eine fiebrigfiese Wiener Nacht hinter sich gewühlt hat und ich ihr, vor dem wirklichen Wecken, noch etwas Zeit geben mußte und mochte. Nun ist das Telefonat geführt.
Zwischenzweitlich hat auf meine Mail auch >>>> Schlinkert geantwortet, nämlich so:Es geht mir jedenfalls mehr und mehr auf den Geist, wenn auf einfache Kommentare auf kindische Art und Weise respektlos und giftig reagiert wird, auch auf sachliche Klarstellungen..Er hat also selbst gelöscht, womit dann auch die Kommentare auf seinen Text in den Orkus gingen. Bei sowas besteht das Problem darin, daß es auf diese Weise den Gegnern gelingt, einen Thread zu töten, bzw. ein Weblog wie das meine dauerhaft zu schädigen. Das habe ich Schlinkert so auch geschrieben. Also besser, man gibt mir oder meinen Adminstratorinnen gegebenenfalls bescheid, daß sie bitte Kommentare löschen möchten, als daß ganze Argumentationslinien verschwinden.
Hinaus jetzt.
18.22 Uhr:
[Zurück in der Arbeitswohnung.]
Soeben von >>>> diesem Aufnahmetag erzählt. Jetzt werden die Töne auf den Laptop überspielt und gleich auch auf den beiden externen Festplatten gesichtert. Wenn ich dann gekocht haben werde – in zwanzig Minuten wird mein Junge wieder hiersein – und wenn wir gegessen und geplaudert haben werden und er auf seinem Vulkanlager schläft, geh ich eventuell noch mal vor die Tür für ein paar weitere Töne, oder aber ich fange mit der Schneidearbeit an der heutigen Beute an. Das ist nicht wenig, zumal ja alles Laien sprachen.
Immerhin, zwischendurch meinen Sport gemacht: 49’27’’ für zehn Kilometer; danach noch zwei Kilometer locker ausgelaufen. Und >>>> in den Pratergarten rüber.
22.58 Uhr:
Bis eben >>>> die Sammelstimmen bearbeitet: zwanzig neue Takes hergestellt und „geputzt”. Aber die Grenze ist für heute erreicht, die Augen verschwimmen. Künstliche Tränen draufgegeben, was wohltut, aber natürlich kaschiert. Ich will morgen auf jeden Fall fit sein. Also öffne ich jetzt einen Wein und versuche, die Löwin ans Telefon zu bekommen… mit gedä,pfter Stimme, wie immer, wenn mein Junge auf dem Vulkanlager schläft. Der Gesamtklang der Hörstücks, meine Vorstellung davon, wird nun immer deutlicher; am liebsten wär’s mir, ich könnte gleich wieder an die Montage. Doch im Interesse der Präsizion, zu dem der genaue und auch archivierende Umgang mit den einzelnen Takes unbedingt gehört, mach ich jetzt noch nicht damit weiter. Es genügte, daß ich heute früh schon eine Probemontage angelegt habe, allein um zu hören, ob sich meine Vorstellung umsetzen läßt.
Leserinnen, schlafen Sie gut.
Vagheit Als gelernter Buchhalter sind Sie uns irgendwie auch die Zehntelsekunden schuldig.
@Hen-Tse. Wie kommen Sie auf den gelernten Buchhalter? Abgesehen davon sollten Sie wissen, daß Sekunden bei Leistungssport gängige Maße sind; ob beim Langlauf Zehntelsekunden eine Rolle spielen, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.
Wie schnell sind denn S i e auf zehn Kilometer? Es wär für einige unserer Leser ein ganz sicher gutes Gefühl, dürften sie erfahren, daß Sie mir wenigstens in einem überlegen sind. Das könnte zu allgemeiner Beruhigung beitragen und zu neuer Toleranz für mich.