Seit morgens um 10.30 Uhr bin ich jetzt draußen gewesen und habe Leute angesprochen, ob sie mir Zitate von Ricarda Junge in den Recorder sprechen würden; das Typoskript hatte ich selbstverständlich dabei.Jedesmal dieselbe Geschichte erzählen:
„Darf ich Sie einen Moment stören?”
Bisweilen kam schon dann ein schroffes „Nein!”. Fragten die Menschen aber, worum es denn gehe, kam fast immer eine Aufnahme dabei heraus: vor den Cafés an den Tischen, direkt auf dem Gehsteig, auf einem Spielplatz, im Pratergarten zuletzt; den Mauerpark habe ich heute nicht mehr geschafft.
Unangenehm allerdings eine dicke, mürrische Frau: „Ich bin Kollegin” sagte sie gleich nach meinen Eingangssätzen. Sie saß in Begleitung zweier Freundinnen, deren eine mich sehr freundlich betrachtete und sicherlich mitgemacht hätte, wäre die Dicke nicht so abweisend gewesen. „Ihre Aufnahme wird sowieso nichts”, sagte sie in einem bis zur Selbstnatur internalisierten Dafaitismus, „bei diesen Hintergrundgeräuschen.”
„Auf die kommt es mir aber an”, erklärte ich. „Auch. Und Sie würden sich wundern, wie klar trotzdem die Stimme zu vernehmen ist.”
„Das wird nichts”, beharrte sie. „Ich bin Profi.”
„Dann hören Sie sich das Ergebnis doch an am 3. Juli”, antwortete ich.
„Keine Lust”, sagte sie, „und sowieso keine Zeit. Jetzt schon gar nicht. Wir”, sie meinte die freundliche Freundin, „haben uns seit Wochen nicht gesehen, da will ich mich nicht stören lassen.”
Sie wußte, merkte ich, daß es nur um zwei Minuten ging. Es war ihre Mißgunst, was sie mich abweisen ließ, vielleicht auch Neid.
Anders eine andere Kollegin, die ebenfalls im Pratergarten saß, jünger, gutaussehend, frisch: „Ich arbeite für den >>>> rbb. Was haben Sie vor?”
„Ich inszeniere ein Hörspiel für den WDR über die Bücher Ricarda Junges. Dazu habe ich aus den Büchern Zitate herausgesucht, die ich jedes von einer anderen Stimme einsprechen lassen möchte. Die Stimmen werden dann collagiert. Ich stelle mir eine Art Chor vor, über dem klar die Stimme der Autorin als einzige identifizierbar ist. Die einzelnen Teile werden zu einem Teppich zusammengesetzt und mit Musiken legiert.”
„Tolle Idee! Da mach ich gerne mit.”
Dieses ‚tolle Idee’ kam heute öfter. Oft aber auch G’schamigkeiten, Scheu.
Dennoch. Im „Kasten” habe ich jetzt von Schülern über Künstler und Angestellte einen Anwalt, einen Lehrer, Journalisten, meinen Bäcker und meine Fußpflegerin sowie die mütterliche Freundin, die in ihrer Praxis aushilft, bis hin zu zwei Obdachlosen ein enormes Spektrum aus verschiedenen Alterstönen und ebenso verschiedenen Gesellschaftsschichten. Dazu noch ein paar „abstrakte” O-Töne: Menschengemurmel, Rauschen, zweieinhalb Minuten das Plätschern eines kleinen Springbrunnens.
Da das Skript mit all den gelben Häkchen, den roten Auszeichnungen der Studioaufnahmen sowie den schwarzen Zeichen der bereits vorher aufgenommenen Sammelstimmen allmählich unübersichtlich geworden ist, brach ich die Aufnahmen für heute ab; eventuell werde ich aber heute spätabends noch einmal hinausgehen und vor ganz anderen akustischen Hintergründen weitere, vielleicht die letzten nötigen Stimmen sammeln – oder fangen, denn auch das kam vor.
Sicher ist unterdessen auch der Rahmen, in den ich das Stück montieren werde: Mozarts Requiem in der Ausgabe von Beyer; auf >>>> Ricarda Junges Musik-CD fanden sich bei allem anderen zwei Stücke daraus; so ist das gerechtfertigt. Die Spielzeit des Hörstücks wird der Spielzeit des Requiems entsprechen und wird ebenso in vierzehn Abschnitte unterteilt sein, entsprechend den Sätzen Mozarts vom Introitus bis zur Communio. Weiter gehe ich in der Zuschreibung allerdings nicht, jedenfalls sieht meine Planung das noch nicht vor. Das kann sich aber noch ändern.
„Darf ich Sie einen Moment stören?”
Bisweilen kam schon dann ein schroffes „Nein!”. Fragten die Menschen aber, worum es denn gehe, kam fast immer eine Aufnahme dabei heraus: vor den Cafés an den Tischen, direkt auf dem Gehsteig, auf einem Spielplatz, im Pratergarten zuletzt; den Mauerpark habe ich heute nicht mehr geschafft.
Unangenehm allerdings eine dicke, mürrische Frau: „Ich bin Kollegin” sagte sie gleich nach meinen Eingangssätzen. Sie saß in Begleitung zweier Freundinnen, deren eine mich sehr freundlich betrachtete und sicherlich mitgemacht hätte, wäre die Dicke nicht so abweisend gewesen. „Ihre Aufnahme wird sowieso nichts”, sagte sie in einem bis zur Selbstnatur internalisierten Dafaitismus, „bei diesen Hintergrundgeräuschen.”
„Auf die kommt es mir aber an”, erklärte ich. „Auch. Und Sie würden sich wundern, wie klar trotzdem die Stimme zu vernehmen ist.”
„Das wird nichts”, beharrte sie. „Ich bin Profi.”
„Dann hören Sie sich das Ergebnis doch an am 3. Juli”, antwortete ich.
„Keine Lust”, sagte sie, „und sowieso keine Zeit. Jetzt schon gar nicht. Wir”, sie meinte die freundliche Freundin, „haben uns seit Wochen nicht gesehen, da will ich mich nicht stören lassen.”
Sie wußte, merkte ich, daß es nur um zwei Minuten ging. Es war ihre Mißgunst, was sie mich abweisen ließ, vielleicht auch Neid.
Anders eine andere Kollegin, die ebenfalls im Pratergarten saß, jünger, gutaussehend, frisch: „Ich arbeite für den >>>> rbb. Was haben Sie vor?”
„Ich inszeniere ein Hörspiel für den WDR über die Bücher Ricarda Junges. Dazu habe ich aus den Büchern Zitate herausgesucht, die ich jedes von einer anderen Stimme einsprechen lassen möchte. Die Stimmen werden dann collagiert. Ich stelle mir eine Art Chor vor, über dem klar die Stimme der Autorin als einzige identifizierbar ist. Die einzelnen Teile werden zu einem Teppich zusammengesetzt und mit Musiken legiert.”
„Tolle Idee! Da mach ich gerne mit.”
Dieses ‚tolle Idee’ kam heute öfter. Oft aber auch G’schamigkeiten, Scheu.
Dennoch. Im „Kasten” habe ich jetzt von Schülern über Künstler und Angestellte einen Anwalt, einen Lehrer, Journalisten, meinen Bäcker und meine Fußpflegerin sowie die mütterliche Freundin, die in ihrer Praxis aushilft, bis hin zu zwei Obdachlosen ein enormes Spektrum aus verschiedenen Alterstönen und ebenso verschiedenen Gesellschaftsschichten. Dazu noch ein paar „abstrakte” O-Töne: Menschengemurmel, Rauschen, zweieinhalb Minuten das Plätschern eines kleinen Springbrunnens.
Da das Skript mit all den gelben Häkchen, den roten Auszeichnungen der Studioaufnahmen sowie den schwarzen Zeichen der bereits vorher aufgenommenen Sammelstimmen allmählich unübersichtlich geworden ist, brach ich die Aufnahmen für heute ab; eventuell werde ich aber heute spätabends noch einmal hinausgehen und vor ganz anderen akustischen Hintergründen weitere, vielleicht die letzten nötigen Stimmen sammeln – oder fangen, denn auch das kam vor.
Sicher ist unterdessen auch der Rahmen, in den ich das Stück montieren werde: Mozarts Requiem in der Ausgabe von Beyer; auf >>>> Ricarda Junges Musik-CD fanden sich bei allem anderen zwei Stücke daraus; so ist das gerechtfertigt. Die Spielzeit des Hörstücks wird der Spielzeit des Requiems entsprechen und wird ebenso in vierzehn Abschnitte unterteilt sein, entsprechend den Sätzen Mozarts vom Introitus bis zur Communio. Weiter gehe ich in der Zuschreibung allerdings nicht, jedenfalls sieht meine Planung das noch nicht vor. Das kann sich aber noch ändern.
Nun, jedenfalls, steht die nächste Schneidearbeit an, die ich auf jeden Fall morgen zuendebringen will. Siebenundachtzig verschiedene „Fremd”stimmen habe ich jetzt schon, werde also mit Leichtigkeit auf über einhundert kommen.
[Nachtrag, 23.06 Uhr:
Weiteres zu den heutigen Arbeitsprozessen >>>> siehe Arbeitsjournal.]
Sendetermin Sendetermin am 3. Juli? Bin unheimlich gespannt und wünsche weiterhin gutes Vorwärtskommen in der Arbeit.
Gruß, PHG