6.30 Uhr:
[Hotel Altenburgblick, Zimmer 203.]
Leider war >>>> die Concordia selbst belegt; so kam ich in dem Hotel unter, aus dem ich dies schreibe. Doch wie zuhause ich wieder war, und diesmal auf das herzlichste willkommen, war schon am Eingang zu sehen:>>>> Nora Gomringer, die neue Leiterin des Hauses, verströmt eine menschliche Wärme, eine künstlerische Leidenschaft zudem und Kompetenz, daß ich gar nicht anders mehr konnte, als mich aufgenommen zu fühlen. Ein ganz kleines bißchen hat das von einem verstoßenen Sohn, der zurückgenommen wird, aber nur ein bißchen, da ich ja älter bin als sie und mit einer Art inneren Rechts durch den Garten ging – schon auch >>>> Schlüter begrüßte, der ein direktes Nachbar-Studio neben meinem ehemals eigenen hat, vor dem wiederum – das war ein solcher Glücksmoment! – die von mir selbst schwarzgepflanzten Pfingstrosen sich nicht nur gehalten haben auf dem nährstoffdürren Kies, sondern jetzt sogar in beginnender Blüte stehen. Zwanzig Knospen zählte ich; >>>> Sibylle Lewitscharoff, die in das Studio einziehen wird, wird sich sehr freuen, da bin ich mir sicher.
Also mein Rundgang, dann ein Fotograf, dann wieder Geplauder mit Gomringer, ich an der Pfeife nuckelnd, über die Regnitz schauend, schließlich zum Essen, zu dem Jürgen Gräßer stieß; dann mit einem Taxi noch mal hoch in mein Hotel, weil ich dort das Aufnahmegerät vergessen hatte; ich mußte ja für Kiel mitschneiden und muß heute noch, bzw. bis morgen mittag, einen Elegienpart zurechtgeschnitten und umformatiert sowie ihn nach Kiel gesendet haben. Wozu mir die Dropbox dienen wird, wieder einmal.
Nunmehr die Lesung. Es ist die bislang schönste aus den Elegien gewesen, auch dies und hier mit Recht, da die Villa Concordia ihr Geburtshaus ist: ohne sie würde es sie heute nicht geben. Enorme Konzentration, während ich vortrug, zweidreimal gab es eine Rückkopplung der Mikrofone, dreiviermal verlas ich mich, ärgerlich, das werd ich aus der Aufnahme wohl auch nicht löschen können. Zudem nahm das hiesige Studentenradio auf; ich unterschrieb zuvor eine Einverständniserklärung… Urheberrechtsgründe usw.; mit einer der beiden Studentinnen sprach ich dann noch. Ob ich vielleicht erlaubte, daß auch über die Studentenradiosendung hinaus… – „aber ja”, sagte ich, „solange die Aufnahme nicht kommerziell verwendet wird, dürfen Sie sie nutzen.”
Das Bamberger Studentenradio wird übers Internet aus‚gestrahlt’; sowie ich den Link haben werde, gebe ich ihn Ihnen bekannt. Außerdem würde Gomringer gern im Haus eine CD mit den Elegien produzieren, mit einem ihr partnerschaftlich verbundenen Label, dessen Betreiber aber, natürlich, erst gefragt werden müssen; logisch; aber das wäre, finde ich, grandios, nähme das Haus das Bleibende Thier derart an die (sehr lange) Leine und bände sie so bleibend an das Haus zurück.
Es tut manchmal gut, solch einen Applaus zu bekommen; nicht einmal so sehr wegen der Eitelkeit, mit der ich bekanntlich nicht knausern muß, sondern wegen der Ruhe, die man so für die eigene Arbeit bekommt, eine Art Grundsicherheit wie Menschen sie haben, deren Kindheit nie bedroht war. Stell ich mir vor. Fünfzig oder sechzig Leute waren da, etwa um den Dreh: zum Zählen warn’s mir zu viele. Drei Elegien las ich, No 1, No 6 und No 9, sowie drei Gedichte aus >>>> Der Engel Ordnungen. Anders als in Oldenburg stellte ich die kurzen Einzelgedichte aber nicht je zwischen die Elegien, sondern hing sie hintan. Zwar lockert das andere Rezitations-Verfahren den Vortrag auf, aber für die Konzentration ist es besser, wie ich’s gestern abend tat, und so will ich’s nunmehr beibehalten.
Den >>>> Gogolin-Text habe ich gestern nicht mehr geschafft, übrigens. Eigentlich hatte ich das vorhergesehen. Mal schaun, wie’s heute wird. In einer Stunde holt mich ein junger Wissenschaftler ab, der u.a. über Borges’ Einfluß auf meine Erzählungen arbeitet, bzw. arbeiten will und sich dafür auf ein Gespräch mit mir trifft. Wir werden zur Concordia hinunterflanieren (na ja, „flanieren”: ich hab meinen Rucksack zu schleppen) und dort auf der Terrasse frühstücken; so war mein Wunsch. Gomringer werde dafür, sagte sie mir gestern, ein Tablett mit Kaffee in den Salon stellen lassen, die Brötchen bringt der junge Mann mit. – Danach auf ein Gespräch mit Wolfgang Schlüter, wiederum danach noch einmal Christìn, deren eine Frage – vor fünf Jahren in einer SMS gestellt – zum Anlaß der vierten Elegie wurde. Und irgendwann am frühen Nachmittag geht es nach Ingolstadt zum PEN Kongreß weiter. In diesem Rahmen morgen abend dann >>>> MEERE. Das annonciere ich gleich noch.
Guten Morgen, Leserin & Leser.
Ah ja!: Als ich gestern nacht ins Hotelzimmer kam, fand ich >>>> Bernd Leukerts Besprechung der Pizzetti-Oper nach Eliot eingestellt. Ich möchte hier auf sie hinweisen, sonst rutscht sie ungelesen den Zeitstrahl des Weblogs hinab. Wozu mir gerade einfällt, daß – weiteres Segment der Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens – der Zeitstrahl des Weblogs nicht horizontal läuft. Aber das ist etwas für eine eigene Meditation: Vertikalität. Wir können die Zeit hinabstürzen hier. Vielleicht finde ich vor Satzlegung meines Buches bei >>>> etk-Books noch Zeit für sie.
11.57 Uhr:
[Villa Concordia, Kiesterrasse.]Ruhiger, sehr ruhiger Plaudermorgen. Jürgen Gräßer kam hinzu, dann Wolfgang Schlüter; beide sind nun fort, indes ich auf Christìn warte, um noch zwei weitere Stunden zu verplaudern. Die Sonne. Die Wolken. Kies. Meine Regnitz. Noch steht der Kaffee in der Kanne, in die zum zweiten Mal nachgebrüht wurde. Ich schätze mal, daß ich gegen 15 Uhr zum Bahnhof aufbrechen werde. Im Zug werde ich ein paar Bilder einstellen zur Lesung von gestern. Ich werde dann direkt drauf verlinken.
14.08 Uhr:
[ICE Bamberg-Nürnberg.]
So. Wieder im Zug. Was >>>> Henze anbelangt, mußte ich doch schallend auflachen: bei gleich zwei Eigentoren. (In Nürnberg umsteigen und nach Ingolstadt weiter zum PEN-Kongreß).
Ich werde die Fahrt dafür nutzen, die Bilder von gestern einzustellen und die Tondatei für Kiel herzustellen.
14.58 Uhr:
[Nürnberg Hauptbahnhof, DB Lounge.]
Jetzt sind >>>> die Fotografien eingestellt. In zwanzig Minuten wird mich der nächste ICE für Ingolstadt empfangen.
16.37 Uhr:
[Ingolstadt, Altstadthotel.]
Was einen so empfängt, wenn man ein neues Zimmer bezieht:(Ich muß jetzt erst mal duschen. Danach geht’s ab zum Stadtempfang im Alten Rathaus.)
22.32 Uhr:
…>>>> „ohne zu knistern” – – –
Vom heutigen PEN erzähle ich morgen früh. Bin zu berückt von der iranischen Widerstands-Feministin >>>> Mansoureh Shojaee und ihrem Vortrag und öffne jetzt erst einmal die vielen hier für mich angekommenen Bücherpäckchen. Von vor meinem Zimmer, dem Hof, dringt gebrochenes Deutsch von zwangsemigrierten Dichtern ebenso freundlich wie insistierend herauf und zu mir durchs weite offene Fenster herein.
Vierte Elegie “wiederum danach noch einmal Christìn, deren eine Frage – vor fünf Jahren in einer SMS gestellt – zum Anlaß der vierten Elegie wurde”.
Jene Frage in der SMS von Christin, die Anlaß zur vierten Elegie war, würde mich – falls sie nicht zu privat ist- interessieren. Diese Elegie beeindruckt mich sehr, ich lese sie wieder und wieder.
@Cellofreund. Ich habe mich vertan heute morgen. Es ist nicht die vierte, sondern die sechste Elegie. In deren erster Zeile ist die Frage genannt.
Slam Wohl die unüberlesbare Leidenschaft der grimmepreisgekrönten Leiterin des Hauses. Aber deshalb den Gast – auch wenn er schon etwas älter ist – im “Altenblick” unterzubringen, seine Elegien – auch wenn sie nicht so lockerleicht daherkommen wie Poetry Slam – als “Das Blei” anzukündigen und das “Thier” als der Regnitz entstiegene Wasserratte zu visualieren?
@Henzes Leseschwäche. Die amüsierte mich eben doch sehr. Zumal Frau Gomringer nicht den Grimme-, der ein ganz anderer einer eben ganz anderen Sparte ist, sondern den Jacob-Grimm-Preis erhalten hat.
P.S.: Ich liebe Ratten!
Nicht doch! Ich hoffe doch Rättinnen.
Gogolin-Text War das vorherzusehen?
Immerhin ist fast ein halbes Jahr ins Land gegangen.
Und?