Als ich sehr jung war, gab es von Villeroy Boch eine Zeitschriftenanzeige, worauf ein silberstrahlend erigierter Wasserhahn vor dem sternendurchpunkteten Kosmos zu sehen war. Darunter stand in fettweißer Schrift: MEISTERWERK DER DICHTKUNST. Die Anzeige bediente sich, hochwirksam einpräglich, der Ästhetik Leni Riefenstahls, die oft auch Herbert von Karajans Schallplattenhüllen bestimmt hat: Kreation eines Menschen als ein sich selbst verklärendes Markenprodukt. Dahinter stand bei Karajan nicht etwa die Strategie einer PR-Firma, die bei Goebbels in die Ideenschule gegangen ist, sondern er selbst hat die Inszenierung seines öffentlichen Erscheinungsbildes besorgt und strengstens observiert. Seine Fernsehinszenierungen der Siebziger Jahre sind absolute Selbst-Inszenierungen von beeindruckend narzisstischer Geltungswut. Wer Beethoven hört, hört Karajan: Punkt. Was bei Chiquita schiefging („Vergessen Sie den Namen Banane und sagen Sie Chiquita“), Karajan gelang es. Fiel der Begriff Dirigent, stand einem sofort dieser vor Augen.
this is the karajan (doors) karajan habe ich kürzlich wieder gesehen. im langen sonntagabendfernsehen der ard, wo mitternächtlich kulturzeitvoll geendet wird in der rtl-ähnlichen exklusiven semiprivatheit eines autoritären selbstdarstellers. der als genie mit geschlossenen augen sein orchester nie ansah (und es deshalb nie dirigieren konnte), der von seinen kindern hätte sagen können, daß sie nie wußten, was sie mit ihm je gespielt haben, der so heiß war, daß er warm begraben wurde. – karajan ist ein fehl der bürgerlichen unwelt. jede archivierung scherzt mit dem wort datenverlust. – und selbst, wer seine kritik schreibt, wie ich hier, steht – vor dieser dummen tatsache.