Zufälligkeiten. Auch gestern abend. Zufällig war ich mit meinem Text fertig. Es blieb Zeit, zum nahen Palazzo Petrignani hinüberzugehen. Aus Rom war ein Pianist gekommen, der etwas zu den Vorsokratikern komponiert hatte. Dazu ein Text, der zwar gut vorgetragen wurde, aber in der für das gesprochene Wort schlechten Akustik unterging. Zufällig dann doch noch mit einem Resthäuflein zu Valda. Weißbier, Panna cotta. Der neulich schon erwähnte über 70jährige aus dem Filmgeschäft, der Faßbinder noch kennengelernt hatte, sei mit einer Engländerin verheiratet, die Jüdin ist, Tochter eines 1956 aus Ungarn geflohenen Juden. Man habe dort in der Familie Jiddish gesprochen. Merkwürdig: ihm war nicht bekannt, daß es mit dem Deutschen verwandt ist. Fast so, wie neulich die Frage: Aber der Elsaß, was es hat es damit auf sich habe (im Zusammenhang mit einer frz. Stummfilmschauspielerin, die sowohl frz. als dt. sprach (natürlich nicht in den Stummfilmen…))? Ich empfahl ihm die Lektüre der “Wörter” von Sartre. Ein zufälliges (?) Küßchen von Valda an der Kasse. Zurück durch die finstere Hauptgasse, denn sämtliche Laternen waren ausgefallen. Kam dem Sternenhimmel zugute. Aber kalt und windig. Spät dann noch am Text von gestern 2-3 Sätzchen umformuliert (was also zu berücksichtigen ist: daß ich nach dem Einstellen durchaus noch etwas ändere, “ohne Vorankündigung”, wie die Klausel so heißt). Am Morgen dann zufällig eine SMS von Tullia: es kämen morgen zu ihrer Feier mehr Leute als erwartet, ob ich nicht etwas beisteuern könne. Futtermäßig. So daß der Nachmittag nebenbei noch Schnippeleien für einen hoffentlich passablen Heringssalat mit sich brachte (die Idee des Exotischen (jedenfalls die beiden vorigen Male nicht auf Ablehnung gestoßen)). Davor eine Fahrt zum Supermarkt für die Zutaten. Peinlich war, daß sowohl der Nigerianer (oder aus einem sonstigen anglophonen Land in Afrika), dem ich gelegentlich einen Euro zustecke, als auch der Holzkünstler Ibrahim sich davor aufgebaut hatten. So standen sie beide beim Herauskommen an der Tür, einer neben dem anderen. Also sagte ich bloß “bonne dimanche!” (weil I. aus dem Senegal). Im Auto einmal tief durchatmen. Im rechten Bücherstapel (drei Bücher, davon zwei aleatorisch) befindet sich nun Stendhal “Diario” (also Tagebuch). Lustig der 18jährige, der sich mit den französischen Truppen in der Lombardei aufhält: um in eine Frau hineinzukommen, nehme man nach gewissen Vorarbeiten (etwa: linker Arm gegen den Hals unterm Kinn) den Schwanz zwischen Zeigefinger und Daumen. Dann gehe alles wie von selbst. Wobei jetzt eine spitze Bemerkung nachklingt (“Speak Memory” – Nabokov): Im letzten Jahr tauchte die Ex-Frau meines Vermieters auf (Typus: halbverfreaktes Überbleibsel einer karriereabgewandten Zeit mit einem gewissen Hang zum New Age mittlerweile, wie ich ihn schon von Anfang an – mutatis mutandis – in Rom kennenlernte: Dein Sternbild?), wollte ein paar Möbel abholen, die sich im unvermieteten Teil der Wohnung befinden. Da sie wußte, daß ich allein lebe, hinterließ sie mir beim Abgehen mit ihrem ‘Neuen’ die Bemerkung: man könne ja auch mit Büchern leben.