[Arbeitswohnung, 8,09 Uhr]
Damals entstand in mir die Vorstellung mindestens zweier paralleler Welten, und zwar als eine durchweg konkrete, mich ganz persönlich betreffende Erfahrung.
Diese Flucht in den Schlaf nun, oder dieser Erholung im Schlaf, hat sich >>>> seit Neapel reaktiviert. Wenn ich mich nachts hinlege nun, schon kurz davor, durchbebt mich Freude.
Mit Amélie bis gegen 23 Uhr beisammengesessen, gesprochen; schließlich spielte ich ihr die beiden fertigen, von den >>>> für den WDR insgesamt fünf zu fertigenden Lesungstakes vor, die ich vorsichtig mit OTönen unterlege. Ich mochte eine Meinung hören: ob meine Montagen funktionieren.
„Das ist Musik“, sagte sie. „Es ist wunderschön. Das Sprechen vielleicht etwas zu schnell, andererseits würde es langsamer vielleicht zu getragen. Aber es ist nicht modern.“
„Zu altertümelnd?“
„Nein, zu komplex. Man muß genau zuhören. Das ist nicht mehr en vogue. Vor allem ist es nicht profan, aber das Profane ist derzeit gewollt. Insofern wiederum sind diese Aufnahmen d o c h modern, sogar sehr, aber auf eine andere Weise, als vorausgesetzt wird. Ihre Modi, mit Sprache umzugehen, sind nicht erwünscht.“
Auf eine nicht unperverse Weise gab mir diese Aussage Sicherheit: in meiner Ästhetik zuhause zu sein.
Anlaß war, daß wir auch über Schweiger sprachen; Amélie hatte >>>> meinen Text von gestern noch nicht gesehen, ich laß ihn ihr vor. „Schweiger zeigt Gefühle“, sagte sie, „das gilt für uncool.“ Sie habe sich in letzter Zeit viel auf Jungenforen, bzw. Foren für junge Männer herumgetrieben, da könne man das deutlich lesen.
Es scheint, als würde der gegenwärtige politische „Rollback“, eine moderne Form der >>>> réaction, auch das überkommende Männerbild restituieren, wobei, wie ich schon gestern schrieb, das Schweiger-Bashing >>>> vor allem unter Intellektuellen „in“ ist; im „Volk“, so zeigen‘s die Einspielergebnisse seiner Filme, findet er seine Anerkennung durchaus – und hat damit eine wichtige politische Rolle, gerade, was seine Haltung http://albannikolaiherbst.twoday.net/stories/den-fliehenden-dodicesima-ameriana-venerd-28-agosto-2015“ target=>>>> zu den zu uns Geflohenen und Weiterfliehenden angeht.
Es gehört zur reaktionären Konstitution des Bashings, so etwas nicht zu sehen oder herunterzuspielen oder zum charakterlichen Nachteil des Gemobbten auszulegen („die blanke Selbstinszenierung“). Das „Problem“ scheint bei Schweiger eben darin zu bestehen, daß er einerseits eine Art erotischen Machismo pflegt, ihn aber andererseits mit Weichheit, Güte und eben gezeigtem Gefühl verbindet; er s y n t h e t i s i e r t die Männerbilder, weicht damit für sicher gehaltene Rollenbilder auf, bzw. unterläuft sie und unterläuft aber zugleich ihr Unterlaufen: wie der „gute“ Mann zu sein habe (nämlich ein, hätte man vor zehnzwanzig Jahren gesagt) Softie. Nichts ist Schweiger weniger, in seinen Filmpartien jedenfalls, eben trotz seines Pathos und seiner Mitleidsfähigkeit: Hier steckt der Stachel im Fleisch der Basher.
Übrigens bedeutet „Bashing“ die öffentliche Beschimpfung- Zu einer ihrer Strategien gehört auch >>>> das da. Ich formulierte den Paralipomenon bereits gestern nacht. (Daß ich, geliebte Leserin, auch pro domo argumentiere, ist selbstverständlich und mein Recht. Eigene Erfahrung macht sensibel.)
Ich: „Ja. Aber er hat auch einen exemplarisch schönen.“
Sie: (genervtes Augenverdrehen)
Weiter mit den Tondateien.
ANH