[Arbeitswohnung, 10.45 Uhr]
Til Schweigers >>>> Schutzengel gesehen. Nun kann ich das Schweiger-Bashing überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Klar, der Film ist voller Geballer, ein Actionstreifen halt, kann aber eben locker mit US-amerikanischen Produktionen mithalten. Mich berührte anderes, etwa und gerade, was man Schweiger so oft abspricht, nämlich sein virtuoses Charakterspiel von Härte, Machismo und Schwäche und Liebe; auch daß unter anderem Ciane ihm, Schweiger, vorwarf, er könne nicht sprechen, finde ich hier unangemessen. Im Gegenteil. Es ist seltsam modisch, Schweiger nicht zu mögen; dabei kenne ich derzeit keinen anderen Schauspieler, der derart intensiv im Umgang mit Kindern und Jugendlichen ist. Erst recht der Vorwurf der >>>> Prisma, er habe von >>>> Bessons Leon abgekupfert, ist schon deshalb hanebüchen, weil Schweiger auch darstellerisch einen völlig anderen Männertyp repräsentiert als Reno: Wo dieser bei einem Abschied von einem Kampfgefährten, den jemand wie Leon aber eben gar nicht hat, den Schmerz in sich hineinnehmen und eben nicht äußern würde, z e i g t ihn Schweiger und bedient eben n i c h t das standardisierte Männerbild. Wie statt dessen Schweigers Vaterschaft wirkt! (Die Mädchen- bzw. jungeFrauenRolle spielt seine Tochter.)
Nimmt man ihm d a s übel? Oder ist es einfach nur der Markterfolg, der den Leuten aufstößt?
Interessant finde ich vor allem die Ambivalenz. Bei der Danksagung zum Schluß – für die seinerzeit in Afghanistan stationierten deutschen Soldaten – zuckte selbstverständlich auch ich, empfand sie – aus meiner politischen Position – als inkorrekt, jedenfalls nicht als „links“. Sie stieß mir auf, ich spürte Abwehr. Doch konzentriert man sich auf die Menschlichkeit von Schicksalen-an-sich, bekommt diese Danksagung eine ganz andere Bedeutung, egal, ob die Bundeswehr gejubelt hat oder nicht.
Solche Zusammenhänge und Seitenwege muß man ertragen können und also zulassen; tragische Geschehen lassen sich auch, so habe ich‘s in einem der Aufsätze >>>> dort formuliert, in den Geschichten der Gegner erzählen, und sie werden dort erzählt. Um berechtigte Aussagen über die Wahrhaftigkeit einer Ästhetik treffen, muß ich von meiner eigenen politischen Überzeugung Abstand nehmen können.
Ziemlich berührt haben mich auch – abgesehen davon, daß diese Frau von beklemmend schöner Filigranität ist – >>>> Karoline Schuhs Mienenspiel und besonders ihr etwas versetztes Lächeln: Auch hier diese extrem hohe Intensität einer Charakterzeichnung alleine durchs Gesicht:
Kann es sein, daß in Deutschland ein Mann künstlerisch abgelehnt wird, allein weil er gut aussieht? Das würde passen. O Deutschland, unselige Nation!
Was den Film übrigens außerdem auszeichnet, ist sein Selbstbewußtsein, eines nämlich, das sich öffentlich z e i g t. Auch das können hierzulande wahrscheinlich wenige ertragen, die etwas zu sagen haben oder meinen, es zu haben, seien es Kritiker, seien es Kollegen.
Wurscht, weg mit dem Zeug!
Und weiter mit den WDR-Aufnahmen, ein paar O-Ton-Versuche….
Dann zurück zu den Gedichten.
Außerdem kriege ich trotzige Lust, einen neuen Roman anzufangen. Denn als ich die Traumschiff-Aufnahmen einsprach, ja noch, als ich sie mehrmals abhörte, schoß immer wieder Glück in mir auf. Das habe ich lange nicht mehr gehabt. Eine solche Gewißheit.
ANH
(Eines noch: Wie Schweiger vorgeworfen wird, er spiele immer nur „sich selbst“, ist dieser Vorwurf auf Mimen wie Reno, um von Hopkins zu schweigen, mindestens ebenso anwendbar, auf den späten Ganz desgleichen, auf Ford usw usf. All deren Erfolg beruht ja gerade darauf.)
((Und: Die Ablehnung Schweigers kommt mir vor wie ein Intellektuellenproblem. Bei denen tanzen, sang einst Sulke, die Forellen im hausgemachten Apfelmus.))
du recht musst haben.
nie ward.
schön.
ich kann allle erdenklichen formen von peanuts in und auswedig
es ging um qualität nicht um können