DTs. (12. Januar 2005).

4.45 Uhr:
[Hannover.]

Etwas müde, aber pünktlich auf, wieder ist die Kleine zu uns gekommen, zweimal sogar. Das erste Mal war es nah an der Urszene; beide haben wir das Mädchen schnell aufgefangen, gleich mit ins Bett genommen und geredet gescherzt, dann die Mama die Kleine in ihr eigenes Bettchen zurückgebracht. Schöne, seltsame Szene: Ich geh derweil in die Küche, rauche dort und lese Mickey Mouse. Da ist es ungefähr 23.30 Uhr. (Nachher im Zug weiter ausführen; erst mal an ARGO.)

8.31 Uhr:
[ICE Hannover-Berlin]
(ff. von 4.45 Uhr:)

Dann, nachts um zwei, kommt die Kleine abermals, schmiegt sich an die Mama, schläft sofort bei uns ein.

Vorher ein langes, dichtes Gespräch mit I.: was uns treibt, ihr Devotes, mein Dominantes. Was bedeuten diese erotischen Spiele, die bisweilen weit über die Grenzen treten? Was tragen wir an- und miteinander aus? Fragen der Verantwortlichkeit, der Vereinbarkeit von Selbstbildern als Eltern und erotisch getriebene Wesen, die in den Rausch tauchen wollen. Mir und für mich selbst ist das deutlich: verschobenes Muttertrauma, Ausgeliefertsein als Kind und Ausgeliefertsein nun abermals und seit Jahren dem Literaturbetrieb als ungeliebtes Kind, das man gerne weghaben möchte: Was die Kindheitsgeschichte symbolisch wiederholt und sich schon deshalb nicht verarbeiten, zugleich aber auch nicht ertragen läßt, wird erotisch uminterpretiert; ganz im Sinn dessen, was ich draußen auf der Hauptseite für ARGO 97 notiert hab. Ein Dominanter, der mit submissiven Frauen ‚spielt’, muß so etwas von sich wissen, damit er ihnen gegenüber kein Unrecht begeht; Fahrlässigkeit ist hier absolut nicht erlaubt, da er, der Dominante, ‚natur’gemäß das geringere Risiko trägt. Denn er leitet, sie läßt sich führen. Da muß er wissen, wo der Pfad durch den Sumpf geht.

Und wiederum: Frauenemanzipation. Bedeutet, eine devote Lust auszuleben, einen Abstrich an gesellschaftspolischer Autonomie? Oder aus der Männerperspektive: Ist ein dominanter Mann, der sich erotisch ‚bedienen’. läßt, deshalb per se frauenfeindlich? Ich habe mir einen solchen Vorwurf nun bereits einige Male, auch öffentlich, anhören müssen. Aus ganz demselben Grund wurde „Die Liebe in den Zeiten des Internets” derart massiv abgelehnt (Türenschlagen bei Random House usw.). Daß hier ein mindestens ebenso massiver Irrtum vorliegt, darüber sprachen wir auch, I. und ich… doch nicht nur dies: Vielmehr liegt eine ganz absichtsvolle Verleugnung vor, ein „Was nicht sein darf, h a t nicht zu sein – und schon gar nicht, wenn es i s t.” Es herrscht eine bodenlose Heuchelei – oder (u n d/oder) Feigheit, weil die Leute sich ihre erotischen Fantasien nicht umzusetzen, ja nicht einmal auszusprechen trauen und ihnen jeder, d e r das tut, zum Feind wird; ‚Feind’. als psychische Innenrepräsentanz verstanden, die eine Instanz ist wie das Gewissen und möglicherweise wechselwirkend mit ihm. (Auch dies, übrigens, einer der Günde für die feuilletonistische Begrüßung des mich betroffenen Buchverbots). Dabei, und das ist überaus wichtig, sind die meisten devoten Frauen, mit denen ich mich verwühl(t)e, von ausgesprochenem Selbstbewußtsein und gerade im Berufsleben höchst präsent. Präsenter wahrscheinlich als jene, die meine Dominanz strafend sanktionieren wollen. Es handelt sich eben n i c h t um ‚Weibchen‘.

Und nach dem Gespräch der gestern schon avisierte V O R H A N G.






Tagesplanung.

5 Uhr:

ARGO (R1 ff).

6.30 Uhr:

I. wecken, Frühstück.

8.31 Uhr:
(ICE nach Berlin)

ARGO (R1 ff).
DTs von eben komplettieren.

10 Uhr:

Newsletter der Fiktionäre rausschicken.
ARGO (R1 ff).
DIE DSCHUNGEL.

13.40 Uhr:

Mittagsschlaf.

15 Uhr:

ARGO (R1 ff).

18 Uhr:

Deutsche Oper, Strauss-Festtage: Der Rosenkavalier.
Anwaltsfreund, dort. Die Finanz- und Mahnsachen durchsprechen, evtl. handeln. Ungeöffnete Post mitnehmen und sie unter, sozusagen, Wachschutz öffnen..







9.50 Uhr:
[noch im ICE]

Kann mir einer erklären, weshalb die Leute (Geschäftsmann, graumeliert, schlank und gepflegt, ungefähr 60) nicht den Anstand haben, nach einer ‚Sitzung’. mal mit einem Papierhandtuch reinigend durch die Kloschüssel zu wischen? Ist ihr Selbstekel so groß?

10.48 Uhr:
[Arbeitswohnung.]

Nachhause kommen mit der Angst vor dem, was man im Briefkasten findet. Es ist aber still darin. Dafür von der Hausverwaltung auf dem AB die Nachricht, es sei die Miete nicht abgebucht worden. Es wäre einmal wieder ein Jahr ganz ohne Nöte schön. Ich habe einen nicht nur für die Seele teuren Beruf.

“Die Niedertracht der Musik” scheint angekommen zu sein; werde gleich zur Post radeln, um die Sendung abzuholen.

13.37 Uhr:

Rosenkavalier gestrichen, da das Gespäch mit dem Anwaltsfreund erst abends stattfinden kann. Und das ist schreiend dringend.

Dann noch so eine dieser liebenswerten Frustrationen: Die Deutsche Post AG hat die Büchersendung mit der “Niedertracht der Musik” verschlampt. Dabei ist es so einfach: Vorn im Haus nimmt das Geschäfts-Büro eines Feuerlösch-Services meine Sendungen immer gerne entgegen, wenn ich abwesend bin. Also völlig unverständlich, dieser Vorfall.

Ich muß jetzt eine Stunde schlafen. Dringend.

14.27 Uhr:

Kaum schlaf ich ein, wecken mich zwei Telefonate. Eines davon: “Sie sind in die engere Auswahl eines Gewinnspiels um einen Mercedes Nochwas oder den Gegenwert von 400.000 EUR gekommen; wir brauchen bitte noch Ihr Geburtsdatum.” Seitdem jagt die Finanzkatastrophe in meinem Kopf herum, an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Also auf und an ARGO; das lenkt zumindest ab. Ich muß mit der R1 bis Freitag sowieso ferig werden. – Die PAVONI zischt.

1.42 Uhr:

Langes tiefes Gespräch mit dem Freund. Muß denken. Bevor ich formuliere.

Arbeitsfortschritt:
ARGO (R1 ff), bis TS 140.