Leere Mitte: Lilith. Generalprobe und Uraufführung. Stuttgart. (29.1.2005).

I
Bei der Generalprobe ist das Zuspielband viel zu leise, außerdem geht der Counter nicht. Isherwood hat einen Textüberhang nach hinten; darüber hinaus fällt der Vorhang zu früh.

II
Und auch die Uraufführung geht daneben, was sehr bitter ist. “Wenn alles geklappt hat und musikalisch umgesetzt wurde, wie ich es gewollt habe”, sagt RHPP, “und wenn es dann trotzdem beim Publikum durchfällt, dann steh ich g e r n e da und halte den Kopf hin. Wenn aber aus technischen und sonstigen Gründen, die ich nicht zu verantworten habe, die Aufführung kaputtgeht, dann habe ich ein Problem.” Tatsächlich ist das Zuspielband im Zuschauerraum kaum zu hören; vor allem aber fallen bei den Musikern die Monitore aus, so daß sie vom Zuspielband überhaupt nichts hören. Die Aufführung gerät deshalb gehastet, ist kaum getaktet, und das Publikum, das von den anderen Stücken auf Oberfläche und vor allem Tonalität eingestellt ist, kommt mit der Musik absolut nicht klar. Für ein Festival neuer Musik, vor allem neuen Musiktheaters mag das verwunderlich sein, richtet aber dennoch die Rezeptionshaltung aus. Zu allem Ärger ist, anders als zugesagt, das Libretto fürs Publikum nicht zugänglich; keiner weiß, worum es in dem kleinen Stück eigentlich geht. Es steht wie ein Fremdkörper im Raum, der jederman im schwelgenden “Kunst”genuß stört.
Brrnd Leukert ist aus Frankfurtmain gekommen und ebenfalls höchst skeptisch. “Sieh dir die Partitur an”, sage ich, und wir machen aus, daß ich sie ihm schicke. Ein mit RHPP befreundeter Musikredakteur meidet uns nachher; überhaupt werden wir eher geschnitten. Ich, der ich ohnedies auf Widerstand gepolt bin, komm ganz gut damit klar; RHPP leidet sichtlich. Schließlich springt auch noch der Schlagzeuger ab. Als RHPP ihn bittet, die Bühnenpistole mit nach Köln zu nehmen und zu einer nächsten Vorstellung mitzubringen, sagt er: “Das Stück ist nichts für mich. Ich will es nicht mehr spielen.” Für RHPP geht damit nicht nur ein Musiker, sondern auch ein Freund verloren. Letztlich bekommt e r ab, daß i c h solch ein Sujet gewählt habe; er selber hätte es ja gerne umgangen und wäre im, sagen wir, politisch unanfechtbaren Raum geblieben. Jetzt freilich s t e h t er zu dem Stück, aber muß dafür zahlen. Das ist sehr bitter. Immerhin scheint sein Ricordi-Verleger, der kam und auch gleich Verträge mitbrachte, ausgesprochen beeindruckt zu sein. So halten wir uns abends aneinander fest.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .