Der Flick-Komplex. Sehr schlüssig ist d i e s e Feststellung.

Aber sie hilft über das Problem einer tragischen Faktizität nicht hinweg; wir Enkel s i n d keine Täter, kaum waren das die Kinder:

Während die meisten Täter des Holocausts gestorben sind, leben die Opfer zum Teil noch. Diese Verschiebung ist einfach zu erklären: Ein heute 68jähriger Deutscher konnte 1944 kein Täter sein, ein 69jähriger Jude sehr wohl ein Opfer.

Richard Chaim Schneider im Tagesspiegel vom 29. Mai 2004





Wobei zusätzlich festgestellt und darauf beharrt werden muß, daß Deutscher und Jude zu sein nicht notwendigerweise ein Widerspruch ist.

[Es muß nur am Rande vermerkt werden, daß der von Den Dschungeln nunmehr so genannte Flick-Komplex für mich eher ein Ribbentrop-Komplex ist, für den, anders als bei jenem, nichts als ein N a m e Anlaß gibt.]

7 thoughts on “Der Flick-Komplex. Sehr schlüssig ist d i e s e Feststellung.

  1. Friedrich Christian Flick, der Enkel, ist sicher kein Täter in dem Sinne wie es sein Großvater gewesen ist, aber einer i n s o f e r n – als er nachweisbar von den Taten seines Großvateres profitierte und, für den Rest seines Lebens, profitieren wird.
    Den Unterschied zu Ihnen verdeutlichten Sie ja. ( Nichts als der Name. )
    Dennoch sollten Sie sich, Ihren „Komplex“, nicht in (doch) zu große Nähe zu dem des Flick bringen.
    Ist völlig unnötig, zumal als S c h r i f t s t e l l e r.
    Im Unterschied zum Bildenden Künstler etwa.
    ( Sehe ich mal ab von den (auffallend vielen) Ärzten, den Rechtsanwälten, anderen Einzelnen meist akademischer Berufsgruppen, gut, auch Künstlern…, sind es „Unternehmer“/Industrielle, die umfassender Arbeiten von(z.B.) mir erworben haben. Personen also, die wenigstens i c h , ob sie nun den Nachnamen „Flick“ tragen, oder nicht, als Verbrecher betrachte.Einer dieser, wie er mir mal beiläufig mitteilte, „kannte“ einen Siemens-Manager, der von der RAF erschossen wurde, wohl „näher“. Mit ein Grund, den Kontakt zu ihm abzubrechen./ In einigen Jahren werde ich wohl 3 Violinen, beispielsweise, erben, Amadi, Klotz, Stainer, die meine Großmutter erworben hatte – mit Mitteln meines Großvaters. Mein Großvater, ein, ich sag‘ mal, gehobener Maurer, verdiente „nicht schlecht“ , wie mir zugetragen wurde, als sog. Bauunternehmer u.a. durch seine Beteiligung am Bau des Westwalls. Vermutlich werde ich dieses Erbe nicht annehmen können. Geradezu unversehens hat man Blut oder Durchfall, so oder so, durch Verkauf, durch Erbe, an der Pfote.)
    Ich hätte Schriftsteller werden sollen. Ich beglückwünsche Sie, Herr Herbst.(Ich lächele jetzt, etwas.)

    1. So einfach ist es nicht mit den hinterbliebenen Dingen. Wird man den Violinen gerecht, wenn man sie „entsorgt“ – oder andere darauf spielen läßt?

      Wir erben ja immer. Wie viele Hunderttausende haben von ihren Müller-Großeltern etwas vererbt bekommen, an dem ebenfalls Blut klebt? Nur weiß das niemand, weil es Müllers nach Scheffeln gibt; da macht man sich gar nicht erst die Mühe nachzufragen. Das vergißt sich. Was ist mit den Kindern, die in solchen Häusern, enteigneten meinethalben, aufwuchsen und deren Erinnerung und späteres Wesen aus der gutgläubigen Liebe zu solcher Umgebung entstand (ein Problem, daß man heute in Israel hat)? Und was ist mit dem Helden unserer Kindheit, Wernher von Braun, an dem die todeswunden Zwangsarbeiter vorbeidefilierten, was mit den Erzeugnissen also einer Raumfahrt, die, auf Menschenunrecht basierend, heute unsere Küchen füllt? Ich will von militärischer Forschung gar nicht erst sprechen und daß sich namentlich die USA die Ergebnisse der widerlichen Kältetests sehr wohl zu eigen und zu Technik nahmen.

      Wo fangen wir an? Wo hören wir auf? (Ich darf das schreiben, vielleicht, da ich nichts, aber auch gar nichts erbte, nicht von den Großeltern, nicht von den Eltern. Nur meinen Namen. Dieses Buß-Symbol. Das einmal, ohne die Buße, für einen g r ö ß e r e n Namen als Flicks stand, für einen älteren zumal – v o r diesem Ribbentrop, der zu allem auch noch adoptierter, also Kauf-Adel war.)

    2. „Gehobener Maurer“.

      Beziehen Sie sich dabei auf das Bauwesen an sich? Die FM landete, vor allen Anderen, samt der politischen Opposition, zuallererst in den Lagern.
      Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Stammbaum hat nicht uneitles dahingehend, dass man an sich vielleicht den Widerstand vollzieht, der damals ausblieb. Allein: Die Qualität ist eine andere.
      Und der Geige gerecht zu werden schließt nicht einmal eine Ablehnung aus.

    3. Kurz dazu. Zu komplex , ein Dschungel…
      Daher simpel :
      Ich verachte Sklaven , die Sklaven bleiben wollen.
      Ich verachte Herren , die Sklaven brauchen.
      Ich verachte Sklaven , die Herren wurden.
      Ich verachte Sklaven, die Herren wurden, und Sklaven
      blieben , insofern sie Sklaven brauchen.
      Ich schätze Herren ohne Sklaven.

      Nichts gegen das Bauwesen an sich.
      Hat auch nichts mit den Freimaurern zu tun,
      dachte an meinen Großvater.
      Ich vollziehe auch keinen Widerstand , den , der
      damals ausblieb.
      Erbe ich die Violinen , nehme sie an , gebe ich sie weiter ( Fonds) ,
      da ich nachwuchslos sterbe , und das eigene mediokere Musizieren
      verachtete auf diesen herausragenden Instrumenten.
      (Mehr nicht.)

  2. Inwieweit persönliches den Blick verstellt oder öffnet, und Schuld sollte als moralisches Wort unter die Haut gehen, im besten Fall unter die eigene, läßt sich wohl auch nur persönlich feststellen. Doch das ein Mäzen sich ins öffentliche Gespräch bringt, anders als die stillen Tätererben, und damit seine bürgerliche Reputation auf den Prüfstand stellt, kann nicht verwundern sondern nur dankbar angenommen werden. Dazu gehören dann auch Fragen, wie sich der Mäzen selber um eine aktive Aufklärung der nutznießenden Verquickung des ererbten Unternehmens in der NS-Zeit kümmert und etwaige Entschädigungsansprüche behandelt. Solange Ansprüche an das Gemeinwesen Deutschland gestellt werden, die in irgend einer Form historisch begründet sind – alte Abkommen, kulturelle oder wissenschaftliche Leistungen, solange steht Deutschland auch in der Verantwortung seiner Verbrechen. Sollte Ihnen die Auseinandersetzung aus persönlichen Gründen zu nah gehen, betrachten Sie es doch als Gewinn. Ihr moralischer Muskel wäre intakt.

    p.s. Meine Anmeldung hat länger gedauert als Ihre Erwiderung, so dass vermutlich einiges längst ausgesprochen ist. Nur noch kurz bemerkt, Familienglück auf enteigentem Boden kennt man in Deutschland auch und nicht nur unter dem Stichwort Arisierung.

    1. Der moralische Muskel. Kennt, das werden Sie wissen, auch den Kater, der ihn schließlich kräftigt. Um ein Bild aus dem Leistungssport zu nehmen. Ja, dieses Familienglück ist weit verbreitet; nicht nur in Deutschland freilich. Und selbstverständlich haben Sie recht: Das Staatswesen steht tatsächlich in der Verantwortung. Die leitet sich allein schon aus der Vorstellung von Verträgen ab. An die haben sich dann die Erben auch zu halten… ganz so, wie sie auch ein Dach reparieren müssen, das ganz ohne ihr Verschulden durchlässig geworden und als durchlässig möglicherweise bereits übernommen worden ist.
      Allerdings ist der Vergleich mit der Erbschaft nur begrenzt nützlich, da man historische Erbschaften nicht ausschlagen kann; wiederum gibt es Erbschaften derart massiv belastender Art, daß zerstört wird, wer sie nimmt. In diesem Widerspruch leben nicht wenige Deutsche. (Es hat mich immer ein wenig gewundert, daß sich Österreich so frei davon gibt.) Nur – und das ist gerade bei einem zur Selbstheorisierund neigenden Volk wichtig: Auch andere Gesellschaften haben ein solches Problem. „Wir“ sind auch darin nicht einzig.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .