Literaturforum im Mousonturm. Nach dem gestrigen Vorabend heute der erste Seminartag. Sehr intensives, auch freies Arbeiten zu fünft. Gespräche über den symbolischen Raum. Wie bewirke ich Gefühl darin? Wie läßt es sich eben n i c h t orten, sondern erleben… also: Wie stelle ich das Erlebnis im Leser her? Sofern er sich eingelassen hat. Momentan (16.33 Uhr) sitzen die Autoren jeder für sich eine halbe Stunde über dem Strukturplan ihrer eigenen, zuvor vor allen vorgelesenen Erzählung. Ich nutze die Zeit, um den Eintrag zu formulieren und einzustellen. Eine schöne dichte Stille, in der die Gedanken flirren.
Wir werden bis 18.30 Uhr arbeiten. Danach werde ich in die Oper ziehen, zusammen mit Ricarda Junge und Daniel Böhmer: The Turn of the Screw, Britten. Und hinterher gibt es sicherlich ein gemeinsames Essen. Ich bin überaus konzentriert und weiß jetzt sehr genau, w i e ich lehre. Das ist angenehm,voller Zuversicht. Zu der nicht wenig „meine“ Inder beigetragen haben, die mir sogar für den verlorenen Smaragden aus meinem Ring einen anderen besorgten und innerhalb kürzester Zeit diesen Ring wieder komplettierten. Zu einem Preis, den ich nur freundschaftlich nennen kann. Es war, als ich gestern nachmittag den Laden der indischen Community hier in Frankfurtmain Ecke Münchener Straße betrat, als wäre ich heimgekommen. Ich erzählte von Bombay, wo der verlorene Smaragd in den Ring kam. Und schon lächelte der Sikh. „Das ist kein Problem“, sagte er. „Geben Sie mir eine halbe Stunde.“ Namesté sagte ich, als ich ging.
Nachtrag:
Wieder zu rauchen begonnen. Es ist ein ständiger Kampf offenbar zwischen dem Abscheu vor dem eigenen Stinken, der Husterei undsofort mit der Sucht einer Gewöhnung, die an Produktivität eine bis in mein 14. Lebensjahr zurückreichende, zumal familiär determinierte stimulierende Fehlleistung bindet. Es ist allein meine Bewegungslust – der Kraftsport, das Laufen -, was den tiefen Zugriff auf mein erlerntes (und, seh ich mein Werk, durchaus nicht erfolgloses) Verhalten zu anders zu richten (mit anderen Mechanismen der Inspiration zu verknüpfen) vermag. Laufe ich, aus welchen Gründen auch immer, n i c h t, kommen unproduktive Phasen hinzu wie derzeit diese dämliche Schreibblockade, dann liegt das Ausweichen in den Tabakkonsum ganz erschreckend nah. Ich komme dann nur verhaltenstherapeutisch wieder hinaus: Indem ich wieder obsessiv Sport zu treiben beginne und/oder indem mir der Tabakgenuß die Schreibblockade wieder aufhebt; was bereits einige Male geschah. Nur hält letztres das Hamsterlaufrad in Drehung, weil die Erfahrung bei einer nächsten Blockade sofort wieder auf den Tabak als Ausweg verweist.
Nichtsdestotrotz werd ich bis Donnerstag so oder so aufhören müssen, wenn mein Junge wieder zu mir kommt. Dem mag ich diese Schäche seines Vaters nicht antun.
Abends die Oper. The Turn of The Screw. Wundervolles Musizieren, elend-glatte Inzenierung. Noch in der Nacht die Kritik geschrieben.