Argo. Anderswelt. (131).

Der schwere Mann wankte ins Zimmer zurück. Es gab keine weitere Weinflasche mehr, so blieb nur das Bett, eine Art Couch mit glattem Bezug aus dunkelblauem Skai; die Lehnen waren Holzgitter, deren Seitenteile sich herunterklappen ließen. Also war es die seinerzeit von meinem Vormieter ausgelöste Couch in meinem Arbeitszimmer, auf die er sich wuchtete: – er sackte geradezu, hatte nicht einmal ein Laken über die kühle, poliert wirkende Glätte gezogen. Sowieso gab es nur eine Veloursdecke und als Kissen ein paar zusammengeknäulte Klamotten. Er zog sich auch nicht aus, legte sich hin, wie er grad war. So schlief er oft, schlief immer gleich ein, der Kleine weckte mich. Ich war noch so im Traum, daß ich nicht einmal wußte, in welcher Wohnung ich denn nun lag, ob in der Duncker, ob in der Schönhauser Allee. Derart schlimm war Kignčrs’ Albdruck gewesen, so voller Krieg. Brems halbes Gesicht von Blut verschmiert, er wischte sich, um sehen zu können, mit dem Ärmel des Armes ab, dessen Hand ohne nachzulassen das Messer umschloß. Am widerlichsten war, wie dieser Mann roch: daß er nach einem Parfum roch und überhaupt nicht, wie ich selbst, nach Schweiß oder dem Dreck, durch den wir uns fast anderthalb Stunden lang bis zu dieser Position duchgerobbt hatten. Wir waren zu dritt, das wußte ich noch, aber bekam den anderen schon im Moment des Aufwachens nicht mehr zusammen. Dann ging bis auf dieses Bild, das sich das Blut von den Augen schmierte, und bis auf den ungeheuerlichen Duft alles andre verloren.
„Papa, wann gibt es Frühstück?“
Schönhauser also, nicht etwa Duncker.
„Papa, aufwachen!“
Der nackte schmale Leib des kleinen Jungen hockte neben mir auf dem Hochbett, beleuchtet von Tag.
„Fünf Minuten noch bitte. Ich möchte noch etwas liegen.“
„Ich hab aber Hunger. Darf ich den kleinen Vampir hören?“
Von Vampiren hatte ich jetzt eigentlich genug.
„Guck doch mal, ob Jascha schon wach ist.“
„Aber ich möchte ein Müsli.“ Er fing an mich zu rütteln. „Bitte, Papa.“
„Quälgeist.“ Ich lachte, und der Blick auf die Uhr machte mich wirklich munter. „Ach du Scheiße!“
Süß ermahnend: „Pàpa…“
„Tschuldigung. Ich wollt doch längst am Laptop sitzen.“
Er hopste auf mich drauf, wir balgten, „okay, okay, ich komm ja schon.“ Jedenfalls war mir eines klar: Ich mußte Kignčrs mit Kumani zusammenbringen und außerdem den mit Willis. Aber das konnte Jason tun, der derzeit immer noch in seiner Bunkerruine im Gras lag und zum Himmel schauend an die kleine Ungefugger dachte.
„Runtertragen, Paps.“

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