Treue.

Sie:
ich verbinde mit einem seitensprung, sofern er hierüber gesucht wird, eine nicht mehr stimmige beziehung. denn ist diese stimmig, auch physisch, muß sich der partner befriedigung nicht hierüber holen. insofern sehe ich es als betrug an der partnerin. (…) was sie „natürliche anlagen“ nennen, die triebhaftigkeit, unterscheidet uns via emotionen von den primaten, welche in ihrer horde auch wechselnd kopulierten.

Er:
Ich fürchte, Sie sehen uns weiter von Instinkten entfernt, als es tatsächlich der Fall ist.
Aber es kommt noch etwas anderes hinzu: Man weiß (leider), daß die heftige gegenseitige Erregbarkeit nach zwei bis vier Jahren einzuschlafen beginnt – von gelegentlichen Neu-Ausbrüchen abgesehen, die aber durchaus nicht simultan ins Leben und in die Lust finden. Die Ehe war in ihrem Ursprung und noch weit bis ins späte 18. Jahrhundet hinein als reine Versorgungsgemeinschaft definiert und als solche sehr sinnvoll. Als aber die Romantik (und wirkend in ihr vor allem das Patriarchat) begann, an die Partnerschaft Liebe zu binden und m i t dieser Bindung auch die Erotik, verfielen beide der aufkommenden Warengesellschaft: sie wurden selber – wie der Partner – zu einem Ding, für das man Eigentumsrechte geltend macht. Zuvor wurden solche Rechte – das hat jetzt einen monotheistisch-ideologischen Ursprung – nur einseitig ausgeübt, nämlich vom Mann gegenüber der Frau. Soweit zur Geneologie.
Das klingt hier sehr nüchtern, was ich schreibe, ja fast pragmatisch: aber glauben Sie mir, ich habe unter diesen Dynamiken gelitten und darüber die Frau verloren, die ich nach wie vor liebe. Dennoch, wäre ich erotisch treu gewesen, wäre das wiederum ein Verrat an mir selbst und meinem Körper gewesen. Übrigens auch an meinem Geist, der um die Sachverhalte sehr genau Bescheid weiß und mich hat einiges über sie publizieren lassen. Das Dumme ist, daß es sich in dieser Welt nicht ohne Ambivalenz leben läßt. Das gilt vor allem für die Liebe und die Partnerschaft und die Erotik, die in den seltensten Fällen gleichzeitig sind und es bleiben.

[Aus einem Mailwechsel bei http://finya.de.]

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