Bamberger Elegien (38). Neunte Elegie (3). Aus dem Entwurf einer weiteren Fortsetzung.

Wie auch in uns, uns Heutigen, immer wieder Vergangnes
aufsteigt, das wir in Gesängen bebildern; mit einem Mal dann
kehrt sich der Blick um und geht nicht hinaus, sondern inwärts;
lang wird er dann, zum Tunnel wird die Pupille, die eigne,
und sie blickt in sich selber hinein, blickt in die Tiefe
bis unters Herz sich, unters Geschlecht und faltet sie außen
seitwärts je, die Labien der Lider; das senkrechte Lächeln
aller Frauen nehmen sie zurück an den Mund, nun symbolisch,
Sprache, gebärend, und öffnen bewimpert darüber die Augen,
in die wir selber hineinsehn, und können’s nicht fassen. Und fallen.
Plötzlich ist ein Geruch da, ein Treppenhaus ahnt sich, ein Waldstück,
oder in einem Landstrich, den wir erstmals bereisen,
fühlt sich Heimat hindurch. Das kann doch nicht sein! Doch ist es.
Denn du bist hier schon einmal gewesen. In dir etwas,
keiner kann’s nennen, regt sich durch dich, und du bist’s nicht, sondern
Fremdes ist’s, und doch bist du’s. Und du riechst Tannen, Erde
riechst du, dir wie eine Höhle vertraut und vor lauter Früher
warm, doch dunkel bis zur Blindheit – jener guten,
da du entstandest, da du dich bildetest, formtest aus der
Blastozyte, lange noch die Lider geschlossen, noch gab es
keine, nicht sie, nicht ein Herz, umflossenes du aber s c h o n, das
regte sich. Und das Neuralrohr schloß sich erstmals zur Seele.
Nicht, daß ein Gott allmächtig sie einhaucht, ist das Wunder,
sondern daß sie, ganz wie der Geist, aus Körper gemacht ist,
chemisch vollkommen und spürt sich und w e i ß sich; eines Gottes
Absicht ist müßig dagegen, öde profan und verständlich.
Nicht aber d i e s e Art Schöpfung. (Fließe, Regnitz, fließe!)

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