B.L.’s 9.12. – Noia

17.56
Es will kein Ton mich tragen. Alle Töne, die ich höre, lassen mich gleich wieder fallen oder reißen mich aus der Umlaufbahn. Also eine Frage der Anziehungskraft. Des Ausgleichs zwischen einem Hin und einem Weg (mit kurzem „e“: also Fort). All das kann nur bedeuten, daß ich nicht ausgeglichen bin. Apfel oder Luftballon, das ist hier die Frage. Obwohl die Kurve des Tages keine endogenen Ausrutscher hatte. Draußen war’s lediglich ein Kontrast zwischen dem regnerischen und stürmischen Vormittag und dem sonnigen Nachmittag. Nein, Kontraste hat’s nicht gegeben. Nicht bei mir drinnen. Eher schon mit dem Hund, der in der Küche herumtappte (damit er Gesellschaft habe – zumindest für ein Weilchen -, ließ ich bei meinen Küchenverrichtungen die Tür offen (er hält sich sonst immer draußen auf)) und die Schnauze nach allem Eßbaren schnüffelnd hob. Also rief ich laut seinen Namen. Drohte mit dem Finger. – Lächerliche Gesten für mein Empfinden. Wär’s nur nach mir gegangen, dann hätte ich keinen Hund. Aber er mag mich halt. Wir umarmen uns. Sein Hundeblick tut ein Übriges. Dennoch, man wird zum Herrn des Hundes, weil DER es so braucht. Würde er nur weniger bellen! Mein Trommelfell! Sobald er merkt, daß ich mir Schuhe anziehe.
Unwichtige Sorgen! Die Welt bewegt sich nicht. (Kein Widerspruch zu Galileo.) Ist das die Langeweile? La noia? Obwohl ich doch gearbeitet, gelesen, recherchiert habe. Oder liegt’s einfach nur am Umstand, daß es jetzt draußen schon stockfinster ist. Hier fahren keine Straßenbahnen, die Autos auf der fernen Landstraße sehe ich von hier aus nicht, von beleuchteten Geschäften ganz zu schweigen. Das einzige, was ich mir jetzt als Plan auszudenken vermag: in einer Stunde gehe ich runter, setze die Kartoffeln auf und dünste den Fisch, den ich mir gekauft habe. Und dann? Die Fensterläden muß ich noch schließen. Die Heizung anschalten.

All das würde mich meinem Psychologen zufolge als Neurotiker kennzeichnen, während der Depressive morgens lustlos beginne, um dann später doch noch etwas zu finden, was ihn aufpäppele. Beim Neurotiker sei es umgekehrt.
Und ich will allein leben?

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