B.L.’s 12.3./13.3. – Versehentlich

Gestern habe ich den ganzen Tag gearbeitet. Heute morgen bin ich um vier Uhr früh aufgestanden. Weil ich noch weitere Abgabetermine hatte, und weil ich nach Rom und davor den Neffen zur Schule bringen mußte. Heute morgen war es kühl, gegen Mittag in der Stadt zu warm. Den ganzen Winter schon trage ich immer dieselben Klamotten. Heute morgen endlich bügelte ich mir eine andere Hose, mußte ihr aber auch noch einen Hosenknopf annähen. Nun gut, den Mantel kann ich sowieso vorerst vergessen. Aber für oben herum habe ich keine Alternativen. Ich müßte mir was kaufen. Im Schrank liegen nur noch Sachen, die uralt sind, und die ich nicht mehr anziehen mag. Mein weißer Bart macht mich alt, je länger er wird. Ich werde ihn nach meinem hoffentlich baldigen Umzug tatsächlich vertilgen müssen. Das war schon immer mein Problem: Nichts Vernünftiges zum Anziehen zu haben, und dann Kompromisse mit dem zu schließen, mit dem mein Körper vertraut ist, d.h. mit den Sachen, in denen ich mich am wohlsten fühle. Alt oder nicht alt, das spielt dabei keine Rolle. Und wenn ich sie einen ganzen Winter lang trage. Kleidung als Sicherheit. Als Versteck für den Körper. (Lustig ist es um diese Jahreszeit allzumal in Rom: Die Touristen zum Teil schon im T-Shirt, die Italiener immer noch vermummt.) Also in meinem Fall eine Bekleidung, die abschirmen, aber nicht kommunizieren will. (Wie ja beispielsweise auch eine Bekleidung nicht kommunizieren will, die mit knallroten Strümpfen und einer Sonnenbrille mit dickem weißem Rand und rotgefärbten Haaren daherkommt : sie ging unheimlich schnell, aber ich bewunderte sie! Ich hätte ihr nachgehen sollen, denke ich grade. Wohin? Wohin?). Oder kann? Selbst bei der Verabredung mit Pina, eine meiner Auftraggeberinnen in Sachen Schwarzarbeit, zur Übergabe eines Briefumschlags mit Bargeld, kam ich mir zerstreut vor. Ein bißchen Konversation, ein Aperitif an der Bar, aber alles so, als ginge es mich nichts an. Bis sie mich erlöste mit einem „Ich muß jetzt.“ und dem konventionellen Wange-Mund-Mund-Wange, bei dem es eventuell mal schmatzt, aber dennoch nur aus Versehen.

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