Diese verklemmten Frauen! Ina Hartwig in der Frankfurter Rundschau. MEERE.

Dümmer k a n n man MEERE nicht nacherzählen:

>>>>Nun, vier Jahre später, druckt die Wiener Literaturzeitschrift Volltext den überarbeiteten Roman zur Gänze ab. Das als solches ist ein Ereignis. Ob es literarisch erhebend ist, bleibe dahin gestellt. Da die Fahnen der verbotenen Erstfassung längst im Altpapier landeten, ist ein Vergleich mit der Neufassung im Detail leider ausgeschlossen. Auf den ersten Blick jedoch sind alle memorierten Motive zuverlässig wiederzuerkennen: Ein impulsiver Künstler namens Fichte verfällt einer bildschönen Halbperserin namens Irene, macht sie sexuell abhängig – was weidlich ausgekostet wird -, schwängert sie und verliert sie schließlich.
Die Geschichte, die im Rausch beginnt, endet böse. Das ist nur das psychische Korsett, und es ist dem von Billers Esra doch ziemlich ähnlich.<<<<

…“was weidlich ausgekostet wird“ – was Frau Hartwig (die auf einer Leipziger Literaturkonferenz mit dem USA-Wimpel am Kragen(sic!)spiegel auftrat – imgrunde genug, um zu wissen, mit wem man‘s zu tun hat… aber da Die Dschungel fair sind, vermelden sie >>>> auch Gutes)…also was sie dabei völlig unterschlägt, ist, daß umgekehrt auch Fichte abhängig ist von Irene – er sogar ganz besonders. Dazu gesellt sich Frau Hartwigs fehlerhafte Recherche, aber auch das ist man leider von Literaturjournalisten gewöhnt: „jener der Großneffe von Hitlers Außenminister von Ribbentrop“ – das stimmt genau so wenig (schon, weil Joachim von Ribbentrop in eine zumal ganz andere Familienlinie hineina d o p t i e r t worden ist) wie daß das Buch bereits “vor Erscheinen gestoppt” worden sei; das stimmt einfach nicht; es wurden vor dem Verbot nicht wenige Bücher verkauft. Das Verbot kam erst ungefähr drei Wochen nach Auslieferung. Aber das interessiert Frau Hartwig so wenig, wie sie Rücksicht darauf nimmt, daß die nunmehr Letzte Fassung des Romans ganz bewußt und f o r c i e r t ein als verletzt empfundenes Persönlichkeitsrecht achten will… daß nun also ausgerechnet eine Frau dem ehemaligen Kläger durch einen Hinweis auf seine Identität in den Rücken fällt, läßt Die Dschungel sich vor Verachtung nur noch ekeln. Zur Verklemmung reicht das Wörtchen von der „aufgedonnerten Gier“. Niemals besessen gewesen, gell? Immer fein abgesichert durchs Leben. Ach!

(Über die F o r m dieses Buches, über leitmotivische Verschränkungen, die Einarbeitung von Kipling-Motiven, Rhythmisierungen und überhaupt die Sprache, um von schicksalhafter Verfallenheit ganz zu schweigen – davon alles kein Wort. Sondern: “…dem von Billers Esra doch ziemlich ähnlich.” Zeugung mit Delphinen, Verschmelzungen – körperliche – mit einem Kunstwerk – nö, davon nix. Alles Realismus, sowieso, ex und hopp. Was nicht sein s o l l, das i s t dann auch nicht. – Ach Mädchen!)

10 thoughts on “Diese verklemmten Frauen! Ina Hartwig in der Frankfurter Rundschau. MEERE.

  1. Gemessen an dem, was ich von Literatur- und sonstiger Kritik in der Tagespresse zu erwarten gewohnt bin… … finde ich (zumindest als Nichtbetroffener) die Rezension sogar noch beinahe erträglich. Immerhin gesteht sie Ihnen im letzten Satz sogar noch eine gewissen Authentizität der Obsession zu… Das ist doch schonmal etwas. ;-> Und alles weitere lässt sich auf Basis der angedeuteten Erwartungshaltung aus diesem und vergleichbaren Artikeln eh extrapolieren… zu blossen Informationszwecken reichte mir das schon fast (wenngleich auch weniger zur Erzeugung von Freude beim Lesen).

  2. Was Sie monieren … … sind doch Kinkerlitzchen.

    Glauben Sie, ein Feuilletonist
    würde Sie irgendwann noch
    mal positiv besprechen, wenn Sie
    ständig & stantepede Ihre
    Jornalistenkollegen (Jawohl, ein
    Opernkritiker ist auch ein
    Journalist!) nach Erscheinen eines
    Artikels öffentlich verbal geißeln?

  3. Klappen Auf Rezensionen der eigenen Werke kann ich dem Autor nur empfehlen: Klappe halten unter allen Umständen! Heimlich gefreut, heimlich geweint, heimlich geärgert. Alles andere macht nur Kummer, Häme oder Frust oder alles zusammen.

    1. @turmsegler und rostschleifer. Genau das ist das ungeschriebene Gesetz. Gegen das es anzutreten gilt. Der Dichter habe zu schweigen, und risikolos darf der Kritiker auch böswillig schwätzen. Was die Drohung anbelangt, niemand werde mehr, äußert der Dichter sich dennoch, ihn noch besprechen, so ist ja genau d a s die Dynamik: Haltet Euch ruhig, sonst strafen wir Euch. Wer immer meint, H a l t u n g zu haben, läßt sich davon gewiß nicht korrumpieren. Umgekehrt: Sollte sich jemand dann für den Müll, den er verzapfte, entschuldigen, wär ich der allerletzte, ihn ihm noch nachzutragen. Bitte vergessen Sie insgesamt nicht, daß es hier um Macht geht.
      Und weshalb, Rostschleifer, sollten gegensätzliche Einschätzungen etwa von Inszenierungen n i c h t streitbar unter Kritikern ausgetragen werden? Weil eine Krähe der anderen nicht… undsoweiter? Was wär das für eine Knickerkultur! Es g e h t darum zu streiten, wo ein Dispens ist – und nicht darum, den Dispens untern Tisch zu kehren. Ich meinerseits stehe für jede auch öffentliche Diskussion meiner Positionen zur Verfügung. Aber sicher, das ist unbequem…

      Abgesehen von alledem habe ich über Jahrzehnte erlebt, wie hinter vorgehaltener Hand gehämt wird – und das Gehämte wurde dann auch immer wieder in Artikeln süffisant verbreitet. Es ist ein Irrtum anzunehmen, so etwas höre schon auf, wenn man schweigt. Es wird – schlimmer.

    2. Sie werden aber der Meinung nicht Herr. DAS ist nur eine Meinung aus dem Feuilleton, irgendeine. Sie trägt Facetten zahlreicher unbekannter Lesermeinungen, die in Ihren Augen vielleicht sogar insgesamt als “wohlwollend” aufgefasst würden, wären sie ausformuliert, in sich und in der Masse, meinetwegen als Gesprächsinterview. Menschen lesen und bilden sich eine Meinung. Auch über IHRE Texte. Auch nicht immer zu 150 Prozent positiv. Mal auch nur zu 70 Prozent.
      Sie werden dem nicht Herr, es sei denn, Sie hörten auf zu publizieren.
      Was Sie aufgeilt an der jeweiligen einen Kritikermeinung, die für Dritte nichtmal so schwerwiegend wirkt, wie Sie sie persönlich empfinden (ist ja nicht die erste Kritik, die Sie hier im Blog konterkarieren – die Sie verstört und für Dritte nicht relevant erscheint), ist nur ein Eisberg.
      Sagen Sie also, sagen wir mal, 20, 30, oder gar 50 Prozent Ihrer Leser (die Ihre Prosa literarisch sagenhaft, aber den reinen, beschriebenen Inhalt doch irgendwie befremdend finden und eigentlich abwertend beurteilen, oh! nicht voll und ganz, aber in ihren Teilen halt- die anderen sind ja auch Bourgeoise, wie die Claqueure hier auch vermuten lassen ) oder sogar mehr, den Kampf an? Wollen Sie immer nur sich missverstanden fühlen? Dagegen dreschen? Jedesmal wo Sie ein Statement gemacht hatten in Form von hoffentlich Literatur?
      Das ist Ihre Obsession?
      Und das Wüten ist für Sie gut, als wären Sie ein Leserbriefschreiber? Na schön.
      Wären Sie 15 oder 25 Jahre alt, würde ich Ihnen das hoch anrechnen.

    3. @ElsaLaska. “Wären Sie fünfzehn.” Sehen Sie, das sind so Aussagen von sich für sehr erwachsen haltenden Menschen gegenüber Kindern – letztlich ist’s ein Verrat an dem, was Kinder noch haben: Uneigentlichkeit, klaren Willen, Hoffnung. Wovor, ElsaLaska, haben Sie Angst? Vor Energieverlust? Je nun, wenn man zu wenig davon hat, also von Energie.
      Ich habe eben >>>> im Arbeitsjournal noch einmal klargestellt, worum es hier a u c h geht: um Verteilung ökonomischer Mittel. Um letztlich gewaltsame Unterdrückung von etwas, das einem nicht recht ist. Nichts dagegen, Leben i s t Kampf, und ich liebe Leben, also auch den Kampf – nur: dann muß man auch selber schlagen und sich nicht nur schlagen lassen. Nichts ist widerlicher als eine Form von Abklärung, die sich letztlich auf Duckmäuserum herunterrechnen läßt. Daß ich hierbei so empfindlich reagiere, mag zwar mit der belasteten Geschichte meiner Familie zu tun haben (moralischer Schluß aus ihr: niemals irgendwo mitlaufen und sich niemals irgendwie anpassen, auch >>>> im Kleinsten nicht – und schon gar nicht, weil man sich Vorteile davon verspricht), aber eben nicht n u r: Es walten objektive Machtverhältnisse, und es kann wirklich nicht schaden, sie wie auch immer kohlhaas’sch klarzustellen. Ich selber, als Autor, bin der permanenten Wägung ausgesetzt, also setze ich die Wäger der permanenten Wägung aus. Das ist nichts als ein Ausgleich. Den wagen nur diejenigen nicht, die davon ausgehen, man könne umsonst Energie aufwenden – siehe oben: als hätte man einen begrenzten Vorrat davon und müßte sparen. Energie geht aber nicht verloren; die Kraft, die ich unter anderem hier für die Streitigkeiten aufwende, schafft immer n e u e Kraft, so, wie sich Ruheenergie in Bewegungsenergie umwandelt und umgekehrt – und sie fließt i m m e r als Kraft ins Werk.
      Daß dies ein kämpferischer Standpunkt ist, vielleicht sogar einer des Krieges, will ich nicht bestreiten. Tatsächlich reagiere ich auf schlechte Kritiken d a n n mit einem sofortigen Gegenangriff, wenn sie nicht argumentieren, sondern hämisch und manipulativ sind. Ich hatte auch andere schlechte Kritiken – ich vergesse nie die erste r i c h t i g schlechte (von Armin Ayren, 1983; ich hab den Wortlaut noch im Kopf)… sie monierte meine falschen Konjunktive. Das hat mich so sehr, daß sie r e c h t hatte, gewurmt, daß ich heute den Konjunktiv in einer Weise beherrsche wie 7/8 aller derzeitigen Lektoren nicht mehr. S o l c h eine Kritik und s o l c h e s selber-Unrecht-gehabt-haben gebe ich stets unumwunden zu. Ich verlange aber Sachlichkeit, zumindest eine Argumentation, die auf ihre Grundparadigmen verweist und sie nennt – also in den Bereichen, in denen es um Geschmack geht. Und das grundiert ja nicht die wenigsten Kritiken, denen d a s n i c h t übelzunehmen ist; nur sollen sie es klarstellen und nicht als Katechismen daherkommen. Punkt.

  4. Was auch immer man jedoch von der aufgedonnerten Gier hält: Bei Herbst wirkt sie weniger kalkuliert.
    Also doch kalkuliert, die aufgedonnerte Gier? Jove tonans? Nur eben weniger in der Kalkulation veranschlagt. Autoren schreiben tatsächlich auf der numerischen Tastatur eines Taschenrechners. Scheint’s.

  5. Macht oder Desinteresse Um Macht soll es gehen? Ich bezweifle das stark. Es ist wahrscheinlicher, dass wir es mit Desinteresse zu tun haben. Im Arbeitsleben, auch eines Journalisten, kommt das sehr häufig vor, denn Arbeiten macht müde. Deshalb die Devise des Klappehaltens. Denn – wenn es sich nicht gerade in einem Bereich bewegt, dass Sie Ihren Anwalt einschalten müssten – ist es bei Literatur eigentlich egal, was wer über Sie schreibt, solange nur überhaupt über Sie geschrieben wird. Ich meine das keinesfalls hämisch. Ihr Buch kann dadurch nicht beschädigt werden, Sie als Autor nicht. Jede Rezension, jeder Artikel stellt einen Wegweiser zu Ihnen in die Landschaft, wo sonst keiner wäre. Oh, Sie haben Unsinn über mich geschrieben? Oh, Sie haben mich verrissen? Herzlichen Dank, dass Sie nicht so desinteressiert waren, mich ganz zu übergehen. (Und weil einem dies nun doch nicht leicht von den Lippen kommt…)

    1. @turmsegler: “…solange nur überhaupt über Sie geschrieben wird.” Das ist exakt die zynische Haltung, gegen die jede Zeile meiner Arbeit antritt. Ich teile auch nicht die Meinung, daß zu arbeiten müde mache. Im Gegenteil: eine Arbeit, die man w i l l, macht sowohl erotisch lüstern (= sie will s c h a f f e n, z e u g e n) wie munter. Einfacher gesagt: wer gerne viel arbeitet, steht – und w i l l stehen – permanent unter Dampf. Und mir soll da keiner mit der Kerze kommen, die von beiden Seiten brennt. Verausgabung s c h a f f t Energie: Dies ist ein Privileg der nicht-entfremdeten Arbeit. Ich gebe Ihnen hingegen recht, wo es um entfremdete Arbeit geht. Aber jeder, der seinen Beruf als Berufung f ü h l t, will gar nicht aufhören. (Ich schrieb in anderem Zusammenhang schon einmal, daß unter dieser Arbeitsvoraussetzung die Rente ein Menschenrechtsverbrechen ist).

    2. @sturznest. “Wenn er das überhaupt kann.” Selbst, wenn er’s n i c h t kann. G e r a d e dann. Wäre er sicher, es zu können, wäre die Herausforderung viel zu müde, um sie anzunehmen. Ich schlag mich nicht mit Gegnern, die mir – wie auch immer – unterlegen sind. Interessant sind alleine die stärkeren Gegner. Cäsar wußte das; deshalb hat er im Gallischen Krieg von der große K r a f t der Barbaren geschrieben. Eine großartige Lektüre, übrigens.

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