Paul Reichenbachs Dienstag, der 19. Juni 2007. Minerva flieg, es ist dunkel.

WENN ich von der Zeit spreche, dann deshalb,
weil sie noch nicht ist.
Wenn ich von einem Ort spreche, dann deshalb
weil er verschwunden ist.
Wenn ich von einem Menschen spreche, dann deshalb,
weil er schon tot ist.
Wenn ich von einer Zeit spreche, dann deshalb,
weil sie schon nicht mehr ist.

Jean Baudrillard

PC – müde. Seit Tagen, oft durch Alltag und andere Verpflichtungen unterbrochen, nähere ich mich ANHs Stromboliversen. Versuche lautmalerisch ihren Klang zu erfassen. Schön. Dazwischen störende Gedanken. Der Theaterdonner um die Kölner Moschee, die Vorgänge in Palästina, das Prinzip divide et impera kommen mir in den Sinn. Ralph Giodarno liefert den Rechten die Munition. Seltsame Allianzen entstehen, die ich so nicht für möglich gehalten hätte. Ist denn in Europa vor lauter interessengeleiteter Furcht ganz vergessen worden, was es dem Islam zu verdanken hat ? An Ibn Sina (Avicenna) ist zu erinnern. Wäre der Islam nicht gewesen, dann hätten Aristoteles Plato u. A. keine Philosophiegeschichte in Europa mitschreiben können.
In den Schreibstuben des Kalifats wurde das philosophische Abendland wiederbegründet. Rom war in jener Zeit Wiese und Ruine. Der Westen sehnte die Apokalypse herbei. Die Hoffnung der christlichen Welt richtete sich auf ein imaginäres Jenseits, die alle Vernunft so großer Kaiser, wie Diokletian, ignorierte und vergessen machte. Der heutige islamische Fundamentalismus ist doch nur ein konservativ-reaktionärer Reflex auf einen Zustand der Welt, der selbstverschuldet Europa in neue Unmündigkeiten führt. Statt von Erdöl, Wasser, Bodenschätzen aller Art zu sprechen, redet Europa über den Islam, den Papst und Ajatollas. Was für eine Heuchelei. Da werden so lange tote Gespenster an die Wand gemalt bis sie tatsächlich zu leben beginnen. Der neue europäische Horror vacui, unsere leere Mitte, sollen diese Zombies mit ihren Schrecken überdecken. Der Westen versucht hegemonial zu sein und wird dabei digital, um sich per se in unübersichtliche Zeichenkolonnen von l und 0 aufzulösen.

Die Eule beginnt ihren Flug, wenn die Dämmerung hereinbricht (Hegel), hoffe ich noch.

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