Paul Reichenbachs Montag, der 16. Juli 2007. Schattenmüd.

Das ist der erste Sommer, der sich hin zu Letztem schreibt. Nichts Neues unter der Sonne. Eine große Müdigkeit hat sich seit gestern wieder einmal meiner bemächtigt. Schon im vorigen Juli überfielen mich Schlafanfälle mitten im Büro. Und dieses Jahr nun wieder. Ich kann mich ja nicht einfach hier im Büro hinlegen und ein Nickerchen machen. Die Arbeit geht nicht von der Hand. Und zu Haus ist die Lage nicht anders. Bücher, Romane und Gedichtbände, durchblättere ich Ihre Seiten, bleiben in unschuldiges, weißes Papier verbannt, schwarzverbleite, enigmatische Kryptogramme. Das Wochenende fraß mich ganz. Das kann ich nicht gewesen sein, dachte ich heute, der da am Sonntag im Biergarten saß, umgeben von lauter unbekannten, fröhlichen Leuten, die mich kennen mussten, denn sie sprachen meinen Namen. Der Schweiß rann mir den Nacken herab, es waren so an die 36 Celsius im Schatten, als ich mir meiner Lage bewusst ward. 12 Personen feierten, ich wusste wie jede einzelne hieß und kannte doch keine. Als dann zum Aufbruch geblasen und Hände geschüttelt wurden, Umarmungen gab es auch, die leichten Tabak und Bierfahnen schweben noch heute unangenehm in der Nase, wusste ich, dass man sich nicht von mir verabschiedete. Ich war gar nicht da. Mein Schatten war es, der stumme Verfolger, der schon lange Zerdehnte drückte Hände und liess sich umarmen. Gegen Abend war ich dann zu Haus. Ging sofort ins Bett, während der Schatten sich noch einmal, bevor er im Abendlicht verschwand, lässig mit der Linken grüßend, nach mir umsah.

Wir, die wir Schatten Wesen einst verliehen
Sehn Wesen jetzt als Schatten von uns ziehen.

(A. v. Chamisso)

3 thoughts on “Paul Reichenbachs Montag, der 16. Juli 2007. Schattenmüd.

  1. Physikalisch unmöglich… Der Schatten, den Ihr Text wirft, ist die Erhellung auf dem Objekt selbst,
    und zwar auf der Seite, die dem Licht zugewandt ist…

    (zum anlass die besten grüße)

    1. Danke für die Grüße. Ja – Physik, ganz besonders Optik und Mechanik habe ich in der Schule ignoriert. Lesend verpasst. Wir hatten im Physikraum noch die klassischen Schulbänke. Unter einer solchen Bank las ich, ich glaube es war in der 10. und 11.Klasse 20 Bände Thomas Mann. Da blieb folgerichtig nicht viel hängen, was die physikalischen Erklärungen von Licht und Schatten betrifft.

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