B.L.’s 17.6. – once again a once upon

22.31
Da Terpsichore morgen schon sehr früh zurückfliegt, hatte ich beschlossen, am Nachmittag noch kurz nach Rom zu fahren, und noch mal zwei Stündchen mit ihr zu plaudern. An der Piazza Repubblica mit dem Najadenbrunnen. So brauchten wir auch gar nicht weit laufen in der Hitze. Dieses nunmehrige „once upon“ war eine gute Zeit, die mir gut getan, und ich sagte ihr’s auch. Und weil’s dadurch spät geworden, und weil ich’s halb auch schon überlegt hatte, speise ich die Leser heute mit einem Zitat ab:

An dieser Stelle sollte der Leser daran erinnert werden, daß es das so viel gerühmte Doppelleben, ein beliebtes Thema für den Romanschreiber, in Wirklichkeit nicht gibt. Jeder einzelne, der Erfolgreiche wie der Zukurzkommende, der sich im Glück Spiegelnde wie der an seinen Hemmungen Verzweifelnde, lebt immer nur das gleiche eigene Leben, und dieses sein Erleben ordnet ihn ein – für die Gesellschaft, für seine nähere Umgebung und für sich selbst. Daran ist nichts zu ändern. Jeder einzelne, sofern es ihn dazu drängt, kann sich dieses Erlebnis erträglicher machen durch Exhibitionen, Konfessionen und durch Betonung der Beispielhaftigkeit der eigenen Bedeutung. Das hat nichts mit Anpassung, Erziehung und Disziplin, am wenigsten mit Moral zu tun. Wahrscheinlich hat jeder einzelne in der heutigen Gesellschaft die Chance, sich seinen Platz darin von Anfang an selbst zu bestimmen. Der eine nimmt die Gelegenheit wahr, der andere läßt sie verstreichen. Der setzt den Stoß falsch an, der andere schwimmt noch gerade so mit, in einer Strömung von Vorstellungen, wie Glauben und Überlieferung und der Notwendigkeit, sich selbst zu gefallen. Beide, der eine wie der andere, werden früher oder später von der gleichen inneren Panik erfaßt, die am Boden der menschlichen Existenz ruht, und für die es keine Lösung gibt. Es ist daher auch völlig gleichgültig, ob der einzelne in der Gesellschaft aufgenommen und betreut wird oder ausgestoßen, von Beginn an oder im Laufe der Lebensentwicklung. Die Intensität dieses Erlebens zählt, nicht die Haltung auf Vordermann.
Franz JUNG [LINK], Der Weg nach unten. Aufzeichnungen aus einer großen Zeit, in: Die Republik, Nr. 34-40.

Hat eigentlich der Torpedokäfer (der ja als Wort auf Franz Jung zurückgeht) eigentlich wieder aufgemacht? Frage ich mich und vor allem Alban?

2 thoughts on “B.L.’s 17.6. – once again a once upon

  1. @BL. Leider nein. An seine Stelle, in den leeren Raum also, ist ein neues Imbiß-Café eingerückt und wartet geduldig in Form hinausgestellter Tichchen und Stühlchen auf die Wenigkeit seiner Gäste, an der der Torpedokäfer schließlich, wie Jung an den zu wenigen Lesen, starb.

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