Verführerisch dieses „Mann, Mann, Mann …“, das ANH gestern in seinem Arbeitsjournal einfach so stundenlang stehen ließ. Was das alles evozierte bei mir, will ich gar nicht wiedergeben. Wenig Worte, große Wirkung. Mein Credo im Grunde. Aber wie vor genau zwei Wochen auf den Berliner Bürgersteigen zusammen mit Paul: Glatteis, dieses „wenig Worte, große Wirkung“. Glatteis, das sich in meinem Kopf bildet beim Gedanken an eine ehemalige Freundin, zu der ich zwei-drei Jahre lang in meiner Berliner Studienzeit jedes zweite Wochenende nach Braunschweig fuhr: DDR-Transit, ob per Anhalter am Kontrollpunkt Dreilinden stehend, ob per Bahn in irgendwelchen obskuren Zügen, die aus Warschau kamen und nach Paris weiterfuhren. Und die aufmerksamste Kontrolle im Zug immer durch den westdeutschen Zoll. Kurz, die einstige Freundin (die es ein wenig doch noch ist, da wir uns vielleicht immer noch einmal im Jahr oder so kontaktieren: gestern hatte sie Geburtstag (darum wohl auch der Gedanke an sie: ich schickte natürlich eine Mail) wie by the way Arno Schmidt (darum habe ich das Datum ja auch behalten)) ist dann in der Werbebranche gelandet als Star-Texterin. Darum (heute geht’s mit den Darums voran) mein kurzes Stutzen von wegen „kurz und knapp“. Aber da ist ja wohl ein grundlegender Unterschied: hinter „Mann, Mann, Mann …“ steht ja keine Ware. Und darum ist es eine Aussage, die für sich steht, und auch nichts behauptet. Schluß der kleinen Digression. – Erster vollständiger Mein-Tag. Der Körper hat noch Mühe, die Nächte in Berlin, den plötzlichen Übergang zur Arbeit zu verkraften. Etwas müde. Nicht allzulange Konzentrationszeiten. Ein Stündchen Schlaf am Nachmittag, nachdem überraschend die Neffen mit Mutter hier gebimmelt hatten. Zufällig waren sie durchs Dorf gekommen, und die Neffen waren eben doch neugierig, meine neue Wohnung endlich zu sehen. Also kurze Stippvisite. Morgen zum Mittagessen bei ihnen. Nach einem schönen langen Telefonat mit T. mochte ich nur noch die Kopfhörer aufsetzen: Colosseum live. Und höre ich immer noch. Und wundere mich, daß alles das möglich ist: „incerte / come il mondo / le amiche / ma le / riconosci subito / come il mondo“ (by H.S.), e non è soltanto una. (Und immer mehr ein Damals und ein Heute: dazwischen eine große Parenthese mit vielen Hintertüren).
„wenig worte…“ – ich stimme ihnen da ganz zu. jedes gedicht fordert doch in besonderem maße kritisches, sprachbewusstes, hochsensibles lesen, es fordert dazu auf und bildet in diesem sinn das bewusstsein. – man kann also ohne falsche bescheidenheit behaupten, jedes gedicht sei eine kritische tat – auch und gerade gegen werbetexte.
und treibt es auf die spitze im besten falle, an der man sich sogar verletzen kann. (ich traue mich nicht zu sagen: „soll“ – und tue es doch – als bewegung hat dieses „soll“ seine berechtigung (was sonst wäre eine „tat“ ohne „soll“)).