die ersten schon wärmenden sonnenstrahlen auf der nase. diese wärme und das licht tun so gut. gestern mittag setzte ich mich erstmals wieder auf die alte holzbank hinten an der scheune. eine dunkle holzwand, die die wärme speichert, ein windgeschützter winkel… eine decke, ein buch, einen milchkaffee, die katze war auch schon da. nach dieser so schön das innen wärmenden stunde mochte ich mich nicht mehr zur dringend notwendigen räumerei aufrufen, tat’s dann aber doch. die garage blitzt und blinkt, leergeräumt… und fast alles ist in müllsäcke gewandert. ich will keinen balast mitnehmen, es ist ein aus:räumen von ecken, schränken, regalen, körben… gedanken?. alles, was ich ein jahr nicht in der hand hatte, fliegt gnadenlos raus, bis auf die hardware (möbel), die bücher (sowieso nicht), die bilder und cd’s. dinge des täglichen gebrauchs wandern nach einem jahr des nicht gebrauchtwerdens in den müll. textilien, die ich ein jahr nicht trug, gebe ich zur kleiderstation für obdachlose… die kleinen größen der frauen sind dort – besonders in den letzten zwei jahren – sehr gefragt.

die angesagt nächste besichtigung der wohnung fiel buchstäblich ins ungemach. die dame trug sehr spitze schuhe mit pfennigabsätzen die eisenbeschlagen waren, wogegen grundsätzlich ja nichts einzuwenden ist. sie machte aber nun keine anstalten, diese schuhe vor betreten des parkettfußbodens (stäbchen, sequero, 14 mm stark) auszuziehen. „junge frau, gerade eben hat sich geklärt, dass wir beide nicht zusammenkommen.“… ja, da ist er konsequent, mein vermieter.

sehnsüchtig blickend steht er des öfteren die letzte zeit in meiner wohnung. „hach… frau xxxxx, am liebsten würde ich ja selbst einziehen, ich liebe diese wohnung.“ „warum tun sie’s nicht?.“ „na sie wissen doch, ich bin da unten so gebunden, die ganzen möbel, der haushalt, der hof… und meine mir fast angetraute.“ ja, ich weiß, dass du da unten angebunden bist. dein schicksal hat in den letzten jahren kräftig zugeschlagen, ausweichen konntest du nicht, die möglichkeit stand schon nicht zur diskussion; aber du hast dich in der tat dort unten angebunden, denn du willst das behalten, was das schicksal für dich dort bereithielt. „ich hab’ da doch diesen großen schrank, den müsste ich ja wegschmeißen, den könnte ich ja garnicht mitnehmen… wie so vieles andere auch nicht.“. ja, und wenn du irgendwann gehst, kannst du auch nichts mitnehmen, also lebe einfach und trenn dich von diesen alten dingen. die fastangetraute (auf dem dorf traut man sich nach einer gewissen zeit, weil das eben so ist) hat bis heute zu seiner haustür keinen schlüssel, sie muss klingeln, wenn sie eingelassen werden möchte. der tod dreier menschen knirscht in dem gebälk des gebäudes, in dem er wohnt, viele jahre ließ er alles so wie es war. als ich mir das erste mal seine wohnung ansah, empfand ich nur stehengebliebene uhren, beim betreten des gebäudes zog ich den kopf ein, so brutal war die dunkle kälte, die mir entgegenschlug, und diese dumpfe graue feuchtigkeit, die von den wänden kam, stand förmlich im raum… ja, sie hatte eine form. viele gespräche in den letzten jahren und dann ein zaghaft beginnendes trennen von teilen der vergangenheit. aber ein teil des hauses und auch die zimmer seiner wohnung, die zu diesem gebäudeteil gehören, rührt er nicht an. er bewohnt in diesem riesigen haus praktisch nur drei zimmer, ein wirklich kleines wohnzimmerchen, eine kammer (das ist das schlafzimmer) und die küche. es gibt noch eine diele. die diele ist in früheren landwirtschaftsgebäuden der bereich gewesen, wo die tiere sich aufhalten durften. jetzt ist nur noch alles vollgestellt, seit 15 jahren verrottet das, was nicht mehr angerührt wird. der geruch dieser diele ist der gleiche muffige geruch, den ich von meines großvaters bauernhof noch in der nase habe – auch hier beim betreten des gebäudes diese von der vergangenheit schwer belastete luft. fast 400 quadratmeter wohnfläche sind in dem haus meines vermieters ungenutzt… dieses jahr musste ich ihn wieder auf die im winter von innender feuchtigkeit beschlagenen fenster aufmerksam machen: „ach ja, die heizung sollte ich wenigstens in zwei räumen etwas anmachen, ich kann ja die türen offen lassen, dann zieht die wärme durch.“ manchmal ist mir, als ob er auch in seinem herzen in diesen für ihn kalten zeiten nur in zwei zimmern heizt. hier schützt er aber diese warmen räume, indem er die türen geschlossen hält. es macht mich traurig, das zu fühlen.

gestern nachmittag, in der sonne, auf der holzbank, gesellte er sich zu mir: „darf ich?“. „ja natürlich, sehr gern.“ ein weiterrücken, ein schieben von decke und kissen. „darf ich ihnen ein kissen anbieten, ich hab’ zwei davon.“ „meinen sie?… ja, wenn ich darf… vielen dank.“ nach einer weile des schweigens: „ich würde ihnen gern einmal etwas sagen, weiß aber nicht, ob es sich schickt… sie wissen doch…“ „ja?“ … „sie werden mir fehlen und sie werden diesem haus fehlen.“