8.31 Uhr:
[In einem ungenannten Hotel.]
Da ich mich aus finanziellen Gründen in dem Hotelzimmer eines Freundes mit einquartiert habe, was geheimgehalten werden muß, aber wie gut, daß ich meinen Schlafsack so liebe, der auf so vielen Reisen und einigen Vulkanen gewesen… – muß ich aufs Frühstück erstmal verzichten, denn man kontrolliere im Frühstücksraum die Schlüssel – so warnte mich der Anruf des Freundes eben, den er mobil heraufgetätigt… – skizziere ich Ihnen schon mal die Ereignisse von gestern, soweit sie es wert oder soweit sie erhellend sind. Nur daß diese Erhellung etwas von einer zunehmenden Verdunkelung hat, und zwar ganz besonders, was a) den deutschen Konjunktiv und b) den Umgang mit moralischen Urteilen, bzw. Vorwürfen anbelangt. Es fehlt unterdessen einigen Leuten ganz offenbar am Feingefühl gegenüber der namentlich deutschen Geschichte. Aber es fehlt ihnen ja auch an Kultur, man muß sich da nicht wundern. Es ist nur so traurig, wenn man den Umstand ausgerechnet an einer jungen schönen Frau, die Lektorin ist, festmachen muß. Und nicht irgendeine, nein, eine bei einem der größten deutschen Verlage.
Das Lehrstück geht so:
Abends war ich mit einer befreundeten Autorin, deren neuer Roman grad erschienen ist, zu ihrer Lesung verabredet. Es bestand auch gar keine Gefahr, daß ich nicht hingehen würde, denn ich hatte morgens mein Mobilchen in ihrem Auto liegengelassen, mit sämtlichen Terminen, und das sollte ich bei der Gelegenheit wiederbekommen. Bekam ich auch. Wurde auch wieder unentgeltlich in den proppevollen Veranstaltungsort hineingeschmuggelt (wie auch später wieder bei Rowohlt, weil mir tags eine dortige Mitarbeiter die streng geforderte Einladung zugesteckt hatte), saß fast vorne dann und hörte zu. Die junge Autorin… Quatsch, dieses ewige „junge“… hat mich ja selbst jahrelang verfolgt, also: die Dichterin war nervös, es ist ein sehr persönliches Buch, ihre Lektorin war bei ihr, elegant gekleidet, volles blonde Haar, eine rundum angenehme Erscheinung voll Charme im Lachen, kurz: ich fühlte mich wohl. Allerdings war vorweggegangen, daß mir eine andere Autorin eines bereits späteren Jahrgangs, die ich ausgesprochen hochschätze, zumal ihr Urteil zwar scharf, aber nie unbegründet ist…. daß mir diese andere Autorin einen Brief über das neue Buch nun dieser Autorin geschickt hatte, worin sie einer Art Hilflosigkeit Ausdruck verlieh; sie findet es nämlich nicht gut, war aber von meiner Hochschätzung wiederum der Dichterin, die jetzt die Lesung hatte, überhaupt auf sie aufmerksam geworden… ich hatte meiner Freundin davon erzählt, und nun, nach der Lesung, fragte sie mich: „Und wie findest du es?“ „Das ist ein guter Text“, sagte ich, „das ist ein gutes Thema, er gefällt mir… aber ich ahne, was *** gemeint hat. Aber ich muß das Buch erst einmal ganz lesen, ich kenne ja jetzt nur zwanzig Minuten daraus.“ Wir trennten uns für ein kurzes, weil ich draußen einen Cigarillo rauchen wollte; ein anderer junger Autor setzte sich zu mir, wie sprachen übers Gehörte, dann erschienen die Dichterin und ihre Lektorin bei uns, diese in Begleitung ihrerseits eines Freundes. Und nun ging es los.
„Außerdem“, sagte ich (der ich noch gar nicht wußte, daß es sich bei der Begleitung der Dichterin um eine Lektorin handelte), „stimmen die Konjunktive nicht in dem Buch, jedenfalls einige nicht… und vor allem gleich im ersten Absatz auf der ersten Seite. Das geht nicht.“ Und ich setzte, leicht erfahrungsmüde, hinterher: „Aber den Konjunktiv beherrschen heutzutage auch die Lektoren nicht mehr.“ Woraufhin die Lektorin, die sich nun als Lektorin zu erkennen gab: „Es kommt auf korrekte Konjunktive nicht an.“ Ich: „Wie bitte?“ „Man kann das heute schreiben, wie man will.“ „Ja wozu haben wir dann ein Regelwerk der Sprache?“ „Sprache verändert sich, Sprache ist ein lebendiger Organismus.“ „Natürlich verändert sich die Sprache, aber sie verändert sich doch nicht, indem man absichtlich die Grammatik kaputtgehen läßt… jedenfalls ist das keine Veränderung, die in eine Dichtung gehört.“ Ich nahm den Satz vor, zitierte ihn, erklärte: „Bei einem Irrealis muß eine Bedingung folgen, ansonsten verwendet man, wie in der indirekten Rede, den Konjunktiv I.“ Die Lektorin: „Wenn man den Konjunktiv richtig verwendet, wird der Satz hölzern. Ich bin überhaupt eine Gegnerin des Konjunktivs.“ Je nun, dachte ich, das mag ja sein, aber dann muß man den Konjunktiv ja nicht verwenden. Indikativ läßt sich unterdessen einiges sagen, das vor noch zwanzig Jahren den Konjunktiv unbedingt erfordert hätte. So sagte ich: „Dann benutzen Sie den Konjunktiv doch einfach nicht. Aber w e n n Sie ihn verwenden, dann müssen Sie es korrekt tun… in einem Sprachkunstwerk. Klingt das hölzern, dann muß die Dichterin den Konjunktiv s o richtig verwenden, daß er eben nicht mehr hölzern klingt. Sonst versteht sie ihr Handwerk nicht. Aber die meisten Lektoren wissen eben selbst nicht mehr, wie das geht.“ „Die meisten Autoren wissen es auch nicht.“ „Das ist wahr. Ich weiß es aber noch.“ Sie daraufhin, bereits schnippisch: „Wie gut, daß wir Leute wie Sie haben.“ Ich: „Ja, man kann da von mir lernen.“ Sie: „Dann ist es ja gut für die deutsche Literatur.“ Der Ton wurde zunehmend scharf. Ich: „Dafür sind Lektoren doch da, daß sie korrigierend eingreifen, sie supervidieren.“ Sie: „Wenn es nach Ihnen ginge, schrieben wir noch wie zu Luthers Zeiten.“ Ich: „Da gab es noch gar kein grammatisches Regelwerk, das gibt’s >>>> seit etwa 1872.“ Mit dieser Bemerkung war die Lektorin sichtlich überfordert, wie es überhaupt an Bildung zu fehlen schien und sozusagen von der Straße stammt, was da an Sprachgefühl dawar. Ich bin bei sowas ungehalten, zumal ich ja immer noch das innige Vorurteil in mir trage, daß einer schönen Erscheinung auch eine Schönheit der Bildung entspricht. Daß ich das bei Frauen besonders erwarte, liegt an meinem Machismo, das gebe ich zu. Nun aber sprach diese Lektorin den folgenden Satz:„Sie sind ein Sprachfaschist!“Einen Moment lang war ich sprachlos, geschweige daß ich faschistische Regungen in mir gespürt hätte. Sondern ich spürte Trauer und gab ihr auch Ausdruck: „Was verwenden Sie für Begriffe? Was ist denn das für eine Verhöhnung der Opfer?“ Wiederum das ließ die wirklich noch sehr junge Lektorin und ihren nur leicht älteren Begleiter auf eine Weise hämisch lachen, daß es etwas erschreckend Gemeines bekam, etwas von Schenkelschlagen und Gegröle der Seele. Was mich nun wirklich wütend machte, da ich doch weiß, man kann den Leuten das nicht verübeln, denn sie kennen die Kultur gar nicht, sie haben sie nicht mehr. Auch nahm mich die Dichterin nun in den Arm und bat um Mäßigung, „bitte, Alban, nicht jetzt, nicht hier, bitte… ich mag ***, ich möchte keinen solchen Streit.“ Nach dem mir durchaus gewesen wäre, aber ich wiederum mag diese Dichterin… – Also zog das kleine Grüppchen ab, während ich grollend sitzen blieb und schon mal vorab die Quintessenz des Geschehens in mir formulierte: Wer auf Verletzungen der Sprache allergisch reagiert, ist faschistisch. Das paßt erschreckend genau zur >>>> Reaktion auf meinen FREITAG-Artikel. Wer für den deutschen Sprachraum den Kulturverlust beklagt, ist sogleich ein Neurechter. Und wir lernen für einen, der „wegen eines falschgesetzten Kommas eine ganze Zeitungsproduktion“ eingestellt hätte, wie er immer und immer wieder schrieb und wie er immer und immer wieder auf die Zusammenhänge von sprachlicher und moralischer Verschluderung hingewiesen hat, nämlich >>>> Karl Kraus… —- wir lernen draus:
Bis halb drei Uhr nachts waren UF und ich dann noch unterwegs, aber davon erzähle ich später.
14.56 Uhr:
[Stand der Begegnungen. Halle 5 C227.)
Ich muß der Geschichte mit der Lektorin nun einen g a n z anderen Dreh geben, der jetzt entschieden f ü r sie spricht. Also, ich treffe meine Dichterin wieder, sowas um elf Uhr. Sie: „M u ß t e das gestern sein? Ich hatte *** angekündigt, du kämest, sie sagte, aber der hat doch einen so schlechten Ruf! Ich verteidige dich, sage… – egal, und dann passiert s o w a s!“ „Nun, das ’sowas‘ sprach nicht gerade für s i e…“ „Ja, aber der Hintergrund ist ganz anders. Beim Lektorat hatte sie mich darauf aufmerksam gemacht, daß der Konjunktiv falsch ist, und ich… ich habe darauf bestanden, daß das so stehenbleibt, wie ich wollte…“ „D u hast den falschen Konjunktiv da reingesetzt???“ „Ja…“ „Dann hat sie dich gestern abend also v e r t e i d i g t…. obwohl sie selbst anderer Meinung war?“ „Ja…“ Ich: „Das spricht jetzt entschieden f ü r sie. Nur das mit dem Sprachfaschismus war dann….“ „Ich weiß, ich weiß, aber ihr habt euch da festgefahren in der Dynamik… Sie hat hinterher fast geweint….“ „Ich, tut mir leid, aber unser Gespräch war die Folge des Gespräches davor…“ „Das wußte sie aber nicht…. S i e hat gedacht: Warum greift der meine Autorin so an? Und hat mich verteidigt.“
Die Dinge liegen oft anders, als sie aussehen. Dennoch, das Lehrstück b l e i bt, auch wenn ich nun selbst ein Teil der dunkleren Seite geworden bin.
Der Ausdruck „Sprachfaschismus“ zeigt nicht nur eine virulente Argumentationsimpotenz, sondern knüpft an den (eigentlich längst veralteten) Duktus einer sich revolutionär gebenden und sich für elitär haltenden Schein-Avantgarde an (von Leuten wie >>>>>Götz Aly pointiert decouvriert). Wo es der „Sprachpurist“ auch als Schimpfwort getan hätte wird dann der „Faschist“ draus.
Das schlimme ist, dass diese Deutungsinquisition, die der Moderne überall neue Standards aufpfropft, extrem totalitär daherkommt und in sich selber wieder faschistoide Züge trägt.
Ja der Purist hätte wohl ausgereicht …
Mich erschreckt der leichtfertige Umgang mit Sprache und ihren Regeln auch immer wieder, diese Beliebigkeit, mit der gehandelt und geschrieben wird, und wie damit der Sprache auch so viel von ihrer Schönheit genommen wird. Gerade der Konjunktiv (ich liebe ihn und verstehe meinerseits nicht, wie man ihn nicht mögen kann) birgt so viel Schönheit! Und das Argument der Veränderung von Sprache wird da schon sehr leichtfüßig zur Hand (in den Mund) genommen. Ein anything goes ohne gewissenhafte Kenntnis der Grundlagen bedeutet doch Verlust.
Sprachfaschist Hat die Lektorin nicht (ungewollt?) recht? Karl Kraus war ein Sprachpurist und ein Befürworter des Austrofaschismus, ergo war er ein Sprachfaschist. Der Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer einheitlichen deutschen Grammatik und den Bestrebungen um die von Bismarck dann beförderte Reichsgründung ist ebenfalls evident, und die damit verbundene Idee des Reichs ist Linken und prowestlichen Liberalen seit dem Ende des sog. Dritten Reichs suspekt, Rechten aber nicht. Wie man’s auch wendet und dreht: Herbst vertritt rechte Positionen. Aber warum sträubt er sich so sehr dagegen, ein Rechter zu sein?
@Hans Zehrer. Weil ich es nicht bin. Was eine „deutsche Nation“ angeht, bin ich sogar ihr dezidierter Gegner und halte schon ihre Gründung für einen katastrophalen Fehlweg – er wird wahrscheinlich aber nicht mehr revidierbar sein. Ich hätte sie Position eines deutschen Sprachraums vertreten, der definitiv in seinen Nationalstaatlichkeiten eben n i c h t einheitlich, sondern insgesamt föderalistisch ist. Abgesehen hiervon sehe ich nicht ein, weshalb selbst, wenn man für eine Nationalstaatlichkeit wäre, das gleich eine rechte Position sein muß. Im Fall der Französischen Revolution war es das eher nicht. Auch Garibaldi ist, für Italien, nicht unbedingt ein Rechter gewesen.
Auf heute angewandt, vertrete ich die Position eines Vereinten Europas bei strikter Wahrung der Einzelinteressen, aber unter dem Dach einer gemeinsamen Kultur – die das Abendländische wäre und sich dabei seiner Herkunft versichert, ohne sie dabei festzuschreiben. Sie zu wissen allerdings, das halte ich für eine Voraussetzung von Identität.
PS zu Zehrer von Arno Schmidt, dick unterstrichen von ANH. OLMERS (weise): „In der Jugend iss ‚links‘ normal – einfach als Ausdruck des Revolutionierens gegen drückend gewordne ‚Autoritäten‘. Wogegn man im Alter eingesehen hat, daß ‚Zerstören‘ unverschämt viel leichter iss als ‚Aufbauen‘; und man sich ergo zum ‚Erhaltn‘ entschließt: das aber heißt, mit einem Fremdwort ‚conservativ‘ – nich ‚rechts‘. (Die ‚Rechtn‘ sind noch ochsigere Arschlöcher, als die Linkn.)
A. Schmidt, Abend mit Goldrand, IV, 3, 146
Beispiel? Vielleicht wäre ein (Satz)Beispiel aus dem betreffenden Buch sinnvoll. Sprachlich ist ja selbst jenseits der Rechtschreibung in einem Roman einiges möglich – nur ist es auch sinnvoll und wird es vom Leser verstanden?
Die wiederholte Tatsache, dass sich der Vorwurf ‚Sprachfaschist‘ ausgerechnet am Konjunktiv festmacht, zeugt von besonderer Blödigkeit: Dem Nationalsozialismus selbst war nichts fremder als der Irrealis. Wenn man so will, macht das übrigens seinen währenden Schrecken aus, dass ihm a l l e s zum Indikativ geraten ist: Selbst so etwas ‚irreales‘ wie die massenhafte Vergasung und Verbrennung von Menschen.
Allein aus diesem Grund sollte der Konjunktiv – erst recht von Literaten – nicht leichtfertig geopfert werden, ohne die Frage zu vergessen – wem?
Ich machs kurz: Wer den Konjunktiv ignoriert, will (hat) keine Zukunft !
Schall und Rauch? Wäre es nicht möglich, hier mal Namen zu erfahren? Wie heißt denn die Autorin? Vor allem aber: Wie heißt die Lektorin? Das zu wissen, wäre allein schon wichtig, um das Lektorat dieser Lektorin künftig gezielt meiden zu können.
Fände ich auch hilfreich.
zu Schall & Rauch. Es ist da noch etwas, und dringend, korrigierend nachzutragen; das schaff ich gerade nicht, werde das aber im Laufe des Tages noch in einem weiteren Eintrag fürs Arbeitsjournal tun
ANH beim Stand der Arno-Schmidt-Stiftung.
Was die meisten unsrer Sprachgenossen vermissen lassen, ist ein Gespür für verschiedene Sprachebenen. Der (korrekt – in ANHs Sinne – verwendete) Konjunktiv gehört heutzutage wohl nur noch dem gehobenen Sprachniveau an, das vielen als „pathetisch“ oder „geschraubt“ vorkommt. Mit dem Verlust des Sprachviveaugefühls gehen dann eben auch die Differenzierungsmöglichkeiten in der Literatur verloren. Wenn man nicht weiß, was in der Hochsprache grammatikalisch richtig ist, kann man keine Abweichungen davon, nach oben ins Pathetische oder nach unten ins Umgangsprachliche oder in den Jargon, m a r k i e r e n.
Sprache ist ein Indikator für Kultur „Sprache ist ein lebendiger Organismus!“ Ja da hat Sie recht, die Lektorin und dennoch nicht ganz erfasst was ihr da über die Lippen gegangen ist.
Sprache als ein lebendiges Wesen zu betrachten kann wohl kaum heißen es zu besetzen und es dem > ICH< zu unterwerfen. Das wäre nicht lebendig, da >ICH< sich auf eitle Weise um sich selbst dreht!
Die Sprachverwarlosung der Ware Schriftsteller geht mit dem >ICH< des Konsummarktes einher, die poetry wirft mit Schlammbällen um sich und dabei wird oft nicht von der sprachlichen Ebene aus geworfen sondern ein jeder wirft sein subjektives Geschwurbel nach Draußen. Der Indikativ ist für viele ein toller Platzhirsch. Konjunktiv und Irrealis liegen vielleicht einfach zu fern von >express Yourself.
„Unvollendete Wortsymphonien“ sind den meißten einfach nicht MÖGLICH………….
…..keiten – Sprachpoetik! Das kappt ganz einfach das ICH vom ES der Empfindung.
„Ich bin nur einer von den Epigonen, die in dem alten Haus der Sprache wohnen.“
K. Kraus
Heute ist Epigone ja schon zu einem Schimpfwort verkommen!
„Der Ursprung ist das Ziel“ „Epigone“ war auch schon zur Zeit von Kraus negativ besetzt, aber Kraus gebrauchte „Epigone“ trotzdem, und zwar im Sinne wie es in „Sieben gegen Theben“ gebraucht wird, wo die Epigonen dem Misserfolg ihrer Vorgänger einen Erfolg hinzufügen können, und gerade nicht wie es dem zeitgenössischen Sprachgebrauch entsprach.
@Gregor Keuschnig Also die von ANH als Dichterin titulierte Autorin, die so tapfer an falschen Konjunktiven festhält, ist Ricarda Junge. Die von ANH erwähnte Lesung fand am 13.3. um 21:15 Uhr in der Moritzbastei statt. Wie das lektorierende Blondchen heißt, war leider auf die Schnelle nicht zu eruieren. Aber das kann man ja hier später noch nachtragen.
@Hans Zehrer. Meinen Sie, Herr Zehrer, wohl, ich sei ohne Grund diskret geblieben? Wer weiß, der weiß – und muß wohl nicht ohne taktischen Grund die Höflichkeit verletzen, einmal abgesehn davon, daß es uncharmant ist und dem Casus auch gar nicht weiter hilft.
Stute und Reiterin Es ist, Herr ANH, kurios zu sehen, daß Sie in diesem Falle die Diskretion und die Höflichkeit gewahrt wissen wollen, in manchen anderen Fällen aber nicht. Mir indes erscheinen die Namen durchaus wichtig: a) als Hinweis auf den literarischen Feinsinn und die Beschaffenheit des Buches der Frau Junge, die an falschen Konjunktiven festhielt, obwohl man sie auf die Fehlerhaftigkeit des von ihr Hingeschriebenen aufmerksam machte; b) als Hinweis auf die Lage im Lektorat eines Traditionsverlags, denn die Bücher der Frau Junge erscheinen ja nicht irgendwo, sondern bei S. Fischer, was von Ihren Lesern aber nur in Erfahrung zu bringen ist, wenn Sie auch Stute und Reiterin beim Namen nennen. Diese Lage stellt sich nach den von Ihnen ins Netz gestellten Informationen also folgendermaßen dar: Der S. Fischer Verlag beschäftigt ein lektorierendes Blondchen, das fähig ist, falsche von richtigen Konjunktiven zu unterscheiden, das aber aus undurchsichtig bleibenden Gründen falsche Konjunktive dennoch auf die Menschheit losläßt oder loslassen muß. Mehr noch: Das lektorierende Blondchen wähnt oder ist gezwungen, sich zur kompromißlosen Anwältin einer falsche Konjunktive vorsätzlich verwendenden Autorin machen zu müssen. Wie aber reagieren Sie auf diese besondere Art der Verlogenheit? Mit Respekt und Diskretion, und zwar aus Gründen, die Sie ebenfalls diskret verschweigen. Meinen Sie, Herr ANH, wirklich im Ernst, sich auf Karl Kraus berufen zu dürfen?
Aber sicher, Herr Zehrer. Da es in diesem Fall jemanden anderes traf, zumal eine Freundin, gibt es eine persönliche Schutzverpflichtung – und zwar genau so, wie ich auch einen Freund, der ein Kapitalverbrechen begangen hat, unbedingt beschützen würde – auch gegen meine innere moralische Überzeugung. Sprich: Freundschaft bricht Recht.
Wäre ich selber beteiligt gewesen und hätte mögliche Sanktionen zu fürchten, hielten sie mich ganz sicher vor der Nennung von Klarnamen nicht ab; es geht aber nicht um mich, sondern die Folgen hätte jemand zu tragen, von dem ich nicht einmal weiß, ob er’s im Zweifelsfall aushält. Ich scheue hier also vor einer moralischen Geschäftsführung ohne Auftrag zurück. Gleichwohl hat der Fall selbst ein öffentliches Interesse. Das machte es nötig, ihn zu erzählen. Er ist Signal.
Es wundert mich ein wenig, daß Ihnen solche Feinheiten nicht unmittelbar einfühlbar sind. Oder aber, ich müßte denken, Sie verfolgen einen Zweck. Nun, diese Entscheidung mögen Sie über sich selbst und für sich selbst klären. Viele Leser der Dschungel werden auch ohne Sie wissen, was hier gemeint ist.
Natürlich verfolge ich einen Zweck. Das tun Sie, Herr ANH, ja auch. Und ganz offenkundig sind unsere Zwecke verschiedene. Daß Sie Ricarda Junge, mit der Sie sich freundschaftlich verbunden fühlen, der freundschaftlichen Verbundenheit wegen durch Diskretion schützen wollen, ist selbstverständlich aller Ehren wert. Fragt sich nur, ob Sie sie, obwohl sie als Schriftstellerin die Schrift absichtsvoll und allem Anschein nach grundlos falsch stellt, sogleich zur Dichterin nobilitieren müssen. Es fragt sich auch, warum Sie den Namen des Verlags verschwiegen haben und den der Lektorin nach wie vor für sich behalten. Hat das auch irgendwelche freundschaftlichen Rücksichtnahmen zur Ursache?
Herbsts Ehre heißt eben Treue.
@Anaking Skywalker. Ich verstehe in diesem Zusammenhang weder den Begriff „Ehre“ noch den Sprung auf „Treue“.
Ich versteh das aber….über und @ Analking Naziwalker ? über und @ Analking Naziwalker ?
(..auf daß er sich wichtig vorkomme)
Sie verwechseln das mit „Loyalität“. Ein feiner Unterschied.
Loyal kann man auch sein, wenn man nicht derselben Meinung ist. Es drückt eine Verbundenheit aus.
Das ist offenbar einerseits Herbst gegenüber der Freundin und andererseits die Lektorin gegenüber ihrer Künstlerin.
Aber da diese merkwürdige Diskussion auch mal wieder Faschismus betrifft, wird klar, wer sich hier welcher Semantik bedient.
Stellen Sie einen Menschen nicht in die rechte Ecke. Herbst mag für Viele Einiges sein -ein Nazi ganz bestimmt nicht.
Da wird mal wieder die SS-Verwandschaft als genetische Kollektivschuld benutzt, die man als Deutscher sonst gerne von sich weist, weil ja von den Eltern oder Großeltern oder man selber nicht dabei war. War ja niemand. Und wissend war auch niemand, wie jetzt….
Was Leute sind, die sich wider käuend dieser Symbolik bedienen, will ich mal kurz anreißen.
„Meine Ehre heißt Treue“ war der Wahlspruch der Schutzstaffel (SS). Angeblich von Hitler gesprochen, von Himmler eingeführt und als ‚unbeirrbare Loyalität‘ eingefordert.
Loyalität wurde hier ad absurdum geführt. Jedoch waren und sind leider bisher (ebenfalls leider) überlebende Nazi-Schergen unbeirrbar dumm, denn sie taten es freiwillig. Freiwilligkeit ist eine Grundvoraussetzung für Loyalität.
Das weiß „Analking“, der wohl zuviel Hollywood-Filme sieht, sehr gut. Daher ist solch ein Ausspruch umso verwerflicher, ach was, einfach bescheuert.
Was er vielleicht nicht weiß, ist, die Verwendung ist in Deutschland auch in Abwandlung strafbar.
Jetzt komm ich zu dem, warum ich Analking Naziwalker so nenne, wie ich es tue.
Freiwillig und, ja, gar heldenhaft „treu“ ist auch ein stets wider kehrender Besuch dieser Website -und sei es, um lediglich unter einen Busch zu scheißen, aber beim nächsten Besuch doch wieder die eigene Nase reinzustecken, in die Braune Scheiße, die man selbst verzapft hat. Wadenbeisser, Kläffer.
Seltsam, ich dachte, Internet könne man noch gar nicht olfaktorisch wahrnehmen. .~ Wuff.
Seltsam find ich auch,… was so ein falscher Konjunktiv alles bewirkt…..
„der konjunktiv ist nicht würdelos, eher ein möchtegern“
http://lorenzodigiovanni4.twoday.net/stories/3462736/
@femmediagonale. Einmal ganz abgesehen davon, daß ein alter Begriff wie „Ehre“ doch wohl nicht davon für alle Zeit geschädigt bleiben kann, weil ein tollgewordener Mob ihn 12 Jahre lang falsch im Maul geführt hat. Man muß die kleinbürgerliche Rotze davon abwischen, das ist alles. Dasselbe gilt für Treue, die ja nicht immer gleich nibelungisch sein muß. Es gibt auch „Werktreue“, etwa – die man mit guten Gründen brechen darf, aber nicht einfach, weil’s bequemer ist.
@albannikolaiherbst / Wendung? Nun gut, die von Ihnen sozusagen irrtümlich verteidigte Autorin hat den Konjunktiv falsch gesetzt. Wobei ich allerdings gestehen muss, dass mich der Konjunktiv kaum interessierte und nur Folie für diesen Fall war (dass mich der Name der Autorin interessiert hat, ist reine Neugier). Selbst wenn die Lektorin bemüht war, die Autorin zu verteidigen, so hat sie das mit der falschen Argumentation getan. Daher bleibe ich dabei, dass ein Purismus-Vorwurf akzeptabel gewesen wäre – das F-Wort unabhängig des Edelmuts der Lektorin völlig deplaciert war.
Dieses „Musste das gestern sein“ kommt mir ein bisschen tantenhaft daher. Und am Ende wird die Lektorin noch zum weinenden Hascherl.
Gestern wurden Sie beschimpft – und heute sind Sie noch der Prügelknabe.
@Georg Keuschnig. Zum wiederum >>>> Prügelknaben e i g n e ich mich, sofern man das „knaben“ hinfortnimmt; es ist eine Charakterfrage. Zumal ist der einzige Schlag, den ich wirklich einstecken müßte, einer >>>> der politischen Einschätzung – wenn er denn träfe.
…“müßte“ und „wenn“ – wie wunderbar spitz sich Formulierungen zuschnitzen lassen, wenn einer das Messer des Konjunktivs führt…
„Sprachpurist“ als Schimpfwort. Das hätt ich mir gerne gefallen lassen, schon, weil es bei einem wir mir, dessen Ästhetik es so sehr auf Vermischung anlegt, einen veritablen Witz hat. Es ist ja doch auffällig, daß mit der US-Amerikanisierung der deutschen Sprache („Das macht Sinn“, zum Beispiel; vor allem aber grammatisch: der Niedergang der Fälle) zugleich eine Forderung nach Simplizität einhergeht, die auch das Fremdwort meiden soll. Als Fremdwörter werden US-amerikanische offenbar gar nicht empfunden: q.e.d. Wären englischsprachige (US-amerikanischsprachige) Fremdwörter Wörte unter vielen aus vielen anderen Sprachen, ich wär sogar glücklich mit ihnen. Meine Kritik richtet sich gegen einen signifikanten Überhang, der selbstverständlich innere und äußere – also sowohl seelische wie politische – Machtverhältnisse widerspiegelt; der Botenstoff dieses sprachlichen „merger“s ist die (Pop/Chart-)Musik. Meine Kritik meint, daß wir uns dessen bewußt werden müssen, und der Purist in mir meint nun, um dem Einseitigen zu wehren, könne es nicht schaden, möglichst viele Fremdwörter aus anderen Sprachen in die eigene zu integrieren oder wiederzuzulassen: aus Sprachen, die vorgängig waren und über Herkünfte mit unserer verbunden sind, u n d aus solchen, die gleichzeitig sind.
Die Zielkoordinate, auf die die deutschsprachigen Vektoren des Mainstreams zielen, i s t eben nicht das Englische eines, sagen wir Kiplings, sondern die plane der positivistischen Äquivalenz; es ist „rein“ die Sprache der Warengesellschaft.
@albannikolaiherbst Wörter aus der Fremde Apriori: kann man denn Sprachfaschist sein, während man auf anderen Feldern etwas ganz anderes ist? Etwa den drolligen Schäferhunden gegenüber? Oder wäre das nur sentimental und doch nichts anderes. Wenn schon mit der Konnotation Sprache-Faschismus geballert wird, müsste ja erst mal geklärt werden, wie das funktionieren soll, denn umgekehrt – was faschistische Sprache ist, wurde ja nicht nur in den „antifaschistischen“ 60ern gewissenhaft erforscht: Stupide, repititive Rhetorik zum Beispiel, Gebrüll, Drohgebärden aus der Sicherheit der Verfügung über zügellose physische Gewalt. Literarisch: Freicorps-Kitsch. Das zum Einen. Wörter aus der Fremde – über die Adorno als bekennender und eben darin gleich schon diffamierter Fremdwort-Liebhaber ja Schönes und Klares (wie z.B. „Bastarde“) geschrieben hat – sind da nötig, wo deutsche Wörter nicht hinreichen. Solche Stellen soll es ja noch immer geben. Eine Frage der Schreibpraxis, und von sonst nichts. Die ideologischen Tiraden sind Sache der Säuberungskommandos. Zu finden, auf welcher Seite diese wiederum auf der politischen Skala verortet sind, bedarf keiner besondernen Suchaktion.
Warum „Kommentar löschen“? Hat es einen bestimmten Grund, dass mein Kommentar gelöscht werden kann? Steht diese Funktion jedem Nutzer zur freien Verfügung?
@herbert hurka. Diese Funktion steht lediglich (sofern er registriert ist) dem Autor des Beitrags selbst, sowie den Administratoren zur Verfügung. Das sind im Fall Der Dschungel ausschließlich mein Webmaster Katanga und ich.
Den Grund für mögliche Löschungen finden Sie im >>>> Anti-Herbst, wohin von mir Kommentare hinüberkopiert worden sind, u m sie nicht zu löschen. Anders als sehr viele Weblogs nutze ich die Löschfunktion ausschließlich bei hämischen Kommentaren, bzw. solchen, die andere Kommentatoren unsachlich beleidigen. In aller Regel wird aber n i c h t gelöscht, auch dann nicht, wenn mir selbst die Richtung einiger Kommentare nicht gefällt.
@ANH, danke für die Information, doch in den Anti-Herbst bin ich selbst schon hineingeraten, ohne (ER behüte mich) hämisch und ohne beleidigend geworden zu sein.
@Herbert Hurka. Da haben >>>> Sie sich aber >>>> selbst hineingeschrieben.