Wer liebt, der pflegt: Verein für deutsche Sprache. Leipziger Buchmesse. Aufzeichnungen (2). 15. März 2008.

>>>> Aber wir b l e i b e n beim Verlust der Kultur, und nun zwar bei ihren Bewahrern, die sich schon dadurch auffällig machen, als sie – Halle 2, G201 – die Rückwand ihres Standes, das sollte man metamorphorisch lesen, mit deutschlandfahnigen Farben tapeziert haben. Das geht nicht hin >>>> für einen „Rechten“ von meiner Couleur. Die letzte Fußballweltmeisterschaft hat da übel ein Tabu des Guten Geschmacks unterhöhlt, was die „Linken“ auch nicht weiter gestört hat; da ging ihnen einfach der Fußball v o r. So gab es erst einmal keinen Grund, mich darüber zu ärgern, w e r hier den Schiller zum Ritter der Correctnessnuß schlug. Nämlich auf einem Sandwich ohne wich, gleich links neben neben der Werbebank aufgestellt, hinter der drei junge, sehr saubere Menschen sehr sehr ins Publikum lächelten und Prospektchen verteilten, las ich also:

Wie menschlich die Menschen sind, zeigt ihr Umgang mit der Muttersprache.
Friedrich Schiller

Das fand meine Sympathie in der Tat, weil schon >>>> der jüdische Sprachfaschist Karl Kraus nicht angestanden hatte, immer wieder auf den Zusammenhang von Sprachverschluderung und die Verschleuderung von Menschenleben hinzuweisen. Doch die Deutschlandfahne warnte. Nur ihrethalben frug ich: „Entschuldigen Sie, woher stammt denn das Zitat?“ Der junge, wirklich blonde Mann lächelte und sagte: „Das ist schön, nicht wahr?“ „Ja, aber woher stammt es?“ Da bedachte mich ein Blick, der aus Naivetät, Gerissenheit und Freundlichkeit nur so herausdampfte. „Von Schiller“, sprach darunter der Mund. Ich: „Jaja, aber woher von ihm?“ „Aus seinen Werken.“ „Wie erhellend! Und ich hab das erhofft. Allein, ich weiß nicht, aus welchem. Können Sie mir das sagen?“ „Nein, im Moment…“ So fragte ich die zwei andern bemühten Hoffnungen Deutschlands. Doch denen auch war alles Wissen plan. „Woher haben Sie’s aber dann?“ Und so der deutsche Hans: „Das hab ich aus dem Internet. Ich fand es schön und hab es dann genommen.“

O tempore! O >>>> faculae!

21.50 Uhr:
[ICE Leipzig-Berlin. Eine Minute vor der Abfahrt.]
Es geht heim.
Müde.

23.48 Uhr:
[Arbeitswohnung. Cigarillo. Soave.]
Zurück. Bin im Zug eingeschlafen, über dem >>>> Littell. Obgleich er mich fesselt von Anfang an. Ich werde über das Buch schreiben. Wie über den neuen Pynchon auch. Will aber gleich zu Bett, darin vielleicht noch zehn Minuten lesen. Mein Resümmée der Messe erzähl ich morgen früh.

4 thoughts on “Wer liebt, der pflegt: Verein für deutsche Sprache. Leipziger Buchmesse. Aufzeichnungen (2). 15. März 2008.

  1. So oft die Käfer knarren … … versteht man einen Schmarren.

    Ich würd’s auch gerne wissen, und habe eigens in meiner Göpfert-Ausgabe nachgeschlagen; zunächst die üblichen Verrdächtigen – dann sogar die Registereinträge in Band 5 (Mensch, menschlich, Sprache), und zwar alle — Fehlanzeige.

    Wer’s besser weiß: bitte hier mitteilen. Danke!

    Ansonsten sollte man diesen Teutolindwürmern natürlich zumindest den Pechsee und den Missetatzen (Hölle, 8. Kreis, 5. Graben) angedeihen lassen:

    Nun streckten sie aus breitem Maul die Zungen,
    Dem Hautpmann zwinkend zu, zum Fürdermarsche
    Bereit. Und jener rief: “Linksum, ihr Jungen!”

    Und gab das Marschsignal mit seinem …

  2. besorgter zutrag Also sollten sie mal wieder televidieren, so bitte vornehmlich die talktrunden
    mit topmanagement-beifütterung.
    Dass solcherart menschenmaterial ( “humankapital” ) nicht die deutsche sprache
    hochhielte und sich nicht einer äusserst geschliffenen sprache bediente, wäre
    wohl kaum hinfort – oder wegzudiskutieren.
    Dies alleine schreckte ja schon enorm ab : eine nachweislich hohe integrität gegenüber der hiesigen sprachkultur in verschränkung mit einer meist recht schwach erkennbaren sozialen rollenzurschaustellung liess sowohl – an – juvenilen bildungsansprüchen wie auch an derer aufstiegsabsichten bekanntermassen erhebliche allgemeine zweifel aufkommen …

    Anbei dieser kleine abgespeckte aphorismus :

    Das gehirn ist aber eh ein organ, das nicht umhin kann, auch dem grössten unsinn
    noch irgendeinen sinn unterstellen zu müssen.

    < letztlich die alles entscheidende zugriffsmöglichkeit für uns, mit historizität überhaupt klar kommen zu können und vor allem mit den sich daraus ergebenden kausalitäten : diesen ständigen denk-, zeit- und handlungsverzögerungen, durch traditionelle, konservative auffassungen stets fahrlässigst – und harsch zu tadelnd – anschmiegfähig … >

    knottie

    1. angeschlossen noch diese wom. deplacierte faschismus (&c )-begehung
      ( in grob allgemeines )

      Zuerst mss ja – unter idioten – einem anderen etwas „böses“ angedichtet
      werden, welches diese dann selbst anscheinend dazu legitimieren kann,
      ganz edel auftrumpfend gegen dieses „böse“ entschlossen und – in der regel
      gewalttätig faschisiert – anXen zu dürfen.
      ……………………
      Präsexuelle ( oder entsexualisierte ) spielereien greifen von da aus
      sadistisch raum, ohne überhaupt diesen sadismus an sich selbst erkennen
      zu müssen :
      wahrscheinlich anachronistisch durchgestartet aus einem allseits
      penetrierenden „geführten wort“, ganz unten ankommend dann in der
      jeweils zusprechbaren – nationalen – sprachverortetheit.
      ………………………
      Paranoides, als regulans diesem angeheftet, wäre desweiteren befleissigt,
      sich in gesellschaftlich massenhypnotisches auszubreiten und den
      einzelnen – zum entindividualisierten werkzeug – an eine streng hierarchisierte
      starre oberflächlichkeit anzupassen, welche sich ohne ein fälschlicherweise
      trivialisiertes äussereres feindbild sicherlich fast allerorten noch zu tode
      langweilen muss.

      ( Man begegnet in solchen vernetzungen einem anderen nicht investigativ
      gegenüber der eigenen geistigen unvollendetheit )

      Eliten werden hieraus schliesslich als züchtbar aufgefasst und demzufolge
      resultierend zum jeweils favorisiertesten importartikel eines kasernierten
      umgangs mit sich selbst in (national)-inzestuöser untergangswilligkeit
      und derer knallhart affirmativen erwanderung.

      ksR

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