heute in der kantine habe ich mich bewusst umgeschaut – es trägt wirklich kaum jemand jeans. unsere werker tragen arbeitskleidung… und die kollegen und kolleginnen aus den büros hosenanzüge, kostüme… oder eben hosen, und die damen auch röcke aus stoff in kombination mit etwas anderem. dann sah ich an mir runter, und was sah ich?… jeans. zwar schwarze, aber jeans. ich beuge mich keiner kleiderordnung. beim vorstellungsgespräch war das für mich noch nicht abschließend geklärt, was es jetzt aber für mich ist, ich darf jeans und auch meine lederhosen anziehen. ab und an trage ich jetzt trotzdem mal eine stoffhose, aber nur ab und an… zum beispiel wenn der boss aller bei uns aufkreuzt, ich will meinen chef ja nicht ins fettnäpfchen schicken. „chef aller“ bedeutet, der chef des ganzen konzerns, es gibt da aber noch die familie, die zu einem ganz hohen prozentwert das aktienpaket hält, ergo muss ich entsprechend gekleidet sein, wenn die familie auftaucht. ansonsten bekomme ich schon mal blicke in der kantine, weil ich eben anders aussehe. das bedeutet nicht, dass ich schlampig herumlaufe, nein… auch hier ist perfektion angesagt, aber ich will, dass man diese gelebte perfektion eben nicht gleich bemerkt, es soll alles einfach nur wie angegossen sitzen, was anderes trage ich nicht. ich will die hose einmal angezogen im spiegel von hinten sehen, danach nie wieder, sitzt die, kauf ich sie. heute habe ich mir drei paar schuhe gekauft, für diese drei paar bin ich sechs stunden durch die stadt gelaufen. ich finde immer nichts, was ich tragen kann und will, besonders im sommer. meine anspruch an schuhe im sommer ist der, dass der nackte fuß im schuh angezogen aussieht, und meine füße sich wie füße fühlen dürfen. die voraussetzung dafür ist ein sehr sehr weiches leder, weil auch meine schmalen füße sich im sommer im laufe des tages ausdehnen, der entstehende hitzestau in den schuhen wird durch sogenannte barfußsohlen gemildert, und durch schuhsohlen, die von unten eine belüftung in der sohle haben. was mir das schuhe kaufen immer vergrault, sind schwarze oder dunkelbraune schuhe mit dem gleichen leder innen…. da hat man, wenn man den schuh den ganzen tag getragen abends auszieht, schwarze oder braune füße, weil das leder abfärbt, also kauf ich dunkle schuhe nur, wenn sie helles leder innen haben. zig schuhe probierte ich an, die mit den steinchen, schleifchen und absätzchen ließ ich sowieso gleich im regal stehen, mein schuh soll schlicht sein, aber gut aussehen. die raffinesse der schlichtheit, der anspruch an die sohlen und das innenleder kostete dann auch gutes geld. ein schwarzer lackmokassin, der sich fast zusammenknautschen lässt, und am fuß wie angegossen sitzt, ein schwarzer sneaker, eben einer mit dieser lüftungsmöglichkeit in der sohle, auch aus handschuhweichem leder, und ja… tatsächlich mal ein paar pumps mit 8 cm absatz, ein ganz schlichter schwarzer pumps, die einzige raffinesse ist ein wirklich sehr schöner ausschnitt, der schuh wirkt leicht am fuß, ist kaum zu spüren. damit komm ich jetzt durch den sommer, im büro dürfen wir keine offenen schuhe tragen, also keine nackten zehen zeigen. der sneaker wird allerdings bestimmt zwei jahre, wenn nicht noch länger getragen, der lackmokassin wird so lange getragen, bis er auseinanderfällt und die pumps werden auch lange halten. alle schuhe bekommen bei mir einen schuhspanner, und ich gehöre zu den menschen, die noch einen alten schuhputzkasten ihr eigen nennen. im winter werden die sommerschuhe sorgsam in einen stoffbeutel und in ihren karton gepackt, im sommer eben die winterstiefel und schuhe. bei den farben bleibe ich immer irgendwie bei cognac und schwarz. ich habe cognacfarbene lederstiefel zum schnüren, die sind jetzt 6 jahre alt, wenn ich sie zum schuster mitnehme, weil sie neue absätze brauchen, lege ich immer originalabsätze, die ich beim hersteller bestelle und mir schicken lasse, auf die ladentheke. der schuster in meiner heimatstadt hatte sich lächelnd daran gewöhnt, wie der neue schuster hier gegenüber reagieren wird, werde ich ja feststellen.
es stimmt schon, ich will, dass meine kleidung den ganzen tag über perfekt sitzt, ich habe nicht die zeit den halben tag in den spiegel zu schauen. solch ein anspruch an die kleidung gestellt, muss nicht immer der teuerste sein, man muss halt gucken und auch gute stücke kaufen, wenn sie runtergesetzt sind, da ich mich grundsätzlich nicht an trends halte, aber auch nicht an die zeit, kann ich meine sachen immer lange tragen.
aber gefreut habe ich mich darüber, dass mein chef mir jetzt doch erlaubte, jeans und lederhosen tragen zu dürfen: „es passt einfach zu ihnen, genau wie ihre art und weise zu arbeiten“… ja chef, danke chef, alles klar chef.
am wochenende fahre ich mit dem zug in meine alte heimat, weil ich das motorrad noch holen muss, froh darüber, dass die garage hier so groß ist, dass auto und motorrad nebeneinander in diese hineinpassen.
achja… mein chef kam heute nachmittag mit leicht ernstem blick aus seinem büro: „danke…“ ich schaltete nicht gleich, er lächelte: „der umschlag in der schublade.“ ich sagte nichts, und lächelte auch nicht, er blieb in der tür stehen: „heute abend bin ich in berlin“ „ich weiß, ich sah es im kalender“… er sah mir in die augen, dann wanderte sein blick ein stück weit meinen hals hinab, blieb an dem kleinen teil, welches an meinem ledernen halsband baumelt, hängen. er sagte nichts, schaute mir wieder in die augen, ging dann in sein büro und schloss die tür. sein blick ruhte schon vor einigen tagen während eines gespräches immer wieder darauf.